Montag, 7. Oktober 2013

Kein Service im Weichpop-Cafe















Die Gästebespaßung entpuppt sich diesmal als nicht ganz einfach, der Pappenheimer ist etwas außer Form und auch mir ist nicht unbedingt nach Action, das Spiel gegen Paderborn steckt noch in den Knochen, als hätte man selber auf dem Platz gestanden. Das musikalische Angebot der Clubs ist überschaubar, aber immerhin abwechslungsreich. Etwas Folk hier, etwas Hardrock da, ein paar Bands aus Genres in denen ich mich Null auskenne. Im Knust spielen gleich drei Bands Rockabilly, von denen kenne ich immerhin eine, aber auf Elvis und Artverwandtes hat mein Gast keine rechte Lust. In letzter Minute finde ich Ski's Country Trash im Logo, auf Youtube rockt der ganz anständig im Fahrwasser von BossHoss, aber auf das Logo hat der Herr auch keinen Bock, der Laden ist ihm zu klein, zu eng und zu verschwitzt. Überhaupt, zu viel Stress sollte man nach dem gestrigen Abend vielleicht vermeiden.

Nichts gegen einzuwenden. Vielleicht eine Fotosafari? Mir fehlen für meine Sammlung noch Nachtaufnahmen auf dem Kiez, alleine mit der Kamera auf der Reeperbahn herumlaufen und knipsen war mir immer zu blöde, zu zweit sieht das nicht so nach Touristen aus. Der Pappenheimer ist nicht vollständig überzeugt von der Idee, aber wir fahren erst mal in die richtige Richtung und suchen einen Parkplatz am Hafen. Für Nachtaufnahmen ist es ohnehin noch zu hell und so kommt er auf die Idee, beim Block ein Bier zu trinken. Das Block-Bräu wäre ohnehin ganz hervorragend, der Service äußerst zuvorkommend und der Blick von der Dachterrasse auf jeden Fall einen Besuch wert. Damit kann ich mich schnell anfreunden, die Aussicht auf einen anständigen Burger zum Bier lockt, denn bei den unorthodoxen Essgewohnheiten des Herrn muss man sehen, dass man nicht unterwegs verhungert.

Leider sind die dort zu sehr auf Touristen geeicht, die Dachterrasse ist geschlossen. Für Einheimische, das sei dem Herrn Block gesagt, ist alles oberhalb zweistelliger Plusgrade noch locker freiluftgeeignet. Drinnen sitzen kommt überhaupt nicht in Frage, also wenden wir uns dem zweiten Laden an den Landungsbrücken zu, der eine Terrasse besitzt. Das Hard Rock Cafe, vor zwei Jahren unter großem Brimborium eröffnet, mit Ringo Starr und Pipapo.

Die Terrasse ist geöffnet, das ist ein Plus. Ein weiterer Pluspunkt: die furchtbare Musik bleibt einem hier oben erspart, das ist kein Hardrock, das ist Hausfrauenpop. Höchstwahrscheinlich entgehen wir dort oben Preziosen wie Eye of the Tiger oder Final Countdown, hier ist es angenehm ruhig. Nicht einmal Verkehrslärm dringt ans Ohr, sieht man von den Hafenfähren ab. Hinter mir das Hotel Hafen Hamburg, vor mir die Elbe, nicht übel. Ich setze mich auf eine erhöhte Holzbank, während der Pappenheimer am Tresen das Bier besorgt, hier oben ist Selbstbedienung angesagt.

Entweder weiß das nicht jeder, oder etliche der Anwesenden sind hier nur um die Aussicht zu genießen. Den Blick auf den Hafen, nicht den auf die Tische, denn der ist eher zum abgewöhnen. Hier ist seit Stunden keiner mehr gewesen, es werden keine Gläser abgeräumt und schon gar keine Aschenbecher geleert oder ausgetauscht. Die Ascher sind voll bis obenhin, drei Stockwerke hohe Kunstwerke aus Kippen, die man vorher am besten irgendwo ausdrückt, damit man den Haufen nicht in Brand steckt. Oder noch besser auf den Boden schnippt, was ich bevorzuge, bevor ich hier irgend etwas anfassen muss.

Das Bier dauert ewig, ich frage mich langsam was der Pappenheimer da schon wieder seit Stunden diskutiert. Vor mir ist ein junges Pärchen emsig mit Smartphones beschäftigt, sie tippt scheinbar laufend Kurznachrichten und er holt einen Highscore nach dem anderen bei seinem Spiel. Wenn das ein Blind Date war ist es wohl derbe in die Hose gegangen, oder ich versteh nichts mehr davon.

Menschen kommen, Menschen gehen, endlich kommt der Pappenheimer angestiefelt, mit grimmigem Gesichtsausdruck und zwei Gläsern Warsteiner. "Ach du Scheiße," entfährt es mir "hatten die nur Legionellenbrause?" Das setzt dem Fass scheinbar die Krone auf, denn er flucht ohne Unterlass, über die äußerst lahmarschige Bedienung, die es bevorzugt mit dem Geldscheine zählenden Kollegen zu quatschen statt den Zapfhahn zu bedienen, über die grauenhafte Musik und überhaupt wäre das zum Block ein Unterschied wie Tag und Nacht, nicht nur weil das Bier um Klassen besser ist.

Wir beschließen nach kurzer Diskussion einstimmig das Hard Rock Cafe Hamburg zum Scheißladen des Jahres zu ernennen und uns hier nicht wieder blicken zu lassen. Das hindert uns natürlich nicht daran, eine halbe Stunde lang die üblichen Fotos zu machen, von den üblichen Schiffen - und Pärchen mit Smartphones.

Kein Weichpop: Gov't Mule - Shout! 

Aufnahmen Freihand ohne Stativ oder Auflage bei ISO 3200, Blende 5, 1/30 Sek.



8 Kommentare:

  1. Ich hab ja schon etliche hard-rock-cafes auf der Welt gesehen. Immer das gleiche: Scheixx Ambiente, Scheixx Musik scheixx teuer und überhaupt. Kriegst mich in keins rein. Und die Leute, es soll ja Fans geben von den Absteigen, die Leute?. Ich finden dass die meisten prima in die Läden reinpassen...
    Eine Schippe Mitleid im Nachhinein ;-)

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    1. Ach da oben war es auszuhalten, wenigstens war die Legionellenbrause kalt. Warum diese Absteige so hartnäckige Fans hat ist mir nicht klar, aber da kenne ich noch ein paar Beispiele, die Geschmäcker sind ja gottlob unterschiedlich.

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  2. Jepp, schade, daß das mir der Block-Dachterasse nicht geklappt hat. Den Scheißladendesjahres fand ich vor knapp 20 Jahren in Dublin schon *****.
    Du hast noch vergessen zu erwähnen, daß die Preise für die Legionellenbrause exakt auf Oktoberfest- (Wiesn) Niveau gelegen haben. Dafür ohne Dirndlbedienung. ;-)

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    1. Die Oktoberfestpreise wollte ich noch erwähnen, ist mir mitten im Satz entfallen...

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  3. Oha, das passt sich ja nahtlos dem Fußballwochenende an, ich hoffe ihr hattet trotzdem ein paar schöne Tage.
    Hier wird nach dem Dauergrau der letzten Tage endlich das Wetter ein wenig anschaubarer...

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    1. Ein paar schöne Tage waren dabei, sogar ein Tag mit fast anständigem Wetter, mehr kann man hier im Oktober nicht erwarten.

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  4. eine touristenfalle mehr am hafen deren besuch sich nicht lohnt. ich mag solche läden nicht, zu voll, zu laut, man versteht sein eigenes wort kaum und muss brüllen wenn man sich nicht nur mit dem direkten nachbarn unterhalten will. nenenene, nix für mich, auch nicht mit hausfrauenpop :p

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    1. Für Dich wäre das wahrscheinlich noch zu rockig gewesen :p

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