Wenn man schon mal seltenen Besuch hat, dann will man dem auch was zeigen, von der schönsten Stadt der Welt. Möglichst abseits der üblichen touristischen Trampelpfade, ein paar weniger bekannte Ecken vielleicht, in die es einen als Tourist nicht so schnell verschlägt. Versucht man dann noch die Wünsche der Gäste dabei zu berücksichtigen wird es zeitlich allerdings schnell eng. Zumal es eben nie einfach ist, mit Regenwaldbewohnern unterwegs zu sein. Man ist unter Umständen gezwungen eine U-Bahn zwischendurch zu verlassen, nur weil nicht genug Bier am Mann ist für die lange Fahrt. Da muss man schnell umdisponieren, eine günstige Station dafür wählen, eine andere Strecke in Betracht ziehen und dafür längere Strecken per Pedes in Kauf nehmen. Statt S-Bahn Reeperbahn also U-Bahn St.Pauli. Sehr sehr ungünstig, obwohl die Strecke am Hafenrand natürlich ein grandioses Panorama bietet, aber dafür muss man die ganze Reeperbahn runterlaufen.
Fehler Nummer 1: Längere Wege zu Fuß zurücklegen kostet mit Fotografen locker die dreifache Zeit. Außerdem kommt man, gerade auf dem Kiez, an zu vielen Kneipen vorbei. Genau das wollte ich vermeiden, eigentlich wollte ich mir die Reeperbahn komplett ersparen, aber des Pappenheimers sehnlichster Wunsch an diesem Wochenende war, warum auch immer, das Gruenspan. Er brabbelt die ganze Zeit etwas von Europas ältester Diskothek, stand darüber letztlich was im Kulturspiegel? Auf der Webseite des Span stand jedenfalls nichts, und wie wir vor Ort dann erfahren müssen heißt das wohl, der Laden hat zu. An einem Freitag, wtf?
Fehler Nummer 2: Ich hab mich vorher nicht ausreichend informiert. Wann geh ich schon mal ins Gruenspan? Der Kiez wäre mir vielleicht nicht erspart geblieben, weil der Hippo sich das nach 25 Jahren mal wieder ansehen wollte, aber ich hätte gewaltig abkürzen können. Gott sei Dank sind die Jungs so erwachsen, dass sie sich für die Herbertstraße und ähnliches nicht interessieren, mit Kamera wäre das auch viel zu gefährlich. Und Gott sei Dank treibt furchtbare Schlagerbeschallung im Herz von St.Pauli die Herren schnell wieder auf die Beine, aber es zieht sich.
Mich zieht es auch, weg vom lärmenden Kiez, rein ins Viertel. Draußen bei einem Bier etwas chillen, Café Miller als Bierpausenstation zum Jolly oder so etwas. Dafür ist der Pappenheimer sofort zu begeistern, was allerdings nach zwei großen Jever im Miller schlagartig nachlässt. Der Mann wird alt, oder er verträgt das norddeutsche Männerbier einfach nicht. Völlig krombacherverweichlicht, es ist nach Mitternacht und er will lieber ein Eis, am besten wäre natürlich Zitrone und Nuss. Durchaus machbar, die Kleine Pause hat sogar recht gutes Eis. Perfekte Idee außerdem, weil Hippo und ich die Grundlage für das ganze Bier nachholen müssen, langsam hab ich Kohldampf.
Und so kommt der Hippo denn doch noch zu seinem Highlight des Tages, dem Doppelcheeseburger der Kleinen Pause. Abgesehen davon ist der Laden immer einen Besuch wert, wer mal gesehen hat, mit welcher Präzision und Geschwindigkeit die Mädels dort das Chaos beherrschen, der ist meistens schwer beeindruckt. Imbiss from Hell.
Mein Highlight des Tages: Ich hab ihn aus der Hand gegessen und mich nicht bekleckert, zum ersten Mal!
Der nächste Tag wird natürlich deutlicher kürzer, wenn man erst um vier ins Bett kommt. Was das geplante Programm erneut stark verschlankt. Gästewunsch zuerst, also in den Hafen und Fähre fahren. Damit überhaupt noch etwas klappt beschließe ich, heute mehr oder weniger nüchtern zu bleiben und das Auto zu nehmen. Damit fällt Landungsbrücken als Startpunkt allerdings aus, denn da gibt es nie und nimmer einen Parkplatz. Den bekomme ich in Altona am Fischmarkt und wir juckeln rüber nach Finkenwerder. Da will ich mein Lieblingseis, Rosa Pampelmuse, an meiner Lieblingseisbude.
Zu weit für den Pappenheimer, der für Finkenwerder irgendwie nicht zu begeistern ist, wegen der (relativ) vielen alten Fachwerkhäuser. Alte Kameras mag er lieber. Der Weg führt also nur zum nächsten Biergarten, der hat auch Eis und ist direkt am Anleger. Statt Rosa Pampelmuse muss ich mich mit warmem Tiroler Apfelstudel und Vanilleeis begnügen, ist aber auch nicht ganz schlecht. Bei schönem Wetter und genügend Zeit wollte ich eigentlich die Fähre nach Blankenese nehmen und die Jungs zum Bismarckstein hochjagen, von dort hat man den wahrscheinlich schönsten Blick auf die Elbe überhaupt. Aber außer einer Kamera erfordert das auch den Willen, sich dafür etwas zu quälen, und wenn es darum geht schwächeln die Bergbewohner sehr schnell. Wahrscheinlich haben sie nur Angst, ausgerechnet auf unserem einzigen Berg zu verkacken.
Statt dessen Fähre zurück, Museumshafen aussteigen, Bier an den Elbterrassen, der Aida Dingsda beim Auslaufen zusehen, nächste Fähre nach Altona und dann mit der Karre in die Schanze. Gästewunsch. Akzeptiert, weil das Adana Kebap im Lokma den Versuch einfach mal wert ist. Kaum zu glauben, dass ich tatsächlich in akzeptabler Entfernung einen Parkplatz finde. Und etwas glücklich, dass der kurze Regenschauer endet als das Essen kommt.
Aber mehr Kiez und Schanze muss ich nicht haben für die nächsten Wochen, die Gästewünsche sind erschöpft.
Warum ich als Touristenkutscher meine Kamera an Orte mitnehme, an denen ich schon in Ruhe und bei wesentlich besserem Licht fotografiert habe, das muss ich noch überdenken. Daher gibt es (wahrscheinlich demnächst) weit bessere Fotos dieser (trotz aller Hindernisse) höchst unterhaltsamen Tage bei meinem Pappenheimer
xs4all und beim
Hippolyten.
Ich bin jetzt ersma Fußball, woll?
Erstmal eine dickes fettes Dankeschön an unseren Gastgeber, das war schon ein klasse Wochenende mit schönen Erlebnissen und einer super Führung.
AntwortenLöschenJa, es ist nicht leicht mit uns kleinen zickigen Bergbewohnern, man muss da des öfteren ein wenig vom Geplanten abweichen und immer mal ein Zusatzpäuschen einrechnen. *g*
Ich bin absolut begeistert von der Stadt und überlege immer noch, warum ich mir 25 Jahre Zeit gelassen habe hier wieder vorbeizuschaun.
Mein Highlight des Wochendes war der gestrige Besuch in der Schanze, ich bin immer noch überflutet von den ganzen Eindrücken die dort sammeln konnte.
Okay, da ist deutlich mehr los als auf dem Plettenberger Marktplatz, aber das kann auch mal nerven finde ich. Trotzdem freue ich mich, dass Dir das Wochenende gefallen hat, jederzeit wieder.
Löschenich finde es wahrhaftig bemerkenswert wie du dich um deine gäste kümmerst. ohne rücksicht auf die eigene gesundheit *fg*
AntwortenLöschenaber warum lauft ihr nicht im gemütlichen ottensen herum statt in den menschenmassen der schanze? ich kann der ecke nichts mehr abgewinnen.
Gästewunsch halt. Nächstes mal kommen dann die gemütlichen Ecken dran ;)
LöschenIchh glaube, die Cousine hatte es auch schwer mit mir im Urlaub. Und eine Freundin hat es mir letztens in Tallinn sogar gesagt, so von wegen, dass mam mit mir nicht vorwärts kommt, wenn ich die Kamera mithabe. Und die habe ich eigentlich immer nicht. Aber Fotograf bin ich nicht, ich mache nur Schnappschüsse :D
AntwortenLöschenIch habe die Kamera natürlich immer MIT. MIT!!!
LöschenHihi, war mir schon klar mit MIT *g*
LöschenIch bin ja nicht besser, in Norwegen mussten wir meist die halbe Strecke zum Ziel richtig Gas geben, weil die Landschaft einfach aufhält. Und die Jahre vorher bin ich nur mitgefahren und musste laufend "Halt" und "Stop" brüllen, weil irgendwo Wasser von einer Wand fiel.