Freitag, 30. März 2012

Ein Opfer des Erfolges














Vor ein paar Jahren las ich einen Artikel über eine junge Kanadierin, die einen kleinen Laden auf dem Kiez aufgemacht hatte, um dort angeblich ganz fantastischen American Cheesecake zu verkaufen. Als ausgesprochener Liebhaber solchen Backwerks musste ich das natürlich irgendwann nachprüfen. Seither bin ich mehr oder weniger regelmäßig in der Paul-Roosen-Straße aufgekreuzt, um mich und ein paar ausgesuchte Besucher mit diesen unverschämt cremigen, luftig-leichten und unvergleichlich zart schmelzenden Aromabomben zu verwöhnen, für die das Wort Käsekuchen eigentlich eine Beleidigung ist.

Jedes Mal nahm ich mir vor sie zu fragen, warum sie ihren Laden ausgerechnet Don't tell Mama genannt hat, und ob das vielleicht etwas mit einem geklauten Rezeptbuch ihrer Mutter zu tun haben könnte. Leider fiel mir das immer zu spät wieder ein, denn wenn ich erst einmal vor der Theke stand galt die volle Konzentration den angebotenen Leckereien. Von den Teilen konnte ich nämlich ganz locker drei Stück verputzen, und nur zwei Sorten standen immer vorher schon fest, wenn nicht jemand schneller war.

So hat sie mit viel Arbeit und Herzblut aus einer ziemlich heruntergekommenen Bruchbude ein stadtbekanntes Café gemacht, was zwar an der äußeren Erscheinung der Bruchbude nicht viel geändert hat, aber es sind ja die inneren Werte die zählen. Diese waren letztlich so überzeugend, dass sich nicht nur Kiezbewohner und Käsekuchensüchtige dort die Klinke in die Hand gaben, Funk und Fernsehen kreuzten auf, Promis wurden gesichtet, der Laden wurde zur Institution. Das Mekka der Cheesecakefans.

Nur der Hausbesitzer, der scheint keiner zu sein, was mit ziemlich Sicherheit daran liegt, dass er dort noch nie eingekehrt ist. Denn hätte er sich die ehemalige Bruchbude einmal genauer angesehen, wäre er wohl nicht auf die abstruse Idee gekommen, die Miete mal eben um mehr als 40% zu erhöhen. Und jetzt hoffe ich, dass er damit ganz gewaltig auf die Schnauze fällt, aber das hofft man leider meist vergebens.

Auf göttliche Cheesecakes werde ich dennoch nicht verzichten müssen, denn Frau Zanella war gottlob geschäftstüchtig genug sich rechtzeitig ein zweites Standbein zu verschaffen, was den Verlust etwas weniger schmerzhaft machen wird. Dann fahre ich eben ein paar Straßen weiter, oder wie jemand auf ihrer F*c*book Seite schrieb: i will follow you wherever you may go!


Freitagabendschreibmusik: Nova Drive - Headlong

Donnerstag, 29. März 2012

Heute hier, morgen dort














Es gibt Gegenden in Deutschland, dahin würde es wohl freiwillig keinen Menschen verschlagen, gäbe es nicht diese irische Billigfluglinie, die sich laufend neue Provinzflughäfen aussucht, um von dort aus Menschen für wenig Geld zu anderen europäischen Provinzflughäfen zu transportieren.
Vor zwei Jahren haben sie mich von Lübeck nach Faro gebracht, ein Angebot, das ich gerne wieder angenommen hätte, leider wurde die Verbindung nach nur einem Sommer wieder eingestellt. Kurze Recherchen ergaben dann Möglichkeiten mit anderen Linien, die auch nicht wesentlich teurer, aber sehr viel bequemer schienen. Entweder von Hamburg aus, oder alternativ Köln, was man gleich mit einem Besuch bei Freunden verbinden könnte. Das war der Flugplan des letzten Jahres, inzwischen hat das Flughafenroulette wieder alles geändert.
Denn Faro liegt zwar im Urlaubsparadies, doch Direktflüge von größeren Flughäfen sucht man vergebens, von da geht es allenfalls nach Lissabon oder Palma de Mallorca, wo man mit etwas Pech mehrere Stunden auf den Weiter- oder Anschlussflug warten darf. Der ganze Aufwand kostet zwar seltsamerweise auch nicht viel mehr, dafür kommen gerne mal acht Stunden Reisezeit zusammen, und darauf hab ich nun überhaupt keine Lust.
Nachdem so ziemlich alle Fluggesellschaften bei meiner Routenplanung kläglich versagt haben, bin ich jetzt doch wieder bei den Iren mit dem übel riechenden Mikrowellenfraß gelandet. Die bringen mich für 35 Euro (netto) nach Faro, dafür muss ich drei Stunden den Geruch ertragen - und ich muss nach Weeze. 
Weeze! Nie gehört? Kein Wunder, daher nennt Ryanair das auch Düsseldorf-Weeze, damit der geografisch weniger beschlagene Kunde ungefähr eine Ahnung hat, wo das liegen könnte. Eine ähnlich kreative Ader bewiesen sie schon mit Hamburg-Lübeck, und ähnlich weit ist auch Weeze von Düsseldorf entfernt.

Gugelmäps offenbarte mir dann den genauen Standort, ein ehemaliger Militärflughafen in der tiefsten Provinz Nordrhein-Westfalens, direkt an der holländischen Grenze, ein Landstrich in dem die CDU noch Ergebnisse einfährt, wie sie sonst nur die Schwesterpartei in Bayern kennt. Seitdem hat "Arsch der Welt" für mich eine völlig neue Bedeutung.

Genau genommen sind es jetzt trotz Direktflug immer noch acht Stunden Reisezeit, aber mit angenehmen Unterbrechungen lässt sich das ertragen.

Hoffentlich bin ich jetzt keinem Weezer auf den Schlips getreten.

Apropos Weezer, hier läuft gerade passend: The Green Album.

Montag, 26. März 2012

Gutes holländisches Gras














Vorspiel
Ein Wetter für die Götter heute, seltsamerweise verspür ich trotz der Zeitumstellung nicht mal sowas wie Jetlag, das kommt bestimmt noch. Also hol ich Brötchen, und während die Butter auf dem Balkon langsam streichfähig wird, zieh ich mir nen Kaffee und such bei ner Kippe nach der richtigen Verbindung. Das entpuppt sich als ziemlich vorausschauend, denn keine 5 Minuten später ruft Herr L.  an und ich kann ihm sagen in welche U-Bahn er steigen soll. Klappt alles wie am Schnürchen heute, ich setz mich in die Sonne, schnibbel meine Brötchen auseinander und öffne das letzte Glas von Paulchens Pampelmusenpunsch. Dabei fällt mir ein, dass ich schon wieder nichts gefunden hab, was irgendwie als Orakel herhalten könnte. Seit meiner Einfallslosigkeit auf diesem Gebiet spielt die Mannschaft ziemlich bescheiden, aber was bitte frühstückt man in Cottbus? Ich weiß grad mal wo das liegt.
Das Treffen mit Herrn L. verläuft diesmal beinahe reibungslos, ich muss nur einmal noch den Waggon wechseln. Ein Stunde vor Anpfiff am Stadion, Bier holen, Tag einläuten. Herr L. nimmt ausnahmsweise auch eins, sein erstes in diesem Jahr. Gesünder leben ist bestimmt nicht verkehrt, aber DAS halte ich wirklich für übertrieben. Irgendjemand fragt den Mundschenk nach einem Sicherheitsspiel, aber diesmal gibts auch im Stadion richtiges Bier, sehr beruhigend.
Da sich sonst niemand am Bierstand blicken lässt reihen wir uns irgendwann in die Schlange ein und suchen unsere Sitze, in letzter Zeit steht man am Einlass länger als an den Bierständen, da muss man schon mal 15 Minuten einkalkulieren. Ärgerlich, dass man kaum zusammenhängende Plätze bekommen kann. Und so unnötig, denn ich finde mich in Reihe 11 wieder, direkt neben den Jungs vom AFM Radio, und habe rechts und links von mir reichlich Platz. Nur kann ich das Herrn L. nicht mitteilen, denn ich finde seinen markanten Schädel nicht in der Menge, dabei sollte der nur zwei Reihen vor mir sein.
Ich mach also erst einmal ein paar Fotos vom letzten Titelblatt des Übersteigers, von dem USP so begeistert war, dass sie das Motiv gleich auf die große Tapete gebracht haben.
Sehr gute Aktion der Südkurve, auch wenn ich mir gewünscht hätte das auf der Gegengerade zu sehen, denn schließlich soll genau dort im Neubau die Polizeiwache entstehen. Scheint hier aber niemanden sonderlich aufzuregen.

Spiel (1)
Holladiewaldfee, die Jungs legen richtig los, es gibt reichlich zu tun für die Cottbuser Abwehr. Gleich in den ersten Minuten mehrere Ecken für uns. Na also, denk ich noch, dann haben die wohl mit Recht einen neuen Rasen gefordert, auf dem Teppich können sie ja tatsächlich wieder Fußball spielen. Jetzt muss nur noch das Runde ins Eckige, aber bei dem Tempo das die vorlegen ist das nur eine Frage der Zeit.
Gute zwanzig Minuten lang ist das Spiel interessant, und spannend, weil ausgerechnet Zambrano auch mal pennt oder einen riskanten Querpass spielt. Irgendwann geht das in die Hose, ich schätze ja die Arroganz mit der er manchmal auf dem Platz auftritt, aber man kanns auch übertreiben. Cottbus ist allerdings zu harmlos im Abschluss, sieht das auch ein, und legt fortan verstärkt Augenmerk auf die Defensive. 
Das wiederum bekommt den Boys in Brown überhaupt nicht und das Spiel verflacht zusehends.
Erinnert an die vergangenen Auftritte, wir bringen den Ball selten bis zum gegnerischen 16er, es wird kein Abschluss gesucht und wenn, dann geht das Ding vorbei oder drüber weg. Das einzig beruhigende an der Scheiße ist, dass man sich auf unsere Defensive auch verlassen kann, spätestens bei Torre und Carlos ist Endstation für generische Angriffe und bei so mittelschweren Bällen aufs Tor vertrau ich inzwischen auch Bene. Nur die Abteilung Attacke bringt nichts zustande. Wir sind nicht giftig genug in den Zweikämpfen, ganz besonders Bruns geht mir auf den Sender, der oft zu spät seinen Arsch hoch bekommt.  Mit einem 0:0 gehts in die Pause und ich brauch dringend ein Bier.

Zwischenspiel
Ich hol mir eine Hopfenkaltschale und guck schnell in Block 2 vorbei, die Herren sind von der Baustelle genervt und haben keine Lust mehr auf ein Bier vor dem Spiel. Ein Biergarten ist nötig. Dort bestätigt man immerhin meine Meinung, die Mannschaft ist gehemmt. Aufstiegsangst. Hab ich inzwischen auch, wenn ich mir vorstelle da stünde jetzt Borussia Dortmund statt Energie Cottbus auf dem Platz.
Auf dem Rückweg suche ich weiter nach dem Kopf von Herrn L., werde aber erst fündig als ich wieder auf meinem Platz bin. Direkt zwei Reihen unter mir, vor dem Spiel mehrfach fotografiert, aber nicht wahrgenommen. Mein Gebrüll nimmt er ebenfalls nicht wahr, und so lass ich ihn dort sitzen, auch wenn es in Reihe 9 sehr beengt scheint.

Spiel (2)
Zehn Minuten Elend und Dauerattacken der Cottbuser, dann wird bei uns endlich gewechselt. Bruns bleibt leider drin, für Funk und Kruse kommen Saglik und Daube. Das Spiel wird dadurch nicht besser, aber wenigstens stehen wir hinten sicher. Wenn wir schon nicht fähig sind Tore zu schießen ist das auch bitter nötig. Weitere zehn Minuten Elend später darf auch Bruns vom Platz und wird durch Schindler ersetzt, hoffentlich geht jetzt noch was, Ebbers ist leider noch lange nicht in alter Form.
Aber alles was wir auf dem traumhaften neuen Rasen hinlegen sind missglückte Spielzüge, ich bin schon jetzt gespannt auf neue Ausreden, vielleicht sollte man kein holländisches Gras mehr verlegen, wer weiß was da drin ist. Ähnlich betäubend ist die Stimmung auf den Sitzplätzen der Gegengerade, am Ende wird nicht einmal mehr gepöbelt, wahrscheinlich sind viele inzwischen dankbar, wenn wir mit dieser Mannschaft nicht in Liga 1 spielen müssen. Von der großen Euphorie des letzten Aufstiegsjahres ist nichts zu spüren, und das hat wohl auch noch ein wenig mit den Erfahrungen aus der letzten Erstligasaison zu tun. Zehn Minuten vor Schluss versucht Bene noch die Zuschauer anzufeuern, doch es will kein Ruck durchs Stadion gehen. Durch die Mannschaft geht leider auch keiner mehr, so endet das Spiel als torlose Magerkost. Ganz schnell vergessen am besten. Alles.

Nachspiel
Herr L. möchte tatsächlich noch ein Bier, das trifft sich gut, denn auch ich habe Durst. Vor dem Bierwagen lungern schon Koschi und Herr B. in der Sonne herum und trösten sich mit Astra über den Grottenkick hinweg, inzwischen hat man gelernt das hinzunehmen. Herr L. und Herr B. versuchen zwischendurch mit ihren Smartphones die Telefonnummern auszutauschen, was auf unerwartete Schwierigkeiten stößt. Scheinbar gibts dafür nur deswegen noch keine vernünftige App, weil die wenigsten Leute mit diesen Dingern telefonieren wollen. 
Mit Papier und Kugelschreiber hätte man das in einem Bruchteil der Zeit schaffen können, aber analoges Werkzeug schleppt ja heutzutage niemand mehr mit sich rum.
Der Weg über den Dom wird noch zu einer kurzen Belastungsprobe, mein Magen knurrt und aus allen Ecken riecht es nach Bratwurst, Schmalzgebäck und gebrannten Mandeln. Einzig unsere Verabredung im Santorini hält mich davon ab einen der Wagen anzulaufen, gegen das Lammfilet mit Pfifferlingen hat der beste Wurstgriller keine Chance.

Musik aus analogen Zeiten: Frank Zappa - The Best Band You Never Heard in Your Life
















Sonntag, 25. März 2012

Tarzan vom Mars














"Ich will nicht mit ins Kino", schnauzt mich Herr L. auf seine üblich unwirsche Art und Weise am Telefon an, "der Film soll Scheiße sein." Davon hatte ich zwar auch schon gehört, aber eigentlich ist das ein gutes Zeichen für Popcornkino, je weniger Erwartungen man hat, desto zufriedener verlässt man meistens den Saal. Da das Kind natürlich neben seiner kurzfristig angekündigten Freundin sitzen wollte, musste ich zwei weitere Karten in einer anderen Reihe nachbestellen, so war einer der fünf gebuchten VIP-Logenplätze vakant und Herr L. musste in den sauren Apfel beißen.
Blöderweise ist er des räumlichen Sehens nicht fähig, was ich nicht wusste, und was nicht nur den 3D Zuschlag in seinem Falle ziemlich unnötig machte, auch für die Brille dürfte er keine weitere Verwendung haben.
Vielleicht kauf ich ihm das Ding ab, wenn ich mir irgendwann einen 3D Fernseher leiste, wovon ich allerdings nach wie vor nicht gänzlich überzeugt bin, auch nicht nach Edgar Rice Burroughs John Carter - Zwischen den Welten. Zwar ist der Film nicht so schlecht, wie er von einigen im Vorwege gemacht wurde, aber der einzige 3D Streifen der mich bislang technisch überzeugt hat war Avatar, und daher glaube ich noch immer an ein dreidimensionales Strohfeuer.
Von John Carter hätte ich mich hingegen auch ohne zwei Brillen auf der Nase recht gut unterhalten gefühlt, auch wenn es nicht gerade ein Meilenstein des Genres sein mag, dürften Story und Machart doch deutlich ansprechender sein, als die im Trailer gezeigte Verfilmung von Schiffe versenken oder Transformers. Immerhin war hier wenigstens der Vorlagengeber etwas vertrauenerweckender.
Edgar Rice Burroughs scheint eine Vorliebe für große Sprünge zu haben, musste Tarzan sich noch im Urwald von Liane zu Liane schwingen, kann John Carter auf dem Mars auf sämtliche Hilfsmittel verzichten. Dank der geringeren Schwerkraft kann er dort wie wild herumspringen, wird dadurch zum großen Krieger, rettet den Planeten, bekommt die Prinzessin, alles wie im Märchen, alles schon mal dagewesen.
Nur halt nicht mit seltsamen vierarmigen Marsbewohnern, fantastischen Fluggeräten, gefährlichen Marsbärwildschweinen und mächtigen außerirdischen Illuminaten. Und dafür, finde ich, kann man schon mal ins Kino gehen. Zumal die scheinbar nachgerüstet haben, dass der VIP Bereich endlich mit VIP Sesseln ausgestattet wurde, in denen sogar ich hervorragend sitzen kann, macht weitere Kinobesuche wahrscheinlich.
Falls es demnächst mal wieder einen halbwegs anständigen Film mit Brille gibt, die richtig guten Streifen gucken wir meistens ohnehin in anderen Kinos, die kommen noch ohne 3D aus.

Zweidimensional dürfte auch die Erstverfilmung Princess of Mars sein, die mir hinterher von Hawk als "1A Trash" empfohlen wurde. Nachdem er mir das Original von Inglorious Bastards schon aufs Auge drückte, werd ich mir die Marsprinzessin wohl eher nicht antun.

Keine Marsmusik: Seeed - Music Monks/Next!

Freitag, 23. März 2012

Mobile Vergangenheit














Was macht man mit leeren Regalen, wenn man endlich den ganzen überflüssigen Kram entsorgt hat? Man stellt wieder überflüssigen Kram hinein. Am besten irgend etwas dekoratives, damit verhindert man vielleicht eine erneute Ansammlung von Dingen, die man eigentlich nicht benötigt und zehn Jahre später aufwendig entsorgen muss. Die Deko muss natürlich was taugen, damit sie nicht das erste ist, was der nächsten Aufräumaktion zum Opfer fällt.

Zu den wenigen Dekorationsartikeln, die letztens überlebt haben, gehört das etwas angestaubte Modell meines alten Daimlers. W123, 240D. Das Original hab ich seinerzeit mit angeblichen 90.000 Kilometern Laufleistung erworben, für 9000 Deutschmark. War auch schon etwas angestaubt, das passt. Ich wollte endlich mal ein Auto haben, bei dem man einen Motorschaden nahezu ausschließen kann, denn damit hatte ich vorher sehr viele Erfahrungen gemacht.

Ein paar dieser Motorschäden hab ich dann tatsächlich als Modell gefunden, dem Internet sei Dank. Sogar alle in der richtigen Farbe. Meine erste Kiste, der 1302er Rennkäfer, für 3500 Deutschmark einem Nachbarn abgekauft, hatte mit dem Modell am Ende aber nur noch die Farbe gemein. Da fehlt der fette Frontspoiler, die Halogenbatterie von Hella auf der Stoßstange und der Sauer&Sohn Schalldämpfer mit den vier verchromten Endrohren. Da hat auf der Autobahn so mancher Familienvater in seinem Passat die Spur wechseln müssen. So etwas hat man damals noch gemacht, denn der Liter Benzin kostete nur 67 Pfennig.
Sauschnelle Kiste, bis zum ersten Motorschaden. Die neue Maschine ist ausgerechnet auf der Hochzeitsreise krepiert, damit wurde auch gleich über die Verwendung der restlichen Bargeldgeschenke entschieden. Wie gewonnen, so zerronnen.

Durch einen unverhofften Geldsegen kam ich dann zu einem nagelneuen Manta, zu einem Zeitpunkt allerdings, als der Ruf dieses Fahrzeugs noch nicht durch Til Schweiger nachhaltig beschädigt war. Wäre der Film nur zwei Jahre früher gedreht worden, dann hätte ich damals schon Argumente für einen gebrauchten Benz gehabt, und mir eine Menge Ärger erspart. Einen durchrosteten Tank, schlecht schließende Türen, die typischen Wasserpumpenschäden und am Ende der übliche Exitus, der auch durch zwei ausgetauschte Kurbelwellen nicht behoben werden konnte.

Was auf meinem Regal noch fehlt ist der Honda Accord, dessen Maschine hat zwar den ersten gerissenen Zahnriemen überstanden, ist dann aber drei Monate später über Nacht still und leise gestorben, einfach so. Jedenfalls konnte ich dem Händler nicht das Gegenteil beweisen, weil ADAC Pannenhelfer keine verwertbare Aussage über gerissene Zahnriemen machen können, wenn sie den Motor nicht genau untersucht haben.
Viel schlimmer ist allerdings, dass es meinen alten Toyota Corolla nicht als Modell gibt, scheinbar stehen Japaner nicht auf Modellautos. Dabei hätte der einen Ehrenplatz verdient, neben dem Benz fast das einzige Auto, dessen Motor ich nicht geschrottet habe.

Den Benz hab ich mir leider ruiniert, als ich mit vier Leuten und einem Kofferraum voll Bier nach Dänemark gekachelt bin, so etwas macht auch die Hinterachse eines W123 nicht lange mit. Den Käufer hat das nicht interessiert, der wollte nur den Motor sehen und hat ihn für 500 Deutschmark mitgenommen. Im Libanon interessiert sich kein TÜV für Hinterachsen, und wenn er nach ein paar Jahren auf diesen Straßen endgültig auseinander fällt, dann wird der Diesel in irgendein Fischerboot eingebaut.
DAS nenn ich mal Recycling.

Musik ist nicht ganz so alt: Pearl Jam - Live at The Gorge

Mittwoch, 21. März 2012

Lektionen in Hip-Hop














Vor etwa 15 Jahren noch konnte man mich mit Hip-Hop jagen, grauenhaftes Zeug in meinen Ohren. Allenfalls ein paar Stücke von den Fantas, Tag am Meer, Krieger, die waren nicht schlecht, das konnte man hören. Doch dann entschied sich Junior nach seiner Grunzmetallphase auf einmal für deutsches Gerappe, und da ich mich immer für Dinge interessiere, für die sich mein Kind interessiert, lernte ich in ein paar Monaten alles mögliche über Battles, Freestyle, Beats und Flows, Emmcees, DeeJays und Diss und dat. Hörte Mitschnitte irgendwelcher Undergroundtapes, Freestylebattles und Dopebeats von irgendwelchen abgefahrenen Typen mit beknackten Namen, wie Samsemilia oder Eizi Eiz. Mit grüner Brille habe ich dann auch Dynamite Deluxe, Fünf Sterne und die Beginner endlich verstanden.
Von Samsemilia und Eizi Eiz hab ich mir später sogar Platten gekauft, als sie sich in Samy Deluxe und Jan Delay umbenannten, bin mit dem Kind in den Stadtpark gegangen, um einen grandiosen Auftritt von Samy Deluxe und Tropf zu sehen, im Vorprogramm von Jan Delay und der Sam Ragga Band, für die ich eigentlich den Weg auf mich genommen hatte.
Bei grauhaarigen Altrockern erntet man damit sehr viel Unverständnis hab ich erfahren müssen, aber die Tellerränder anderer Menschen waren mir schon immer ziemlich egal.
Dann zog das Kind irgendwann aus und mir fehlte der Nachschub, ihm allerdings auch, der Berliner Gangstarap und seine Folgen, Bushisido und Co, das war uns beiden zu dämlich. So fing er an Gitarre zu lernen und hörte wieder Rock, was ich ein wenig als Zeichen des Erwachsenwerdens sah, wenn ich ehrlich bin.
Doch jetzt gibt es eine neue Generation hörbarer Hip-Hopper, und jedes mal wenn er bei mir im Auto sitzt, stöpselt er binnen Sekunden sein Smartphone ins Autoradio um mich mit den neusten Klängen zu versorgen.

Gutes Zeug, muss ich gestehen, die Typen sind ähnlich beknackt wie damals, haben ähnlich beknackte Namen wie Jim Pansen oder DCVDNS (was immer das heißen soll) aber, gut.
Was mich allerdings in letzter Zeit etwas beunruhigt sind seine Klamotten, an Trainingsanzüge und dicke Kappen muss ich mich noch gewöhnen. Was für ein Glück, dass er einen halbwegs seriösen Beruf ausübt, dann rennt er wenigstens nicht immer so rum.

Wirklich gut, Jim Pansen und die verbotene Frucht, du du, duhuhuu, du musst zur mpu, huhu, das ist zwar erschreckende Realität für manchen Pechvogel, hat aber nen geilen Flow, wenn ihr versteht was ich meine :)

Dienstag, 20. März 2012

Falsche Versprechungen














Man glaubt ja gar nicht, was einem durch Werbeblocker so alles entgeht. Das hab ich heute in der Firma gemerkt, wo wir so ein Zeug aus unerfindlichen Gründen nicht einsetzen, als ich auf die neue Werbekampagne von DHL stieß. Delivering Tomorrow - Logistik 2050. Der nervtötende Sprachmix ist als international agierender Konzern wohl notwendig, lässt aber die letzte Konsequenz vermissen. Man sollte dort auf jeden Fall drauf achten, den Zustellern diesen tollen Slogan genauer zu erklären, denn den hat man dort scheinbar völlig missverstanden. 
Delivering Tomorrow wollte ich nämlich gerade testen und habe probeweise für einen Monat Amazon Prime bestellt. Garantierte Lieferung am nächsten Tag. Da passte es gerade, dass Armistead Maupin nach 20 Jahren endlich eine Fortsetzung seiner Stadtgeschichten geschrieben hat. Schon seit ewigen Zeiten habe ich mich nicht mehr so auf ein Buch gefreut, in der Nacht zum letzten Freitag bestellt, Samstag sollte es ausgeliefert werden, das hätte mir den Sonntag deutlich versüßen können. Hätte.
Denn DHL behauptet auf seiner dämlichen Seite zwar standhaft, das Päckchen um 15:04 Uhr an mich persönlich ausgeliefert zu haben, nur ich hab davon nichts mitbekommen, denn ich war wieder mal ganz woanders. Nach logischen Gesichtspunkten konnte also nur ein Nachbar das entgegengenommen haben, eine Nachfrage bei den üblichen Verdächtigen blieb allerdings ergebnislos, die anderen waren nicht zu Hause.

Ich fürchte, aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen sollte man im März keine Pakete mit DHL verschicken, denn in diesem Monat verschwinden die dort gerne mal in einer Zeitschleife. Bis zum Jahr 2050 werde ich keinesfalls warten, wenn das Ding nicht ratzfatz hier auftaucht geh ich in die nächste Buchhandlung. Die schaffen das bis zum nächsten Tag immer.

Lässt meinen Hals gerade etwas abschwellen: Tori Amos - Under The Pink

Sonntag, 18. März 2012

Proseccogestützte Lebensplanung














Einen großen Topf Chili con Carne hatte sich Herr L. zu seinem Geburtstag gewünscht, dabei wäre das die beste Gelegenheit für ihn gewesen seinen neuen Herd einzuweihen. Angeblich will er jetzt kochen lernen, mit Chili hätte er anfangen können, das ist gut geeignet für den Anfang. Ich hab mit den gut 5 Kilo um Mitternacht angefangen, eine Stunde später war ich fertig. Ordentlich verpackt, damit auf der Fahrt am nächsten Tag nichts schwappt. Die inzwischen erkaltete Masse mit etwa 50% Fleischanteil  schien zwar zäh genug, aber frühere Erkenntnisse lassen drei Lagen Folie unter dem Deckel  sicherer erscheinen.

Wird wohl nicht so spät werden diesmal, meinte er noch abschätzend ein paar Tage vorher, zu viele Eltern die ihre Kinder ins Bett bringen müssen und früher gehen werden. Hätte ich über den Satz länger nachgedacht, wäre mir eventuell in den Sinn gekommen etwas früher zu erscheinen. So gab es weniger Chili für die Eltern und mehr Bier für den harten Kern, der natürlich genauso lang wie immer durchgehalten hat, diesmal mit allerliebster weiblicher Unterstützung.
Zu fortgeschrittener Stunde und nach mehreren geleerten Flaschen Prosecco brachte ausgerechnet C. das Thema Altersruhesitz für unruhigere Leute auf den Tisch. Die Frau ist zwar gut 15 Jahre jünger als ich, aber gut zu wissen, dass auch andere Menschen schon nach alternativen Lebensweisen im Alter suchen, weil man keine Lust hat den Kindern zur Last zu fallen oder in einem öden Seniorenstift zu versauern. Wenn bis dahin keine Rock'n Roll Altersheime angeboten werden, muss man das in die eigenen Hände nehmen.

Eine detailliertere Planung wurde zwar durch den steigenden Blutalkohol vorerst verhindert, aber wir haben ja noch ein paar Jahre Zeit. Denn auch nüchtern betrachtet halte ich größere Wohngemeinschaften von alleinstehenden Rentnern für eine denkbare Alternative in der Zukunft, ähnlich wie in der Studienzeit wird das Geld knapper und die Mieten werden weiter steigen. Warum also sollte man alleine in seiner Butze abhängen, statt sich mir ein paar Freunden ein Haus zu mieten und eine lustige Rentner WG zu gründen?

Ein Problem wird sich aber nicht so schnell lösen lassen. Hawk wird als jüngster Kandidat der Runde als letzter in Rente gehen, und der hat auch dann garantiert den größten Fernseher. Davon hab ich dann leider nicht mehr so viel.
Dafür wären wir wohl die vogelfreundlichste Rentner WG der Stadt, mit inzwischen drei Original Millerntorvogelfutterhäuschen. Bis dahin müsste Herr L. allerdings die furchtbare Lichterkette von seinem Exemplar entfernen, das schreckt nicht nur die Viecher ab, das weckt auch ganz ungute Erinnerungen an LED im Stadion.

Schreckt nicht ab: The Gaslight Anthem - The '59 Sound






Freitag, 16. März 2012

Fitnesstraining für Sportmuffel














Für meine Kondition sollte ich dringend etwas tun, hab ich heute festgestellt. Es ist zwar gerade noch ausreichend für eine mehrstündige Wanderung zu norwegischen Gletschern oder einen Tag im Treppenviertel, aber drei Stunden mit einer Vierjährigen auf Klettergerüsten herumtoben ist deutlich schweißtreibender. Ich frag mich jetzt schon, welche Muskeln morgen unter einem Kater zu leiden haben, ich vermute, mehr als nach der Gletscherwanderung.
Dabei hätte man heute besser irgendeinen Spielplatz aufsuchen sollen, ausgerechnet bei Sonnenschein und fast 20 Grad Außentemperatur müssen wir ins Indoo. Umdisponieren war nicht drin, wenn man Kindern vorher etwas verspricht muss man das halten. Die Prinzessin wäre wohl auch arg enttäuscht gewesen, denn auf normalen Spielplätzen gibt es weder große Drachenrutschen noch Trampoline oder Klettervulkane.

Das ist, zugegeben, nicht nur deutlich reizvoller als Schaukel und Sandkiste, das ist auch deutlich reizvoller als  der ganze Murks, der in den Muckibuden und Fitnesscentern rumsteht. Insofern frag ich mich, ob da nicht eine Zielgruppe vergessen wurde. Denn wenn ich mir die Gesichter der Eltern heute so angesehen habe, dann sahen die alle deutlich entspannter drein, als die ganze Eifohnträger auf den Laufbändern von MacFit, und das bei garantiert ähnlichem Kalorienverbrauch.

Dadurch kann ich dem morgigen Abend auch deutlich entspannter entgegensehen und mir auf dem Geburtstag vom Herrn L. ein paar Bierchen gönnen.

Musikalisch gönne ich mir derweil Die Fantastischen Vier - Live und direkt

Dienstag, 13. März 2012

Eckensteherschicksal














Vorspiel
Das wohl letzte Spiel bei Flutlicht auf der alten Gegengerade will ich in vollen Zügen genießen, noch einmal diese Atmosphäre aufsaugen, einen ganzen Haufen Erinnerungsfotos machen, vor dem Spiel, nach dem Spiel, und zwischendurch einen überzeugenden Sieg der Boys in Brown sehen, das wird einfach mal wieder Zeit nach der schmalen Kost in den letzten Wochen.
Mein Kollege ermöglicht mir den frühen Feierabend und somit eine frühe und stressfreie Anfahrt, zusammen mit Herrn L., der das erste mal seit etlichen Jahren wieder am Millerntor aufschlägt. Leider trennen sich unsere Wege nach dem Einstandsbier, da ich für ihn bei der Lotterie für Karlsruhe nur die Nordkurve gezogen habe.  Nachdem die erste Serie Fotos im Kasten ist, entscheide ich mich für Block 1, da sind noch ein paar halbwegs anständige Stehplätze frei, 30 Minuten vor Anpfiff. Auch so eine vage Hoffnung, dass man auf der neuen Tribüne nicht eine Stunde vorher auf die Plätze streben muss, will man vom Spiel etwas sehen. Schon bin ich wieder Eckensteher, wie gegen Braunschweig, diesmal auf der entgegengesetzten Seite. Sehr viel enger, sehr viel lauter, das gefällt mir.
Der Süden will den DFB entblödifizieren, der 5.800 Menschen diesen Abend nicht gönnen will, Gott sei Dank aber noch die Hürde des Einspruchs meistern muss. Langsam mahlende Mühlen sind manchmal von Vorteil, mal sehen ob bis zum endgültigen Urteil ein paar Leute in Frankfurt entblödifiziert werden, ich hab da meine Zweifel. Ob Theo Zwanziger das wirklich anders gesehen hätte weiß ich nicht, die Dankestapete kommt für mich etwas überraschend und ich frag mich die ganze Zeit über vergeblich, ob das vielleicht ironisch gemeint sein könnte. Der Karlsruher Anhang begeistert kurz vor Anpfiff durch starke Rauchentwicklung, mal etwas ganz Neues.

Spiel (1)
Fängt gut an, nach zwei Minuten die erste Ecke für uns, scheinbar steh ich hier gerade richtig, wo wir doch bei Standards immer gefährlich sind. Diesmal leider nicht, dafür macht Zambrano kurz darauf gefährlichen Blödsinn in der eigenen Hälfte, doch der schlimme Fehlpass hat keine Folgen. Der nächste Angriff über Kruse hat leider auch keine, der Winkel ist ungünstig und die Pille geht vorbei. Im Gegenzug kassieren wir fast das 0:1, aber Bene reagiert glänzend. Mein Umfeld ist begeistert, hier gibts scheinbar keine Benekritiker, endlich mal muss ich ihn nicht verteidigen.
Karlsruhe geht danach aggressiv zur Sache, kämpft um jeden Ball, die wollen hier was reißen. So ungefähr hab ich das befürchtet, wir rennen wieder vergeblich gegen eine Abwehr an. Das Fehlpassfestival verärgert meine Nachbarn, Chancen sind Mangelware, Unmut macht sich breit. Der resultiert im üblichen Gemecker und Gepöbel, schlägt aber sofort in begeistertes Gebrüll um, sobald es mal in Richtung Strafraum geht. Klingt schon manchmal nach Millerntor Roar, sogar die Chorfraktion ist hier vertreten, ich muss nicht alleine singen wenn mir danach ist. Daher hab ich nach einer halben Stunde eine trockene Kehle, frag wie immer den nächsten Bierholer in der Nachbarschaft ob er mir eins mitbringen würde, und schon ist das Problem gelöst.
Kaum hab ich den ersten Schluck genommen kommt von hinten Nachschub durch eine Bierdusche, Tooooooooooor. Direkt vor meinen Augen jagt Volz das Ei in die Maschen, guter Platz hier. "Aus dem Spiel heraus" ruft Rainer ganz begeistert in das Stadionmikro, das muss man wohl direkt erwähnen, weil es so selten vorkommt. Immerhin eine Führung zur Halbzeit und Ebbe sitzt ja noch auf der Bank..

Zwischendrin
Ich verzichte auf das Halbzeitbier, die Ecke hier ist so eng, da darf man seinen Platz keine Minute verlassen. Ist auch nicht nötig, irgendjemand geht immer Bier holen, eins ist immer übrig für mich. Wirklich ein guter Platz hier. Schafft man es auf eine exponierte Stelle, kann man unter Umständen sogar ein T-Shirt geschenkt bekommen, oder wenigstens Kinder fotografieren, die gerade ein T-Shirt geschenkt bekommen haben. Zwischendurch kommt der beim KSC gefeuerte Florian Lechner vorbei und bekommt den verdienten Zuspruch. Danke Lelle, wir vergessen Dich nicht. Kurzer Smalltalk und schon gehts weiter, ich rechne noch mit Ebbe, der Knoten muss endlich platzen.

Spiel (2)
Eckensteherschicksal. Die Sicht ist weiterhin gut, aber nicht mehr auf unsere Offensivaktionen. Die bleiben weiter Mangelware, dafür hab ich jetzt direkten Blick auf Bene und der macht seine Sache ordentlich, entschärft ein paar kritische Aktionen und bekommt Szenenbeifall, dass ich das noch erleben darf.
Karlsruhe ist weiter harmlos, unsere Distanzschüsse ebenfalls, spielerisch läuft selten was zusammen, dann kommt der Erlöser, Marius Ebbers steht wieder auf dem Platz, in der 60. Minute hatte ich sein Erscheinen vermutet, um nur eine Minute verschätzt. Jetzt gehts los, denk ich mir, und kurz darauf wäre die Gelegenheit dagewesen, aber auch Ebbe zielt vorbei. Doch alleine seine Anwesenheit auf dem Platz scheint alle zu inspirieren, zeitweise ist richtig Alarm in der Hütte. Als auch noch Bartels für Bruns auf den Platz kommt hab ich die Hoffnung auf einen letzten Sturmlauf, bekomme aber nur ein weiteres Bier. Auch nicht schlecht, noch einmal Stimmbänder ölen für die letzte Viertelstunde. In der weiterhin nichts richtig gelingen will, ich werd dann vom Schlusspfiff beinahe überrascht. Kein zweites Tor? Also dann halt nur 1:0. Sind auch drei Punkte.

Nachspiel
Ich fotografier noch den feiernden Bene beim Abgang aus dem Stadion, entscheide mich für eine weitere Runde durch die sich leerende Gegengerade und strapaziere damit wohl die Geduld vom Herrn L., denn der ist später vor dem Bierstand nicht zu finden. Ich hol mir trotzdem noch eins, dazu den neuen Übersteiger und hab so wenigstens was zum lesen in der U-Bahn.
Ich bin froh, wenn wir nicht aufsteigen. Wird merkwürdig genug sein auf einer neuen Betontribüne zu stehen, dazu noch den Stress der ersten Liga, darauf kann ich verzichten. Mit der Spielweise sehen wir da kein Land, in meinen Träumen sind sie zwar auch immer Europacupsieger, aber wenn ich aufwache seh ich uns momentan nur in Liga 2.

Auch eher Liga 2, aber trotzdem nicht übel: Fun Lovin' Criminals - Come Find Yourself














Samstag, 10. März 2012

Lady Marmelade
















So langsam bin ich Stammkunde beim Markt in der Fabrik, was dieser zum größten Teil der Frau Lachmund zu verdanken hat. Mit diesem Namen ist man geradezu prädestiniert Glück unter die Menschen zu bringen, und genau das macht die Frau Lachmund dort alle zwei Wochen: Glück im Glas verkaufen. Marmelade die glücklich macht, ganz besonders mich, denn dort gibt es zwei nahezu unschlagbare Sorten, die Kleene Helene (Birne/Rum) und Paulchens Pampelmusenpunsch (Pampelmuse/Grand Marnier), und damit gleich zwei meiner Lieblingsfrüchte, alkoholisch verfeinert. Sagte ich nahezu? Absolut unschlagbar. Was die anderen Sorten keineswegs ins Abseits stellen soll, bisher war jede Kostprobe ein Geschmackserlebnis, am Ende des Jahres werde ich sicher jede einmal mitgenommen haben.
Leider habe ich heute vergessen ihr zu sagen, dass sich Pflaume ganz hervorragend mit Gin verfeinern lässt, damit wäre die Top 3 meiner Favoriten komplett, aber die Gelegenheit wird sich irgendwann bieten. Heute hab ich mich erst einmal mit Paul, Helene und dem noch nicht alkoholisierten Zwetschgenjockel eingedeckt, das sollte eine Weile reichen.

Beim Gedanken an das Frühstück morgen werd ich jetzt schon glücklich. Hoffentlich finde ich anständige Brötchen.

Anständige Musik hab ich schon: Bruce Springsteen & The E-Street Band - London Calling:Live at Hyde Park. Vielleicht hätte ich mir doch ein Ticket für Köln holen sollen.

Mittwoch, 7. März 2012

Heimspiel mit Gänsen














Vor zwei Tagen haben sie noch in Köln gespielt, erzählt Kettcar Bassist Reimer Bustorff, gestern hätte er seine Eltern in Niendorf besucht. Ein freier Tag, und das zu Hause. Was kann es schöneres geben auf einer Tour?
Dazu drei ausverkaufte Konzerte in einer Woche, Hamburg liebt seine Indiehelden.
Die hatten dann auch eine ganze Menge zu bieten, bei inzwischen vier Platten kommt schon ein erkleckliches Best Of Programm zusammen. Angefangen mit meinem neuen Lieblingstitel Rettung, und viele alte Klassiker wie Deiche, Balu (für die Mädchen) oder Money left to burn, von einem textsicheren Publikum inbrünstig begleitet. Was kann es schöneres geben als ein Heimspiel?
Denn bei den letzten beiden Zugaben hab ich mich gefragt, wie so etwas in Köln oder München wirken mag, Titel wie Schrilles buntes Hamburg oder Landungsbrücken raus, vor Leuten, die Deiche höchstens aus dem Urlaub kennen.
Ich kenn Kölner Fans, die sind recht zahlreich sogar, auch das E-Werk war ausverkauft, aber irgendwie kann das nicht dasselbe sein wie ein Heimspiel.

Vielleicht täusche ich mich aber auch ganz gewaltig, und Kettcar Konzerte in Köln oder München sind noch besser, weil da die dauersabbelnden Elbletten fehlen, die ihre letzten Abenteuer lieber laut schnatternd zu Stücken wie Im Taxi weinen zum Besten geben, statt sich auf das eigentlich dafür vorgesehene Damenklo zurückzuziehen. Man kann auf Konzerten mitsingen, mitgröhlen, klatschen, tanzen, oder einfach nur Musik hören, aber sabbeln? Warum geht dieses entsetzliche Labervolk eigentlich auf Konzerte? Da muss man doch gegen die Verstärker anbrüllen, das kann auf Dauer keinen Spaß machen.

Während ich noch an einer möglichst scharfen Bemerkung feilte, erspähte ich glücklicherweise drei Meter weiter eine passende Lücke. Um des lieben Friedens willen nahm ich das Angebot wahr, nur um kurz darauf festzustellen, dass mir die Schar schnatternder Gänse folgte.
Wenigstens haben sie während der Zugaben die Klappe gehalten, sonst hätte ich sie an den Haaren aufs Damenklo geschleift.

Dafür sing ich jetzt mit, es ist Graaaaaceland Baby, nur ohne Hüftschwung, denn hier läuft natürlich Kettcar - die nachgebastelte Setlist des heutigen, wirklich großartigen Konzertes in der Großen Freiheit.
Gleichzeitig der erste Härtetest für meine neue Taschenknipse, den hat sie bestanden.

















Montag, 5. März 2012

Die Milch macht's














Als ich beim Bäcker meine Frühstücksbrötchen hole fällt mir ein, ich hab beim letzten Einkauf die Milch vergessen. Mist. Ich kauf immer nur einen halben Liter für den Kaffee, Frischmilch, nicht dieses ultrahocherhitzte, längerhaltbare, totgequirlte Zeugs, da passiert das schon mal.
Strafe für die Vergesslichkeit ist 1 Liter fettarme vom Netto, und eine betagte Dame vor mir, die mindestens einen halben Wocheneinkauf auf das Kassenband legt.
Dabei dreht sie sich ab und zu um, guckt auf die Packung Milch in meiner Hand, und räumt weiter ihren Wagen aus. Sie kommt dabei keinesfalls auf Idee mich vorzulassen, oder wenigstens zu fragen ob ich es eilig habe. Dann hätte ich zwar gelogen, aber zehn Minuten mehr Zeit für das Frühstück gehabt.
Als sie fertig ist dreht sie sich um, deutet auf die Milch und sagt: "Die würde ich vorher abkochen."
Aha, denk ich, seit in Blankenese drei Kinder an EHEC erkrankt sind greift die Paranoia wieder um sich. "Ach" frag ich harmlos, "warum denn?" "Ich hab das mal in Bayern gesehen" klärt sie mich auf, "da haben die Bauern die ganze Gülle auf der Wiese verteilt. Und hinterher grasen dann die ganzen Kühe auf der Wiese. Da kommt das her." "Naja," versuche ich sie zu beruhigen, "wir sind hier ja nicht in Bayern. Und die Milch ist schon ganz furchtbar doll abgekocht."
Darauf geht sie nicht ein, schüttelt nur den Kopf und packt ihre Einkäufe wieder in den Wagen.
Tja, jetzt wisst Ihr wo es herkommt. Die Milch macht's.


Die Musik macht: Bruce Springsteen - London Calling: Live in Hyde Park

Samstag, 3. März 2012

Im Grapparadies














Wahrscheinlich wäre ich von alleine nicht auf den Gedanken gekommen, jemals nach Billbrook zu fahren. Dieser Stadtteil ist eine einzige Gewerbefläche, hauptsächlich belegt durch Speditionen. Außer Lagerhäusern und Sattelschleppern gibt es dort nichts zu sehen, aber es soll ja Leute geben die Ikea schon für eine Sehenswürdigkeit halten, die würden dort ebenfalls fündig.
Da Muddern aber verzweifelt auf der Suche nach italienischem Walderdbeerlikör war, nebenbei bemerkt ein wirklich leckeres Zeug wenn man auf Likör steht, hatte ich irgendwann einmal versprochen mit ihr dort hinzufahren, denn außer Ikea und Speditionen befindet sich dort eine Dependance des italienischen Großhändlers Andronaco, und wer, wenn nicht der, sollte dieses Zeug doch vorrätig haben.
Da freie Freitage ohnehin meist Einkäufen und ähnlichem vorbehalten sind hab ich die Gelegenheit heute mal ergriffen, nach dem Frühstück bei Muddern vorbei, eingeladen und ab. Den Geldautomaten hab ich mir gespart, wenn ich zu viel Scheine in der Tasche habe werd ich nur leichtsinnig.

Warum der in Billbrook residiert wird schnell klar, in diesen Ausmaßen sind Mieten in der Stadt wohl kaum bezahlbar. Brechend voll war schon der nicht gerade kleine Parkplatz, ebenso das vorgelagerte Bistro, das mich an anderen Tagen sicher gereizt hätte, aber da war auf den ersten Blick schon kein Platz zu finden.
Auf den ersten Blick auch kein Walderdbeerlikör, dafür Grappa in einer Menge und Vielfalt, dass einem gewissen Herrn im südwestfälischen Regenwald ganz warm ums Herz geworden wäre, hätte er das sehen können. Geradezu grapparadiesische Zustände, für jeden Geldbeutel, auch für den ganz großen. Wahrscheinlich ist dort jede halbwegs bekannte Brennerei Italiens vertreten, eine solche Auswahl kenne ich sonst nur bei schottischen Malts. Kann natürlich auch daran liegen, dass ich mich normalerweise mehr für Single Malt begeistere als für Grappa, auch wenn es durchaus interessante Tropfen gibt.

Was ich nicht erwartet habe war eine Frischetheke. Dafür muss man eine Nummer ziehen und warten, bis man aufgerufen wird, schließlich können Einkäufe im Großhandel auch mal länger dauern.  Alsdann kann man sich durch eine Auswahl feinster Spezialitäten quälen, vom edlen Parmaschinken bis hin zu etlichen Sorten Pecorino und was es sonst noch an italienischen Käsesorten gibt.

Bei Parmaschinken und Parmesan darf das dritte italienische P natürlich nicht fehlen, Pasta. Pasta ohne Ende. Ich hab immer gedacht, ich kenn inzwischen alle Sorten, aber das war ein großer Irrtum. Jede nur denkbare geometrische Form gibt es auch als Hartweizennudel. Dazu selbstverständlich alle Arten von Pestos und Sugos, Hasen-, Reh- und Wildschweinbolognese, nichts ist unmöglich.
Eis? Klar. Von der Portionspackung im Sektglas bis zur Festtagseistorte. Antipasti von der gefüllten Olive bis zum Thunfischcarpaccio, Cantuccini und Amaretti für den Espresso danach, oder gleich den Espressokocher dazu, falls man noch keinen hat.   

Ganz Italien auf ein paar hundert Quadratmetern, Billbrook hat tatsächlich eine Sehenswürdigkeit. Lohnt sich auch, wenn man keine Verwendung hat für ein ganzes Kilo Black Tiger Prawns oder Stockfisch. Manchmal tun es auch Kleinigkeiten wie sizilianische Zitronenkonfitüre, Erdbeeren in Balsamico oder eine anständige Flasche Rotwein oder Grappa.
Für den Parmaschinken fahr ich da ganz sicher mal wieder hin, spätestens wenn Muddern ihre Flasche Fragoli di Bosco ausgetrunken hat. Den hatten sie natürlich auch, etwas versteckt zwischen etwa zehn Sorten Limoncello und anderen Likörchen.

Heute morgen im Briefkasten, schon unterwegs im Player, und läuft jetzt immer noch, die großartige neue Scheibe von Bruce Springsteen - Wrecking Ball




Donnerstag, 1. März 2012

Es kann nur einen geben














Die Sonne scheint, da kann selbst der trübe Himmel nichts dran ändern, denn sie scheint  mir gerade aus dem Arsch. Ehrlich.
Geburtstag, Weihnachten, Ostern - alles an einem Tag. Denn ich habe ein Trikot, ein Heimtrikot des magischen FC! In meiner Größe! Das steht seit 1910 Jahren an der Spitze meiner Wunschliste für solche Tage. Mein erstes Fußballtrikot überhaupt, sieht man mal von den Lappen meiner aktiven Zeit in der Tresenliga ab, die schon seit über 30 Jahren vorbei ist.

Trikots in meiner Größe gibt es eigentlich nicht, daher habe ich mich damit abgefunden, dass dieser Wunsch auf ewig unerfüllt bleibt. Zeitweilig habe ich mit dem Gedanken gespielt den Schneider um die Ecke zu fragen, ob der vielleicht aus zwei Trikots ein etwas größeres schneidern könnte, hab den Gedanken aber unter Blödsinn eingeordnet und wieder verworfen.
Wenigstens besitze ich seit Ende letzten Jahres ein paar schwarze Totenkopfshirts in meiner Größe, durch den unglaublich guten persönlichen Service eines großartigen T-Shirt Verkäufers, der es möglich machte, ein paar in meiner Größe mit durch den Drucker zu schicken. Das alleine hätte durchaus gereicht, um ein paar Jahre glücklich zu sein. 

An ein Trikot hab ich dann keinen Gedanken mehr verschwendet, bis per Mail die Anfrage kam, ob ich Interesse an einem Heimtrikot in meiner Größe hätte, da würde zufällig noch eins rumliegen, das wollte nie jemand haben. Ob ich Interesse hätte? Gute Güte! Das würde ich zu Fuß abholen wenn es nötig sein sollte, so schnell hab ich glaub ich noch nie eine Mail beantwortet.
Das allerschärfste an der Sache, ich konnte zwischen dem aktuellen Sponsor und Fanräume als Aufdruck wählen, die Wahl fiel selbstverständlich nicht schwer.

Noch weniger schwer fiel mir die Wahl der Beflockung für die Rückseite, das war schon seit Jahren klar, es kann nur einen geben. Den fabelhaften Fabian, meinen Lieblingskommissar, noch weit vor dem Herrn Thiel aus Münster.  Nebenberuflich Fußballspieler und Nummer 1 Kämpferherz des magischen Vereins, der Mann der niemals aufgibt. Dazu noch der Spieler mit dem größten Unterhaltungswert auch außerhalb des Platzes, Interviews mit Fabian Boll sind regelmäßig Sternstunden des Internetfernsehens, der Mann trifft genau mein Humorzentrum. Noch mehr als der Thiel aus Münster mit seinem Pathologen. Mal ehrlich, dagegen sind die Messis und Ronaldos der Welt blasse Figuren, egal wie gut sie daddeln können.

Nicht ganz so einzigartig, aber trotzdem gut, die aktuelle Schreibmusik: Kirsty MacColl - Electric Landlady