Dienstag, 30. August 2011

Die Vögel














Der Firmenparkplatz wäre momentan der perfekte Ort, um dort ein Open Air Kino einzurichten und Hitchcocks Horrorklassiker zu zeigen. Eingerahmt von einem Baukran und dem Hochregallager, auf denen jeden Abend hunderte Krähen sitzen und alle paar Minuten aufsteigen, nur um eine Runde zu drehen und die Plätze zu tauschen.
Sollten ein paar der Viecher sich das Publikum bei einem Tiefflug näher ansehen wollen, wären die Reaktionen sicher interessant. Das wär mal echtes Gefühlskino.

Echte Gefühlsmusik: Live - Johnny Winter And

Sonntag, 28. August 2011

Tanz deine Revolution














#Wutzrock Tag 2 begann mit einer guten Stunde Stau auf der Autobahn, dafür konnte ich den immer heller werdenden Horizont beobachten, im Gegensatz zum Vortag. Viel verpasst hatte ich allerdings nicht, die Komaabteilung befand sich immer noch im Genesungsschlaf, einzig Herr A. saß grübelnd am Tisch, hin- und hergerissen zwischen Bier und Matratze, mein Ankommen hat ihm dann die Entscheidung abgenommen.

Als erstes meldete sich der Exilwestfale, ließ sich eine Flasche aus dem Kühlschrank reichen, heizte den Grill an und begab sich nach dieser anstrengenden Tätigkeit sofort wieder in die Horizontale. Kurze Zeit später rollte sich der (immer noch sehr mitgenommen aussehende) Herr H. aus seinem Bulli, trollte sich in die Büsche und alsbald wieder ins Bett. Der Rest war ebenfalls noch nicht erschienen, so waren Herr A. und ich die einzigen Nutznießer der Feuerstelle und verspeisten erst einmal das aufgelegte Grillgut.

Ein Festival so ganz ohne Livemusik ist auf Dauer nicht das Wahre, wenn keiner seinen Hintern bewegen will muss man eben alleine los. Beim Wegstellen meines Bieres fand ich dabei gleichzeitig (und glücklicherweise) heraus, dass man zur Bühne besser an der Elbe entlang geht. Nicht viel länger, aber einer der wenigen befestigten Wege durch den Morast, dem ich heute mit festem Schuhwerk trotzte. An meinen Stiefeln hafteten ohnehin noch Reste aus dem letzten Jahr.
Wie schon am Freitag,  war das Rahmenprogramm deutlich interessanter als die Bands auf den Bühnen. Wobei ich Wisecräcker wirklich nicht schlecht fand, aber Skapunk wird auf solchen Festivitäten meiner Meinung nach echt zu oft präsentiert. Die begeisterten Schlammhüpfer vor der Bühne waren anderer Ansicht, zwei der Jungs legten hinterher für das schaulustige Publikum noch eine prächtige Matschcatcheinlage ein. "Richtig gute Moves dabei, Alder" meldete sich ein Experte neben mir zu Wort. Konnte ich nur beipflichten. Ob es der Begeisterung über den Schaukampf oder nur meiner Dummheit zu verdanken ist, dass die Fotos fast alle für die Tonne sind, keine Ahnung. Aber 1/125 ist zu lang, das weiß ich eigentlich.

Auf der Seebühne waren die Freiburger Crime Killing Joker Man bei den letzten Soundchecks. Die Besetzung mit zwei Gitarren, Bass und Schlagzeug versprach etwas anderes als Skapunk, da bin ich geblieben. Dummerweise glaube ich ja immer noch daran, dass Bands mit aufwändig langem Soundcheck und zwei Gitarren diesen Kram dann auch beherrschen. Hervorstechendes Merkmal war dann eher die Justin Bieber Frisur des Gitarristen mit den 200 Effektgeräten, die dem völlig übersteuerten Indiepopgeschrammel keine wirklichen Nuancen hinzufügen konnten. Etwas weniger "Daumen hoch" für die Regler beim Soundcheck wäre mehr gewesen. Die Songs waren gar nicht mal so übel eigentlich.

Da ich ja wusste, dass Herr H. zu den Ohrbooten wieder fit sein wollte, trieb mich die Fürsorgepflicht dann langsam in Richtung Wagenburg, Leichen wieder erwecken, ein Bier zu sich nehmen und meine eigene Leiche für ein halbes Stündchen dem Sessel anvertrauen, das war der Plan. Aufgehalten wurde ich durch eine junge Dame, die mit ihrem Körper und einem Fackelring allerhand nette Kunststücke anzustellen wusste. Als ich endlich den Platz erreichte waren die Leichen erstaunlich lebendig, lebendiger jedenfalls als ich und bereit zum Aufbruch.

Auf meinen Körper galt es Rücksicht zu nehmen, denn die Ohrbooten waren nicht mein primäres Ziel, also erst einmal relaxen. Ein Bier später schlitterte ich über die matschige Hauptverkehrsstraße des Campingplatzes, da Herr H. mich zuvor auf eine sehr geile Feuertonne hinwies, die dringend meine Aufmerksamkeit erfordere. So etwas hätte ich auch gerne, aber mangels Garten wäre die Anschaffung ziemlich sinnlos, dafür bekomme ich demnächst mein erstes FC St. Pauli Vogelhäuschen für den Balkon, limitierte Auflage. Bin schon gespannt wie sinnlos mein Kater das findet.

Von den Ohrbooten war ich bisher nicht begeistert, zwei bis drei Stücke fand ich nicht schlecht, aber auf CD haben sie mich nicht überzeugt. Das muss auf ihrem Konzert auf dem Rockspektakel am Rathaus anders gewesen sein, vor zwei Jahren haben sie da ziemlich abgeräumt, die "Wiese" war voll wie selten. Live sind die wirklich empfehlenswert. Ich hielt mich angesichts der Massen dezent im Hintergrund, besorgte mir ein Getränk und wartet geduldig auf die Abwanderung selbiger in der Umbaupause. Lieber eine halbe Stunde mit einem Bier am Zaun stehen, als sich später durch das Gedränge zu kämpfen.

Lohn: Erste Reihe, Rainer von Vielen. Der Wortartist und Vokalhexer aus dem Allgäu, den ich nach so vielen Berichten von Freunden endlich live sehen wollte. Es war grandios, wie erwartet. Die "Daumen runter" für den Regler beim Soundcheck sorgten für guten Sound, den Rest erledigte die Band, Mitsch Oko (Gitarre), Niko Lai (Schlagzeug) und Dan Le Tard (Bass) sowie Rainer von Vielen mit 1 bis 2 Mikrofonen, Akkordeon und elektronischem Spielzeug. Während ich vorne die Musik genoss und meine Fotos schoss tanzten die Menschen hinter mir ihre Revolution.
Das hätte ich auch bis zum Ende durchgehalten, doch leider hatte ich mir dafür die falschen Nebenmänner ausgesucht. Den Herrn mit der immensen Bierfahne rechter Hand verlangte es laufend nach Informationen über die Band, weil ich so dumm war vor dem Konzert zwei seiner Fragen zu beantworten.
(Merke: Auf die Frage "Kennst Du die nächste Band?" immer mit einem Nein antworten.)
Der junge Mann linker Hand war dagegen ein komplizierter Fall, scheinbar lechzen hsv Anhänger in diesen schweren Tagen nach tröstenden Worten, auch von deutlich erkennbaren St.Paulianern.
Vielleicht hätte ich bei seiner Bemerkung "St.Pauli Fan? Dann freust Du dich sicher wenn der hsv verliert." gelogen, wenn er sich vorher als hsv-Fan zu erkennen gegeben hätte. Wahrheit statt Mitleid halte ich aber, im Nachhinein betrachtet, für die bessere Variante.
Ich hasse Gesabbel während eines geilen Konzertes, zum aus der Haut fahren. Ein zustimmendes Kopfnicken muss zum Informationsaustausch reichen, wenn ich mich so umsah haben das auch die meisten Anwesenden so gehalten. Kopfnickermusik für Erwachsene, zu der auch die Jugend noch wild springen kann, was kann es schöneres geben.
Den Rest hab ich trotzdem lieber entspannt aus der Entfernung genossen. Fast ohne Belästigungen, abgesehen vielleicht von der leicht angesäuselten Dame, die mir mit der Frage "Was meinssu, soll ich mich heute blamieren oder erst morgen?" um den Hals fiel.

Ich gab ihr den Rat, das doch besser heute noch zu machen, morgen würds eher auffallen. Meine Hoffnung auf eine zweite Chance für Matschcatchfotos erfüllte sich jedoch nicht, sie benahm sich leider nicht anders als vorher auch.

Und ich höre den Sound von gestern Abend: Rainer von Vielen - Milch & Honig






















Samstag, 27. August 2011

Schlammschlacht reloaded














Als ich heute Morgen die Augen aufschlug lachte mich allerfeinstes Festivalwetter an. Trocken, sonnig, fast schon zu warm für Open Air, aber dafür gibt es ja passende Kleidung. Also machte ich mich ein paar Stunden später hoffnungsfroh in kurzen Hosen und T-Shirt auf den Weg. Unterwegs schnell noch ein paar Kalbsbratwürste für den Grill holen, der sicher schon aufgebaut war.
Die Herrschaften in der Wagenburg machten einen sehr entspannten Eindruck, da waren schon einige Flaschen geleert, auf nüchternen Magen, nichts mit aufgebautem Grill. Da der Gang zum Festivalgelände demnächst bevorstand war Eile geboten, Feuerstelle anheizen, Würstchen drauf, wenden, Würstchen runter, rein und wegspülen.    
Nicht schnell genug, das seit dem letztem Wutzrock gefürchtete Schlam(m)assel drohte inzwischen am Horizont mit dunklen Wolkenbergen und feister Illumination. Bevor die letzte Wurst verschlungen war tobten schon die ersten Windböen durch Zeltreihen und Pavillons, gefolgt von gut gemeinten Warnungen, man möge doch den überflüssigen Sonnenschutz besser abbauen, bevor der angekündigte Sturm das erledigt.
Da unsere Konstruktion zwischen den beiden Bussen gut verankert war, haben wir selbstverständlich nicht im Traum daran gedacht die Warnungen zu beherzigen, denn Sonnenschutz ist im Allgemeinen auch ein tauglicher Regenschutz. Und der war bitter nötig, denn die Gewitterfront hatte reichlich Wasser mitgebracht. 

So saßen wir dann in gemütlicher Runde weiter zusammen, nach den Erfahrungen beim Pukkelpop in Belgien ist man auch hierzulande vorsichtiger geworden, die Auftritte der Bands wurden verschoben, Kunstpause. Die genutzt wurde um Wutzrocktorte, Knabberkram und weitere Getränke zu sich zu nehmen, kann ja nicht ewig dauern so ein Gewitter.

Lange genug allerdings, um einen großen Teil des Geländes wieder in eine Schlammwüste zu verwandeln, für die ich nicht das richtige Schuhwerk besaß. Lange genug, um den Auftritt von Slime auf "irgendwann gegen 1" zu verlegen und lange genug, um den Exilwestfalen mit Slivovic, Wodka und furchtbarem finnischen Salmiakki abzufüllen.

Nachdem Herr H. während einer zehnminütigen Regenpause hibbelig zum Aufbruch in Richtung Bühne drängte (ich will Die Rakede sehn, die spielen bestimmt schon. Die Rakede, Die Rakede), erklärte der Exilwestfale seinen Tag für beendet. Ein weiser Entschluss, den ich ihm in diesem Zustand überhaupt nicht mehr zugetraut hätte, aber diese Mischung diverser Alkoholika war wohl am sichersten liegend zu verarbeiten.

Die Rakede aus Köln stand auch wahrhaftig schon auf der Bühne, konnte mich allerdings nicht wirklich begeistern, was zum Teil an der Musik lag, zum Teil auch an meinem Zustand. Weste und Shirt waren am Rücken durchnässt und blöderweise habe ich, trotz Taschenlampe, ein Schlammloch auf dem Weg übersehen, was mir zusätzlich nasse Füße bescherte. Das verkürzte Programm war gerade ausreichend für ein Kaltgetränk und ein paar Fotos, der kurz darauf wieder einsetzende Regen trieb uns dann zur Wagenburg zurück, mit Ausnahme vom Herrn A.aus N. - und dem Herrn H., der auf keinen Fall Slime verpassen wollte. Auf gaaaar keinen Fall.

Wäre ich jetzt gemein und wäre ich F*c*book, vallah, dann würde ich die Bilder seiner "triumphalen" Rückkehr nach 30 Minuten Pogo in der Matschpit veröffentlichen. Das SchlammAssel T-Shirt aus dem letzten Jahr wird mich für immer an diesen Anblick erinnern. Glücklicherweise konnten wir ihn mit vereinten Kräften davon überzeugen, dass ein Bad in der Elbe bei Dunkelheit, in Verbindung mit zu viel Adrenalin und Alkohol, seiner Gesundheit ganz sicher abträglich wäre.
Herr A. hat sich dann erbarmt und ihn mit der Gießkanne gesäubert. Großartig! Für solche Momente geht man schließlich auf ein Open Air, Slime kann ich immer noch mal sehen.
Ich bin zwar langsam zu alt für diesen Scheiß, aber es ist immer wieder herzerfrischend zu sehen, wenn andere den Scheiß übernehmen.

Jetzt hoffe ich auf den nächsten Tag. Sonne ist mir egal, aber trocken bitte. Ich will Rainer von Vielen nicht verpassen. Auf gaaaar keinen Fall.

Auf keinen Fall verpassen werde ich auch das nächste Konzert von Wirtz - Akustik Voodoo






Donnerstag, 25. August 2011

Schichtwechsel in der Werksküche














Werksküche, das hört sich an nach Bratwurst und Tütenpü, nach Fleisch mit Sättigungsbeilage und Wackelpudding zum Nachtisch (Dessert wäre etwas hochgestochen). Die Werksküche in Eimsbüttel hingegen fertigt tatsächlich Desserts an, natürlich in Handarbeit, beliefert damit umliegende Restaurants und verkauft von Mittwoch bis Samstag auch ihren Schichtwechsel an Laufkundschaft.

Dieses Dessert ist eine Kombination aus Kuchen, Torte, Cremes, Fruchtpüree u.ä. Zutaten, frisch zubereitet und in kleinen Weckgläsern übereinander geschichtet, ähnlich wie das neulich von mir im Kühlregal entdeckte Gü, welches allerdings nicht annähernd die Klasse besitzt wie der Hamburger Schichtwechsel.

Preislich spielt sich das in höheren Regionen ab, für 3 bis 4 Euro pro Glas plus 1 Euro Pfand bekommt man schon eine Menge Schokopudding oder ein anständiges Stück Torte. Aber die Auswahl an Leckereien, die mir die sehr nette junge Dame in der Werksküche präsentierte, war nicht nur optisch hinreißend, es war auch eine wahre Gaumenfreude. Wen verlangt es da noch nach Schokopudding.

Einzig Strawberry Cheescake fand ich etwas enttäuschend, der Erdbeer-Sahne Quark war mir zu lasch. Kalter Hund-Mango und die fruchtigen Sommersorten (Lemon!) haben das wieder wettgemacht. Ganz hervorragend war auch das Halbgefrorene, welches ich mangels adäquater Transportmöglichkeiten schon vor Ort verzehren musste, gemütlich mit einem Espresso im Vorgarten der Werksküche.

Ein weiterer Grund (nicht) nach Eimsbüttel zu ziehen, je nach Sichtweise, für meinen Ernährungsplan ist die jetzige Entfernung sicher die bessere Wahl. Man kann sich das nicht einmal vernünftig aufteilen, denn leider sind die netten Sachen nur drei Tage im Kühlschrank haltbar. Dennoch werde ich die Gläser irgendwann zurückbringen und es ist sehr unwahrscheinlich, dass ich mir dann eine Neuanschaffung verkneifen kann.
So gesehen, auch kein schlechter Trick.

Gute Tricks an den Gitarren: Paul Barrére & Fred Tackett - Live At Bridgeton Folk Festival

Dienstag, 23. August 2011

No Sleep till Millerntor




























Die scheißenblöden Montagsspiele (Banner Südkurve) mit ihren scheißenblöden Anstoßzeiten standen mal wieder völlig zu Recht in der Fankritik, DFL und Sport1 gewinnen in diesem Leben keine Freunde mehr. Für mich hieß das Arbeitszeiten tauschen und Frühschicht machen, das erste mal seit bestimmt zehn Jahren um 4 Uhr in der Frühe aufstehen, nur um ins Stadion gehen zu können. Eine Tortur für einen Langschläfer wie mich, die noch zusätzlich verschärft wurde, da ich am Abend vorher natürlich nicht einschlafen konnte. Was zu erwarten war, da mache ich mir keine Illusionen, das ist immer so, wenn ich ums verrecken nicht verschlafen darf.
Jede Stunde ein Blick auf den Wecker, 1 Uhr, noch drei Stunden Schlaf, theoretisch. Der obligatorische Weg zur Toilette, um 3. Noch eine Stunde schlafen, theoretisch. Der einzige Trost, ich weiß dass ich den Job auch im Schlaf auf die Reihe bekomme und ich kann mich nach der Arbeit noch vier Stunden aufs Ohr legen, das muss zur Erholung reichen.
Leider hatte ich die Rechnung ohne den Kindergeburtstag gemacht, der bei diesem Wetter selbstverständlich im Freien stattfinden musste, direkt auf dem Spielplatz vor meinem Schlafzimmer. Der Umzug ins Gästezimmer brachte keine Besserung, da wurde endlich einmal die Rasenfläche gemäht, bei geschlossenen Fenstern kann ich einfach nicht pennen. Statt vier Stunden Schlaf also zwei Stunden mehr oder weniger auf der Couch gedöst, aber was solls, vielleicht macht das Spiel ja wach.

Hat es dann auch, wenn auch nicht über die volle Distanz. Aber immer, wenn ich gerade furchtbar abgebaut habe, kam unverhofft Hilfe. Zum Beispiel in Gestalt eines fremden Bierholers, den ich mit mittlerweile versagender Stimme bat, mir doch eins mitzubringen. So etwas klappt auf der Gegengerade immer noch, deswegen kriegen mich da auch keine zehn Pferde weg.  Und deswegen muss man dort auch keine futuristische Tribüne bauen, was die Gegengerade ausmacht sind die Fans die dort stehen, die brauchen Platz, anständige Toiletten und ausreichend Bierstände, keine Gondeln im Wellendesign. Da fällt nur jemand runter, wäre nicht das erste mal bei uns. In den Gesprächen vor und nach dem Spiel hab ich jedenfalls festgestellt, dass die Gegengerade da sehr konservativ denkt, was den Stadionausbau betrifft. Im gleichen Stil weiterbauen, das passt schon, solange die 10.000 Stehplätze eingehalten werden und es Platz für Fanräume gibt. Keine Experimente, keine teure Wiederholung der Elbphilharmonie. Keine "kultigen Tribünen". Leider war der aktuelle Übersteiger nicht zu bekommen, mich hätten die Entwürfe interessiert.

Das Spiel war vielleicht nicht gerade hochklassig, aber Duisburg ein unangenehmer Gegner, auch noch nach dem Platzverweis mit 10 Spielern. Unsere Abwehr ziemlich sattelfest, Tschauner und Sobiech ganz große Klasse, so langsam schwindet die Angst vor späten Gegentreffern. In den letzten zwanzig Minuten haben wir sie ohne Erbarmen nach vorne gebrüllt, das hat mal wieder richtig Spaß gemacht, ganz besonders wenn es fruchtet. Endlich gewinnen wir auch mal Spiele in der letzten Minute, ein feiner Ausgleich für die letzte Saison. 90 Minuten sind lang, aber dann, aber dann...
2:1. Spitzenreiter, hey. So kann es weitergehen.

Mit mir geht es langsam zu Ende und auch mit Rod Picott - Welding Burns - ich brauch ne Mütze voll Schlaf nu.

Sonntag, 21. August 2011

Stadtansichten: Eimsbüttel
















Wäre ich vor dreißig Jahren clever gewesen, ich hätte damals eine Altbauwohnung in Eimsbüttel angezahlt statt ein Auto zu kaufen, oder ich würde wenigstens in einer wohnen, stattdessen bin ich Idiot an den Stadtrand gezogen. Dafür müsste ich heute wahrscheinlich mit der Bahn eine Stunde zur Arbeit fahren, denn Autobesitz wird einem in Eimsbüttel auch sonst schnell ausgetrieben, über den Parkplatzkampf haben Freunde vor ebendieser Zeit schon gejammert.
Man kann in Eimsbüttel auf einen fahrbaren Untersatz verzichten, mit fünf Stationen der U-Bahn und mehreren Buslinien ist man bestens gerüstet für den dicht besiedelten Stadtteil. Die Nähe zur City wäre ebenfalls ein Vorteil, so man das irgendwie nutzen will, denn eigentlich ist auch das nicht nötig. Die durch das Zentrum führende Osterstraße dürfte so ziemlich alles bieten, von der täglichen Versorgung mit den nötigsten Gütern, bis hin zum Einkaufsspaß für Lustshopper. Gute Kneipen und Restaurants gibt es reichlich, für die Erholung nutzt man entweder seinen Hinterhof oder eine der vielen kleinen grünen Oasen, den Park am Weiher, den Wehberspark, den Unnapark, den Grünzug am Isebekkanal oder das Freibad am Kaiser-Friedrich-Ufer. Eigentlich muss man den Stadtteil nicht verlassen, außer zum Fußball - und das Millerntor ist auch nicht weit.

Dazu lag die Bevölkerung in Eimsbüttel schon immer auf meiner Wellenlänge, die Bunte Liste/Wehrt Euch, Vorläufer der heutigen GAL landete dort schon 1978 im Bezirksparlament, bei den letzten Wahlen hat die CDU mit 10.1 % gerade mal 0.6 mehr bekommen als die Linke und die Straßenfeste hier sind ebenfalls alle nach meinem Gusto. Da findet man tatsächlich noch Aufrufe zur Befreiung von Leonard Peltier, Stände von Amnesty International und ähnlichen Organisationen, Musik und Kinderbespaßung, vegetarische Imbisse, alles gerade entdeckt auf dem Methfesselfest an diesem Wochenende.

Der größte Nachteil an Eimsbüttel ist seine Beliebtheit, denn es war schon vor dreißig Jahren nicht einfach, dort eine Wohnung zu finden. Eine Situation die sich eher verschärft haben wird, denn Eimsbush war schon vor Samy Deluxe und Jan Eißfeldt Delay sehr begehrt von der jüngeren Generation. Könnte ich die Zeit noch einmal dreißig Jahre zurückdrehen, ich würds versuchen.

Ich werd grad nostalgisch, aber möglicherweise liegt das auch ein wenig an der Musik:
Last Days Of The Fillmore mit Boz Scaggs, Elvin Bishop, Cold Blood, Quicksilver Messenger Service, Grateful Dead, Santana, Taj Mahal u.a


















Freitag, 19. August 2011

Wissenschaft mal Anders















Antonio Augusto Schinzel-Tenicolo ist ein Mann mit vielen Talenten. Sänger, Komponist, Schauspieler und Schriftsteller sind nur einige davon. Nie gehört, den Namen? Das mag daran liegen, dass er sich meistens Anders nennt, Christian Anders. Der einmal mit dem Zug nach Nirgendwo verschwinden wollte, sich dabei aber leider sehr viel Zeit ließ. Unter diesem Pseudonym macht er auch heute noch die Gegend unsicher, vor kurzer Zeit erst auf dem Hamburger Schlagermove, wodurch ich wieder auf den Herrn aufmerksam geworden bin. Zuletzt aufgefallen ist er mir vor vielen Jahren, als leicht verhuschter Guru für Arme, bei dem verzweifelten Versuch seine blonde Freundin in die Medien zu bringen, als Anders next Topmodel oder so.   Normalerweise interessiere ich mich nicht für Schlagersänger, noch weniger für deren Anhang, aber der Mann war irgendwie immer für einen Lacher gut, ob er sich jetzt Lanoo oder Anders nennt.
Das ist er heute noch, wie man auf seiner Webseite lesen kann. Anders löst die Geheimnisse der Sphinx, entlarvt die Bibel, wettert gegen den Impfwahnsinn, deckt rappend den großen Bankenschwindel auf (schrammt dabei nur ganz knapp an der jüdischen Weltrevolution vorbei, was ihm einige böse Kommentare eingebracht hat) und widerlegt Darwins Evolutionstheorie. Ein reines Genie, würde Dittsche sagen. Und wie wir ja alle wissen, liegen Genie und Wahnsinn eng beieinander.
Kein Wunder, dass dieser Mann den völligen Durchblick haben muss, denn Christian Anders betrachtet die Entstehung und Entwicklung der Arten und Rassen auf Erden vom Standpunkt der esoterischen Wissenschaften aus.
Muahahaha. Esoterische Wissenschaften, ist es die Möglichkeit. Das hört sich fast so gut an wie homöopathische Chirurgie. Der hat bestimmt auch mal versucht übers Wasser zu laufen.
Schon seine Zitate lassen den Genius erkennen, der dahinter steckt. "Solange es noch Krieg zwischen den Religionen gibt, wird es keinen Frieden auf der Welt geben!"  Solange es regnet ist es draußen nass. Da muss man erstmal drauf kommen.

Das heutige Foto zeigt was anderes, und zwar "Herzkraftbilder" auf der Messe der Verwirrten.

Schreibmusik: Nicht etwa Schlager von Anders, eher Folk von Gus Black - Uncivilized Love

Mittwoch, 17. August 2011

Die letzte Chance
















Ein Dokument der Verfressenheit, dieses Foto der Nummer 8 (in Worten: Acht!). Für genau diese Anzahl an leckeren Pflaumenpfannkuchen musste ich meine halbherzige Diät  in den letzten Wochen unterbrechen, immerhin habe ich trotzdem stramm weiter Mineralwasser getrunken. Eine langwierige Suche in drei Obstgeschäften und an mehreren Marktständen war nötig, um die scheinbar restlichen Bühler dieses Jahres ausfindig zu machen. Überall nur noch undefinierbare Sorten. Deutsche Pflaumen ohne nähere Sortenbezeichnung sind immer ein Reinfall, die Erfahrung habe ich zur Genüge in den vorigen Jahren gemacht. Diese letzte Chance auf mein erklärtes Lieblingsgericht musste ich einfach ergreifen, jetzt hängts mir auch langsam zum Hals raus, ein Jahr ist Pause.


Das Ende der Bühler Pflaumenzeit hab ich sofort mit dem Ende des Sommers verbunden, aber ein Blick in meinen Kalender zeigt etwas anderes, zumindest der kalendarische Herbstanfang ist erst am 23.September. Der Sommer hat also noch über einen Monat eine letzte Chance, sich als solcher zu zeigen. Der hängt mir nämlich inzwischen auch dermaßen zum Hals raus, dass ich ein Jahr Pause gebrauchen könnte.

Niemals zum Hals raus hängt mir John Hiatt - Dirty Jeans And Mudslide Hymns

Sonntag, 14. August 2011

Zwischen Tango und Alarmanlagen














Seit den Open Jazz Tagen vor einigen Wochen hat Herr H. irgendwie einen Narren an Planten un Blomen gefressen. Diesem Umstand verdankten wir die grandiose Idee, seinen Geburtstag in diesem Park feiern zu wollen. Zumal zwischen 15 und 18 Uhr auch noch eine Tangodarbietung zu genießen wäre.
Picknick mit Tango, in jedem anderen Sommer wäre ich dafür zu begeistern gewesen, bei dieser Wetterlage ist das ein Gedanke, der wirklich nur dem Herrn H. kommen kann.
Um 15 Uhr goss es wie aus Kübeln, so dass ich ernsthaft darauf hoffte, er hätte sich eines Besseren besonnen. Am Telefon beunruhigte er mich hingegen mit der Nachricht, das Regenradar verspräche quasi sofortige Besserung, das Picknick würde auf jeden Fall stattfinden, er habe schon alles in seinem Bus verstaut.

Eine Stunde später schüttete es immer noch, weiß der Teufel, welches Regenradar er beobachtet hat, letzte Hoffnung auf Besserung versprach die halbe Stunde Fahrzeit. Immerhin war es in Richtung Fernsehturm schon etwas heller am Himmel. Tatsächlich schlossen sich die himmlischen Schleusen als ich den Park betrat, doch weder vom Herrn H., noch von den restlichen geladenen Gästen die kleinste Spur, der Treffpunkt verwaist. Also ab zum Musikpavillon, die letzten 20 Minuten Tango gucken. Kaum hatte ich die ersten Fotos im Kasten, zappelte Herr H. wild hinter mir rum, ich werde einfach schneller gefunden. Irgendwo rumstehen reicht meistens. Ich hätte auch niemanden finden können, denn ich war der erste Gast überhaupt.

Weitere trafen dann bis zum Ende der Tangodarbietung ein und genossen die letzten Klänge, bis es dann erst wurde. Tisch aufbauen, Bänke vom Wasser befreien, Kuchen anschneiden, unter die nächste Baumgruppe flüchten. Denn selbstverständlich fing es prompt an zu schütten, wir sind in Hamburg. Ein Blick in den Himmel versprach keine Besserung, ein Blick in die Baumwipfel die Erkenntnis, dass auch dicht gewachsene Nadelbäume auf Dauer kein zuverlässiger Regenschutz sind. Also Flucht in sein "Wohnmobil", welches selbst in vollständig geleertem Zustand kaum mehr als vielleicht fünf Personen Platz bietet. Damit war allerdings nicht zu rechnen, denn sowohl die Klappstühle, als auch Bier und Snacks, befanden sich immer noch darin.

Eine halbe Stunde und mehrere Gäste später hatte Petrus dann ein Einsehen mit dem Jubilar. Da aber niemand dem Braten trauen wollte (und sehr wahrscheinlich auch keiner Lust hatte, den ganzen Kram in den Park zu schleppen), verbrachten wir den Abend auf einem Parklatz. Mit griffbereiten Regenschirmen, ohne Tango. Für eine sehr abwechslungsreiche Geräuschkulisse sorgte dafür die daneben liegende Bahnlinie, zwischen Altona und Dammtorbahnhof.  S-Bahn, Güterzüge, Intercity und als Highlight ein Autoreisezug, bei dem jemand dummerweise vergessen hatte, die Alarmanlage seines Wagens abzuschalten. Auf anhalten und wieder anfahren hat sie sehr zuverlässig reagiert.

Eins muss man dem Herrn H. lassen, an seine Geburtstagsfeiern erinnert man sich oft noch Jahre später. Wenigstens hat er sich diesmal nicht den Hals gebrochen.

Ich lass den Tag mit etwas Altherrenmusik ausklingen: J.J.Cale - Really/Okie/Naturally/Troubadour

Samstag, 13. August 2011

Kein Fisch, kein Fleisch
















Seit einer Woche freu ich mich wie Bolle auf eine große Portion Fisch, in Hamburgs bester Fischbratküche, auf der Veddel. Da dieses beliebte Restaurant, außer durch seinen guten Fisch, durch extrem eingeschränkte Öffnungszeiten bekannt ist, bleibt fast nur der Urlaub übrig.
Und dann quält man sich 90 Minuten durch Staus und Baustellen in der Stadt, nur um mit knurrendem Magen vor verschlossenen Türen zu stehen. Den ganzen August wegen Urlaub geschlossen, was mir wahrscheinlich auch ein Blick auf die Webseite verraten hätte, wäre ich nur auf den Gedanken gekommen da einmal nachzusehen. Verdammt!
Wenn sich der Appetit einmal derart aufgebaut hat, den Fokus nur auf Fischfilet und Kartoffelsalat gerichtet, dann ist es sehr schwer mich für etwas anderes zu begeistern. Mir fällt dann auch nie gleichwertiger Ersatz ein, wie gelähmt von einem Gedanken. Kein Fisch! Verdammt!
Als wir dann wieder auf der Autobahn sind und es etwas zügiger voran geht, fällt meiner Begleitung der Koreaner ein. Das war schließlich auch sehr lecker. Bulgogi wäre tatsächlich ein würdiger Ersatz gewesen, die Eiffestraße nur einen Steinwurf von der Veddel entfernt, aber das war vor 20 Minuten, in der anderen Richtung. In der Richtung, in der es sich gerade auf der Autobahn staut. Dabei wäre eine Riesenportion Bulgogi genau richtig für das Loch in meinem Bauch, auf das Frühstück habe ich schließlich absichtlich verzichtet. Kein Fleisch! Verdammt!
Getröstet habe ich mich mit Garnelen, beim Stammchinesen um die Ecke, den man in 10 Minuten erreichen kann. Ohne Staus und Baustellen, dafür mit Vorspeise.
Völlig überfressen laufe ich eine Stunde später zum Fußballgucken im Cordi Vereinshaus auf, nur um zu sehen, dass die Kollegen sich gerade unglaublich lecker aussehende Pfannkuchen (Obacht, Herr L.) mit Brombeeren, Schlagsahne und Vanilleeis bestellt haben. Für lächerliche 4.50 Euro, aber eine Portion, für die ich einfach noch nicht bereit war.
Ich hab dann wieder dieses dämliche Spiel gespielt, das ich immer verliere. Wenn St.Pauli den Führungstreffer erzielt, dann bestelle ich mir das, egal ob ich es aufessen kann. Das hätte auch klappen können, wenn die Jungs sich etwas mehr ins Zeug gelegt hätten. Als Kruse zehn Minuten vor Schluss den Siegtreffer erzielte, hätte ich das vielleicht sogar schon ratzekahl aufessen können. Dummerweise war die Küche da schon zu. Verdammt! Kein Nachtisch!

Trotzdem ein fast perfekter Tag, dank des magischen FC. Ich hoffe die Pfannkuchen stehen auch noch auf der Karte, wenn wir in Braunschweig spielen.

Dazu der perfekte Soundtrack mit Dido - No Angel

Mittwoch, 10. August 2011

Schöner wohnen am Stadtrand














Der Bezirksamtsleiter in Hamburg Mitte versucht momentan durch bauliche Maßnahmen, Obdachlose aus der Stadt zu verbannen. Sie behelligen angeblich die Passanten, stören zumindest jedoch das Stadtbild, was nicht gerade förderlich ist für den Tourismus - und auf den wird hier viel Wert gelegt.
Während die Schlafplätze unter der Kersten-Miles-Brücke durch Findlinge und künstlich angelegte Regenabläufe verknappt werden, hat scheinbar schon einer die Konsequenzen gezogen und seine Habseligkeiten an den Stadtrand geschafft, wo er seit mindestens drei Tagen sein Domizil aufgeschlagen hat. Im Niemandsland zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein ist die Chance möglicherweise höher, von der Staatsmacht unbehelligt zu bleiben.

Vor Regen vollständig ungeschützt direkt neben einer Hauptstraße zu kampieren ist vielleicht nicht die geschickteste Wahl, aber die logistische Meisterleistung, zwei überfüllte Einkaufswagen, vollgepackt wie eine Eisenbahn in Pakistan, halbwegs unfallfrei an diese Stelle zu bewegen, nötigt mir allerhöchsten Respekt ab.

Seitdem überlege ich, ob ich Bezirksamtsleiter Markus Schreiber ein paar Vorschläge machen sollte. Zum Beispiel den, ein paar provisorische Brücken weiter außerhalb der Stadt bauen zu lassen. Kostet auch nicht mehr als der Schwachsinn an der Kersten-Miles-Brücke und ist ein prima Regenschutz, vielleicht kommen die anderen dann freiwillig hinterher, hier stören sie auch niemanden.
Mich haben sie in der Stadt schon nicht behelligt, obwohl ich da häufiger parke, aber das hielt ich von vornherein für ein Ammenmärchen, mit dem Herr Schreiber mal wieder in de Presse wollte. Das schlechte Nachrichten besser sind als gar keine Nachrichten gilt aber nur fürs Showgeschäft, nicht für die Politik.

Das muss er noch lernen, wenn er irgendwann tatsächlich mehr werden will als Bezirksamtschef. Was der Himmel verhüten möge.

Schreibmusik: Ry Cooder - Get Rhythm

Sonntag, 7. August 2011

Honky Tonk Frühschoppen
















Die kleine Kneipe in unserer Straße, dort wo das Leben noch lebenswert ist, habe ich seit Jahrzehnten nicht mehr betreten. Keinesfalls jemals vor 12 Uhr, noch keinesfallser eine Kneipe die ich nur von draußen kenne. Mit ziemlicher Sicherheit wäre ich auch die nächsten 10 Jahre an der „Asche“ in Ahrensburg vorbeigefahren, ohne dem Laden mehr als einen Seitenblick zu gönnen, aber vor meinem Urlaub stach mir irgendwo ein Plakat ins Auge, welches einen Besuch dieser Lokalität erforderlich machte. Hermann Lammers Meyer, 12 Uhr, Eintritt frei.
Hermann Lammers Meyer! Die Pedal Steel Legende Deutschlands, Gründer der fabelhaften Emsland Hillbillies, von denen ich in den 70er Jahren kaum ein Konzert in Hamburg verpasst haben dürfte. Nicht einmal an meinem Geburtstag hab ich die Emsländer sausen lassen, dafür steht die vollständig signierte erste LP immer noch in meinem Schrank. Neben den New Riders Of The Purple Sage war nur noch eine Band auf meiner alten Jacke verewigt, die E.L.Hillbillies aus Aschendorf. Ob Danny's Pan, Logo oder Fabrik, wir waren immer dabei wenn die Jungs hier spielten. Legenderbste Konzerte. Wenn Carl Carlton (der damals noch Kalle Buskohl hieß) das lange Solo bei Desperados Waiting For A Train anstimmte, das hatte schon was von den Allman Brothers.

So etwas in der Richtung war natürlich mit Hermann Solo in einer kleinen Kneipe nicht zu erwarten, aber egal. Zu Country kann ich normalerweise auch niemanden mitschleppen, auch egal. Gut, die Zeit ist extrem gewöhnungsbedürftig, normalerweise steh ich da grad mal auf. Aber Hermann hab ich mindestens 30 Jahre nicht mehr gesehen, das musste einfach sein, zumal ich seine letzte CD erst vor ein paar Wochen entdeckt habe.

Das Booklet hab ich zum signieren gleich mitgenommen, bei der Wahl meiner Kopfbedeckung entschied ich mich für etwas neutralere Farben, man weiß ja nie was einen in fremden Kneipen so erwartet. Mein Gefühl trog nicht, an den Wänden Uwe Seeler, Wimpel und Wappen aus Stellingen. Schwarz-Weiß-Blau-Furchtbar. Dazu das typische Stammkneipenpublikum, miniberockte Damen mit Fransenlederjacken aus dem Fundus von Old Shatterhand, der heiße blonde Feger mit waffenscheinpflichtigen Stilettos, der schon leicht torkelnde Stammgast, der sein Frühstück schon flüssig einnimmt, da hat sich in den letzten dreißig Jahren nichts geändert. Auch nichts an der Altersklasse, nur dass ich inzwischen dazugehöre.

Nach einer halben Stunde beschloss ich, dem Herrn H. einfach mal eine SMS mit „Frühschoppen in der Asche?“ zu schicken. Der entschied sich dann tatsächlich nach dem Duschen anzurufen. „Wieso bist Du in der Asche? Der Laden neben der Krankenkasse? Das ist ne HSV Kneipe. Hermann – wer? Gibts da was zu essen? Ich komm gleich.“ So muss das sein. Blöderweise bin ich wirklich davon ausgegangen, dass man in so einem Laden auch heute noch ne Wurst oder eine Frikadelle auf die Hand bekommt, aber in Raucherkneipen geht nichts außer Lakritzbonbons. Sorry.

Zwischenzeitlich konnte ich in der Pause mit Hermann ne Runde schnacken, ewig nicht gesehen und trotzdem wiedererkannt. Oder verdammt gut geschauspielert :D
Ich hab mich jedenfalls derbe gefreut, ganz besonders über ein paar alte Hillbillieklassiker. Auch die teilweise abstrusen Wünsche des Kneipenpublikums konnten ihn nicht verunsichern, aber wer auf Countryfestivals in Neuseeland aufgefordert wird doch mal was von Freddy Quinn zu spielen, der ist hart im Nehmen.
Herr H. (obwohl kein ausgesprochener Countryfan) fand das alles wider Erwarten höchst amüsant, was auch an den drei großen Bieren auf nüchternen Magen gelegen haben kann. Nach gut drei Stunden sollte Schluss sein, die leicht angeschickerte Übermacht der weiblichen Fans konnte das noch um eine Viertelstunde hinauszögern, aber dann war endgültig Feierabend.
Für Herrn H und mich stand anschließend Nahrungssuche auf dem Plan, an einem Sonntag um 15 Uhr ein schier aussichtsloses Unterfangen in Ahrensburg. Zeitlos geschlossen, Elenas Garten macht Mittagspause. Blieb nur noch das Milljöh, dessen monströses Bauernfrühstück mit Katenschinken mir immer noch im Magen liegt. Dabei war eigentlich Pflaumenpfannkuchen angesagt heute.

Sonntags 12 Uhr ist für Konzerte eine ähnlich blöde Zeit, wie Sonntags 13 Uhr für Fußball. Spaß machen kann es trotzdem.

Inspiriert durch die Cotton Fields am heutigen Mittag, läuft jetzt hier Creedence Clearwater Revival -  Willy And The Poorboys

Samstag, 6. August 2011

Das hab ich mir verdient
















Ein wenig kalkuliertes Risiko war schon dabei, als ich mir die Karte für das Heimspiel gegen Alemannia Aachen zulegte, schließlich befand ich mich am Anfang des Tages noch in den beschaulichen Niederlanden. Da man Ferienhäuser gemeinhin bis 10 Uhr räumen muss (in unserem Fall sogar erst 10:30 Uhr) stand der Abreisezeitpunkt wenigstens halbwegs fest. Die Autobahnen waren frei, sogar die Fahrt auf der üblen Strecke zwischen Bremen und Hamburg verlief so reibungslos, dass wir uns einen kurzen Zwischenstopp leisten konnten.
Nur vor Hamburg, da ging gar nichts mehr. Ich hatte die Wahl zwischen 8 Kilometer Stau vor dem Elbtunnel mit anschließender Stadtdurchquerung oder 14 bis 16 Kilometern Stau auf der A7 Richtung Lübeck. Da beides nicht so recht in meine Zeitplanung passen wollte, entschied ich mich für die dritte (und schlechteste) Lösung, Abfahrt in Harburg und über die Elbbrücken. Mindestens 20 Kilometer Stau durch die Stadt, Baustellen, Unfälle, alles dabei. Hat natürlich keiner vor gewarnt, sonst wären die Staumeldungen im Radio auch bald 20 Minuten lang gewesen, da war nur noch Platz für das Autbahnfundbüro. Campingausrüstung, Holzlatten, ein Fahrradkorb und Fußgänger auf der Autobahn. Wobei Fußgänger inzwischen so häufig gemeldet werden, dass ich den leisen Verdacht habe, die suchen auf den Straßen nach Teilen für ihren nächsten Flohmarkt. Fahrradkörbe und Campingausrüstungen sind bestimmt ein Renner.

Nach fast zwei Stunden Stau blieb mir nichts anderes übrig, als die Kinder schnell zu Hause abzusetzen und mich sofort auf den Rückweg Richtung Stadion zu machen. Ebenfalls höchst riskant, da der Hamburger Sommerdom gerade begonnen hat, mit Parkplätzen in Stadionnähe war nicht zu rechnen, mit der Bahn hätte ichs aber nicht mehr geschafft. Also noch einmal mein Glück strapazieren. Immerhin hatte das schon dafür gesorgt, dass ich die Karten am Abreisetag noch aus dem Briefkasten fischen konnte.
Dieses Glück war mir auch wieder hold, direkt vorm Michel machte jemand eine Parklücke frei, Karre abgestellt und nach 10 Minuten Gewaltmarsch völlig durchgeschwitzt am Stadion angekommen, Bier gezogen, die Jungs vom Fanclub kurz begrüßt und Anpfiff.

Und dann nochmal Glück gehabt. Meine Fresse, was fürn Spiel wieder. Da zappeln unsere Jungs doof in der Gegend rum, Boller bringt den Ball wieder wunderbar in die Mitte, wie schon gegen Frankfurt, und es steht nach nicht mal 10 Minuten schon 0:1. Hey, ich hab mir den Arsch aufgerissen um hier sein zu können, also kommt in die Gänge. Ich will einen Heimsieg, das hab ich mir langsam mal verdient.
Statt dessen seh ich unsere Abwehr schwimmen, immer wenn Aachen über die Außen kommt, von uns kommt nicht viel, nur nervöses Gebolze. Sogar Tschauner zeigt leichte Unsicherheiten. Scheinbar haben die seit Trier Ködel in der Hose, laufen rum wie die Angsthasen, keiner geht mal richtig auf den Mann.
Zehn Minuten später gibts dann doch Song 2 für Tor 1, von Max Kruse. Und alle so: Yeaah. Endlich mal wieder was zu feiern. Das Spiel wird davon nicht viel besser, im Gegenteil, Ebbers muss raus. Nicht weil Schubi sauer ist über eine vergebene Chance, obwohl ich das verstanden hätte. Nein, er ist verletzt. Fabelhaft, wo wir doch so viele Stürmer haben. Ich bin begeistert.
Kurz vor der Teepause schubst irgendein Aachener Bruns im Strafraum um, dabei hatte Flo bis dahin schon auf Grätschen verzichtet um sein Trikot zu schonen. Bruns ist sauer wegen seiner schmutzigen Hose und verwandelt den Strafstoß selber, 2:1. Halbzeit.
Ein Bier wäre dringend vonnöten gewesen, das parkende Auto sprach dagegen. Für Mineralwasser steh ich aber in der Halbzeitpause nicht an, also stehen bleiben und durchhalten.
Die zweite Hälfte war nicht viel erbauender, in der 1.Liga haben sie uns bei solchen Kicks den Arsch versohlt, aber Alemannia Aachen ist Gott sei Dank harmloser. Sieht zwar manchmal gefährlich aus, aber Tschauner hat seine Sicherheit rechtzeitig wiedergefunden, was ein Glück für seine Vorderleute ist, die suchen immer noch. Zwischendurch verletzt sich Kalla, aber wie mein Nebenmann ganz trocken feststellte, haben wir in der Abwehr keine wirklichen Besetzungsprobleme. Trotzdem find ich das gerade für Schnecke schade, der war auf einem guten Weg.
Aus Sicherheitsgründen hätte ich gerne vor der 80.Minute die Führung ausgebaut gesehen, man kennt das ja mit den verschenkten Punkten. Bis zur letzten Minute haben sie mich hingehalten, erst musste die Latte herhalten bevor Kruse seinen Schlappen ein zweites mal draufgehalten hat. 3:1 Endstand.

Da hats mich dann auch nicht mehr gehalten und ich hab ein zweites Bier getrunken, trotz Auto. Naja, ich hätte Wasser getrunken, aber das Bier war schon bestellt, bezahlt und fertig, da kann man nichts machen.
Das hatte ich mir auch verdient.


Schreibmusik: Burg Herzberg 2011 Special auf DBWG Radio mit xs4all

Freitag, 5. August 2011

Immer am Deich entlang















Der letzte Tag hier wartet wieder mit einem Wetter auf, dass man am liebsten noch eine Woche verlängern würde. Drei Tage hätte ich, trotz Heimspiel, sofort gebucht, wenn es möglich gewesen wäre. So stand für den letzten Tag ein voller Plan an. An die Nordsee fahren, einkaufen, im See schwimmen gehen und Tennis spielen. Neben den üblichen Spielplatzbesuchen. Tennis musste dran glauben, dafür haben wir uns länger an der Nordseeküste aufgehalten.
Haben unterwegs die Deiche bestiegen und sind durch friesische Dörfer gefahren, die man bei Google Maps nicht einmal findet, wenn man auf die höchste Stufe zoomt. Bis auf das alte Fischerdorf Wierum, dessen Name auch jedem Asterixcomic gut zu Gesicht gestanden hätte, das hat ein paar Einwohner mehr als die unmittelbare Umgebung.

Direkt am Deich steht die große Kirche von Wierum, früher Zentrum des Ortes, bis die Nordsee sich bei einer Sturmflut das halbe Dorf einverleibt hat. Der Rest ist geblieben und hat die Deiche erhöht. Neues Spiel, neues Glück. Das kleine Restaurant, in dem wir eigentlich nur kurz etwas trinken wollten, offenbarte dann endlich die langersehnte Karte holländischer Fastfoodspezialitäten. Es gab ALLES was die Friteuse zum kochen bringt. Bamischeiben, Nasischeiben, Fritten, Frikandel, Bitterballen, Saté klein oder groß und natürlich diverse Pannekoeken. Also alles, was man sich eigentlich verkneifen sollte, will man gesund leben.

Aber wer will das schon im Urlaub, damit fang ich wieder an, wenn ich zu Hause bin.