Donnerstag, 27. Juli 2017

Stadtansichten: Eppendorf

















Das sind Jan und Sam
Zwei Hände reichen nicht aus zu zähl´n wie lang wir uns kennen
Zwei die nie ohne Cap und Sneakers das Haus verlassen
Und nebeneinander in Hamburg Eppendorf aufgewachsen
Allein unter Poppern
Sie spielten Tennis und Golf
Sie hielten ihr Viertel sauber und wir taggten es voll (Samy Deluxe / Lang is her)

Einer dieser beiden Jungs ist im einzigen besetzen Haus Eppendorfs aufgewachsen, Jan Eißfeldt aka Eizi Eiz, heute besser bekannt unter dem Namen Jan Delay. Nachzulesen in der abwechslungsreichen und spannenden Chronik dieses Hauses, in der auch heute noch der große Spekulantenfresser über die Hecke guckt. Da kann man mal sehen, was passieren kann nach Hausbesetzungen, 1970 sollte der Bau noch abgerissen werden, fast 40 Jahre später kassieren sie vom Denkmalschutzamt einen Preis für die schönste Fassade. Es sollten einfach viel mehr Häuser besetzt werden, selbst wenn keine Hitschreiber dabei herauskommen.

In Eppendorf dürfte sich der Leerstand allerdings in Grenzen halten, hier ist alles top gepflegt, die Fassaden, die Hinterhöfe und die Parks und dementsprechend top gepfeffert sind die Mieten der Wohnungen, in denen die reichen Kids aufwuchsen. Wenn es nicht sogar eine der fetten Villen am Ufer des Alsterlaufs war, in denen die Herren Delay und Deluxe den Partycrasher gaben.

Meine Erfahrungen mit Eppendorf beschränken sich auf eine Zeit, in der Jan und Sam noch in den Windeln lagen. Auf das Onkel Pö und etliche andere Kneipen, in denen man wunderbar die Nächte durchmachen konnte. Die meisten davon existieren schon lange nicht mehr oder haben Namen und/oder Besitzer gewechselt, einzig das Borchers und die Schramme im Schrammsweg scheinen den Zeiten getrotzt zu haben, wobei man in der Schramme jetzt Burger serviert bekommt und nicht mehr auf Bergen von Erdnussschalen herumlaufen muss. Jeder Kult läuft sich auch irgendwann mal tot.

Natürlich gibt es auch in Eppendorf ein paar weniger repräsentative Wohnlagen, eine davon kann man mit etwas Pech auch als Nicht-Eppendorfer in Anspruch nehmen: das Universitätsklinikum, Hamburgs medizinisches Aushängeschild.

Geht es einem nicht gut, ist das allerdings keine ganz schlechte Idee. Selber getestet.

Fotos dazu: Hayns Park, Eppendorfer Landstraße, Bootshaus Barmeier, Sankt Johannis, Holthusenbad, Gymnasium Eppendorf, Isekanal, Kloster St.Johannis, Cafe Leinpfad
Bier dazu: Kehrwieder SHIPA Ariana, 7.5%
Musik dazu: Beginner - Bambule / Blast Action Heroes / Advanced Chemistry
























Freitag, 21. Juli 2017

Der Karl hat einen Erdbeerhof
















Genau genommen hat er davon inzwischen sogar fünf, mit vielen tollen Attraktionen wie der Kartoffelsackrutsche, einer Traktorbahn, In- und Outdoor-Klettergerüsten, Eimern voller Seifenblasenlauge, Eseln, Ziegen, Meerschweinchen, einem Maislabyrinth oder der weltgrößten Kaffeekannensammlung. Für diesen großen Spielplatz verlangt Karl noch nicht einmal Eintritt, lediglich Trecker und Gokarts kosten extra. Mit kleinen Kindern oder großen Kaffeekannenfans in der Familie wird man auf Dauer nicht um einen Besuch herum und aus dem Staunen nicht mehr heraus kommen.

Allerdings nicht wegen der inzwischen (geschätzt) 40.000 Kaffeekannen, den zwei Eseln oder der rasanten Kartoffelsackrutsche, die größte Attraktion ist ohne Zweifel der "Bauernmarkt". In dem kann man nicht nur den Angestellten des Herrn Karl beim Marmelade kochen zusehen, man kann vor allem stundenlang in den prall gefüllten Regalen allen möglichen Blödsinn entdecken, auf den ein  ausgewiesener Erdbeerconnaisseur wie ich natürlich hereinfallen MUSS.

Erdbeerduftkerzen und nach Erdbeerdurfkerzen riechender Erdbeertee. Erdbeerbonbons, Erdbeerpopcorn und Erdbeerkekse. Erdbeermarmelade, Erdbeerschokolade, Erdbeerhonig und Erdbeernougatcreme. Erdbeerschnaps, -likör, -wein, -sekt und sogar Erdbeerbier, im Restaurant auch vom Fass erhältlich, passend zur Erdbeertorte. Einzig Erdbeertonic habe ich ein wenig vermisst, aber vielleicht reicht es beim Erdbeer-Gin ja auch, wenn man normales Tonic nimmt.
Was ich allerdings nicht probieren werde, weil die Vernunft irgendwann gesiegt hat und ich das Geld lieber in ein Original Ostseefischerhemd für den Stöpsel angelegt habe. Der Karl weiß halt was die Leute wollen, ganz besonders die mit Kindern.

Merksatz für Erdbeerhofspielplätze: Kein Eintritt heißt gar nix, wenn man sich am Ausgang nicht beherrschen kann.
Sollte es ein nächstes Mal geben wird es allerdings deutlich günstiger werden.

Fotos dazu: Karls Erdbeerhof Warnsdorf / Nikon D7200
Bier dazu: Lausitzer Erdbeerporter, 4.2%
Musik dazu: Linkin Park - Meteora / Minutes To Midnight (in memoriam Chester Bennington)







Montag, 17. Juli 2017

Ein Nachmittag mit Wutz
















Für drei Tage Festival am Stück bin ich einfach nicht fit genug, dabei hätte ich dieses Jahr sogar einen relativ bequemen Schlafplatz im Bulli haben können. Dennoch entscheide ich mich für einen Tagesbesuch am Samstag Nachmittag und bleibe nüchtern, den schwachen Bierkonsum kann man ja leicht durch den Kauf von Merch kompensieren, T-Shirt und Kaffeepott müssen ohnehin immer mit.

Das Shirt gibt es gleich nach Ankunft von Herrn H. überreicht, im Austausch gegen eine kurzfristig besorgte Kiste Bier. Nicht zu glauben, dass man auf dem Wutzrock jetzt schon sein Bier einschließen muss, gleich zwei Kisten aus dem Vorzelt geklaut, dazu noch den Gaskocher für den morgendlichen Kaffee. Also echt mal, wer anderen so derbe an die Grundbedürfnisse geht hat auf solchen Festivals einfach nix verloren, für Arschlöcher gibt es doch genug Alternativen.

Musikalisch sagt mir das alles wieder nix heute, außer Feine Sahne Fischfilet, die für Fanfare Ciocarlia als Headliner eingesprungen sind, aber die spielen erst nach Mitternacht. Ob es an den Rostockern liegt, oder ob die ganze linke Szene einfach nur ein entspanntes Wochenende ohne Prügelcops sucht, es ist voll. Vollvoll. Bei Ela Querfeld auf der kleinen Seebühne komme ich das letzte Mal an den Bühnenrand, bei Egotronic auf der Elbbühne habe ich schon keine Lust mehr, mich durch die Massen zu drängeln. 

Schade eigentlich, denn die gefallen mir richtig gut. Hätte ich jetzt auch nicht gedacht, dass Elektro-Punk was für mich ist, aber live geht das auf jeden Fall. Kann man sich aber auch mit einem Bierchen in der Hand aus den hinteren Reihen gut anhören. Dass hier inzwischen gezapft wird ist ein wirklich gewaltiger Fortschritt gegenüber den handwarmen Flaschen von früher.

An den Bierständen geht die Versorgung recht flott vonstatten, wer hier Hunger verspürt muss allerdings anstehen. Obwohl es nicht gerade wenige Futterversorger gibt, sind die Schlangen an den Ständen gewaltig. Sogar auf dem hinteren Teil der Festwiese muss man Slalom laufen, ich habe selten so viele Leute auf dem Wutz gesehen, wenn die auch alle ordentlich Bier trinken dürfte die Finanzierung in diesem Jahr gesichert sein.

Auf dem Rückweg zur Wagenburg die üblichen Motive: bunte Zelte, grüne Bäume, die Dove Elbe und ein paar fröhliche junge Menschen die unbedingt fotografiert werden wollen, obwohl sie das Foto im Netz wahrscheinlich niemals finden werden. Vielleicht sollte ich wirklich mal Visitenkarten drucken lassen.

Auf dem Grill befinden sich inzwischen Sachen wie Zucchinischeiben und Bratwürste, eine sehr seltsame Mischung. Die Zucchinischeiben gehen weg wie warme Semmeln, aber auch nur weil sie schnell mal durch den Rost fallen. Möglicherweise bekommen die Bratwürste ja dadurch ein leichtes Zucchiniaroma, es sind aber genug Grillsaucen am Start, die das verschleiern können.

Zur Verdauung drehen Mr. T und ich eine weitere Platzrunde, bei der wir Herrn H. überraschenderweise auf der anderen Seite des Zaunes wiederfinden, weil er seiner großen Schwester eine halbe Stunde beim Bierzapfen geholfen hat. So schnell geht das also, vielleicht sollte ich mich wirklich mal um eine Akkreditierung bemühen, dann könnte ich jetzt super Fotos von Adam Angst machen statt nur aus der Entfernung zu lauschen.

Es wird immer voller, nach vorne ist jetzt schon kein Durchkommen, wenn Feine Sahne hier später auftritt tobt wahrscheinlich der Bär im Sechseck, gar nicht dran zu denken hier irgendwann Konzertfotos machen zu wollen. Wir ziehen weiter zur kleinen Seebühne, auf der man manchmal ganz wunderbare Musiker entdecken kann und vor der immer genug Platz ist, um diese auch in ein paar Bildern festzuhalten.

Heute geht auch das nicht, weil scheinbar schon sehr viele Menschen vor uns "Das Flug" entdeckt haben. Obwohl Mr.T meint, es fehle nur noch ein Mikrofon für Gloria Gaynor und mir beim Refrain eines Stückes immer "Fade To Gray" von Visage in den Sinn kommt, ist das laut Programm ebenfalls Elektro-Punk und keine 80er Jahre Revivalgeschichte. Könnte man die Texte bei diesen Konzerten wenigstens halbwegs verstehen wäre das Vergnügen vielleicht noch größer, aber man kann nicht alles haben..

Mal sehen wer im nächsten Jahr den Headliner macht. Vielleicht besser nicht so etwas wie Farin Urlaub oder die Hosen, sonst wird der Standort bald zu klein. Aber Thees und Kettcar wären wirklich mal 'ne Nummer.

Fotos dazu: Nikon D7200
Bier dazu: Camba Imperial Ale, 8.4%
Musik dazu: Siouxsie & The Banshees - Hyaena / Through The Looking Glass

















Donnerstag, 13. Juli 2017

Man gönnt sich ja sonst nichts
















Ein halbes Jahr lang habe ich gegrübelt, ob es sich wirklich lohnt, meine doch etwas betagte D90 durch den Nachfolger des Nachfolgers zu ersetzen - und kaum ist der Entschluss gereift kommt von Nikon die Ankündigung eines weiteren Nachfolgers. Für lockere 600 Euro mehr natürlich, weshalb die zweite Grübelphase dann auch nicht mehr so lange gedauert hat, schließlich kann ich meine Dukaten nicht scheißen.
Abgesehen davon war die Zeit der Vorfreude nun wirklich lang genug, der erste Urlaub des Jahres naht mit Riesenschritten und dann ist da noch diese Cashback Aktion, bei der man hundert Euronen wiederbekommt wenn man den ganzen Papierkram einscannt und an Nikon schickt.

Vorher muss ich blöderweise den Fachhandel erneut aufsuchen, weil natürlich zwingend Name und Adresse auf der Rechnung auftauchen müssen für die Cashbäckerei. Das wiederum hätte eigentlich der Fachhändler wissen und mich darauf hinweisen können, aber dafür waren die Preisverhandlungen bei Calumet wenigstens kurz und schmerzlos, man muss auch da nicht unbedingt mehr bezahlen als beim Amazonenversender.

Auf die versteckten Kosten habe ich aber leider nicht geachtet, für die D7200 benötigt man nicht nur eine neuere Version von Lightroom, man braucht auch größere Speicherkarten, am besten gleich zwei, für jeden Slot eine. Da ich als Sicherheitsfanatiker die zweite Karte selbstverständlich als Backup nutzen werde, passen nur noch knapp 600 Aufnahmen auf die 32 GB. Für Urlaub mit Enkelindern definitiv zu wenig.


Jetzt bräuchte ich nur genug Zeit um das Ding endlich mal ausgiebig zu testen. Hätte ich natürlich am letzten Wochenende schon machen können, schließlich ist das Teil gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet. Ob der Strahl eines Wasserwerfers allerdings noch unter "Spritzwasser" fällt wollte ich dann doch lieber nicht ausprobieren.

Bier dazu: Dark Star Brewing Espresso Stout, 4.2%
Musik dazu: Peter Fox - Stadtaffe


Sonntag, 9. Juli 2017

Wadde hadde Dudde da?

















Is dat da Wasser da watter da hat und wenn dat da Wasser ist, wat hatter damit vor?

Seit Tagen hänge ich nur noch im Netz, verfolge geschockt das Geschehen in Hamburgs Parks und Straßen und dröhne mich nonstop mit allen Scheiben von Rage Against The Machine zu die ich habe, was vielleicht nicht die geschickteste Wahl ist, weil es mich unaufhörlich in einen pulsierenden Sprengkopf verwandelt.

Was wirklich nicht verwundern sollte, wenn hier tagelang Bürgerrechte außer Kraft gesetzt werden, vorgebliche Gesetzeshüter auf Gerichtsurteile einen Scheiß geben, Menschen aus Grünanlagen und durch die Stadt gejagt und am Schlaf gehindert werden, Anwaltsvereine diskreditiert und Journalisten bedroht und an der Arbeit gehindert werden, man weiß nach drei Tagen gar nicht mehr wo man anfangen oder wieder aufhören soll mit der Kotzerei.. 

Zu verdanken haben wir das hauptsächlich drei Leuten. Einem großkotzigen Bürgermeister Scholz, der die G20 Festspiele scheinbar für eine etwas anstrengendere Version des Hafengeburtstags hielt und wohl dachte, er könnte mit Mutti in der Schanze mal nen Galao trinken gehen, seinem unfähigen Innensenator Grote, der angesichts dieser Aufgabe wohl dermaßen die Hose voll hatte, dass er sie anscheinend komplett seinem Kettenhund übertrug, dem Eskalationsspezialisten Dudde, einem kreativen Rechtsausleger, dessen Einsätze schon in der Vergangenheit öfter für rechtswidrig erklärt wurden. Was kein Hindernis ist für eine Karriere bei der Hamburger Polizei.

Der hielt es für eine besonders kluge Idee eine genehmigte Demonstration aus fadenscheinigen  Gründen aufzulösen, quasi mit Ansage und mit Gewalt, und einen Block möglicher Gewalttäter in einen Block hochwahrscheinlicher Gewalttäter zu verwandeln. Die kriegen dann überflüssigerweise auch noch reichlich Zulauf von allen hochgradig gestörten Riottouristen zwischen Palermo und Pinneberg und legen die schönsten Ecken meiner Stadt in Schutt und Asche, während die Cops aus Bayern und Berlin mit Stadtplänen doof an der Ecke stehen oder gefährliche "Linksextreme" jagen, die möglicherweise nicht ganz so übel drauf gewesen wären, hätte man sie nicht seit Tagen behandelt wie den letzten Dreck. Grandiose Taktik, wär ich nie drauf gekommen.

Heute darf ich selber an die frische Luft, die letzte große NoG20 Demo zwischen Deichtor und Millerntorplatz. 75.000 Leute, alte, junge, ganz junge, bunte, blaue, lustige, friedliche - und seltsamerweise keine Schildkröten weit und breit. Nur in den Nebenstraßen sieht man ein paar Einsatzfahrzeuge, meist im Hintergrund. So wie es aussieht braucht man bei dieser Demo höchstens ein paar Verkehrskasper, das ist alles ungemein entspannt. Kaum zu glauben eigentlich nach der letzten Nacht.

Ändert sich schlagartig am Zielpunkt, da haben sie wieder alles aufgefahren was das Arsenal hergibt, dazu das permanente Gedröhne der bis zu acht Hubschrauber über uns. Wasserwerfer auf jeder Seite, Räumfahrzeuge und Mannschaftswagen in Massen. Mit Mannschaft natürlich - und da es auf Dauer langweilig ist in den Blechkisten zu sitzen, verschaffen die sich irgendwann Bewegung. Am intensivsten bewegen sich die maskierten und behelmten Kameraden, das müssen die sein, die immer die vermummten Gewalttäter verfolgen.

Dafür brauchen sie natürlich Platz und den verschaffen sie sich, gerne rigoros und im Laufschritt, immer schön den Knüppel dabei eingesetzt, immer rein in die Menge. Muss höllisch Spaß machen mit Schildkrötenklamotten. Manchmal wird dabei auch scheinbar jemand verhaftet, obwohl weit und breit keine vermummten Gewalttäter ohne Helm zu erkennen sind, nur Leute die bei Musik und Bier im Park chillen. Egal, verdächtig sind hier wohl alle, das Thema macht's halt.

Als sich langsam Unmut breit macht über die eskalierende Gangart bei einer völlig friedlichen Veranstaltung darf Kanonier Schulze auch noch seinen Wasserwerfer ausprobieren und nach inzwischen sechs Stunden auf den Beinen beschließe ich zu gehen, bevor auch Müller, Meier und die anderen Kanoniere ihr Spielzeug auspacken dürfen.

Eigentlich wollte ich noch Slime sehen und noch lieber Rainer von Vielen, aber wer weiß wat der Dudde da noch alles hat.


Fotos dazu: NoG20 Demo,  Deichtor, Willy-Brandt-Straße, Millerntorplatz
Bier dazu: Ratsherrn Lazy in Red, Red IPA, 6.7%
Musik dazu: Rage Against The Machine - Rage Against The Machine/The Battle Of Los Angeles/Renegades

Trump und Erdogan haben sich übrigens sehr lobend über die Hamburger Polizei geäußert. Lob aus berufenem Munde, wer freut sich da nicht.