Mittwoch, 29. Juli 2015

Cashjuhu!
















Das ist nicht etwa der begeisterte Ausruf eines Börsianers, sondern der brandgute vegane Aufstrich einer kleinen Hamburger Firma, hergestellt aus Cashewkernen, Zucker, Sonnenblumenöl und Meersalz. Spektakuläres Zeug, fast so verführerisch wie die Peacetazie aus gleichem Hause und mit hohem Suchtpotenzial für Nussaficionados.

Die Peacetazie habe ich letztes Jahr auf dem Markt in der Fabrik entdeckt, für äußerst lecker befunden und natürlich sofort ein Glas mitgenommen. Im weiteren Verlauf fiel der Inhalt nach und nach der blanken Nascherei zum Opfer, weil die Frühstückstests mit diversen Brötchen und Brotsorten allesamt unbefriedigend ausfielen. Geiles Zeug, aber irgendwas fehlt.

Wahrscheinlich hätte ich nie wieder 8 Euro für so ein kleines Peacetäzchen gelatzt, wäre mir nicht kurz vor der völligen Leerung des Glases ein rettendes schwedisches Päckchen in die Hände gefallen. Knäckebrot! Eine Doppelstulle mit guter Meersalzbutter (was Veganern dummerweise verwehrt bleibt) und man hat den allerfeinsten Snack, leckerer als jede Tafel Schokolade.

Dafür ganz sicher auch ähnlich viele Kalorien, aber der Preis alleine wird schon dafür sorgen, dass man es nicht übertreibt.


Bierjuhu: BrauKunstKeller Amarsi IPA, 7.1%
Musikjuhu: The Rolling Stones - Sticky Fingers Live

Montag, 27. Juli 2015

Das GANZE Stadion












Saisoneröffnung. Der einzige Zweitligaspieltag mit normalen Bundesligaanstoßzeiten, weil die erste Liga noch Pause macht. Dadurch kann ich halbwegs ausschlafen, denn Nachts kriege ich vor lauter Vorfreude kein Auge zu. Das ist so ein furchtbarer Wundertütentag, keine Ahnung was die Mannschaft aus der letzten Saison gelernt hat, keine Ahnung ob sie überhaupt was gelernt hat, ob die Jungs unter Ewald solche Fortschritte gemacht haben, dass man nicht wieder die ganze Saison über Ködel inner Büx haben muss. Keine Ahnung wie gut Bielefeld wirklich ist, außer der Aufstiegseuphorie und dem Stürmer, der letztes Jahr doch nicht zu uns wechseln wollte. Keine Ahnung warum die uns Görlitz und Nöthe abgekauft haben, aber wenn einer von denen spielt müssen wir mindestens zwei Tore schießen um zu gewinnen, kennt man ja. Wie soll man da in den Schlaf kommen?


Stadioneröffnung. Das Millerntor ist endlich fertig, alle Tribünen. Ein richtig schmuckes Wohnzimmer für fast 30.000 Menschen, ein Traum wird wahr, den man noch vor zehn Jahren kaum für möglich gehalten hätte. Dazu soll es eine, dem Anlass angemessene, Monsterchoreo geben, an der Ultrà Sankt Pauli, der Supportblock Gegengerade und Nord Support beteiligt sind. Gröni hat im Vorwege schon die Näherei fotografieren dürfen, sieht nach riesigen Blockfahnen für die drei Tribünen aus. Die wahrscheinlich größte und teuerste Choreo in der Geschichte des Vereins, darum nehm ich ausnahmsweise die dicke Knipse mit. Der Spaß soll mit extra angefertigten Schals zum Teil refinanziert werden, so ein Ding will ich unbedingt haben, also rechtzeitig da sein bevor die ausverkauft sind. Soll nicht für alle reichen, was man so hört.

U Bahn Feldstraße. Scheiß Sankt Pauli! Scheiß Sankt Pauli! Wasn das fürn Empfang bidde? Kaum erblickt man das Tageslicht, läuft einem die Bielefelder Dumpfbackenfraktion über den Weg, höchstwahrscheinlich mit Rautenunterstützung auf dem Marsch ins Stadion, immer tapfer begleitet von den Schildkröten. Was ich in diesem seltenen Fall durchaus als beruhigend empfinde, ich bin zu alt für diesen Scheiß. Hoffentlich verkacken wir das nicht, wenn ich etwas hasse, dann ist es gegen Vereine mit ner unsympathischen Fanszene zu verlieren. Auf dem Weg über den Dom laufen ein paar deutlich weniger gestresste Bielefelder herum, ich würde beinahe wetten, die haben heute mehr Spaß als ihre pubertären Adrenalinbrüder.

Gegengerade. Keine drei Monate ist es her, da ist mir hier der Quotenrocker nach dem glücklichen Sieg gegen Brause Leipzig freudestrahlend um den Hals gefallen und irgendwie war ich danach sehr optimistisch, dass mir das auch in dieser Spielzeit dann und wann passiert. Jetzt schafft er es doch nicht mehr ans Millerntor und der Gedanke daran tut weh, obwohl ich ihn eigentlich kaum kannte und wir uns nur durch einen Zufall vor drei Jahren im Knust über den Weg gelaufen sind, ich werde ihn vermissen. So ein unglaublich herzlicher und netter Mensch, es trifft immer die falschen. RIP Quote, ich hoffe auf Wolke 7 gibt es alle Spiele Deines geliebten Clubs live zu sehen. Leg ein paar gute Scheiben auf da oben und falls Dir mal der Fußballgott über den Weg läuft, leg ein gutes Wort für uns ein, auf Dich wird er hören.

Fanräume. Vor dem Eingang stehen ein paar völlig desorientierte Leute herum und die Pauliane hat ein Kondolenzbuch mit, in das ich mich eintragen darf. Ich müsste auch noch einen wirklich passenden Aufkleber dazupappen und habe sogar einen dabei, aber das fällt mir natürlich erst Stunden später ein. Noch ein paar kurze Biertipps mit KleinerTod ausgetauscht, der sich ein Ratsherrn Summer Ale gönnt, dann bin ich wieder unterwegs. Vernünftiges Bier im Stadion, DAS wäre mal eine bahnbrechende Neuerung. Wooo gibt es die Schals? Überall laufen Leute mit diesen schicken Choreoschals herum, aber auf die Frage nach einem Verkäufer gibt jeder eine andere Antwort. An dem Stand da vorne. Da hinten an der Ecke. Da links am Zaun. Die laufen hier rum. Vor der Südkurve. Ausverkauft. Aaaaaargh! Verdammt! Der letzte Tipp ist der beste: im Stadion. Also rein da jetzt.

Stadion. Ein Schal, ein Bier und ab dafür. Mal auf den Stehern gucken, ob die alten Nachbarn schon da sind und guten Tag sagen, bevor ich mich auf die Suche nach meinem schicken neuen Plastiksessel mache. Leider niemand anzutreffen, eine Stunde vor Anpfiff nur neue Gesichter, dann kann ich auch nach oben gehen. G2 und G6 hab ich schon gesessen, schaun wir mal wie sich von G4 aus gucken lässt. Scheinbar falscher Aufgang, ich hätte den anderen nehmen sollen, denn hier muss ich mich durch eine ganze Sitzreihe ackern bis zu meinem Platz. Exquisite Sicht auf die Mittellinie, heißa. Und auf das ganze Stadion! Das GANZE Stadion! Mit Herzsitzplätzen auf der Nord, die ich schon auf den Stehrängen fotografiert habe, solange die Herzen noch zu sehen waren, langsam wird es voller.

Neue Nachbarn. Scheinbar bin ich in der Kinderecke gelandet, die Jungs neben und hinter mir könnten jedenfalls meine Kinder sein, wenn ich so spät noch gewollt hätte. Wenigstens riecht das nach Support, die sind gut drauf, ich muss nicht alleine schreien und singen. "Sind Sie nicht der Fotograf vom Wutzrock gestern?" fragt mich jemand von hinten. Hihi, jetzt wird man schon wiedererkannt, nur weil man auf Festivals mit ner etwas dickeren Kamera rumläuft? "Naja," sag ich, "einer von vielen." Vielleicht verwechselt er mich auch nur mit dem Malzkorn, der lief da auch rum, hatte ebenfalls einen grauen Zopf, eine noch viel dickere Kamera und, was noch viel wichtiger ist, einen Presseausweis. Sollte ich mir fürs nächste Wutz auch mal besorgen, wozu hat man Kontakte.

Hamburger Wetter. Feinster Sonnenschein und fast tropische Temperaturen für unsere Verhältnisse, mit Aussicht auf blitzbeleuchtetes Schwarzgewölk und Nordsee von oben. Tropsdem! Einmal im Jahr muss man mit kurzer Hose und Leichtbekleidung ins Stadion gehen können! Dreiviertel der Saison finden gefühlt im Winter statt, also heute. Basta. Eine halbe Stunde vor Anpfiff geht es los, Himmelarschundwolkenbruch. Der Rasen wird naturgewässert, aber sowas von, sogar auf den Sitzplätzen kommen noch Tropfen an. Jedenfalls in der ersten Reihe *g*.
Das Stadion singt und feiert. "Hamburger Wetter, wir haben Hamburger Wetter." Ich versuche mich derweil krampfhaft zu erinnern, wann wir das letzte Spiel bei Schietwetter auch gewonnen haben. Eine Garantie für Heimsiege ist das schon länger nicht mehr.

Neue Nachbarn, schon wieder. Man ist das peinlich, aber wieso wundert sich auch niemand bis zehn Minuten vor Spielbeginn? Ich bin im falschen Block, ich hätte doch den nächsten Eingang nehmen sollen und dann rechts abbiegen statt links. Die Beschriftung ist aber auch dermaßen blöde, wieso kann man den Block nicht einfach auf den Boden malen irgendwo? Doch nicht Mittellinie, doch nicht Kinderecke mit Support, eher der ruhige Altherrenblock. Na da bin ich ja richtig aufgehoben. Kaum habe ich mich an den Gedanken gewöhnt, blökt mich jemand von hinten an. "Na, haste Dir mal was geleistet?" Wer zum Teufel kennt hier meinen Namen? Es ist Don Dege, der zwei Reihen hinter mir sitzt und den ich immer auf der Haupttribüne vermutet habe, weil wir uns dort während des Neubaus der Gegengerade öfter über den Weg liefen. Seit mir Koschi mal von einer HT-Loge aus auf die Mütze geklopft hat wundere ich mich in diesem Stadion nicht mehr über solche Zufälle, aber schön dass es sie gibt.

Die Mannschaft. Das ist so ungewohnt gewohnt, als würde die letzte Saison einfach weitergehen. Man muss sich nur an ein paar fehlende Namen gewöhnen, was mir ganz besonders bei Schachten schwerfallen wird. Christian Bönig geht auch und bekommt das übliche Gemälde zum Abschied, langsam könnten die sich mal etwas anderes einfallen lassen. Wie viel von den Dingern hat Helmut Schulte eigentlich inzwischen? Mit Ausnahme der paar schon bekannten Namen aus dem eigenen Nachwuchs hat sich nichts geändert. Unseren japanischen Zauberfuß hätte ich mir gegen Rayo ansehen können, nu isser verletzt. Dabei hätte ich so gerne bei der Mannschaftsaufstellung mal "Miyaichi" gebrüllt, das ist wesentlich einfacher als es zu schreiben. Buchti verletzt, aber Schnecke immerhin schon auf der Bank. Nehrig für Kalla, Ratsche, Alushi, Maier, vorne Lenny Thy, Halstenberg und Buballa auf der Achse gesetzt, das ist alles keine Überraschung. Meine ganze Hoffnung ist Ewald, der wieder seine Runde macht und die Ränge ein wenig aufwiegelt.

Unglaublich viel Stoff mal vier. "Das ganze Stadion!" skandiert die Südkurve. Fünf Minuten vor dem Anpfiff kommt der Countdown und der gilt tatsächlich dem GANZEN Stadion, denn auch für die Haupttribüne haben die an der Aktion beteiligten Jungs und Deerns eine gewaltige Blockfahne genäht. Auf allen vier Tribünen werden gigantische Stoffbahnen gleichzeitig hochgezogen und verhüllen zu den Klängen der Hells Bells das komplette Stadion, mit Ausnahme des Bielefelder Blocks, in braun-weißen Farben. Auf den anderen Tribünen glücklicherweise ein kleines bisschen schneller, so kann ich noch ein paar Fotos machen bevor es dunkel wird. Der Wahnsinn, mal echt, auch unter dem Lappen ist es der Wahnsinn, so laut war es hier noch nie. So eine Aktion hat es im Leben nicht schon mal woanders gegeben, würde ich drauf wetten. Nur schade, dass es kaum jemand sehen kann, außer den Bielefeldern. Und den paar hoffentlich schlauen Leuten mit teuren Kameras auf dem Spielfeld, die den Wahnsinn für die Nachwelt entsprechend eingefangen haben. Ich bin mir ziemlich sicher, dass bei Gröni einiges zu sehen sein wird.
Nachtrag: Während ich hier schreibe hat er mir den Titel geklaut, aber ich ändere den trotzdem nicht mehr. Fantastische Bilder!

Erste Halbzeit. Erste Aktion, gelbe Karte für Gonther. Hoho. Für so'n Allerweltsfoul gleich die Karte, da will einer zeigen, dass ihn die Kulisse nicht beeindruckt. Eine Ich-bin-kein-Heimschiedsrichter-Karte. Kurz vorher hat jemand Ratsche gelegt und dafür gab es nicht mal einen Pfiff. Pfeife. Zehn Minuten später nervt der Herr Stark immer noch, nach drei weiteren Fouls kann man für die Gegenseite auch mal eine Karte zücken, aber nein, da bleibt sie in der Tasche. Bei einem Eckball der Bielefelder kaspert der eine Vogel mit erhobenen Armen dermaßen provozierend um Himmelmann herum, alleine das ist schon gelbwürdig. Robin boxt das Ding zwar raus, wird aber ohnehin wegen Foulspiels abgepfiffen. Das Spiel ist recht munter, mitunter gelingen uns nette Kombinationen bis zum 16er der Arminen und wenn sie den Ball mal verlieren holen sie ihn sich meistens schnell wieder zurück. Balleroberung gut, Pässe kommen an, allet schick, nu noch einen versenken. Ist bald soweit, die Jungs kommen richtig in Schwung, haben Fußball gelernt unter Ewald. Lenny ackert vorne rum und beschäftigt die halbe Bielefelder Abwehr, nach ein paar erarbeiteten halben Chancen kann er sich die Ecke aussuchen, aber wieder ist ein Bielefelder Bein im Weg. Ist bekannt dass die hinten eng stehen, aber doch nicht so eng, verdammt. Leider sind unsere Standards zu harmlos, die Eckbälle meist ungefährlich, die Freistöße in die Wolken. Geht es mit dem Einsatz weiter muss dabei was zählbares rausspringen. Auffällig finde ich Ratsche, der seine neue Position als 6er scheinbar mit Herzblut annimmt, so giftig wie er sich immer wieder die Bälle holt. Und Lenny, dem ich immer noch den Durchbruch zutraue, vielleicht ja diese Saison und in der nächsten die Torjägerkrone anvisieren. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt damit anzufangen, doch leider wird es in der ersten Halbzeit nichts. Dafür haut Ratsche den Ball in die Maschen, letzte Minute, woohoo, wieso freut sich nur so ungefähr die Hälfte des Stadions? Wegen Scheisndreckabseits, was die südliche Hälfte besser sehen kann. Auf die nächsten 45..

Halbzeitpause. Bier, frisch, in rekordverdächtiger Zeit. Sitzplätze sind schon wat luxuriös, woll. Mit meinen neuen Nebensitzern anfreunden kann ich mich trotzdem nicht, ist keiner von da. Also stehend ein wenig mit dem Don quatschen. Einen Zug aus der Pausensportzigarette lehnt er ab, aber sein Nachbar ist hoch erfreut über das Angebot. Schon wieder einen neuen Freund gewonnen, das wird schon in der Ecke, vielleicht krieg ich sie auch irgendwann zum singen. Bleibt mir Zeit ein paar Tapeten auf der Süd zu fotografieren, das klappt mit der SLR einfach alles schneller und besser als mit der Taschenknipse, das sollte ich mir angewöhnen, ist ja ne Ruhezone hier oben. Eigentlich ist das ganze Stadion heute eine Ruhezone, so viel kommt hier nicht an. Dass der Bielefelder Block lauter ist als die Nord bei Wechselgesängen ist mir ein Dorn im Auge, wir hätten vielleicht doch besser Flutlicht gehabt. Das ist auf jeden Fall ausbaufähig. So ausbaufähig wie das Geländer vor meinem Sitzplatz, da kommt ein Bierbecherhalter hin demnächst. Bei der dazu notwendigen Vermessung komme ich endlich mit meinem Nebensitzer ins Gespräch, jetzt kann ich gleich zwei davon bauen lassen. Das wird schon noch hier.

Zweite Halbzeit. Der Fußball ist auch ausbaufähig. Der große Elan ist irgendwie verpufft, oder Bielefeld groovt sich langsam ein hier. So zwei bis drei halbe Chancen hatten die in der ersten Hälfte ja auch, aber dolle war das nicht. Jetzt kommt ausgerechnet Görlitz durch, den hatte ich gar nicht mehr auf der Rechnung. Flanke kommt nicht an, weil Lasse wie immer Herr der Lüfte ist. Die beste "Neuverpflichtung" die wir jemals gemacht haben. Das Spiel passt sich der Wetterlage an, manchmal droht Unwetter, dann scheint für kurze Zeit die Sonne, aber man muss weder Sonnenbrand noch Hagelschlag befürchten. Mostly harmless, bis Lasse einen Ball eigentlich ideal serviert bekommt, doch der Kopfball misslingt ihm völlig. "Mist, verdammter"" entweicht mir ein Fluch. "Das kann er doch eigentlich besser." Zum ersten Mal bemerke ich zustimmende Reaktion neben mir, so langsam werden wir warm miteinander. Wenn man jetzt noch irgendwie den Gedanken des lautstarken Supports weitergeben könnte, aber außer mir schreit hier nur der Mann mit dem ich die Sportzigarette geteilt habe. Lenny zieht aus der Distanz ab, wieder abgeblockt. Lenny muss das machen jetzt, der muss sich für seinen Einsatz heute einfach belohnen, wie es so doof im Fußballsprech heißt. Das muss alles besser werden.
Das Spiel muss besser werden. So wie in der ersten Hälfte, als sie noch schick kombiniert haben, doch inzwischen stört Bielefeld früh und setzt uns so unter Druck. Nicht gut. Nicht gut! Niiiiiiiiiiiiicht gut, 0:1 Bielefeld, so eine sch.........Abseits. Meine Fresse. Aufwachen da unten. Wenn es nicht mit fummeln im Strafraum klappt, dann vielleicht direkt? Maier zieht ab, aber Hesl hat die Hand dran. Zweite Möglichkeit bei einem Freistoß, Halste und Maier stehen am Ball, wieder versucht es Basti, wieder ist Hesl dran. Verdammichnocheins. Bei uns kommt Choi für Sobota, das könnte ein Lichtblick sein. Sobota hab ich jetzt nicht so stark gesehen, guter Deal. Kurz darauf Verhoek für Buballa, die Achse hat heute nicht viel gebracht, aber Verhoek trau ich weniger zu ein Spiel zu entscheiden. Dann noch Kalla für Nehrig, sind die alle platt? Das geht ja Schlag auf Schlag hier.

Tut dem Spiel irgendwie nicht gut, das wirkt alles etwas zerfahren im Moment. Was die Jungs auch versuchen, vorne ist kein Durchkommen, immer ein Bein dazwischen und hinten fangen wir an zu schwimmen. Kalla ist kaum auf dem Platz, da kassiert er auch schon die gelbe Karte. Was für eine Aktion. Erst verliert er den Ball so dermaßen dämlich, dass mir wenigstens in Gedanken ein "Aaaaah..Kreisklasse!" herausrutscht, aber er holt sich das Ding dann so gut wieder, dass ich dem sofort ein "Aaaaah..Weltklasse!" anfüge. Trotzdem kommt der Einsatz für Schnecke wohl noch zu früh, begeistern kann er mich heute nicht. Hat er mich auf dieser Position ohnehin eher selten können, wir werden sehen.
Noch zehn verdammte Minuten und wir werden immer fahriger, Bielefeld will hier noch was holen. Himmelmann ist aber immer noch ein guter Torwart und Klos bleibt ohne Treffer. Viele Möglichkeiten hat er eh nicht gehabt gegen Lasse. Choi will sich nachhaltig Eindruck verschaffen und kriegt Szeneapplaus für Ballgewinn. Dafür kommt er einem Einsatz in der nächsten Startelf vielleicht näher, gönnen würde ich ihm das. Uns gönne ich mittlerweile den Schlusspfiff, denn wir wurschteln uns gerade hilflos durch die letzten fünf Minuten, keiner kriegt den Ball aus der Gefahrenzone, immer wieder Ecken und Kopfbälle, der einzige der die Nerven behält ist Himmelmann. Hexi Reflexi, langam glaube ich, wir haben wirklich den besseren Torwart behalten. Der rettet uns den Arsch dann auch durch die zwei Minuten Nachspielzeit, Ende Gelände, 0:0. Ein Punkt gegen einen eigentlich nicht so wirklich starken Gegner. Nuja. Een is beter as gor keen, das letzte Spiel haben wir gegen die verloren. Gegen eine Stadt die es nicht gibt, in einer Gegend die sie Ostwestfalen nennen, wahrscheinlich um den Suchenden zu verwirren.

Dritte Halbzeit. Noch ein Bier hier oben holen, weil es so bequem ist und schnell geht. Dass es hier auch nach dem Spiel nur Pfandbecher gibt ist zweifach dämlich. Einfach, weil es das Trinkgeld für die Bedienung deutlich schmälert und zweifach, weil ich den Becher mangels Viva con Agua Tonne vor den Fanräumen niemals loswerde. Herr L. ist für die nächsten Spiele wieder im Stadion und überrascht mich von hinten, bevor ich überhaupt auf die Idee komme ihn hier oben zu suchen, die Tresenkurve findet sich an der üblichen Stelle vor der Gegengerade, alles wie immer.

Endlich wieder Fußball. Bislang noch nichts, über das man sich groß aufregen müsste. Aber ein GANZES Stadion. Wir! Unglaublich, oder?

Stadionfotos: Gegengerade, Hamburg Sankt Pauli, klicken + F11 vergrößert.
Stadionbier: Astra. Was dagegen?
Stadionmusik: Bruce Springsteen & The E Street Band - L.A. Sports Arena, California 1988 (Official Bootleg Series)   
















 




























  








Zum Abschluss das offizielle Choreovideo aus der Flimmerkiste:





Mittwoch, 22. Juli 2015

Einparkhilfen
















Bisher bin ich ganz gut ohne Einparkhilfe ausgekommen, in über 40 Jahren noch nix angerempelt und zur Not reichen mir auch vorne und hinten wenige Zentimeter, wenn nichts anderes zu finden ist. Bei einem Wendekreis von gut und gerne 360 Metern wäre ich allerdings auch für jede Hilfe dankbar. Zumal sich der wohl nur erreichen lässt, wenn man die 360 Meter auf der Stelle dreht.


Parkfoto: Cosco Belgium, 365m, 153.666 BRZ, Schlepper Fairplay X, 25m, 5000 PS
Parkbier: BrewDog Punk IPA, 5.6%
Parkmusik: Chemical Brothers - Born In The Echoes/Surrender/Exit Planet Dust




Samstag, 18. Juli 2015

WasserKunstWerk
















Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erkrankten über 16.000 Menschen in Hamburg an der Cholera, etwa die Hälfte davon hat das nicht überlebt. Eine der nachfolgenden Maßnahmen war der Abriss des Gängeviertels, in dem ganz besonders schlechte hygienische Bedingungen herrschten, ein anderer war der Bau einer Filtrationsanlage auf der Elbinsel Kaltehofe, die 1893 in Betrieb ging und fast 100 Jahre lang ihre Arbeit verrichtete. Das zwei Jahre zuvor gegründete Hygienische Staatsinstitut  bezog den Neubau einer Villa auf dem Gelände, um die Wasserqualität ständig kontrollieren zu können. Nach der Sturmflut 1962 war Kaltehofe trotz Überflutung das einzige Wasserwerk, dass nach wenigen Wochen wieder unbedenkliches Wasser liefern konnte, während alle anderen Wasserwerke über Monate ausfielen oder Totalschaden zu vermelden hatten. 

1990 wurde der Betrieb eingestellt und das Gelände fiel für zwanzig Jahre in eine Art Dornröschenschlaf, nicht zugänglich für die Öffentlichkeit. Heute ist es Industriedenkmal, Museum und Naturschutzgebiet. In der Villa des Hygienischen Instituts gibt es ein Café, in dem man als durstiger Wanderer sogar kostenlos mit Hamburger Wasser versorgt wird, wenn man sich nicht für eine andere der vielen Wassersorten entscheiden kann. Ich entscheide mich für Elbwasser, das leider mit der unsäglichen Amibrause hergestellt wird, aber immerhin ist es kalt. Die Karaffen mit dem kostenlosen Nass sehen doch sehr nach Zimmertemperatur aus.

Nach der Pause erkunde ich das Gelände. Eines der Becken soll für Modellschiffe vorgesehen sein, aber das Becken im Stadtpark liegt für so ein Hobby einfach zentraler, hier lässt niemand Schiffchen schwimmen. Seit vier Jahren ist ein Viertel des Geländes Park und Ausflugsziel, der Rest ist Gehölz, Gewässer, Feuchtgebiet und bleibt der Natur überlassen. Über vierzig Vogelarten, sieben verschiedene Arten von Fledermäusen und Libellen, Lurche, Molche, Kröten und fast fünfzig auf der roten Liste stehende Pflanzen, für Ornithologen und andere Tierknipser sicherlich ein Paradies, wenn man genug Geduld mitbringt und die richtigen Standorte kennt. Nur der Fischbestand in den Becken soll dürftig sein, was ein paar Kormorane aber nicht davon abhält auf den Schieberhäuschen zu lauern. Bei meinem Glück werden alle Libellen in unerreichbarem Gebiet landen, daher versuche ich es gar nicht erst auf irgend etwas zu lauern.

Vielleicht beim nächsten Mal, wenn ich dafür nicht zweieinhalb Stunden über den Deich latschen muss.

FotoKunstWerk: Schieberhäuschen und Villa, Wasserkunst Elbinsel Kaltehofe, Hamburg 
BrauKunstWerk: Firestone Walker Union Jack IPA, 7.5%.
MusikKunstWerk: Neil Young & Promise Of The Real - The Monsanto Years












Freitag, 17. Juli 2015

Voll der Brüller
















44 Vogelarten brüten auf Kaltehofe und 17 Arten von Libellen schwirren hier herum, eine davon schwirrt sogar in meiner Nähe, aber natürlich lässt sie sich nirgendwo nieder. Für die Vögel muss man wohl auch ausgerüstet sein wie der bärtige Mensch, der mir mit einem 400 oder 500mm Rohr entgegen kommt, als ich ein paar Schritte auf den Naturlehrpfad mache. Zu viel einschränkende Zäune, als dass man an irgend etwas näher heran käme.

Birdwatching ist ohnehin nicht mein Ding, aber als ich von einem der Teiche ein gewaltig grunzendes Quaken höre geh ich doch mal nachschauen. Das muss ein wahrhaftes Monster sein, wahrscheinlich als Kaulquappe im Abwasser von Krümmel geschwommen. Quakzilla die Terrorkröte.

Durch den Lärm lässt sich glücklicherweise die Richtung gut bestimmen, sonst hätte ich den wohl nie entdeckt. Grad mal so groß wie mein Daumen, aber ne Fresse wie Jan Delay. Voll der Brüller.

Froschfotos: Elbinsel Kaltehofe, Hamburg Rothenburgsort
Froschbier: Hobgoblin Ruby Red, 5.2%, Wychwood Brewery, UK
Froschmusik: Joan Armatrading - Track Record

Mittwoch, 15. Juli 2015

Deichwanderung
















Navigationsgeräten darf man nicht vertrauen, hat man keine Straßenkarte sollte man sich über das Ziel vorher wenigstens genauer informieren. Das Ziel heißt Kaltehofe, die Elbinsel mit dem alten Wasserwerk, und das Navi schickt mich auf direktem Wege zum Moorfleeter Hauptdeich, wo der Weg für Fahrzeuge schon nach wenigen hundert Metern durch eine Schranke blockiert wird. Für motorisierte Fahrzeuge wohlgemerkt, Radfahrer gibt es hier wie Sand am Meer.

Da ich dummerweise kein Rad dabei habe ist ein Fußmarsch angesagt, so weit kann das schließlich nicht sein. Der Weg ist durchaus idyllisch wenn man auf dem Deich latscht, auf der linken Seite blickt man auf die Elbe, sofern es der dichte Uferbewuchs zulässt, auf der rechten Seite liegt ein durch Zäune gesichertes Naturschutzgebiet, in dem ab und zu verfallene alte Gebäude zu erkennen sind. Wahrscheinlich der ganz alte Teil des Wasserwerks, der nicht mehr zugänglich ist damit Fledermäuse, Vögel und anderes Getier nicht gestört werden.

Kann der Rest ja nicht mehr weit entfernt sein denk ich noch, aber nach der nächsten Biegung des Flusses sind nur die Brücken der A1 über die Norderelbe zu sehen. Wenigstens weiß ich jetzt ungefähr wo ich bin, da bin ich schon tausendmal drübergefahren, ohne zu ahnen was sich darunter versteckt. Man sollte öfter in richtige Karten gucken, analog hat auch Vorteile.

Warum die hier alle mit dem Rad unterwegs sind wird mir langsam klar, der Weg nimmt kein Ende und immer noch kein Wasserkunstwerk Kaltehofe in Sicht. Nach fast einer Stunde ist umkehren keine Option, ohne ein kaltes Alsterwasser ist der Rückweg eh nicht zu bewältigen. Außerdem will ich jetzt erst recht dahin und wenn ich noch eine Stunde laufen muss. In solchen Fällen kann Sturheit eine nützliche Charaktereigenschaft sein.

Rechts gibts nu auch Wasser, das muss der Holzhafen sein. Billwerder Bucht. Sogar ein Adler soll hier jagen, aber garantiert nicht wenn ich eine Kamera dabei habe. Dafür kommen mir zwei Damen mit Hund entgegen die sich bestimmt auskennen, wer mit Fiffi und Pluto rumläuft wird das meistens vor der Haustür tun. Jadoch, ich wär schon richtig, das ist irgendwo dahinten. Also schon noch ne ganze Ecke, aber die Richtung stimmt.

Ein weiteres Naturschutzgebiet schließt sich an, diesmal sogar fast ohne Zaun. Könnte ein interessanter Umweg sein, vielleicht kann man da irgendwo den Adler jagen sehen. Wahrscheinlich aber nicht, weil ihn die Horde Wanderer gerade verscheucht hat, oder weil das ohnehin nur ein Gerücht aus der Mopo ist. Für zusätzliche Kilometer bräuchte ich eine Adlergarantie, mir ist momentan aber mehr nach Kaltgetränk.

Das gibt es allerdings erst, als es am anderen Elbufer nach Hafen aussieht und am Horizont die Elbbrücken zu erkennen sind. Und natürlich kann man da auch mit dem Auto hinfahren, es gibt sogar einen kostenpflichtigen Parkplatz vor der alten Villa. Nur über Moorfleet geht das nicht, was ein Navi eigentlich wissen können sollte. Scheißmoderne Technik.

Andererseits muss ich eingestehen, dass ich diese Ecke der Stadt ohne die scheißmoderne Technik wohl niemals gesehen hätte und das wäre doch schade gewesen.

Wanderfotos: Moorfleeter Hauptdeich - Autobahnbrücke A1/Norderelbe - Holzhafen/Kraftwerk Tiefstack - Kaltehofe Hauptdeich - Containerhafen Peute - Elbbrücken
Wanderbier: SHIPA Vic Secret, Single Hop Indian Pale, Kreativbrauerei Kehrwieder, 7.5%
Wandermusik: Emmylou Harris & Rodney Crowell - The Traveling Kind