Graphic Novels heißen heutzutage diese Bücher mit bunten Bildern, die man vorher mal als Comics und in noch früheren Zeiten sogar als kinderverderbende Schundliteratur bezeichnet hat, weil man fürchtete es könne negative Auswirkungen auf den erlernten Wortschatz haben, wenn Kinder mit Zack, Päng und Woooosh anfangen, statt mit Hegel und Kant. Was die deutsche Superman Erstausgabe von 1966 auf dem Markt heute bringt will ich besser gar nicht wissen, die wurde vom Familienoberhaupt ebenso entsorgt, wie meine restliche Sammlung an bunten Heftchen.
Im Nachhinein betrachtet nicht weiter tragisch, ein zerfleddertes Konglomerat aus Fix und Foxi, Micky Maus, Superman, Falk, Sigurd, Prinz Eisenherz und Zorro, von denen ich einzig Don Diego de la Vega vermisse. Das schmale Taschengeld meist mehr in Masse statt Klasse investiert. Ob Fix und Foxi schon als "Graphic Novel" durchgeht, da habe ich leise Zweifel, bei Prinz Eisenherz ist das ganz sicher anders, denn der ist inzwischen 83 Jahre alt und so etwas wie Kulturgut. Teures Kulturgut nebenbei, denn für die komplette Hal Foster Gesamtausgabe in 18 Bänden darf man um die 450 Euro latzen und hat dann immer noch nicht alles vom Prinzen aus Thule, weshalb Asterix wohl die einzige größere Gesamtausgabe in meinem Bücherregal bleiben wird.
Seit ich vor etlichen Jahren François Bourgeons Gefährten der Dämmerung in die Hände bekam, habe ich nicht mehr in bunte Bücher investiert. Zu teuer einfach, wenn die Preise auch angemessen sind, aber eine komplette Serie aus mehreren Bänden kostet schnell mal über 100 Euro, dafür bekommt man eine ganze Menge Text in vielen Büchern und die Bilder dazu entstehen im Kopf wenn's was taugt.
Dummerweise habe ich mich von einer Rezension im Spiegel verführen lassen und gedacht, ich könnte mich mal wieder mit etwas belohnen, macht ja sonst keiner. Der große Indienschwindel, ein Gaunerstück von Alain Ayroles und Juanjo Guarnido, wohl so etwas wie die Graphic Novel des Jahres und der Stil gefällt mir auch, will ich haben.
So etwas bestellt man nicht bei Amazon, dazu sucht man den Fachhandel auf und der ist tatsächlich ganz großartig, auch wenn die beiden Typen, die am Tisch in den dünnen Heftchen blättern, nicht Sheldon und Leonard heißen und die Frau hinter dem Tresen auch mit Schutzmaske sehr viel hübscher ist als Stuart, aber der Laden ist ein wahres Nerdparadies. Lauter Dinge, die ich vielleicht noch unbedingt haben müsste, würde ich mich nur ein wenig genauer umsehen, was ich tunlichst vermeide.
Den großen Indienschwindel haben sie natürlich nicht, vor einer Stunde den letzten verkauft. Das ist wirklich ärgerlich, aber wenn man schon mal da ist, nunja. Man soll den lokalen Handel doch unterstützen, gerade in diesen Zeiten und Long John Silver in der Gesamtausgabe kann nicht so verkehrt sein, Piratengeschichten gehen immer.
Etwas von Moebius, da wäre ich auch nicht abgeneigt und Der schwarze Incal gilt ja als Meisterwerk und Lanfeust von Troy hatte ich mal zwei Bände in den Händen vor Jahren, das sollte man aber in der richtigen Reihenfolge lesen, genau wie Aldebaran und Antares und wenn auf einem Buchrücken steht: Schwarzer Humor. Intelligente Geschichte. Derbe Satire, dann triggert mich das dreimal heftig und ich muss das haben, zumal es der Komplett-Sammelband der gesammelten Chroniken von Wormwood ist und somit keine Folgekosten nach sich zieht.
Da ich für weitaus mehr als 50 Euro eingekauft habe, hätte ich vielleicht nach dem Batman Multifunktionstool fragen sollen, das gibt es bei Onlinebestellungen nämlich dazu. Ein Batman Multifunktionstool! 1966 wäre ich damit der King gewesen.
Musik dazu: Andreas Vollenweider - Caverna Magica