Mittwoch, 17. Juli 2024

Darmstadt für Fortgeschrittene Teil 7: Der Große Woog


 

 

 

 

 

 

 

 

Bei meinem ersten Darmstadtbesuch beklagte ich ja schon das Fehlen von anständigen Gewässern, ganz egal ob See, Fluss oder wenigstens ein größerer Bach. Gewässer in einer Stadt sind super, egal ob Containerschiffe oder Enten darauf schwimmen. Auf Gewässern kann man keine schrecklichen Häuser bauen, aber Biergärten und Cafés an die Ufer. Vielleicht hätte man den namensgebenden Darmbach lieber elbstylemäßig ausbaggern sollen, statt ihn im Untergrund der Stadt versickern zu lassen, denn nichts geht über Biergärten am Wasser.

Abhilfe schaffen könnte allenfalls der sagenumwobene "Große Woog", den ich bisher nur aus Erzählungen des Pappenheimers kenne und an dessen Ufern es die eine oder andere Lokalität mit Seeblick geben sollte.

Vom Hochzeitsturm auf der Marienhöhe konnte man nur ein Fitzelchen der Wasserfläche erspähen und bei näherer Betrachtung ist das kein Wunder. Das Ding ist maximal ein Viertel der Binnenalster, mit einer durchschnittlichen Wassertiefe von zwei Metern, also größer als ein Teich, aber lange noch kein See. Dank eines dichten Grüngürtels und sehr viel Maschendrahtzaun sieht man auch nicht mehr davon, wenn man zu Fuß im umliegenden Park unterwegs ist. 

Wer hier baden möchte muss über Zäune klettern oder Eintritt bezahlen, entweder im Naturfreibad oder im denkmalgeschützten Familienbad, in dem man bitte nicht bekifft auf den Sprungturm steigen soll. Keine Ahnung ob das dem DLRG Vorkämpfer zum Verhängnis wurde, dessen verwitterte Gedenktafel am Sprungturm nicht mehr restlos zu entziffern ist, aber prinzipiell würde ich dem zustimmen, ich kletter da nicht mal nüchtern rauf.  

Abgesehen von den (höchstwahrscheinlich vorhandenen) Freibadpommesbuden ist das Cafè Woog im Osten der einzige Standort mit Außengastronomie am Wasser. Die äußerst euphorische Rezension, die der Pappenheimer am Tag zuvor in irgend einem Käseblatt gefunden hat, verspricht gar ungeahnte Genüsse und dafür bin ich immer zu haben.

Für die Garnelen im Kunafateigmantel auf der Abendkarte sind wir jedoch zu früh und weil ich mich mal wieder nicht zwischen Poke Bowl und Quinoasalat entscheiden kann, nehme ich kurzerhand den Käsekuchen und der ist gar nicht mal so gut.

Um es mal so zu sagen: Da spring ich lieber bekifft vom Zehner..

 

Fotos dazu: Großer Woog/Blick auf die Insel, Café Woog, Familienbad/Jugendherberge/Sprungturm - Nikon D7200

Musik dazu: The Pogues - Red Roses For Me/Rum, Sodomy & the Lash 

 




 

Mittwoch, 10. Juli 2024

Darmstadt für Fortgeschrittene Teil 6: Vortex Garten

 









Bei unserer illegal gemieteten Souterrainwohnung ist die Nutzung des Gartens leider nicht inbegriffen und ob der Hund des Hausherrn immer und bei jedem kläfft, oder nur weil er uns gut riechen kann, werden wir nicht rausfinden. Für die abendliche Gutenachtzigarette müssen wir uns jedenfalls in öffentlichen Parks rumtreiben und solange die Witterung es zulässt ist das hier oben ja kein Problem.

Leider nicht geeigent ist der Vortex Garten, obwohl wir dafür nur ein paar Meter laufen müssten, doch der ist nur tagsüber geöffnet und man mag dort keinen Alkohol, keine Rauchwaren und auch keine Handys. Von Fotoapparaten allerdings steht da nichts, daher nehmen wir einfach mal an, dass niemand etwas dagegen hat wenn wir die Skulpturen, Brunnen und dergleichen ablichten.

Laut Wikipedia sind Vortexpiralen das Motiv des Gartens, hätte ich das gewusst wären die mir vielleicht eher im Gedächtnis geblieben als die lustigen Betonhühner, aber wer weiß schon wie Vortexspiralen aussehen.

Fotos dazu: Vortex Garten Darmstadt - Nikon D7200

Musik dazu: The Pogues - If I Should Fall From Grace With God

 












 

Donnerstag, 27. Juni 2024

Darmstadt für Fortgeschrittene Teil 5: Von Römern und neuen Altstädten

 









Eine exklusive Stadtführung von einer Frankfurter Oberstudienrätin zu bekommen ist schon ein ganz besonderer Glücksfall. Diese Fülle an Informationen, die man schon in der Schule nach fünf Minuten wieder vergessen hatte, man fühlt sich gleich wieder wie ein Pennäler. Wäre ich durch Menschenmassen und Knipserei nicht fast vollständig abgelenkt, wüsste ich jetzt bestimmt noch warum der Römer eigentlich Römer heißt und nicht einfach Rathaus, oder welche Kaiser hier wann gekrönt wurden, ein Karl aber war auf jeden Fall dabei, das weiß ich noch und auch, wo sie hingegangen sind, wenn sie aus dem Kaiserdom kamen. Wahrscheinlich in die nächste Gaddewertschaft, wäre jedenfalls naheliegend.

Bei den großen Entnazifizierungsaktionen 1943/44 wurde nicht nur Darmstadt schwer von Bomben getroffen, auch die Vorstadt hat es fast vollständig zerlegt. Den Römer und die Nikolaikirche hat man wieder aufgebaut, später ein paar Fachwerkbauten restauriert und fertig war die Altstadt. Weil historische Altstädte bei Touristen ganz besonders beliebt sind, kam ein findiger Mensch auf die Idee, neben den doch etwas traurigen Resten der alten Altstadt eine neue Altstadt zu bauen. 

Da von der heutigen Architektengeneration niemand mehr so richtig weiß wie das früher funktioniert hat mit diesem Fachwerk und Stuckgedöns, haben sie einfach ihre gewohnt simplen Betonkästen gebaut und mit historisch anmutenden Fassaden getarnt. Solange man nicht um die Ecken schaut ist das brillant.

Auf diese Idee würde in Hamburg z.B. niemand kommen. Wenn wir etwas platt machen, dann kommt da ein Klotz hin und feddich.


Fotos dazu: Frankfurter Römer, Römerberg, Kaiserdom/Großer Engel, Nikolaikirche, Bürgerhaus Großer Engel, Stoltze-Brunnen/Hühnermarkt, Kaffeehaus Goldene Waage - Nikon D7200

Zum gemalten Haus/Sachsenhausen - Samsung A33

Musik dazu: The Police - Ghost In The Machine











Freitag, 21. Juni 2024

Darmstadt für Fortgeschrittene Teil 4: Die Vorstadt

 









Man kennt das ja von vielen großen Metropolen der Welt, in denen die sozialen Randgruppen weitgehend ins Umland verdrängt wurden. Was für Paris die Banlieus, für Rio die Favelas oder für Kapstadt die Townships, ist für Darmstadt ein Ort namens "Frankfurt am Main", in dem die ärmeren Bevölkerungsschichten in seelenlosen Glas- und Betonbauten arbeiten und leben müssen.

Gewaltige Konstruktionen aus Hunderten übereinander gestapelter Wohncontainer (teilweise immerhin mit Regendach) und gigantische Türme, die fast schon an den Wolken kratzen können, bestimmen das Stadtbild. Wehe dem Pizzaboten, der hier auf defekte Fahrstühle stößt. Um die Versorgung der Bewohner in solchen Situationen sicherzustellen gibt es sogar Wohntürme mit hängenden Gärten, in denen man Notfallsalat anpflanzen kann, oder Kräuter für Grie Soß, was ja ein Allheilmittel sein soll in Frankfurt.

Im Laufe der Zeit ist aus den Türmen so etwas wie eine Touristenattraktion geworden, angeblich sind die Vorstädter inzwischen sogar Stolz auf ihre Skyline. Um das zu überprüfen sitzen wir in aller Herrgottsfrühe im Odenwald Express nach Frankfurt. Wir wollen uns das Betongedöns näher ansehen, weil man an schrecklichen Bauten immer gut Architekturfotografie üben kann, wie der Pappenheimer zu sagen pflegt. 

Außerdem erwartet uns seine reizende Schwester nebst Gatten am Hauptbahnhof, die uns in den nächsten Stunden im Dauerregen per pedes, U- und Straßenbahn äußerst kundig durch die Stadt führen, so dass wir nicht nur das Elendsviertel zu sehen bekommen, sondern auch die alte Altstadt, die neue alte Altstadt, den Main und das Touristenfallenviertel, in dem ich meinen zweiten Versuch mit Grie Soß starte.

Fest eingeplant war eigentlich ein Besuch im 53. Stock des Main Towers, um mal zur Abwechslung nach unten gucken zu können. Geschafft haben wir es immerhin in den 5. Stock des Shoppingcenters Skyline Plaza, in den Skyline Garden. Natürlich mit Blick auf die Skyline.

Bei so viel Skylinerei genehmige ich mir zur Stärkung einen steifen Espresso Martini und ein Trio aus drei verschiedenen Eissorten mit Flammkuchenchips und hausgemachtem Obstsalat, was eindeutig zu den besten Entscheidungen dieses Tages gehört. 


Fotos dazu: Skyline Frankfurt - Nikon D7200 / Eistrio - Samsung A33

Musik dazu: Pearl Jam - Riot Act / Pearl Jam

 













 








Montag, 17. Juni 2024

Darmstadt für Fortgeschrittene Teil 3: Das Bierparadies

 









 

Dauerregen im Urlaub kann auf das Gemüt schlagen und zwingt zu überdachten Aktivitäten wie z.B. Museumsbesuchen. Im Hessischen Landesmuseum läuft noch bis Anfang Juni eine Sonderausstellung zum Thema Tod & Teufel und steht dabei in direkter Konkurrenz zur Dauerausstellung "Finde Dein Bier zwischen 1500 Sorten" im (ehemals) größten Biermarkt der Welt und die Interessenlage ist eindeutig, denn der Pappenheimer hat alkoholfreies Kehrwieder Coconut Grove auf der Webseite gefunden. 

Das muss unbedingt in unseren Kühlschrank und schließlich ist auch ein (ehemals) größter Biermarkt der Welt so etwas wie eine örtliche Sehenswürdigkeit. Alkoholfreie Bierspezialitäten finden sich reichlich in den Regalen und Gängen, bleifrei ist schwer angesagt, Flasche auf Flasche wandert in den Wagen, so dass ich bald um den Platz für meine wenigen Pullen kämpfen muss.

Das ist einer dieser verfluchten Läden, bei denen ein genauerer Blick auf das Sortiment an nur einem Tag die Urlaubskasse sprengen kann, weshalb ich die wirklich gefährlichen Gassen lieber gar nicht erst betrete. Statt einfach einen Sixpack Grohe Pils einzupacken wende ich mich, von der Vielfalt etwas überfordert, exotischem Gebräu aus England und Belgien zu. Dabei kann ich mich nicht entscheiden und such das irgendwann nach Farbe aus.

Wird spätestens dann bestraft, wenn man das Zeug auch alleine trinken muss.


Fotos dazu: Samsung A33

Musik dazu: Pearl Jam - Yield / Binaural

 


 

Samstag, 15. Juni 2024

Darmstadt für Fortgeschrittene Teil 2: Blaue Mathilde

 









Clever wie wir sind, haben wir rechtzeitig unser letztjähriges Domizil gebucht, das sehr begehrte Souterrain einer alten Villa in unmittelbarer Nähe der Mathildenhöhe. Umzingelt von etlichen Verbindungshäusern der Darmstädter Burschenschaften, was das Flanieren mit Antifashirts nach Einbruch der Dunkelheit zu einer leicht gruseligen Angelegenheit machen könnte, aber den Geräuschen nach zu urteilen die aus den Häusern dringen, liegen die zu der Zeit alle schon unterm Tisch.

Am ersten Abend die Lage sondiert, festgestellt dass um 21 Uhr immerhin die Laternen angeknipst werden und etwas zusätzliches Licht versprechen, ein paar Handyfotos gemacht und beschlossen, am nächsten Abend mit dem Stativ zu erscheinen, damit das Ding nicht nur im Kofferraum rumliegt wie im letzten Urlaub.

Das trockene Wetter lockt leider nicht nur uns auf den Weltkulturerbehügel, sportliche junge Menschen spielen auf den Wegen, Radfahrer und E-Scooter kreuzen, ein Verkehr fast wie auf dem Lui. Um die Zeit zu überbrücken beschäftigen wir uns mit den Skulpturen im wiedereröffneten Platanenhain bis die Stunde endlich blau wird.

Man könnte das Ensemble wirklich etwas geschickter illuminieren denk ich mir, etwas indirektes Licht auf der Kapelle wär schon ganz nett aber kostet ja auch Strom, da muss man Verständnis haben, doch kaum sind Kamera und Stativ verstaut, flammt vor der Kapelle ein greller Scheinwerfer auf, der bei den vielen goldenen Verzierungen garantiert für reichlich ausgefressene Lichter sorgt, weshalb ich das Geraffel gar nicht erst wieder auspacke. Indirekt ist anders.

Vielleicht nächstes Jahr, bei Darmstadt für Profis.

 

Fotos dazu: Mathildenhöhe Darmstadt, Platanenhain, Sterbende Mutter mit Kind, Relief Schlaf, Pflanzkübel mit Schakal

Musik dazu: Pearl Jam - Vitalogy / No Code 

 







 

  



Donnerstag, 13. Juni 2024

Darmstadt für Fortgeschrittene Teil 1: Obendrüber freundlich, unten nass

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nachdem die letztjährige Serie Darmstadt für Anfänger aus rein logistischen Gründen ein paar Flecken von des Pappenheimers Heimaterde auslassen musste, haben wir einen zweiten Besuch geplant. Wild entschlossen, in diesem Jahr ein paar Lücken zu füllen und mehr Biergärten zu besuchen. 

Leider will es das Schicksal anders, der Pflichtbesuch am ersten Tag erweist sich als Reinfall. Zwar gibt es die Eisdiele Venezia immer noch, doch ohne das im letzten Jahr fast täglich genossene Zitrone-Basilikum. Ein herber Rückschlag, genau wie die unbeständige Witterung, die den Besuch von Biergärten zum Glücksspiel macht.

Wenn man schon in der City rumlungert, kauft man sich am besten gleich eine Darmstadt-Card, mit der man die nächsten zwei Tage den Nahverkehr nutzen kann. Nebenbei verpasst mir die äußerst charmante aber maximal verwirrte Dame im Tourismusbüro die drölfzigste Schreibweise meines Namens, ich heiße jetzt Elke. Hoffentlich gibt das bei einer Kontrolle keine Probleme.

Unterdessen fällt dem Pappenheimer ein, dass Mutti im altehrwürdigen Kaufhaus Henschel (so etwas wie Karstadt ohne Insolvenzverwalter) früher gerne zu Kaffee und Kuchen eingekehrt ist und weil das Restaurant "Obendrüber bei Henschel" heißt und mit einer großen Dachterrasse wirbt, beschließen wir sogleich einen Besuch.

Mit Kaufhausdächern hab ich schon in Aarhus gute Erfahrungen gemacht, Henschels Dach ist ähnlich nett. Der Espresso ist gut, die Sitzgelegenheiten anständig und der Blick von hier oben, auf Ratskeller, Schloss und Landesmuseum, unbezahlbar. 

Wieder auf dem Boden angekommen beschäftigen wir uns eine Weile mit Brunnenfotografie, folgen den sprudelnden Quellen bis hinter das Landesmuseum in den Herrngarten, um mal wieder etwas Natur zu schnuppern. Und den Biergarten, natürlich.

 

Fotos dazu: Ratskeller Darmstadt, Hessisches Landesmuseum, Darmstadt Schloss, Brunnen Luisenplatz, Herrngarten - Nikon D7200

Musik dazu: The 1975 - The 1975 / Being Funny in a Foreign Language

 







 


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