Freitag, 30. August 2013

Der alljährliche Pflaumenpfannkuchenerinnerungseintrag















Um es für die Nachwelt (und vor allem für mich als Gedächtnisstütze) festzuhalten, möchte ich nur darauf hinweisen, dass ich mich an diesem Wochenende ähnlich einseitig ernähren werde wie am letzten. Da gab es auch drei Tage hintereinander Pflaumenpfannkuchen, weil die Dame vom Obsthof so nett war, aus dem großen Korb mit gemischten Pflaumen genau ein Kilo Bühler auszusortieren.

Der praktische Nebeneffekt: Ich weiß jetzt auch ganz genau wie viel Pflaumen ich für drei Pfannkuchen brauche. Dank der jährlichen Gedächtnisstützen habe ich es auch endlich drauf, ab Mitte August nach Bühler Zwetschgen zu suchen. Kann also nichts mehr schief gehen, solange Verbrecherorganisationen wie Monsanto ihre Griffel nicht im Pflaumenanbau haben.

Dank eines guten Freundes begleitet mich musikalisch die Mickey Hart Band - Superorganism

Dienstag, 27. August 2013

Montagsvisionen















Vorspiel
Mein neues Motto für Montagsspiele: Wer keinen Stress hat, der macht sich welchen. Mehrmals dödelt das Handy und informiert mich über die Ankunftszeit von Mudder und Schwesterherz, die scheinbar damit rechnen vom Flughafen abgeholt zu werden. Der Flieger aus Edinburgh landet pünktlich um 16:15, mal kurz die Zeit berechnet und losgefahren, sollte locker reichen, nach Fuhlsbüttel brauch ich nur eine halbe Stunde.
Heute natürlich nicht, es ist unglaublich, ich komme keinen Meter vorwärts. Egal welche Schleichwege ich versuche, überall ist Stau. Durch die Verzögerung bei der Gepäckausgabe komme ich zwar pünktlich, aber der Rückweg ist ähnlich grausam, die Stadt leidet unter akuter Verstopfung. Als ich die beiden abgeliefert habe hetze ich schon wieder mit unzulässiger Geschwindigkeit zurück, an der Tanke ein kurzer Aufenthalt, eine Tüte Fisherman´s Friend besorgen. Beim Spiel gegen Bielefeld war ich völlig ausgetrocknet, das war mir eine Lehre. Wenn es schon kein richtiges Bier gibt, dann müssen Halspastillen helfen, und gegen Dünamo gibt es ganz sicher kein richtiges Bier.

Endlich zu Hause schaffe ich es gerade noch eine Sportzigarette für unterwegs zu basteln, die Klamotten in braun-weiß zu wechseln und den Bus zu verpassen. Irgendein Honk hat die Baustellenampel so eingestellt, dass der inzwischen wieder pünktlich fährt, man muss wirklich mit allem rechnen.

In Bus und Bahn treffe ich vielleicht noch ein knappes Dutzend Fans, untrügliches Indiz für akutes Scheißeichbinzuspätdransymptom, was für Schweißausbrüche, laufendes auf die Uhr gucken und zwanghaftes Kopfrechnen sorgt. Eine Viertelstunde vor Anpfiff ist am Eingang tote Hose, ich kann mir den Abklopfer aussuchen, doch dahinter staut es sich, weil die alten Kartenabreißer einfach effektiver gearbeitet haben als dieses dämliche elektronische Einlasssystem. Ich hetzte die Treppen hoch und renne beinahe einen Mann mit Bierfass um. Einen von drei Bierfassmännern. Hier? Heute? Bierfassmänner? Gegen Dünamo?

"Ist da etwa Vollbier drin?" frag ich ihn. "Ja sicher" erwidert er. Habe ich so ein schlechtes Gedächtnis? Gab es gegen die Spacken schon mal Vollbier? "So sicher fand ich das jetzt nicht" sag ich, "dass es gegen Dresden Alkohol gibt." Er grinst mich an. "Die Dresdner kriegen auch keinen."

Meine Fresse, das verschlägt mir glatt die Sprache. Ich hab mich ja schon immer gefragt, wieso wir kein Bier kriegen, wenn die Gäste sich nicht benehmen können. Hat da tatsächlich mal jemand drüber nachgedacht bei der Behörde für Stadionbierverbote? Ein frisches Pils in der Hand bin ich fünf Minuten vor Anpfiff auf dem Platz, muss den Becher aber sofort Herrn L. in die Hand drücken, um den Stinkefinger auf der Südtribüne zu fotografieren, ins Fernsehen kommen die damit nicht.
Die Gegengerade singt sich derweil warm, ganz schön laut heute Abend. "Was'n hier los?" frag ich Herrn L. "Es gibt Bier" ist die lakonische Antwort. Stimmt, hätte ich selber drauf kommen können. Mein Bier hat jedenfalls deutlich abgenommen, als ich es wieder in Empfang nehmen kann, wieso hat der sich nicht selber eins geholt? Kamera wegpacken, Stimme ölen, es geht los.

Spiel (1)
Wer zu spät kommt muss erst mal sortieren. Wer steht eigentlich auf dem Platz? Boller wieder dabei, schön. Buchti, Fin, Ratsche und Verhoek wieder in der Startelf, die Abwehrkette wie gehabt, alles gut. Wir gleich im Vorwärtsgang, der Ball segelt im Dresdner Strafraum herum, auf einmal brüllen alle Hand! Elfmeter! nur ich sehe nix, weil Bartels direkt davor steht. Könnte aber Hand gewesen sein, nen Elfer gibt es trotzdem nicht.

"Das 1:0 fällt in der sechsten Minute" sagt mein Nachbar. Naja, hoffentlich auf der richtigen Seite. Erster Eckball für Dresden, nicht so gut. Kurz darauf wird Ratsche gelegt, Freistoß für uns, die Stadionuhr zeigt fünfdreißig. "Das könnte was werden mit dem 1:0 in der sechsten Minute" sag ich, und der Nachbar strahlt. Leider taugen seine Visionen nichts, die sechste Minute vergeht ohne Treffer. Die zehnte Minute auch und alle anderen Minuten, in denen Gonther, Verhoek, Thy und andere versuchen, die Pille irgendwo im Kasten zu versenken. Wir sind deutlich am Drücker, Dresden kommt selten vor unser Tor, aber es fehlt das Glück, die nötigen letzten Zentimeter, es fehlt das Tor, das dem Spiel unserer Jungs die nötige Würze verleihen würde. Zwei bis drei etwas brenzlige Situationen für uns, weit mehr für die Dünamos, das sollte irgendwann für etwas Zählbares reichen. Dann geht Lenny Thy in den Strafraum und wird von nem Dresdner gelegt, den Handelfer hab ich nicht gesehen, den hier schon, doch wieder bleibt der Pfiff aus. Der Schiedsrichter leitet das Spiel bis dahin eher unauffällig, aber das geht mir auf den Sack jetzt. "Welcher Blödmann ist das?" frag ich Herrn L., aber der war nur drei Minuten vor mir im Stadion und weiß ähnlich viel. Wir sind bis zum Pfiff weiter am Drücker, aber wenn etwas durchkommt in der richtigen Richtung, dann hat der Dresdner Keeper immer noch nen Finger dran, es ist zum aus der Haut fahren.

Zwischenspiel
Herr L. macht keinerlei Anstalten Bier zu holen, auf meinen auffordernden Blick gesteht er verschämt, kein Geld dabei zu haben. Am Wochenende hat er dafür in einem Wolfsburger 5 Sterne Hotel logiert und sein neues Auto abgeholt, kein Wunder wenn man da etwas klamm ist. Also mache ich mich auf für Getränke zu sorgen, was hier oben ziemlich schnell erledigt ist, sehr viele Halbzeittapeten dürfte ich nicht verpasst haben. Die Zeit vergeht im Fluge, sie spielen wieder Depeche Mode. Hoffentlich hat diese Mode bald ein Ende, ich will Cock Sparrer wiederhaben.

Spiel (2)
Kein Grund zu wechseln, die Mannschaft kommt unverändert aufs Feld und nur zwei Minuten später setzt Halstenberg einen Hammer an den Pfosten, so eine Scheiße, hätte der nicht mal sitzen können? Endlich mal ein Ball, an den der Torwart nicht rankommt, und dann fehlen wieder ein paar Zentimeter. Wir sind weiter drückend überlegen, aber Dresden gefährlich bei Kontern. Torre wieder sehr kompromisslos und energisch, ich liebe seine Spielweise, heute sogar ohne Karte. Zehn Minuten später der erste Wechsel, Boller geht für Kringe. Kann man machen, so doll läuft das heute nicht beim Käptn. Schachten ist auch ein halbes Jahr ausgefallen nachdem er Vater wurde, hoffentlich gehts bei Boll schneller vorbei mit dem Babygeschrei.

Inzwischen läuft Fin Bartels mit Kopfverband herum, keiner hat was gesehen, aber der Turban wird wohl einen Grund haben. Herr L. findet das super "Jetzt kann ich ihn viel besser erkennen."
Der Turban hindert Fin nicht weiter an seinem Spiel, er wuselt weiter mit Ratsche im Mittelfeld herum wie vorher, wir kommen weiter zu Chancen. Eine nach der anderen, Verhoek verpasst, kommt zu spät, setzt den Ball neben das Tor, ich krieg echt Pickel hier oben.
Dresden wechselt Ouali ein und der Name erzeugt sowohl bei mir als auch bei Herrn L. ein sehr unangenehmes Gefühl. Ou Ali. Wenn das man gut geht. Geht es nicht.

Der wird gleich gefährlich der Ouali, und der anschließende Eckball ist von hier aus wunderbar zu sehen. Fast wie in Zeitlupe sehe ich einen Dresdner im Strafraum hochsteigen. Einen mit Vollbart, mein Adlerblick erkennt jede Falte seines angestrengten Gesichtes, der bleibt in der Luft stehen, der will überhaupt nicht mehr runter, er ist der einzige Spieler im Strafraum der schweben kann und er trifft die Kugel voll. 0:1 Dresden.

Ich könnte kotzen. Was für ein Segen, dass man von hier aus den Dresdner Fanblock nicht sehen kann, wie sie feiern, als ihre Spieler auf den Block zustürmen. Kotzenkotzenkotzen. Schluck Bier nehmen. Brüllen. Forza verdammte Hacke, das darf alles nicht wahr sein. Die Luft brennt für knappe zwei Minuten, dann explodiert das Stadion, weil Kringe einen Freistoß von Buchti in den Winkel zirkelt. Woohoo 1:1 DAS war mal die richtige Antwort.

Jetzt brennt die Hütte richtig, noch knappe zwanzig Minuten zu spielen, Zeit für die zweite Luft. Auf dem Rasen ist weiter Hochspannung, Dresden wechselt erneut, Poté kommt. Noch so ein Name, der bei Herrn L. und mir Unbehagen auslöst. Doch es ist wieder Ouali der Probleme bereitet, Nehrig senst ihn um an der Strafraumgrenze, leider auf der falschen Seite der Linie. Scheiße ungerecht trotzdem wenn man zweimal keinen bekommt. Eigentlich könnte Tschauner auch mal einen Elfer für uns halten. Das denke ich zwar, trau mich aber nicht es auszusprechen. Vielleicht hätte er ihn dann nicht gehalten, so springt er in die richtige Ecke und lenkt das Ding um den Pfosten. Philipp Tschauner Fußballgott! Sogar die eher ruhige Nachbarschaft hier oben gerät langsam in Ekstase, endlich kann man mal stehen bleiben. Aufrecht kann man besser brüllen und wir brüllen die Jungs nach vorne in den letzten Minuten. Ratsche geht für Nöthe, vielleicht trifft der ja.

Noch drei Minuten auf der Uhr, da wird Buchtmann gelegt. Wieder eine gute Entfernung eigentlich, aber leider bleibt er ziemlich lange liegen. Der Turbanträger geht inzwischen vom Platz, Bartels raus, für ihn kommt Sebastian Maier. Herr L. stößt mich an und schreit: "Der macht ihn jetzt rein, das wird wieder so 'ne typische Sankt Pauli Geschichte." Irgendwie haben die Leute alle zu viel Visionen heute, muss am Montag liegen. Vielleicht ist ja auch Vollmond.
Tja, und der Rest ist halt wieder so eine typische Sankt Pauli Geschichte. Ein kurzer Blick, zwei drei Schritte zurück, Anlauf und rein das Ding. Sebastian Maier, 19 Jahre alt, macht das 2:1, macht den Siegtreffer und versetzt 28000 Menschen in einen Freudentaumel. Wieder mal ein Spiel, an das man sich noch Jahre erinnern wird, wieder mal ein Spiel, bei dem man weiß warum man zum Fußball geht. Und warum man genau in dieses Stadion geht. Wegen der Visionen.

Den Sitzplatz werde ich möglicherweise in der nächsten Saison trotzdem gegen Hardcorestehen eintauschen, denn auf der vom Verein übermittelten Warteliste für Dauerkarten stehe ich, juhuu, auf Platz 1 bis 200. Drückt mir die Daumen nächstes Jahr.

Nachspiel
Es macht Spaß die Jungs auf dem Platz feiern zu sehen, das ist eine feine Truppe, die werden uns noch viel Spaß machen. Die werden sicher auch noch das eine oder andere Gurkenspiel abliefern, aber für die Zukunft bin ich ganz optimistisch, das wächst sich zurecht. Herr L. mahnt zum Aufbruch und ist dann ganz verblüfft, dass ich trotz Vicky Leandros nicht aus dem Stadion flüchte. Das ist wohl die Altersmilde, nach solchen Spielen stört mich sogar Vicky L. nicht sonderlich. Trotzdem irgendwie enttäuschend, dass Boller da als Mannschaftskapitän nicht interveniert. Andererseits, besser Vicky als Eye of the Tiger oder Final Countdown, es geht immer schlimmer, wer weiß was sonst noch in der Mannschaft schlummert.
  
Noch ein Bier vor dem Stadion und ab nach Hause, mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht. Auch Scheißmontage können manchmal Spaß machen.

Macht auch Spaß: Social Distortion -  Somewhere Between Heaven And Hell/Hard Times And Nursery Rhymes













Sonntag, 25. August 2013

Der Lack ist ab















Eine der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen in Hamburg ist das Schiffegucken, man greift sich eine Pulle Bier, setzt sich irgendwo an den Elbstrand und träumt den Schiffen hinterher. Dafür reichen eigentlich Containerfrachter oder Kümos, aber mittlerweile laufen hier beinahe täglich Kreuzfahrer ein und aus. Wobei den Grinsemäulern der Aida-Flotte längst nicht so viel Aufmerksamkeit zuteil wird wie der Queen, obwohl es nur Mary 2 ist.
Ob das an dem ewige Hype der Hamburger Boulevardpresse liegt, die detailliert über jede Dockvisite schreibt, als käme eine leibhaftige Königin zum Schönheitschirurgen, oder nur am morbiden Charme, den schwarze Kreuzfahrer seit dem Untergang der Titanic irgendwie verströmen, das wissen die Götter. 

Bei einer der ersten Besuche bin ich diesem Hype noch erlegen, habe mich für ein paar Fotos aufgerafft und den Versuch dann abgebrochen, weil gefühlte fünfzig Prozent der Bevölkerung die gleiche Idee hatte. So überzeugend finde ich die Rußschleudern nun auch nicht.

Aber wie es der Zufall will lese ich am Samstag in der Zeitung, der Kahn ist wieder da und läuft heute aus. Da ich den ganzen Freitag schon in Nienstedten herumgelaufen bin für meine Stadtteilserie, und mir für den nächsten Tag die Reste inklusive Hirschpark vorgenommen habe, könnte man das für ein Motiv ausnutzen. Mir schwebt auch ganz genau die Stelle vor, erhöhter Blickpunkt über dem Blankeneser Jollenhafen, mit Bank, falls es länger dauert. Der schöne Ausblick von dort wird etwas getrübt, durch die Hallen von Airbus auf der anderen Elbseite, ein wirklich großes Schiff könnte dieses Manko zumindest auf dem Foto beheben.

Mit dem Stadtteil werde ich heute fertig, für den Hirschpark reichen ein paar schöne Bäume und grüne Tümpel, dann setze ich mich auf die Bank zu einem älteren Ehepaar. Das Licht ist prima, in einer halben Stunde sollte die Kiste hier vorbeikommen, das passt.

In der halben Stunde gibt es ein paar Frachter und einen Containerriesen, ideal für ein paar Testaufnahmen. Inzwischen sitzt links neben mir ein weiteres Paar, das extra für den schwarzen Riesen gekommen ist. Es tut sich was, es tutet. Die Scharhörn tuckert vorbei, gefolgt von einem der größeren Hafenrundfahrer, dann tutet es lauter. Es ist aber nur eine der Aidas, trotzdem gut für weitere Testaufnahmen, das Licht hat sich ohnehin leicht verändert.

Eine weitere halbe Stunde und etliche Frachter später ist die Bank voll, obwohl das ältere Ehepaar uns verlassen hat. Zwei weitere Hobbyfotografen müssen stehen, rücksichtsvoll verziehen sie sich aus meiner Schusslinie und bauen am Rand Stative auf. Der Grund ist mir nicht ganz klar, denn zu lange Belichtungszeiten verbieten sich eigentlich bei bewegten Motiven, aber was weiß ich schon. Vielleicht werden es Nachtaufnahmen, der Kahn lässt sich nicht blicken, das gute Licht ist mittlerweile eh weg, mein Hintern schmerzt von der blöden Holzbank und ich verliere langsam die Geduld an dem ganzen Blödsinn, da tutet es wieder. 

Deutlich lauter als vorhin, was den alten Herrn neben mir in helle Aufregung versetzt. Letztes Jahr war er noch selber an Bord, wie ich aus den Gesprächen mit seiner Tochter entnehmen kann. Das Licht ist nahezu vollständig verschwunden, aber die zehn Minuten machen den Kohl auch nicht fett, also bleib ich sitzen. Die Bank ist voll, am Rand stehen weitere Schaulustige, es wird eng hier oben. Die jungen Leute verziehen sich mit ihren Kaltgetränken hinter die Brüstung, setzen sich ins Gras und recken hektisch ihre Smartphones gen Himmel. Was ich erst für einen gigantischen Schwarm schwarzer Vögel halte entpuppt sich als ziemlich große Menge an Luftballons, die man auf der Terrasse des Hotels Jacob fliegen ließ. So eine Königin kommt halt nicht mit der obligatorischen Luft- und Lärmbelästigung aus, da muss noch Plastikmüll mit bei.  

Für die Lärmbelästigung ist, neben der königlichen Tuterei, eines der Begleitschiffe zuständig. Für die Leute an Bord und alle Anwohner von Sankt Pauli bis nach Blankenese gibt es Zwangsberieselung mit Discoschlagerdancegrauen, dem ich liebend gerne ein Ende bereiten würde. If I had a rocket launcher...

 Zehn Minuten später ist der ganze Zirkus vorbei und ich denk mir, so langsam ist der Lack ab. Abgesehen von der schieren Größe sieht der Kahn schon ganz schön schäbig aus, ein neuer Anstrich wäre dringend nötig. Oder ein Eisberg.

Noch voll im Lack: Massive Attack - Live @ Melt Festival 2010

Freitag, 23. August 2013

Baumbart..




















..ist ein verdammter Exhibitionist. Und manche Menschen in manchen Stadtteilen haben Gärten....

Für die Regenwälder Fotofetischisten: Nikon 18-105mm Plasteobjektiv, 62mm Brennweite, Blende 10, roh therapiert und ausnahmsweise gerahmt.

Mittwoch, 21. August 2013

Sockenfressersocken















Wie man sehen kann, sind nicht immer Waschmaschinen die Übeltäter. Nur, dass Sockenfressersocken die Socken gleich paarweise fressen. Deshalb fällt es meist erst auf, wenn man mal wieder richtig kalte Füße hat.

Montag, 19. August 2013

Hirnlos in der Tiefgarage















Frauen können nicht Autofahren. Das habe ich vor dreißig Jahren, bei entsprechenden Diskussionen mit der äußerst emanzipierten weiblichen Verwandtschaft, gerne mal in die Runde geworfen. Weil ich die sofort einsetzende große Aufregung zu schätzen wusste, Diskussionen ohne reaktionären Gegenpart sind einfach enorm langweilig. Hatten sich die ersten Emotionen wieder gelegt, konnte ich das wunderbar begründen. Sechs Blechschäden, allesamt verursacht von Frauen, standen auf der Habenseite. Zwei davon waren nahe am Totalschaden und einer so dämlich, dass man eigentlich eine versteckte Kamera hätte suchen müssen. An abschüssigen Straßen halte ich seither mindestens doppelten Abstand.

Das war damals reine Provokation und eine blöde Verallgemeinerung obendrein, denn natürlich weiß ich es besser. Ich kenne mehr Frauen als Männer, bei denen ich mich mit einem guten Gefühl auf den Beifahrersitz setze. Einige davon fahren auch einen ziemlichen Stiefel, aber das stört mich nicht, weil ich weiß dass sie es können. Und nach meinen letzten beiden Totalschäden, beide innerhalb 14 Tagen von Männern verursacht, ist es mit der bequemen Begründung eh vorbei.

Außerdem mögen Frauen vielleicht hier und da Probleme mit dem Einparken haben, was aber lange nicht so gefährlich ist wie die komplette Abwesenheit von Hirnsubstanz. Die konnte ich neulich bei jemandem bewundern, der sich in der Tiefgarage des örtlichen Einkaufzentrums durch quietschende Reifen und Kurzstreckenbeschleunigungen bemerkbar machte, und da weiß man nach den ersten Geräuschen schon, das kann nur ein Mann sein. Keine Frau wäre jemals so bescheuert, in einer Tiefgarage ein 4 mal 50 Meter Beschleunigungsrennen zu fahren, nur um Lärm zu machen.

War natürlich auch ein Mann, oder zumindest so ein halber, mit Halbfrisur und einem Testosteronwert weit jenseits des Üblichen, der ihn scheinbar hoffnungslos überfordert hat. Wer nicht weiß wohin mit seiner Kraft, der sollte vielleicht lieber Fahrrad fahren. Die Bereitschaft zur Einsicht ist bei den sehr einfältigen Menschen leider selten vorhanden.

Es kann also nur am Testosteron liegen, wenn Männer sich doch als die schlechteren Autofahrer erweisen. Oder daran, dass Schakkeline nie den Führerschein macht, weil der Käwwin sie ohnehin nicht an das Lenkrad seines Dreiers lässt. 


Frauen können (unter anderem) tolle Musik machen: Alela Diane - About Farewell


Donnerstag, 15. August 2013

Teufel und Beelzebub















Fenchel ist mir in unguter Erinnerung, Junior bekam damals immer Fencheltee bei irgendwelchen Erkältungen, gruseliges Zeugs. Anis bekomme ich seit ungefähr zehn Jahren nicht mehr wirklich runter, nur weil der Grieche beim damaligen Gelage keine Lust mehr hatte seine Lokalrunden einzuschenken, und kurzerhand ein paar Flaschen Ouzo auf den Tisch stellte. Und Kümmel ist seit je her ein ekelhaftes Zeug, wenn in einer Laugenbrezel auch nur ein Kümmelkorn eingebacken ist, ich beiße garantiert genau drauf, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Davon abgesehen hielt ich Tee schon immer für ein Scheißgesöff. Aber wenn man 48 Stunden lang unterwegs aufs stille Örtchen ist, in 30 Minuten Abstand, dann muss man seine Grenzen überwinden. Das nennt man dann wohl den Teufel mit dem Beelzebub austreiben, die letzte Urlaubswoche habe ich mir deutlich anders vorgestellt.

Leider hat es nicht gereicht mich bis heute auf die Beine zu bekommen. Ausgerechnet heute, wo ich mit dem Herrn Ärmel auf fotografische Exkursion in Hamburg hätte gehen können, bei allerschönstem Wetter, blauer Himmel, Sonne, nicht zu warm, beinahe perfekt alles. Ich hätte echt kotzen können, wäre noch was drin gewesen im Magen.

Dass ich überhaupt in der Lage bin, das hier zu schreiben, liegt einzig und allein an einem anderen Hausmittel, dass ich leider viel zu spät beachtet habe. Es entkrampft spürbar, belastet weder Magen noch Darm und eigentlich, finde ich, riecht und schmeckt es auch ganz gut. Es ist nur leider völlig kontraproduktiv, wenn man sich seit drei Tagen nur von Zwieback und Ekeltee ernährt.

Was für ein Glück, dass meine übervorsorgliche Krankenschwester mich mit zwei Familienpackungen eingedeckt hat, mit einem ganzen Kilo Zwieback werd ich schon nicht verhungern.

Welche Fotos ich heute hätte machen können, kann man bestimmt demnächst hier sehen. Derweil tröste ich mich, inspiriert von Inchs großartigem Greyhoundtrip, mit linksökologischer Cowboymusik von Donna the Buffalo - Tonight, Tomorrow and Yesterday.  Eine Scheibe die sich schon lohnen würde, wäre da nur Why You Wanna Leave Me drauf.

Montag, 12. August 2013

Bielefällt















Vorspiel
Seit Mittwoch haue ich fast täglich einen Fuffi raus, im Portemonnaie ist mal wieder Ebbe. Da ich ohnehin Brötchen besorgen muss fahr ich an der Spaßkasse vorbei, dann ein Kaffee, eine Kippe, ich lass mir Zeit. Die Jungs wollen mich begleiten bis zum Hauptbahnhof, das Gepäck wegschließen und noch ein wenig an den Landungsbrücken stromern, da ist ein Biergarten. In solchen Momenten bedaure ich das ewig ausverkaufte Stadion, das könnte sonst ein perfekter Abschluss werden für die beiden.
Leider verpassen wir dann einen Bus, der nächste kommt verspätet und wir verpassen eine U-Bahn. Es wird eng, vielleicht schaff ich es noch gerade so bis zum Anpfiff.

Um 13 Uhr stehe ich auf der Gegengerade und wundere mich über die relative Ruhe, ach ja, Sonntags ist ja erst 13:30 Anpfiff, irgendwie bin ich in der Saison noch nicht richtig angekommen. Die gewonnene Zeit könnte man nutzen um ein Bier zu holen, leider gibt es keins. Das könnte an den Gästen liegen, die sich gestern Abend schon auf einer Fähre in Altona mit lautstarken "Scheiß Sankt Pauli" Rufen bemerkbar machten, ein herzallerliebstes Publikum, immer gerne gesehen hier. Könnte aber auch daran liegen, dass die Polizei mal wieder gewürfelt hat, denn es ist kein Sicherheitsspiel, nur halt eines ohne Alkohol.

Ich lehn mich ein wenig über die Brüstung und sehe Herrn L. anstehen, vielleicht sollte ich ihm mal sagen wo es schneller geht. Kurzer Klönschnack und ab auf die Plätze. Verhoek spielt von Anfang an, Nöthe auf der Bank, Kalla und Bartels auch, von Herrn L. wird das entsprechend kommentiert. Ich wundere mich, dass er Schnecke in der ersten Elf sehen will, liegt aber nur daran, dass er sonst niemanden hat über den er sich aufregen kann. Wenn der wüsste.

Noch bevor der Anpfiff ertönt macht der Bielefelder Anhang Feuer und Rauch, vielleicht kostet das ja ohne Spielunterbrechung etwas weniger, dann war das wirklich geschickt. Nach der üblichen Ansage kann es dann endlich losgehen.

Spiel (1)
Das Aux Armes missglückt ein wenig, denn es fällt in einen hoffnungsvollen Angriff über Kringe, der leider nichts einbringt. Wir sind auf jeden Fall in der Vorwärtsbewegung, manchmal wird sie rüde gestoppt durch einen Bielefelder, hohes Bein gegen Ratsche, Freistoß für uns und gelbe Karte. Fängt ja gut an hier.

Diese Aktion beflügelt eine Menge Menschen. Zum einen die Bielefelder, die bei nahezu jeder Situation abheben, zum anderen den Schiri, Herrn Muskan. Der handelt fortan nach dem Motto "das muss man zwar nicht pfeifen, kann man aber mal machen." Er pfeift und pfeift und nach gefühlt jedem fünften Pfiff gibt es für irgendwen eine gelbe Karte, meistens für einen unserer Jungs. Als Ratsche im Strafraum aus der Luft gerammt wird bleibt die Pfeife jedoch stumm, das war ein glasklarer Elfmeter, das haben 28.000 Leute gesehen, nur nicht der Schiedsrichter oder sein Kompagnon. Was für ein Arsch, und auf der Gegenseite gibt es dafür die gelbe Karte für Torre oder Gonther, kann ich nicht erkennen.

Das Spiel ist inzwischen völlig im Arsch, kaputtgeflogen und kaputtgepfiffen. Bielefeld mauert und uns fällt nichts ein. Tschauner kriegt einen Ball aus 30 Metern Entfernung nicht in den Griff und ich meine Herzprobleme, meine Fresse. Spielerisch geht nix und wenn doch mal was geht wird es abgepfiffen. Wenn Bielefeld gefährlich wird, dann nur durch dusselige Fehler unsererseits. Boller verdaddelt die Pille und muss nachsetzen, Biele fällt wieder und es gibt Gelb. Wer hat noch nicht, wer will nochmal. "Irgendwann" sag ich zu Herrn L. "wird einer von denen im Strafraum fallen und der Schiedsrichter darauf rein." Herr L. tippt immer noch auf ein 1:0, kann sich aber zwischen Verhoek und Buchti nicht entscheiden. Dann ist Halbzeit, ohne Treffer.

Zwischenspiel
Kein Vollbier, keine Pause. Klönschnack mit den Nachbarn, mein Nebenmann findet die Stimmung nicht so doll heute, hält sich bei Anfeuerungsrufen selber aber merklich zurück, dann kann das nichts werden. Mir ist auch nicht so zum Schreien zumute heute, ohne Bier singt die Gegengerade nicht. Schon gar nicht am Sonntag Mittag, da schläft Papi sonst noch. USP sendet nebenbei nette Grüße an das St.Pauli Forum und ich überlege, meine Nachbarn mal nach ihrem Beruf zu fragen, gebe den Gedanken aber schnell wieder auf, weil mich die Berufe von Leuten die ich nicht kenne noch nie interessiert haben. Punker sind jedenfalls nicht zu erkennen, Banker auf diesen billigen Plätzen eher auch nicht. Mir ist es relativ egal wer neben mir sitzt, solange es nicht Kultreporter Buttje Rosenfeld sein muss. Unter uns tragen sie ein paar Bier vorbei. Mit Schaum, sieht überraschend echt aus und der Anblick macht den Durst noch schlimmer. Auf die Plörre bin ich einmal reingefallen, nie wieder.

Spiel (2)
Auf der Süd bereiten sie die ganze Zeit eine Choreo vor, daher pack ich die Kamera noch nicht weg. Ist so mittellustig, aber da das Volk hier gestern randaliert haben soll wohl gerechtfertigt. Als Bauer würde ich mich aber fragen, ob ich jetzt noch in der Süd stehen will. Ischa schon 'n büschen diskriminierend, nech?
Spielerisch ist das weiterhin eher Magerkost was geboten wird, gegen die Bielefelder Abwehr fehlen Ideen. Wenn mal ausnahmsweise eine zündet, dann ist der Bielefelder Torwart dran. Die wollen ums verrecken wenigstens einen Punkt mitnehmen hier, ich fürchte denen gelingt das. Weiter geht es mit dem Kartenfestival, der nächste Schlafanfall in der Defensive erfordert ein taktisches Foul, Gelb für wen? Thy. Zwei Minuten später eine für seinen Gegenspieler, kurz darauf eine für Nehrig oder Gonther, ich krieg das von hier aus langsam nicht mehr mit, wer schon eine hat und wer nicht. Ich hab schon einiges an schlechten Schiedsrichtern gesehen, aber der Vogel kommt locker in die Top 10.
"Wir müssen wechseln" sagt Herr L. "Ja" antworte ich, "Kringe raus, Buchti auf die 6 und Bartels rein." Zu meiner Überraschung macht Frontzek kurz darauf genau das. Das heißt, entweder ich habe tatsächlich Ahnung von Fußball, oder Frontzeck hat keine.
Auswirkungen hat das nicht weiter, Biele fällt weiter, diesmal im Strafraum. Das sieht er natürlich der Herr Muskan und das muss er dann auch pfeifen.Weil er's kann. 0:1 für Bielefällt, wie ich so etwas hasse. Ich hasse es auch, gegen einen Dorfverein wie Regensburg zu verlieren, aber am meisten hasse ich es gegen solche Unsympathen.
Denn wir verlieren das Ding. Auf dem Rasen bemühen sie sich, mehr mit der Brechstange als mit Spielwitz, aber sie bemühen sich. Das Stadion glaubt nicht mehr an die Wende, da kommt erschreckend wenig von den Rängen. Öder Ohnealkoholsonntag, viel zu früh, blöder Gegner und sie kriegen es, verdammt noch mal, einfach nicht gebacken da unten. Sie schieben sich den Ball zu statt zu schießen, wenn sie schießen dann ist die Querlatte im Weg, oder der Torwart, oder der eigene Kollege steht einem auf den Zehen. Es ist ein Trauerspiel was die verballern, das kann Stunden so weitergehen und wird zu nichts führen außer einem Platzverweis, denn bei der Anzahl der vergebenen Verwarnungen ist das da unten russisches Roulette.
Kurz vor Schluss ballert Nöthe noch einen in die Wolken, in der Nachspielzeit ist es wieder der Bielefelder Keeper der nicht zu überwinden ist und dann: Ende Gelände.

Nachspiel
Scheißspiel gegen Scheißgegner verloren, abhaken, richtiges Bier holen. Das Alkoholverbot trifft auch Viva con Agua, wer nichts trinkt spendet auch keine Pfandbecher, die Sammeleimer sind gähnend leer. Eigentlich bin ich lose vor den Fanräumen mit Herrn B. verabredet, aber da steht noch keiner aus der Meckerecke. Wer da auch nicht steht ist der Veggiemann, momentan ein großes Plus der Südkurve, weswegen wir uns bis dorthin durchkämpfen. Die Bierversorgung ist dort momentan besser als in den heiligen Hallen, und ich bekomme den perfekten Veggieburger zubereitet, einen Wutburger mit etwas mehr Hass. Nicht ganz so schlecht gelaunt wie der Hassburger, aber schon etwas gehässiger als der Wüterich. Passend zum Spiel.
Und fast so fantastisch wie Bielefällt.

Auch ganz fantastisch: Michelle Shocked - Don't Ask, Don't Tell





 







Sonntag, 11. August 2013

Touristenkutscher















Wenn man schon mal seltenen Besuch hat, dann will man dem auch was zeigen, von der schönsten Stadt der Welt. Möglichst abseits der üblichen touristischen Trampelpfade, ein paar weniger bekannte Ecken vielleicht, in die es einen als Tourist nicht so schnell verschlägt. Versucht man dann noch die Wünsche der Gäste dabei zu berücksichtigen wird es zeitlich allerdings schnell eng. Zumal es eben nie einfach ist, mit Regenwaldbewohnern unterwegs zu sein. Man ist unter Umständen gezwungen eine U-Bahn zwischendurch zu verlassen, nur weil nicht genug Bier am Mann ist für die lange Fahrt. Da muss man schnell umdisponieren, eine günstige Station dafür wählen, eine andere Strecke in Betracht ziehen und dafür längere Strecken per Pedes in Kauf nehmen. Statt S-Bahn Reeperbahn also U-Bahn St.Pauli. Sehr sehr ungünstig, obwohl die Strecke am Hafenrand natürlich ein grandioses Panorama bietet, aber dafür muss man die ganze Reeperbahn runterlaufen.

Fehler Nummer 1: Längere Wege zu Fuß zurücklegen kostet mit Fotografen locker die dreifache Zeit. Außerdem kommt man, gerade auf dem Kiez, an zu vielen Kneipen vorbei. Genau das wollte ich vermeiden, eigentlich wollte ich mir die Reeperbahn komplett ersparen, aber des Pappenheimers sehnlichster Wunsch an diesem Wochenende war, warum auch immer, das Gruenspan. Er brabbelt die ganze Zeit etwas von Europas ältester Diskothek, stand darüber letztlich was im Kulturspiegel? Auf der Webseite des Span stand jedenfalls nichts, und wie wir vor Ort dann erfahren müssen heißt das wohl, der Laden hat zu. An einem Freitag, wtf?

Fehler Nummer 2: Ich hab mich vorher nicht ausreichend informiert. Wann geh ich schon mal ins Gruenspan?  Der Kiez wäre mir vielleicht nicht erspart geblieben, weil der Hippo sich das nach 25 Jahren mal wieder ansehen wollte, aber ich hätte gewaltig abkürzen können. Gott sei Dank sind die Jungs so erwachsen, dass sie sich für die Herbertstraße und ähnliches nicht interessieren, mit Kamera wäre das auch viel zu gefährlich. Und Gott sei Dank treibt furchtbare Schlagerbeschallung im Herz von St.Pauli die Herren schnell wieder auf die Beine, aber es zieht sich.

Mich zieht es auch, weg vom lärmenden Kiez, rein ins Viertel. Draußen bei einem Bier etwas chillen, Café Miller als Bierpausenstation zum Jolly oder so etwas. Dafür ist der Pappenheimer sofort zu begeistern, was allerdings nach zwei großen Jever im Miller schlagartig nachlässt. Der Mann wird alt, oder er verträgt das norddeutsche Männerbier einfach nicht. Völlig krombacherverweichlicht, es ist nach Mitternacht und er will lieber ein Eis, am besten wäre natürlich Zitrone und Nuss. Durchaus machbar, die Kleine Pause hat sogar recht gutes Eis. Perfekte Idee außerdem, weil Hippo und ich die Grundlage für das ganze Bier nachholen müssen, langsam hab ich Kohldampf.

Und so kommt der Hippo denn doch noch zu seinem Highlight des Tages, dem Doppelcheeseburger der Kleinen Pause. Abgesehen davon ist der Laden immer einen Besuch wert, wer mal gesehen hat, mit welcher Präzision und Geschwindigkeit die Mädels dort das Chaos beherrschen, der ist meistens schwer beeindruckt. Imbiss from Hell.
Mein Highlight des Tages: Ich hab ihn aus der Hand gegessen und mich nicht bekleckert, zum ersten Mal! 

Der nächste Tag wird natürlich deutlicher kürzer, wenn man erst um vier ins Bett kommt. Was das geplante Programm erneut stark verschlankt. Gästewunsch zuerst, also in den Hafen und Fähre fahren. Damit überhaupt noch etwas klappt beschließe ich, heute mehr oder weniger nüchtern zu bleiben und das Auto zu nehmen. Damit fällt Landungsbrücken als Startpunkt allerdings aus, denn da gibt es nie und nimmer einen Parkplatz. Den bekomme ich in Altona am Fischmarkt und wir juckeln rüber nach Finkenwerder. Da will ich mein Lieblingseis, Rosa Pampelmuse, an meiner Lieblingseisbude.

Zu weit für den Pappenheimer, der für Finkenwerder irgendwie nicht zu begeistern ist, wegen der (relativ) vielen alten Fachwerkhäuser. Alte Kameras mag er lieber. Der Weg führt also nur zum nächsten Biergarten, der hat auch Eis und ist direkt am Anleger. Statt Rosa Pampelmuse muss ich mich mit warmem Tiroler Apfelstudel und Vanilleeis begnügen, ist aber auch nicht ganz schlecht. Bei schönem Wetter und genügend Zeit wollte ich eigentlich die Fähre nach Blankenese nehmen und die Jungs zum Bismarckstein hochjagen, von dort hat man den wahrscheinlich schönsten Blick auf die Elbe überhaupt. Aber außer einer Kamera erfordert das auch den Willen, sich dafür etwas zu quälen, und wenn es darum geht schwächeln die Bergbewohner sehr schnell. Wahrscheinlich haben sie nur Angst, ausgerechnet auf unserem einzigen Berg zu verkacken.

Statt dessen Fähre zurück, Museumshafen aussteigen, Bier an den Elbterrassen, der Aida Dingsda beim Auslaufen zusehen, nächste Fähre nach Altona und dann mit der Karre in die Schanze. Gästewunsch. Akzeptiert, weil das Adana Kebap im Lokma den Versuch einfach mal wert ist. Kaum zu glauben, dass ich tatsächlich in akzeptabler Entfernung einen Parkplatz finde. Und etwas glücklich, dass der kurze Regenschauer endet als das Essen kommt.
Aber mehr Kiez und Schanze muss ich nicht haben für die nächsten Wochen, die Gästewünsche sind erschöpft.

Warum ich als Touristenkutscher meine Kamera an Orte mitnehme, an denen ich schon in Ruhe und bei wesentlich besserem Licht fotografiert habe, das muss ich noch überdenken. Daher gibt es (wahrscheinlich demnächst) weit bessere Fotos dieser (trotz aller Hindernisse) höchst unterhaltsamen Tage bei meinem Pappenheimer xs4all und beim Hippolyten.

Ich bin jetzt ersma Fußball, woll?



Donnerstag, 8. August 2013

Wüstencowboys















Im Magen nachklingende Bassläufe, ekstatisches Getrommel, filigranes Gitarrengefrickel, gutturales Geträller und Temperaturen wie in der Sahara. Beim schweißtreibenden Auftritt von Tamikrest in der Kampnagel Music Hall fühl ich mich wie in Bamako. Immerhin mit eiskaltem Bier, darauf hätten wir in Mali wohl verzichten müssen.

Eine weise Entscheidung kurze Hose und T-Shirt zu wählen, trotzdem schwitze ich wie in der Hölle. Auch dem Pappenheimer läuft der Schweiß in Strömen über das Gesicht, aber der muss ja auch arbeiten. Mit seiner alten analogen Pentax schleicht er um die Bühne, um Fotos von den bunten Leuten zu machen. Natürlich in schwarz-weiß, dieser alte Grautonfetischist. Jetzt muss er drei Wochen warten, ob es auch was geworden ist.

Hätte ich geahnt wie entspannt das hier abläuft, dann hätte ich die Spiegelreflex mitgenommen. Fahrradkette, verdammt. Der Laden ist vielleicht halb voll, Plätze direkt vor der Bühne kein Problem, man muss nicht mal drängeln. Kontrolliert wird nur die Eintrittskarte, denn das ist Winterhude, hier trifft sich das Bildungsbürgertum, da tastet man niemanden nach mitgebrachten Getränken oder Kameras ab. Ungefähr die Hälfte der Besucher hätte man in der Fabrik auch wiedergefunden, der Rest sieht aus wie Winterhuder Eventpublikum und hält sich etwas unentspannt am Glas Prosecco fest. Da holt man extra für den Abend die teure Theatergarderobe aus dem Tresor und dann trifft man hier auf tanzende Zecken und alternde Hippies?

Die erste halbe Stunde Programm ist durch, da brüllt mir der Pappenheimer ins Ohr. "Die stellen ihre neue CD vor, kommt aber erst im September raus." Der alte Kulturspiegelleser weiß wieder mehr, und ich wundere mich, wieso ich nicht eins der Stücke erkenne. Dafür habe ich bis jetzt mindestens drei Argumente gehört, warum ich die neue Scheibe unbedingt haben muss. Ein sackstarkes Konzert, ich bin schweißgetränkt und völlig glücklich. Die sind live tatsächlich noch besser als Tinariwen. Naja, mindestens ähnlich gut, nur sehr viel elektrischer. Rockt unglaublich, ich vermisse nicht einmal die Sportzigarette, das wuppt einen auch so in andere Sphären.

Die anderen Kulturspiegelleser verschwinden irgendwann mit ihren Weingläsern aus den ersten Reihen, mehr Platz für Bewegung entsteht. Bei den tranceartigen Rhythmen der Wüstenblueser reicht mir persönlich ja ein halber Quadratmeter zum grooven, andere Menschen treibt so etwas zur Höchstleistung an. Eine fantastisch ausufernde Version von Aicha versetzt die kleine Blondine vor mir völlig in Ekstase, dagegen stinkt ganz Wacken ab. Wenigstens riechen ihre Haare frisch gewaschen, und sie kommt mit dem Kopf auch nicht so tief, dass sie zwischendurch den Boden damit fegt. Auf der anderen Bühnenseite versucht der Pappenheimer diese Szene mit der alten Analogknipse einzufangen, daher bleibe ich einfach mal stehen und lass mir weiter die blonden Locken ins Gesicht fliegen.

Nach einer guten Stunde ist die neue CD wohl durch, denn nach Aicha und Outamachek erkenne ich so ziemlich alles wieder, auch wenn mir niemals die Titel einfallen würden. Der Laden ist zwar nicht voll, aber völlig begeistert. Es reicht für zwei Titel als Zugabe, bei denen sogar die Kulturspiegelleser wieder mit ihrem Glas Wein nach vorne kommen, um mal einen näheren Blick auf diese Beduinen zu erhaschen, bevor das hier vorbei ist. Superfantastisches Konzert, allein dafür hat sich die Woche Urlaub gelohnt.

Nach einem Abschlussbier halten wir das nächste Taxi an und lassen uns zum Bahnhof Barmbek kutschieren, da fällt mir ein, es ist Mittwoch. Mitten in der Woche nach Mitternacht mit einem Taxi zum Bahnhof fahren, zweimal umsteigen und dann wieder ein Taxi finden ist blöde, wir brauchen einen Kompromiss, einigen uns auf  'ne 50/50 Bezahlung bei akzeptablem Pauschalpreis und teilen das dem Fahrer mit. Der überlegt kurz und sagt 30 Euro an, was uns äußerst akzeptabel erscheint, zumal er schon 6.40 auf der Uhr hat als er sie ausmacht. Nach ungefähr der halben Strecke wird der Mann sichtlich nervös, zweimal muss ich schon ein frühzeitiges Abbiegen verhindern, da hat sich jemand schwer verschätzt. Die Geschwindigkeit soll bei den Taxigebühren ja keine Rolle spielen, bei verschätzten Pauschalpreisen ist sie auf jeden Fall ein Bonus, der Mann gibt anständig Gas. Eigentlich müsste es für die Fahrweise ein fettes Trinkgeld geben, aber das macht man ja bei Pauschalpreisen nicht.

Vor dem 13.September und der neuen CD Chatma läuft weiter Tamikrest - Adagh/Toumastin
Vor dem 13. September gibt es vielleicht auch analoge Fotos des Abends beim xs4all. Aber nicht in bunt.  










Dienstag, 6. August 2013

Mal ehrlich, liebe Phisher












Ich hab schon deutlich schlechtere Phishingversuche im Postfach gehabt, da hat scheinbar doch jemand die Hauptschule abgeschlossen. Links verbergen ist ebenfalls keine ganz schlechte Idee, das kriegen viele phishende Kollegen immer noch nicht gebacken.
Aber solange ihr Standard mit t schreibt glaub ich euch nix.

Ich glaub an Rod Picott - Welding Burns und freu mich affig auf das Konzert im Oktober.

Montag, 5. August 2013

Berliner Dudelsackfolklore















Schick was los hier in Hamburg, am Samstag hätte ich die Qual der Wahl zwischen Christopher Street Day und Wutzrock, aber wer arbeiten darf, der muss sich dieser Qual gar nicht erst unterwerfen. Wahrscheinlich wäre es der CSD geworden, denn auf dem Wutz wird dieses Jahr sehr viel Ska gespielt. Das Gezappel kann ich für 'ne Stunde mal ab, aber dann hat sich's auch.

Am Sonntag fahr ich dafür gemütlich nach dem Frühstück auf das Gelände, die Jungs und Mädels sehen erstaunlicherweise sehr viel besser aus als die letzten Jahre, ist wohl diesmal nicht die wilde Party gewesen. Wird auch immer dekadenter hier mit den fetten Wohnmobilen, sogar Eiswürfel gibt es inzwischen schon. Herr H. erzählt mir erst mal was ich verpasst habe, die Hoolinettes wären auf jeden Fall etwas für mich gewesen, nicht nur für die Kamera. Als ich das Programmheft lese ärgere ich mich kurz, denn das klingt in der Tat recht vielversprechend, auch wenn ich mit Bands auf der kleinen Seebühne so meine Erfahrungen habe. Die Osnabrücker sind enttäuscht dass die Prinzessin nicht mitgekommen ist, zu Festivals kann man sie aber noch schlecht überreden, trotz Kinderprogramm. Geschenke gibt es trotzdem, eine gefüllte Pixiebuchtransporttasche im Totenkopfdesign. Freut sie sich bestimmt drüber, obwohl ich nicht sicher bin, dass Pixiebücher noch gefragt sind bei ihr. Vom Exilwestfalen kopiere ich mir schnell die letzte Staffel Game of Thrones auf mein Netbook, dann ist langsam der Marsch in Richtung Bühne angesagt.

Mein Programm stand schon bei der Anfahrt fest, BerlinskiBeat auf der Hauptbühne, von denen hatte ich einiges gehört, das versprach ähnlichen Spaß wie bei den 17 Hippies im letzten Jahr. Auf der Seebühne ist gerade der Poetry Slam zu Ende, schnell noch zur Stärkung das Kapitalistenschwein den netten Veggiemann besuchen um einen Wutburger zu verspeisen. Wieder schlepp ich neue Kundschaft an, ich sollte über Prozente verhandeln so langsam. Auf jeden Fall verhandle ich über den Schärfegrad beim nächsten Heimspiel, die Wutburger sind schon mal würziger gewesen. Irgend etwas zwischen Wut und Hass muss möglich sein.

Richtig scharf kommen die Berliner Musikanten auf der Bühne rüber, ich hab mich nicht getäuscht. Meine liebsten Motive auf Festivals sind die Menschen auf der Bühne, und interessante Gesichter vor der Bühne und drumherum. Ein Glücksfall ist es natürlich, wenn die Menschen auf der Bühne interessante Gesichter haben, so wie die Jungs von BerlinskiBeat. Nach den ersten Takten bin ich überzeugt, sehr geil, genau mein Ding. Furiose Weltmusikmische mit viel Schwung und interessantem Instrumentarium. Denkste denn, denkste denn, du Berliner Pflanze, denkste denn ick liebe dir, nur weil ick mit dir tanze? Hey, das kenne ich noch von meiner Berliner Großmutter, das muss steinalt sein das Stück, diese Version hätte ich ihr gerne mal vorgespielt, wenn das noch ginge. Zwischen Balkanbeat und Dancehall, grandiose Tanzmusik, die allerdings bei über 30° in der Sonne ihre Wirkung bei einem großen Teil des Publikums verfehlt. Oder die sind noch alle erschöpft von der Skazappelei am Samstag, so ein Wetter ist man im Norden einfach nicht gewöhnt.

Ein anschließender Rundgang über das Gelände fördert die üblichen Opfer zu Tage, Betrunkene schmücken ist immer noch nicht aus der Mode. Die Jugend versucht sich in doppelstöckigem Biertrinken, was nicht klappt, weil Bier recht schnell anfängt zu schäumen wenn man es durch Schläuche laufen lässt. In dem Alter hab ich zwar auch viel Blödsinn gemacht, aber ganz sicher kein Bier verschwendet.

Viele Plätze sind schon geräumt, auch bei uns lichtet es sich merklich. Die ersten Stücke der Skatalites nutze ich noch für ein paar Fotos, dann wird es Zeit für die Rückfahrt, um 18:30 ist Fußball. Mein bisher kürzestes Wutzrock, gelohnt hat sich der Tag aber allein schon wegen BerlinskiBeat - Gassenhauer

(Klicken macht Fotos groß)