Sonntag, 16. Januar 2011

Tischgrill mit Aufpreis
















Vor etwa fünfundzwanzig Jahren gab es in der Schanze mal einen Koreaner, der sich in unserer Firma ausgesprochener Beliebtheit erfreute, man konnte an manchen Abenden die halbe Belegschaft dort antreffen. Die überwiegend chinesischen Speisen waren schon um Klassen besser als das übliche Geschnetzel der unzähligen Hamburger Chinesen, aber als mich ich dort das erste mal an das am Tisch gegrillte Bulgogi wagte war es um mich geschehen, ich hatte ein neues Leibgericht. Mein überschwängliches Lob dieses außerordentlichen und wundervollen Mahles war dann auch so ehrlich und überzeugend dargeboten, dass der Chef de Cuisine sich höchstpersönlich aus der Küche wagte um sich dafür zu bedanken, was zu einem längeren Austausch gegenseitiger Komplimente und einigen Runden Soju führte.
Dieses Erlebnis hatte zwar fortan den Vorteil der schnellen Entscheidung, denn die Karte brauchte ich nicht mehr, verhinderte aber leider eine weitergehende Beschäftigung mit der koreanischen Küche. Daher kenne ich bis heute auch nichts koreanisches außer Bulgogi und Kimchi, dem eingelegten Chinakohl, der zu beinahe jedem koreanischen Essen gereicht wird.

Das liebenswürdige ältere koreanische Ehepaar, bei dem er für die Küche und sie für den Service zuständig war, hat leider den Laden irgendwann aufgegeben, urplötzlich waren sie weg. Noch etliche Wochen gab es kaum ein anderes Thema in der Firma. Da es an der Qualität und der gewaltigen Anzahl an Stammgästen nicht gelegen haben kann, waren wahlweise die chinesischen Triaden, die Hells Angels oder die hohen Benzinpreise Schuld an dem Verschwinden unseres Lieblingsrestaurants, denn die beiden wohnten angeblich in Bad Segeberg, immerhin gut 50 Kilometer entfernt von der Schanze.

Ein herber Verlust, den ich seither durch (mehr oder weniger gelungene) heimische Versuche am eigens angeschafften Grill und Tests aller erreichbaren koreanischen Restaurants versucht habe zu kompensieren. Für ein knappes Jahr rettete mich ein Koreaner in Großhansdorf, der ein tatsächlich fast ebenso gutes Bulgogi auf der Karte hatte. Leider verschwand der so plötzlich wie sein Vorgänger in der Schanze, den letzten Abend dort musste ich mit einer jugoslawischen Grillplatte vorlieb nehmen.

Momentaner Favorit ist das SoNaMu in der Grindelallee, eigentlich eher besserer Imbiss denn Restaurant, aber Bulgogi und Kimchi schmecken dort ganz anständig. Leider ist für meine Herzallerliebste zu wenig Fisch auf der Karte, daher komme ich selten in den Genuss dort zu essen.

Heute stand endlich mal ein neuer Test an, in der Eiffestraße, einer hochfrequentierten Ausfallstraße in einer Gegend, in die selbst Tiere nicht freiwillig gehen würden, hätten sie die Entscheidung.  Malerisch gelegen zwischen Burger King und McDonalds, und nur einen kleinen Fußmarsch vom Straßenstrich und dem Tierheim Süderstraße entfernt, findet man dort das "Korea Koreanische Spezialitäten Restaurant", das wohl durch die alberne Doppelnennung darauf hinweisen will, dass es hier garantiert auch nichts anderes gibt.

Innen ist es auf jeden Fall sehr viel gemütlicher und edler, als es Name und Gegend vermuten lassen. Typisch asiatisch natürlich, aber viel dunkles Holz und angenehmes Licht. Die freundliche Bedienung hatte augenscheinlich die Integrationssprachkursangebote unserer Regierung noch nicht wahrgenommen, mit dem Grill konnte sie aber kompetent umgehen, in diesem Fall auch eindeutig wichtiger.
Denn natürlich hätte ich die Karte nicht benötigt, schließlich leide ich schon seit einigen Monaten an Bulgogimangel, aber als neuer Gast ist man ja höflich und guckt wenigstens mal rein.
Auf der Karte tatsächlich ausschließlich koreanische Gerichte, der Name ist Programm.
Bulgogi in zwei Preiskategorien, das ist mal was neues, denn am Tisch gegrillt wird nur noch ab zwei Personen und mit Aufpreis. Nur gut, das wir genau zu diesem Zwecke dort aufgelaufen sind, so war die Entscheidung keine Frage.
Lecker war es auch, hat sich durchaus gelohnt, zur Not könnte man den größten Schmachter dort schon mal stillen, nur das Kimchi taugt nichts.
Der nette ältere Herr aus der Schanze aber, der wird für immer in meinen Gedanken sein, als erster und einziger, der mein Leibgericht auf die einzig wahre Art und Weise zubereiten konnte. Der Gott des koreanischen Feuerfleisches.

Schreibmusik:  xs4all im n8exzess auf DBWG Radio

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen