Freitag, 30. Dezember 2011

Restlaufzeit für Leibgerichte














Geht es eigentlich nur mir so, dass laufend irgendwelche grandiosen Spezialitäten vom Markt verschwinden, auf die man unmöglich verzichten kann? Könnte man, als Gegenentwurf zum Ausländerbleiberecht, nicht auch eine Ausländerbleibepflicht einführen, für besonders verdiente Mitbürger?
Als ich mir neulich mal wieder etwas Futter von meinem Stammchinesen einpacken ließ, lag im Päckchen noch eine unangenehme Überraschung bereit, die Familie Kwong verabschiedet sich, nach 36 Jahren gehen sie in den verdienten Ruhestand.
Im Jahr 1976 erfüllten wir unseren Lebenstraum und eröffneten das China-Restaurant Kwong in Rahlstedt. Unser Wunsch und Ziel: die traditionelle chinesische Küche und Kultur in die Hansestadt zu bringen. In den 36 Jahren sind viele Gäste zu Freunden geworden. Wir haben miterlebt, wie Familien gewachsen und neue Generationen entstanden sind, uns aber die Treue gehalten haben, dafür möchten wir uns ganz besonders bedanken. Auf Wunsch können Sie ein persönliches Andenken als Dankeschön aus unserem Restaurant mitnehmen.
Tja, seit 36 Jahren bin ich dort jetzt Stammgast, was nehm ich mit? Den dicken Buddha vor der Tür kriege ich nicht transportiert, abgesehen davon würde der zu meiner Einrichtung nicht recht passen, ebenso wenig wie chinesische Vasen und Stehlampen. So ein Andenken will wohlüberlegt sein.
Als uns Frau Kwong persönlich an der Tür verabschiedete, fragte ich gleich nach der verbleibenden Frist für derartige Überlegungen. Dreißig Tage bleiben mir, am 29.Januar ist Schluss, es geht zurück nach Hause. Herr Kwong findet, 36 Jahre in der Küche sind genug.

Das kann ich zwar irgendwie nachvollziehen, aber, wer zum Geier macht mir dann noch Khan-Shau Garnelen? Oder Frühlingsrollen, die Vegetarier zum weinen bringen würden? Was ist mit der Ente in Zitronensauce? Und was mit den bestimmt 100 Gerichten auf der Karte, die ich noch nicht probieren konnte, weil ich so oft Khan-Shau Garnelen gegessen habe?
Hätte man das nicht frühzeitig bekannt geben können, so ungefähr ein Jahr vorher? Oder zwei? Jetzt fallen mir auf Anhieb mindestens zehn Gerichte ein, die ich dort schon immer mal essen wollte. Das ist in dem einen Monat nicht zu schaffen, ganz egal wie häufig ich da noch auflaufe. Ich muss die Restlaufzeit nutzen, um mich mit Khan-Shau Garnelen vollzustopfen.
Das muss immerhin bis an mein Lebensende reichen, es sei denn das Rezeptbuch vom Herrn Kwong steht auch unter den mitzunehmenden Andenken. Fragen werde ich auf jeden Fall danach.

Im Player: WellBad - Beautiful Disaster

Dienstag, 27. Dezember 2011

Volle Packung nächstes Jahr



Weihnachten wäre geschafft, man kann ja langsam froh sein, dass es nur ein relativ kurzes Wochenende war, ich fürchte für längere Weihnachtsfeiern ist unsere Kondition nicht mehr geeignet. Andererseits bieten arbeitnehmerfreundlicher gelegene Feiertage mehr Zeit für Erholungspausen, man müsste nur die Konzerttermine entsprechend anpassen.
Jamaica Papa Curvin haben wir uns geschenkt, die hochprozentigen Mitbringsel aus dem Regenwald und die Mischversorgung auf dem Weihnachtsmarkt wirkten zu lange nach, der heilige Abend reichte gerade noch für Kinderbescherung, Portugiesenviertel und Hafenrundgang. Ein mitternächtliches Reggaekonzert hätte sicherlich unheilige Auswirkungen auf den nächsten Tag gehabt, die volle Packung Blues war da aber fest eingeplant, man muss halt Prioritäten setzen. Papa vielleicht nächstes Jahr mal wieder, man soll sich immer was fürs nächste Jahr aufheben.

Der Zeitplanung wesentlich zuträglicher war das frühe Zubettgehen allerdings auch nicht. Opulentes Frühstück mit meinem neuen Toaster, ein Spaziergang um die Alster inklusive Getränk am Wasser, danach schnell die Erdnussschnitzel  in den Ofen, futtern und weg...
War ohnehin schon ein wenig eng, aber da die Hühnerteile auch nach 45 Minuten noch nicht richtig durch waren, konnten wir uns wenigstens das Futtern sparen und auf irgendwann nach Mitternacht verschieben. Hätten wir geahnt, dass der resolute Mr.T einen Tisch direkt am Tresen des Mayday besetzen konnte, wir wären deutlich entspannter vorgegangen.
Ein Weihnachtskonzert von Blues Package könnte man sich auch ganz entspannt in der letzten Reihe anhören, selbst die gelegentlichen Anfälle des Pappenheimers bei Songs von Dylan oder Neil Young waren diesmal erträglich, doch der erhöhte Frauenanteil in dieser Ecke machte sich zeitweilig sehr negativ bemerkbar.  Gnadenloses Geschnatter, das mühelos jede E-Gitarre übertönen kann. Sabbeln kann man in Cafés besser, warum gehen die in Konzerte?
Im Normalfall werden Blues Package Konzerte erst in der zweiten Hälfte richtig interessant, daher hab ichs eine Weile ertragen, aber als die mit One Way Out von den Allman Brothers anfingen wars mir dann zu blöd, beim interessanten Teil sollte man sich eh vorne aufhalten. Der wurde sogleich veredelt durch Claus "Dixi" Dierks, der eigentlich rein privat da war, aber rein zufällig auch rein privat immer seine Mundharmonikasammlung mitschleppt, was in einer etwas längeren Bluessession gipfelte. Fast ohne Geschnatter, was für ein Stück Glück. Vielleicht hätten wir am 23. doch den Downtown Bluesclub besuchen sollen, statt Santa Pauli. Nächstes Jahr, man soll sich immer was fürs nächste Jahr aufheben.

Der Montag war eigentlich reserviert für einen Ausflug nach Schleswig, ein Tomatensüppchen in der Schleswiger Brauerei schlürfen, ein paar Liter Schleswiger Pils mitnehmen, meine zerdepperten Gläser ersetzen, mehr Meer gucken, in Eckernförde oder so. Der Pappenheimer war so schlau, sich kurz vorher auf der Webseite über die Öffnungszeiten zu informieren, wodurch die Planung spontan geändert werden musste. Weihnachten geschlossen. Arbeitnehmerfeindlicher Laden, keine Tomatensuppe, keine neuen Gläser, verdammt.
Timmendorfer Strand war näher, für die andere Tour hätte man sowieso früher aufstehen müssen, die Tage im Winter sind einfach zu kurz für Tagesausflüge. Jedenfalls, wenn man erst um 4 ins Bett geht. Timmendorf ging aber noch und war fast so voll wie im Sommer, unglaublich. Alles erleuchtet, die Massen flanierten und einen Weihnachtsmarkt gab es auch noch, mit Glühwein und Spanferkel.
Nur auf die Tomatensuppe musste ich bisher verzichten, die gab es nicht mal abends im Santorini. Vielleicht nächstes Jahr, man soll sich immer was fürs nächste Jahr aufheben.

Schreibmusik: Steve Winwood - Arc Of A Diver / Refugees Of The Heart
Fotos 3,4,7,8 und 9 freundlicherweise bereitgestellt von xs4all









Samstag, 24. Dezember 2011

Frohes Fest















Allen Lesern, den stillen ebenso wie den kommentierenden, ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest, ich hab keins. Also, froh schon, nur besinnlich nicht, aber ich will es ja nicht anders. Die seit Jahren liebgewordene Tradition, die Festtage mit Regenwaldchaoten zu verbringen, möchte ich keinesfalls unterbrechen. Apropos brechen, so schlecht war der Glühwein/die Feuerzangenbowle/das Bier gestern auf dem Santa Pauli Weihnachtsmarkt nicht, dafür floss es reichlich und abwechslungsreich. Ich bin immer noch etwas angeschlagen, zumal der Tag heute nicht gerade eine Erholung war, die familiären Pflichten darf man ja auch nicht vernachlässigen.
Jetzt muss der Garnelen-Seeteufel-Spieß vom Portugiesen erst einmal sacken, danach wird sich dann entscheiden ob wir noch Jamaica Papa Curvin in der Fabrik besuchen, oder unserem Zustand Tribut zollen und eine Pause einlegen, schließlich müssen wir morgen Abend schon wieder nach Altona.
Die Worte des jungen Hüpfers Willnix am gestrigen Abend hab ich dabei noch im Ohr. "Was? Ihr wollt jetzt wirklich noch los? In Eurem Alter?"
Einen ähnlich herausfordernden Satz habe ich heute von ihm noch nicht vernommen, eine Pause würde unserem Ruf daher wohl nicht schaden.

Die Fotos wurden freundlicherweise bereitgestellt von meinem alten Pappenheimer xs4all, ich pass derweil lieber auf die Regenwaldchaoten auf, statt selber zu fotografieren.

Die Musik ist momentan sehr schön, fast weihnachtlich, nur nicht dazu geeignet, den Hintern mehr als nötig in Bewegung zu setzen: Harry Manx - Bread & Buddha.
Aber wenn ich jetzt Reggae auflege, dann gehen wir nachher wirklich noch Papa besuchen.

Mittwoch, 21. Dezember 2011

Apfel-Ingwer-Alfons














Neulich hab ich doch glatt mal wieder die Glotze angemacht, um mich vor der Nachtruhe ein wenig mit Dünnsinn berieseln zu lassen. Im ZDF lief gerade Lanz kocht, was ein sehr irreführender Titel ist, denn Lanz ist der einzige, der in seiner Sendung nicht kocht, das übernehmen ja immer die geladenen Spitzenköche. 
Es ist zwar eher unwahrscheinlich, dass ich mich jemals an einem dieser Gerichte vergreifen werde, aber bei solchen Sendungen kann man auch Kleinigkeiten lernen, so wie das unkomplizierte Öffnen von Spaghettipackungen durch Cornelia Poletto. Die war diesmal leider nicht zugegen, dafür hat der Herr Kotaska leckere Seeteufelfilets in Rotwein pochiert und auf Rosenkohlblättern serviert.  Den Anblick allein fand ich schon sehr reizvoll, das Rezept sollte ich beim nächsten Portugalurlaub dem Chefkoch zukommen lassen, das erspart die eigene schweißtreibende Küchenarbeit und sorgt mit Sicherheit für ein gelungenes Mahl. Die Ente mit gezupftem Rotkohl vom Herrn Kleeberg war auch nicht uninteressant, meinen Freund L. hätte das definitiv begeistert, der bekommt ja schon bei Dosenrotkohl feuchte Augen.
Was mich aber wieder am meisten verblüffte war die scheinbar grenzenlose Verehrung, die Meister Alfons Schuhbeck von seinen Kollegen entgegengebracht wird. Ein Lob von Alfons für die eigene Kreation scheint ähnlich viel zu bedeuten wie ein Stern des Guide Michelin, oder eine lobende Erwähnung im Gault Millau.
Ob diese Bewunderung ihren Ursprung in Schuhbecks Küchenkunst hat, oder in der Tatsache, dass der Mann jeden Scheiß unter seinem Namen verkaufen kann, ohne seinen Ruf zu schädigen, würde mich wirklich interessieren. 
Sein gebratenes Zanderfilet auf Apfel-Ingwer-Wirsing hätte ich, trotz meiner Abneigung gegen Wirsing, schon gerne probiert. Schon um herauszufinden, ob es Ähnlichkeiten zu einer weiteren Schuhbeck-Kreation gibt, dem Apfel-Ingwer-Chickenburger den McDonalds gerade im Angebot hat. 

Der ist, gemessen am gemeinen McDurchschnittburger, trotz oder wegen Alfons, wirklich nicht übel. Sterne gibt es dafür wohl eher nicht, aber in Zeiten, in denen selbst durchschnittliche Currywurstbuden im Michelin lobend erwähnt werden, kann man sich nie sicher sein.

Einen Stern für gute Musik bekommt die Oysterband - Holy Bandits/Here I Stand

Dienstag, 20. Dezember 2011

Es geht auch mit Würstchen














Vorspiel
Keine vier Stunden hab ich geschlafen als der Wecker klingelt, um 4:15. Scheiß Frühschicht, Scheiß Sport 1. Wenigstens hat am Wochenende niemand für Stromausfall gesorgt, alle Rechner laufen, es gibt keine Probleme und ich kann nebenbei ein paar Kaffeespezialitäten aus dem neuen Vollautomaten ziehen, Cappuccino, Ristretto, Cappuccino mit nem Ristretto obendrauf, nach ein paar Pötten bin ich wach. Klappt wunderbar heute.
Als die Frühstückpause naht fällt mir ein, dass es in der Kantine heiße Würstchen gibt. Womöglich sind das ja Frankfurter, damit könnte man versuchen, nach dem gegen Dresden so erfolgreichen Christstollenorakel, ein Werrschtscheroragel (hessisch für Würstchenorakel, schreibt Herr Ärmel, und der muss es wissen) zu beschwören.
Leider steht auf der Preistafel was von Wiener Würstchen. Wir spielen zwar nicht gegen Rapid, aber da mir der Unterschied zwischen Wienern und Frankfurtern eh nie klar war, nehm ich trotzdem zwei mit. Kann nicht schaden, außerdem hab ich langsam Hunger. Kurz vor Feierabend noch Mails abrufen, ich soll jetzt doch meine Spiegelreflex mitbringen, Montagsspiele im Winter sind dunkel und überfordern Kompaktkameras.

Um 15 Uhr kann ich abhauen und mich zwei Stunden aufs Ohr legen, dann ruft der Dartmeister an, ich hab heute nen Chauffeur zum Stadion. Eine Stunde vor Spielbeginn vor der Gegengerade war als Treffpunkt ausgemacht, Gruppenfotos knipsen für die Fanräume Förderwand.  Da ich die Kamera nicht mit ins Stadion nehmen darf, natürlich VOR der Gegengerade, was ungefähr dreiviertel aller Betroffenen auch mitbekommen, der Rest ist schon im Stadion  und wartet dort vergeblich auf den Fotografen.
Die Fotosession wird ungefähr so planlos wie der Plan mit der Kachelwand, weil niemand so recht weiß, wie das nachher überhaupt aussehen soll. Also Gruppenfoto in (fast) voller Besetzung und dann noch einmal in Kleingruppen, damit auch jeder drauf ist, worüber man sich als Fotograf direkt mal freuen kann.
Vor der vogelwilden Knipserei kann ich wenigstens noch ein Bier zu mir nehmen, danach schnell die Kamera in den Kofferraum und rein ins Stadion. Welcome to the hell of St.Pauli, hoffentlich. Drinnen treffen wir den Rest der Truppe und beschließen, die Fotosession nach dem Spiel fortzusetzen.
Damit nachher auch wirklich jeder drauf ist. Die Frage ist nur, wie man nach dem Spiel so drauf sein wird, da herrscht allgemeine Skepsis.

Dann endlich ankommen und einsingen. Der Vorfilm des heutigen Dramas wird gesponsert von der Südkurve, Montag weghaschen. Dem steht nichts im Wege, schließlich sind wir hier nicht in Bayern, wo friedliche Pyrotechnik einfach beschlagnahmt wird. Für jede Halbzeit ein Glücksbringer, das muss. Wer weiß, ob die Wiener Würstchen helfen. Die Nordkurve glänzt ebenfalls mit friedlicher Pyrotechnik, vollständig illuminiert durch Wunderkerzen, leider hab ich nur noch die Ixus dabei, und damit werden die Fotos nichts, ich hoffe auf andere Fotografen.
Der Frankfurter Anhang zündelt und qualmt auch, was demnächst wohl für weniger Auswärtsfahrer sorgen wird, für noch mehr Sicherheitsspiele und für noch weniger genießbares Bier.

Spiel (1)
Das sieht nicht so gut aus, wieder einmal. Immerhin zeigen sie Einsatz, wenn ich das mit Ingolstadt vergleiche, sehr viel mehr Einsatz. Trotzdem ist Frankfurt überlegen, spielerisch eindeutig besser und immer gefährlich. Wir haben dafür Tschauner, der mehrfach saustark reagiert und heute eindeutig beweist, dass er, allen dusseligen Umfragen zum Trotz, besser ist als Jogginghosen-Gábor.
Für uns springt trotzdem nicht viel raus, nach ner halben Stunde gibts immerhin mal Eckball für uns, danach viel Gewusel im Strafraum und Toooooooooooooooooooor. 1:0 nach so einer durchwachsenen Leistung, da hat keiner mehr mit gerechnet, aber das Ding ist drin, der Capitano trifft zur Führung, woohoo.
Morena, wann hat der das letzte mal getroffen? Egal, das beruhigt.
Der eingewechselte Gekas beruhigt weniger, seine Fallsucht macht ihn gleich zum Publikumsliebling, kurz vorher war es noch der Schiedsrichter. Frankfurt hat weiter mehr vom Spiel, aber wir stehen etwas besser und kommen auch zu Chancen. Aus unseren wird nichts wegen Hektik und Unvermögen, aus den Frankfurter Chancen wird nichts wegen Tschauner. Bester Mann auf dem Platz.
Endlich Halbzeit, ich brauch ein Bier.

Zwischenspiel
Ich bin unschlüssig, vielleicht nehm ich doch lieber Wasser. Dann entscheide ich mich für die falsche Lösung und nehm alkoholfreies Holsten. Was für ein Schweinkram. Wenn es schon sein muss, dann entscheidet euch endlich für Jever Fun, das kann man wenigstens trinken wenn es eiskalt ist, und kalt genug ist es heute. Die Holstenplörre ist untrinkbar, irgendwie würge ich das Zeug trotzdem runter, die Stimmbänder brauchen Kühlung. Kurzer Halbzeitklönschnack und zurück auf den Sitzplatz, dieses mal etwas weniger stumme Nachbarn da oben, aber da geht noch mehr hoffe ich, wenn bei den Jungs auch was geht.

Spiel (2)
Das Spiel läuft keine 10 Minuten, dann liegt ein Frankfurter im eigenen Strafraum, allgemeine Verwirrung, dann stellt sich heraus, er wurde von einer Papierrolle am Kopf getroffen und hat spontan beschlossen, ein wenig vor sich hin zu sterben. Das beeindruckt den Schiedsrichter, der daraufhin im Falle weiterer Wurfgeschosse mit Spielabbruch droht.  Die Südkurve wird vom Stadionsprecher ermahnt, woraufhin die halbe Gegengerade dermaßen sauer auf "die Idioten in der Südkurve" ist, dass der Wechselgesang verweigert wird. Dabei war es nicht "die Südkurve", es war nur ein Idiot in der Südkurve, aber das spielt dann keine Rolle. Während alles mit sich selbst beschäftigt ist, fängt Eintracht Frankfurt auf dem Rasen an, unsere Mannschaft zu zerlegen. Es geht nichts mehr, weder auf dem Rasen, noch auf den Rängen. Fuuuurchtbar. Was für ein Glück, dass wir schon einen auf der Habenseite verbuchen können, es ist eine Frage der Zeit, wann der Ausgleich fällt.
Tschauner rettet das 1:0, mal großartig, mal sehr glücklich, aber lange geht das nicht mehr gut. Und kaum hab ich das gedacht, gibts einen Konter wie aus dem Lehrbuch, 4 gegen 2, Bartels marschiert durch, passt auf Max Kruse und es steht 2:0. Woohoo. Den hab ich nicht kommen sehn, so wie wir uns vorher angestellt haben, aber das Ding war ganz große Klasse. Es geht also doch noch.
Danach ist der Ärger schlagartig verflogen und es wird wieder gesungen, der Support setzt wieder ein, noch 20 Minuten überstehen. Die überstehen wir tatsächlich sogar recht gut, sind durch Konter immer gefährlich und können mit etwas Glück erhöhen.
Es ist mir aber irgendwann klar, mehr Tore fallen nicht, schließlich hab ich nur zwei Würstchen gegessen. Geht scheinbar auch mit Wienern. Frankfurt steckt zwar nicht auf, erzielt aber nur noch einen Wirkungstreffer, als sich Tschauner kurz vor Spielschluss verletzt. Wenn ich mir etwas zu Weihnachten wünschen kann, dann ist das keine ernsthaftere Verletzung. Thank God its Winterpause.

Dieser Orakelkram ist natürlich völliger Quatsch. Aber trotzdem werde ich mich mal erkundigen, was es für Bochumer Spezialitäten gibt, und ob die hier erhältlich sind.

Nachspiel
Zum Auto, Kamera wieder rausgeholt, Fotosession zweiter Teil. Wenn ich mir die Fotos so ansehe, dann sind die Gesichter nach dem Spiel wesentlich tauglicher für die Förderwand. Deutlich entspanntere Gesichtszüge, vor dem Spiel musste man das Lachen noch einfordern, danach kam es von alleine. Glücklicherweise hab ich die Klappe gehalten als es um die Nachbearbeitung ging, den ganzen Kram für die Kachelwand zusammenpuzzeln darf dann jemand anders. Ich bin schon gespannt, was dabei am Ende rauskommt.

Heute wär jedenfalls ein idealer Zeitpunkt und das ideale Licht gewesen, um mit der Kamera hinterher ein wenig die alte Gegengerade einzufangen. Den hab ich nur verpasst, weil der Dartmeister zum Aufbruch drängte, ein Chauffeur hat halt nicht nur Vorteile.
Dafür lief in seinem alten Benz inspirierende Musik, die nach einem Nachschlag verlangte:
Rory Gallagher - Stage Struck / The Beat Club Sessions / Defender



Sonntag, 18. Dezember 2011

Weihnachtsbasteln














Coverdesigner wäre mein Wunschberuf gewesen, mit 13 oder 14. Mein bester Freund, und direkter Banknachbar in der Schule, war davon ebenso begeistert wie ich, was zur Folge hatte, dass in vielen Schulstunden kleine Schallplattencover gebastelt wurden, statt dem Unterricht zu folgen. Viele Bands sind damals entstanden, deren LPs alle echte Kracher gewesen wären, hätte es die Musiker wirklich gegeben. Nicht zuletzt dank unsres exzellenten Designs natürlich. Inklusive Namensgebung der Bands, Musiker, Titel, wir hatten eine ganze Sammlung fantastischer Fantasiebands. Mindestens so gut wie Cream oder die Jimi Hendrix Experience, deren richtige LPs wir uns nicht leisten konnten.

Leider war die Coverbastelei meinen schulischen Leistungen weitaus abträglicher als seinen, ich flog irgendwann von der Schule, er hat später studiert. Und dann einen Plattenladen aufgemacht und Rezensionen in der Presse geschrieben, Musik hat uns beide nie mehr losgelassen, auf die eine oder andere Art und Weise.

In den letzten Jahren hab ich wieder angefangen Cover zu basteln. Nicht mehr für Fantasiebands, heute werden die mit Tonträgern gefüllt, auch wenn die angeblich aus der Mode kommen. Für mp3 jedoch bräuchte man kein Cover, weshalb ich diese Entwicklung sehr bedauerlich finde.
Das große Grafiktalent war ich zwar nie, dafür hatte ich immer Ideen ohne Ende, die dann meistens schwierig umzusetzen waren. Heute ist das relativ einfach, im Internet gibt es Bildmaterial genug. Und so bin ich irgendwann auf unglaublich großartige Grafiken gestoßen, auf diversen Pearl Jam Fanseiten, die ich unbedingt für das ultimativ beste "Best Of Pearl Jam" Doppelalbum aller Zeiten verwenden musste. Screaming - das ging dann an eine Mailbekanntschaft in Wien, als Revanche für eine CD von Zucchero.
Das nächste Projekt war das ultimativ beste "Best of Bruce Cockburn" Doppelalbum aller Zeiten, Dust and Diesel ging an meine kleine Schwester, um mal zu zeigen was jenseits von Bruce Springsteen noch passiert. Kam glaub ich ganz gut an damals.

Eigentlich hatte ich überhaupt nicht vor, den Weihnachtstress durch Bastelkram auch noch zu erhöhen, aber ich konnte nicht anders, als ich dies unglaublich fantastischen Wölfe im Netz gefunden habe, die geradezu nach dem ultimativ besten "Best of Los Lobos" Doppelalbum verlangten. Da meine bastelfreudige Nachbarin mir mit Klebstoff aushelfen konnte, ist daraus ein sehr schickes Digipack geworden, 2 CDs mit 37 in langen Nächten ausgesuchten Stücken einer meiner Lieblingsbands. Oder wie es in einer AMG Review heißt:
The simple fact, not stated nearly often enough, is that Los Lobos are one of America's truly great rock & roll bands, and they've been making consistently strong albums since 1984's How Will the Wolf Survive.
Und die hab ich alle, da fiel die Auswahl schwer. Mal sehen, wer das bekommt.

Im Ohr der Nachtxzess auf DBWG Radio, sehr chillig grad, und ich muss jetzt ins Bett wegen Scheiß Sport 1.

Samstag, 17. Dezember 2011

Abramowitsch für Anfänger



Eine Yacht, wie sie sich der Herr Abramowitsch ab und zu mal kauft, könnte ich mir ebenso wenig leisten wie den FC Chelsea. Würde mich auch ehrlich gesagt nicht reizen, der FC Chelsea. Blau steht mir nicht.
Dafür lagert irgendwo im Keller ein Schlauchboot und seit heute hängt an der Wand eine Inhaberschuldverschreibung des FC St.Pauli. Kein ganzer Verein, aber immerhin, ich finanziere den richtigen, zusammen mit etlichen tausend anderen Zeichnern. Kleine Leute, kleine Brötchen.
Vor ein paar Wochen war ich schon auf der Auftaktveranstaltung, Anteile zeichnen, heute durfte man im Ballsaal seine Schmuckurkunden in Empfang nehmen, sich mit Spielern fotografieren lassen (was ich heute mal gelassen habe) oder nach Autogrammen jagen, was ebenfalls nicht mein Revier ist. Eine Ausnahme hätte ich wohl bei Fabian Boll gemacht, allein schon um seine Reaktion auf mein neues ACABAB Shirt zu sehen, doch der war leider nicht anwesend.
Kaum hatte ich meine Urkunde in Empfang genommen, und dem Ding am Tresen von einer der netten Damen einen Rahmen verpassen lassen, wurden alle Anwesenden wieder aufgefordert zu gehen.
Aufgrund einer technischen Störung sollten alle möglichst zügig, aber ohne Panik, das Gebäude verlassen. Die Ansage dürfte immer gleich lauten, egal ob Bombenalarm oder verstopfte Toilette, die meisten gingen wohl von einer verstopften Toilette aus, denn so richtig gehen wollte niemand.
So stand ich mit 20 anderen Menschen recht unschlüssig eine Weile vor der Haupttribüne herum, während die doppelte Anzahl neuer Besucher, trotz immer noch laufender Bandansage, das Gebäude betraten. Da sie von den drei Ordnern in keinster Weise daran gehindert wurden, bin ich ebenfalls wieder hochgegangen. 
Die technische Störung schien irgendwann behoben zu sein, vielleicht war es auch nur die Ansage, die sich nicht stoppen ließ, oder die Haupttribüne litt irgendwo unter dem gerade einsetzenden Hagelschauer, der Hauptgrund, weshalb ich wieder zurück wollte.
Der andere Grund war die Verpflegungsecke, mit Würstchen, Kuchen und Getränken, die mich an mein (nicht vorhandenes) Frühstück erinnerte - um 16:30! Da immer das gleiche Volk von diesen Ecken angezogen wird traf ich auch gleich ein paar bekannte Nasen, was sich durchaus positiv auf das Frühstück auswirkte, in Gesellschaft speist es sich einfach besser.
Dabei kann man sich nochmal in Ruhe seine Urkunde ansehen, feststellen, dass man das falsche Motiv bekommen hat, aber leider nicht den falschen Betrag, und nach dem leckeren Würstchen, und dem furchtbar süßen Lebkuchenkuchen, noch ein leckeres Würstchen hinterherschieben. Das ganze mit einem Getränk runterspülen, und schon waren die 6 Euro wieder drin, die ich dämlicherweise damals für das Porto überwiesen hatte, obwohl ich die Urkunde ja abholen wollte.

Jetzt könnte ich jedes Jahr ein kleines Stück abschneiden und 6% Zinsen kassieren. Oder nach 7 Jahren das ganze Teil zurückgeben, ich mach es aber wie Abramowitsch, der dürfte den größten Teil seiner in den FC Chelsea investierten Kohle auch nicht wiedersehen.
Wenn es auf Sankt Pauli genug Bekloppte gibt, wie Abramowitsch und mich, dann werden sehr viele Urkunden nicht zurückgegeben werden.  Wenn man davon im Endeffekt einen Teil der Zinsen bezahlen kann, dann wars ein gutes Geschäft für den Verein.
Dafür fehlen aber wohl ein paar Abramowitsche, so viel Mist macht Kleinvieh nicht.

Im Dunkel der Ecke Haupt- und Südtribüne überfielen mich dann am Ende noch ein paar angeheiterte Damen aus Aachen, denen ich den Weg zur Reeperbahn erklären sollte. Was ich selbstredend getan habe, worauf dann weitere Fragen folgten, die Mädels wollten auf dem Kiez auch noch günstig und gut essen gehen. In Kombination nicht ganz einfach, aber machbar, wenn auch kaum auf einem Samstag Abend.
Meine Erläuterungen fanden derart Anklang, dass eine des lustigen Trios anfing, mich zu drücken und zu herzen, dass mir Angst und Bange wurde. Nää, du biss aber ne jute Kerl, zupfte sie fortwährend an mir herum, hätte ich etwas mehr Zeit gehabt und nicht so viele Würstchen gegessen, da wäre mehr drin gewesen.
Womit ich selbstverständlich nur eine harmlose Einladung zum Essen meine.

Im Ohr eine grandiose Konzertkonserve, manchmal lohnen Bootlegs:
Ray Wylie Hubbard & Gurf Morlix - Live at The Everyday Inn, Rockingham, Vermont, 2006 


Donnerstag, 15. Dezember 2011

Kollegiale Kalorienfalle














Die liebe Kollegin G. sorgt für die Abteilung wie eine Mutter, ohne sie wären weder Kaffee noch Milch in ausreichender Menge vorhanden, niemand würde die Kühlschränke abtauen, den Geschirrspüler befüllen und entleeren oder den Kaffeeautomaten entkalken. Nebenbei stellt sie auch immer mal etwas zum naschen auf den Tisch, ganz besonders gerne und häufig in der Vorweihnachtszeit.
Zu meinem Glück sind das meistens Dinge, auf die ich leicht verzichten kann. Nougat, Lebkuchen, Pfeffernüssen, bunten Schokoriegeln und ähnlichem Zeugs kann ich mühelos widerstehen, selbst wenn man es vor meiner Nase drapiert. Liegen dort ab und zu mal Dominosteine, ist mein Appetit nach einem schon gestillt. Hat vielleicht sogar Vorteile, sonst hätte ich beim Einkauf wohl schon das eine oder andere Päckchen in den Wagen gelegt, und Süßigkeiten in meiner unmittelbaren Zugriffsnähe sind gefährlich.
Heute jedoch wird mein Willen stark auf die Probe gestellt, durch Marzipan. Normalerweise auch das wenig reizvoll, aaaaber: Niederegger Marzipan. Mit dunkler Schokolade. Ganz frisch und in mundgerechte Stückchen zerbrochen. Das hätte eigentlich schon komplett leergefuttert sein müssen, ist es aber leider nicht, die Kollegen haben völlig versagt.
Jetzt sitze ich, als letzter Mensch in der Firma, noch locker drei Stunden hier rum, nur durch eine Tür und wenige Meter getrennt von diesem unglaublich leckeren Schweinkram und muss zu meiner Schande gestehen, ich war schon zwei- bis dreimal drüben. Naja, eher dreimal.   
Und das war sicher nicht das letzte mal, es sei denn ich schließe die Tür ab und werfe den Schlüssel weg, was natürlich vollkommen blödsinnig wäre, der Pförtner hat Ersatz.
Hoffentlich ist die Weihnachtszeit bald vorbei, dann liegen da wieder Snickers, Mars und Bounty, damit komm ich klar.

Im Magen Marzipan, im Ohr Tom Waits - Nighthawks At The Diner

Dienstag, 13. Dezember 2011

Der Hochsicherheitstrakt















Vorspiel
Der Weg nach Ingolstadt führte ausgerechnet durch das Hallertauer Hopfenanbaugebiet, überall am Straßenrand sah man die Zeugen bayerischer Hochkultur: Hopfengärten. Natürlich, der Jahreszeit geschuldet, ohne Hopfen, trotzdem ein erhabener Anblick für Freunde des gepflegten Bieres, die ja gerade in Bayern sehr zahlreich vorhanden sein sollen. Ausgerechnet Ingolstadt scheint die üble Ausnahme von der Regel zu sein, das dort ausgeschenkte Herrnbräu fiel schon zwei Tage vorher im Geschmackstest durch, und das in der Vollbierversion. Im und vor dem Stadion war, wie man im Vorwege schon lesen konnte, nur die kastrierte Version mit 2% Alkohol zu bekommen. Sicherheitsspiel, weil die ungewaschenen Hooliganzecken aus Sankt Pauli kommen, das sind die, die immer mit Bierbechern werfen. Schlimmes Volk, Punks und so, deswegen dürfen auch Ingolstädter an diesen Tagen nur Plörre trinken. Und wenn es gegen 3 bis 4 andere Mannschaften geht, deren Fans angeblich ähnlich schlimm sind wie wir. Wenigstens hat man erkannt, dass Rostock und ein paar andere Vereine noch übler sind, das sind dann Hochsicherheitsspiele, und da gibt es dann gleich gar keinen Alkohol im Bier. Rechnet man alle Sicherheits- und Hochsicherheitsspiele zusammen, dann gibt es die ganze Saison über kaum ein halbwegs anständiges Getränk im Audi-Sportpark, was neben der sportlichen Leistung ein Grund für den mangelhaften Zuschauerzuspruch sein könnte.
Ein weiterer Grund ist möglicherweise die idyllische Lage, am Arsch der Welt, vor den Toren der Stadt, auf dem ehemaligen Gelände von Bayern Oil. Inmitten irgendwelcher Tanks, Türme und anderer Industriebauten steht die wenig charmante Betonschüssel, die man dank Audis finanzieller Hilfe in wenigen Wochen auf die Wiese stellen konnte. Fassungsvermögen etwas um und bei 15.000, und zumindest momentan damit völlig überdimensioniert.
Auf den Parkplätzen rund ums Stadion jede Menge Autos mit Totenkopfaufklebern, aus Fürth, München, Rosenheim, Straubing, Nürnberg, Augsburg, sogar aus Polen und der Schweiz, nur aus Hamburg erstaunlich wenige, da kamen die meisten wohl mit Bus und Bahn. Angesichts der etwas über 700 Kilometer auch durchaus zu empfehlen, wenn man keine alten Freunde hat, die für ein verlängertes Wochenende Unterschlupf gewähren.
So standen wir irgendwann mit hunderten anderer Sankt Paulianer vor dem Eingang der Gästekurve und warteten auf Einlass, was sich als sehr zähes Unterfangen erwies. Sicherheitsspiel halt. Klingeling.
KLINGELING ALTER! DAS IST NICHT DAS MILLERNTOR!
Das hätte mir mal jemand ins Ohr brüllen sollen, zusammen mit ein paar leichten Schlägen gegen den Hinterkopf hätte es vielleicht geholfen, leider hab ich diese Sicherheitsscheiße nicht ernst genommen, ein fataler Fehler. Eventuell hätte ich mehr drauf achten sollen, was da vorne für ein Zirkus veranstaltet wurde, statt in der Basch zu blättern. Da wurde jeder Quadratzentimeter abgetastet, Kapuzen umgedreht, Taschen vollständig entleert, einige durften scheinbar sogar ihre Schuhe nebst Strümpfen ausziehen, bei Temperaturen um den Nullpunkt, gefühlt. Was machen die bei Hochsicherheitsspielen? Ausziehen lassen und in Körperöffnungen gucken?
So war es dann auch kein Wunder, dass Johnny Controletti letztlich meine beiden grünen Pyroröhrchen entdecken musste, die ich grundsätzlich bei jedem Spiel dabei habe. Während das am Millerntor keinen Ordner interessiert, ruft der hier natürlich sofort Team Green herbei und ich durfte erstmal folgen und mir die lauschige Stadionwache von innen ansehen.
Wenigstens die bayerische Pozilei bewies ein wenig Humor bei der ganzen Geschichte, während einer am Computer feststellte, dass ich ein ganz harmloses unbeschriebenes Blatt bin im Freistaat, wedelte mir sein Kollege mit schwarz-roten Fransen vor dem Gesicht herum. Zur Strafe müssens ihren Schal obgebn und den hier tragn, grinste er mich an. Nee, das kommt überhaupt nicht in Frage, musste ich das Angebot natürlich ablehnen. Habt ihr nicht genug eigene Fans die so etwas tragen können? Na, leider ned, von euch san heit wohl mehr dabei.
Wos mochns beruflich? Ah, EDVler, do hattn wir schon oanen von heute. Ach ja, frag ich, was hatte der denn verbrochen? Selbiges Delikt, grinst er, hot des vielleicht wos mit dem Job zu tuan?
Da ich selbstredend zur Sache nichts aussagen wollte, war ich 10 Minuten vor Anpfiff wieder bei den Jungs, die netterweise auf mich warteten, mit einem „Bier“, das nach erster Verkostung auch das letzte bleiben sollte. Ungenießbar. So hieß es, das ganze Spiel über vollkommen nüchtern zu bleiben, ein ganz schlechtes Omen.


Spiel (1)
Auch ungenießbar. In den ersten 10 Minuten hätten wir schon locker einen Treffer kassieren können, mindestens. Hätten wir nicht den wahrscheinlich besten Torwart der Liga. Tschauner und Thorandt waren leider die einzigen Jungs, die an diesem Tag was hätten reißen können, der Rest spielte nahezu unterirdisch, einige zumindest weit jenseits der Normalform. Dabei mussten DIE das Bier nicht trinken. Die restliche erste Hälfte plätscherte das so hin und her, sah aber auch nicht mehr sehr gefährlich aus, was Ingolstadt fabrizierte. Kannnicht gegen Willnicht, absolut ungenießbar, das hätte man sich auch mit Vollbier nicht schöntrinken können und meine Pyroröhrchen waren weg..

Halbzeit und Support
Ungenießbar. Falscher Block. Ich hätte einen Zehner extra bezahlt, wäre ich irgendwo bei USP im Block H gelandet, denn Block G ging gar nicht. Hab ich schon gemerkt, als das Aux Armes nicht klappte, da wusste ich nur noch nicht woran es lag. An den St.Pauli „Fans“ aus Rosenheim, Fürth, Nürnberg, Augsburg und Wasweißichwoher, trotz angeblicher Promillegrenze abgefüllt bis zum Stehkragen, die zahlreich vorhandenen Textlücken mit unkenntlichem Gelalle auffüllend. Auf einigen der oberen Ränge war vereinzelnd verbale Diarrhoe angesagt, wie „Hu- Hu- Hurensöhne“ Sprechchöre, „Scheiß Ingolstadt“ Geplärre und irgend ein Arschloch meinte, den Schiedsrichter als „Grünen Homo“ bezeichnen zu müssen. Zum kotzen, ihr habt NICHTS verstanden, zieht bloß unsere Klamotten aus. Geht weg, egal wohin, aber geht. In Rostock mögen sie sowas, geht dahin meinetwegen, dann ist der Pöbel konzentriert. Hätte ich nicht kurz vorher schon die Stadionwache aufsuchen müssen, hätte ich irgendwann einem aufs Maul gehauen, Herrn L. ging es sehr ähnlich, daher suchten wir in der zweiten Hälfte mehr Abstand von dem Gesocks, was leider nicht so einfach war. Ich hab mich noch nie so fremdgeschämt.
Da war Schanzi das kleine Krokodil, oder was immer das für eine Figur sein soll, wesentlich unterhaltsamer. Passt zum Verein, völlig albern. Hoffentlich kommt nicht mal irgendeine Knackwurst bei Sankt Pauli auf die Idee, so etwas wie ein Maskottchen einzuführen. Womöglich noch einen depperten Piraten. Lustig auch die große Schecküberreichung von Elektro-Dingens oder was das war, 4900 Euro für die Jugendarbeit der Schanzer. (Ich hab immer noch keine Ahnung was Schanzer sind und es ist mir auch egal). In-etwa-O-Ton des Stadionsprechers: Damit wir vielleicht irgendwann Stars aus unserer eigenen Jugend haben, die uns dahin schießen, wo wir hingehören. Ja, hab ich gedacht, da sollten euch eigentlich unsere Jungs heute hinschießen. Hoffentlich wird das noch was.

Spiel (2)
Wurde natürlich nichts. Weiterhin ungenießbar. Durch die Einwechslungen von Fin Bartels und Mahir Saglik noch ein wenig Hoffnung geschöpft, immerhin hatten die zwei bis drei Szenen, leider alles verpufft wie grüne Pyroröhrchen. Naja, hab ich gedacht, waren trotzdem ein paar nette Tage in Bayern, nur Ingolstadt hättste dir schenken sollen. Macht man natürlich nicht, wenn man hauptsächlich deshalb gekommen ist, und ein 0:0 ist zwar immer völlig daneben, aber back dir einen drauf, ein Punkt ist ein Punkt, es kommen auch wieder bessere Spiele, in angenehmerer Umgebung und überhaupt, ist halt Fußball, so wahnsinnig optimistisch war ich eh nicht, Tabellenschlusslichtern haben wir schon immer gerne geholfen. Wenn man sich das nicht schönsaufen kann, muss man sich das schönreden.
Und in der letzten Minute kriegen die den Arsch hoch, die Ingolstädter. Weil der Stadionsprecher auf einmal brüllt „Auf geht’s Schanzer, alle stehen, keiner sitzt, jetzt pack mas“, stehen die bisher eher unauffälligen Zuschauer im Heimblock tatsächlich auf, was unsere Jungs scheinbar so verwirrt, dass sie die dämliche Blase nach einem Eckball nicht aus dem Strafraum kriegen. Das Ding eiert so lange vorm Tor rum, bis einer es schafft den endlich zu versenken. Heilige Scheiße, wär das Ding bloß ne halbe Stunde vorher gefallen, vielleicht hätten sie sich dann noch mal am Riemen gerissen, aber so?
Und dann der Abpfiff mit Gejodel: Bayern, ja das san mir, Bayern und das bayrische Bier. Sollte das Ironie sein nach der Brühe?
Manman, 1400 Kilometer für die wirklich völligste Pleite aller völligsten Pleiten, da machste echt was mit. Was für ein Segen, dass ich die wenigstens nicht selber fahren musste, ich weiß nicht, ob ich dazu den Nerv gehabt hätte. Für die Rücktour ganz bestimmt nicht. Gegen Frankfurt erwarte ich dafür eine Entschädigung, aber da bin ich auch ganz zuversichtlich, dank grüner Pyroröhrchen, damit wird das immer was.


Nachspiel
Eigentlich wollte ich den R8 klauen, der vor dem Spiel noch vor der Tribüne ausgestellt wurde, kann auch nicht schwieriger sein als ein Raumschiff, der war aber leider weg. Müssen die geahnt haben. Auf dem Weg zum Auto plauscht uns noch eine schwarzrot beschalte Dame an, wo wir herkämen. Ah, ganz aus Hamburg sans, jo mei, sie mog uns scho gern, ihr seid so schön kultig. Sie wollte ins sogar mit Tipps zum Ingolstädter Nachtleben versorgen. Was für ein Glück, die hat das Gesocks verpasst, das hätte ihre Meinung nachhaltig geändert. Wir sind höflich, auch als sie meint, wir sollten nicht auf-, und Ingolstadt nicht absteigen, dann wär alles in bester Ordnung, sie würd schon gern mal zum Millerntor fahren. Auch wenn ich immer noch leicht vergrätzt war, ich mochte ihr nicht sagen, dass ich auf einen Verein verzichten kann, der zu so einem Spiel grad mal 5000 Leute mobilisieren kann und die auch noch per Stadionsprecher animieren muss. Ingolstadt braucht kein Mensch in der Bundesliga, in der ersten hüpft schon so ein dusseliger Dino über den Rasen, der reicht völlig.
Sollten die aber tatsächlich nicht absteigen, werd ich wahrscheinlich nächste Saison doch wieder da rumstehen. Immerhin ist der Chinaman in Straubing ganz fantastisch, und wenn man schon mal in der Nähe ist...

Trostmusik: Ryan Adams – Ashes & Fire

Mehr zum Spiel bei Gegengeraden-Gerd, auf der Breitseite (mit Bildern) oder bei Jekylla oder kleinertod oder selber suchen.













Samstag, 10. Dezember 2011

Ehrgeizprojekte















Die letzten Tage habe ich mich, neben der Arbeit, nur noch mit dem Kater beschäftigt, dessen Gesundheitszustand sich wieder verschlechtert hat. Die Operationswunde heilt ganz gut, dafür ist die Pfote jetzt vorne verdickt und entzündet, das Elend nimmt einfach kein Ende.
Die Tour nach Bayern hab ich dann auch in Gedanken schon abgesagt, bis mir der Arzt einen stationären Klinikaufenthalt nahelegte, man könne dem Tier dort einfach besser helfen.
Jetzt hat er ein ruhiges Einzelzimmer in der zugehörigen Katzenpension, bekommt rund um die Uhr medizinische Versorgung mit Antibiotika, Bestrahlungen und Schmerzmitteln und das ganze kostet mich nicht einen Pfennig, das läuft unter Ehrgeizprojekt. Der Dicke hat inzwischen die Herzen dort erobert, man will ihm unbedingt helfen und das ist so langsam auch meine letzte Hoffnung, eventuelle weitere Konsequenzen mag ich mir momentan nicht einmal ausmalen.

Ein zweites Ehrgeizprojekt lief schon seit dem ersten „Heimspiel“ der Saison gegen den FC Ingolstadt, die nachhaltige Infizierung des Herrn L. mit dem lange verschütteten braun-weißen Fußballvirus. Zwischenzeitlich war er in Rostock, getarnt inmitten des blauen Pöbels, und jetzt wieder Ingolstadt. Immer nur Auswärtsspiele, das kann auf Dauer nicht die Lösung sein, daher wollte ich ihm an diesem Wochenende den Vorschlag unterbreiten, endlich einmal die AFM Mitgliedschaft zu beantragen. War allerdings nicht mehr nötig, wie ich vor der Abfahrt mit einem Blick auf seinen Schreibtisch feststellen konnte, auf dem er Mitgliedsausweis und AFM-Nadel auffällig unauffällig drapiert hatte.
Sieht ganz so aus, als hätte ich demnächst Begleitung auf dem Weg ins Stadion.

Auf dem Bild heute ein Ehrgeizprojekt für Mr.T: Chaos aufräumen wenn wir wieder weg sind.

Dienstag, 6. Dezember 2011

Voll einen an der Waffle














Made in Germany scheint im Ausland immer noch so etwas wie ein Qualitätsmerkmal zu sein. Was mich noch interessieren würde, Silex, muss man als Waffelbäcker zwingend die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, oder reicht es, wenn man hier gezeugt wurde?

Unverkennbar gezeugt in Louisiana: Pine Leaf Boys - Live at the 2009 New Orleans Jazz & Heritage Festival

Sonntag, 4. Dezember 2011

Langhaarige Cowboyhippies




















Seit Wochen hab ich mich auf das Konzert von Gurf Morlix im Norderstedter Musicstar gefreut, und heute türmten sich auf einmal kaum zu bewältigende Probleme auf, denn ich hatte auch noch einen Abholtermin am Flughafen. Geplante Landung 18:30, also Gepäck nicht vor 19 Uhr, Heimfahrt ca. 45 Minuten, Rückfahrt nach Norderstedt ebenfalls in der Größenordnung, macht in der Summe mindestens 30 Minuten Verspätung, die ich mit rüder Fahrweise vielleicht um 15 Minuten verkürzen könnte, aber nicht mit Muddern im Auto.
Und die Konzerte im Musicstar fangen sehr pünktlich an, dann machen sie die Türen zu und man kann im Café warten bis sie zur Pause wieder aufgehen.
In vielen anderen Fällen hätte ich die Segel gestrichen, wäre nach Hause gefahren, oder hätte die Einladung zum Skinny Bitch Konzert im Haus 73 angenommen, auch ohne Herrn H, das sollte ohnehin erst um 22 Uhr anfangen.

Aber, Gurf Morlix! Selbst wenn es mir nur gelingen sollte die zweite Hälfte des Konzertes zu erleben, den Mann musste ich sehen. Sänger, Songwriter, Multiinstrumentalist, Ausnahmegitarrist und Produzent etlicher meiner Lieblingskünstler, unter anderem Lucinda Williams und Ray Wylie Hubbard, dazu ein enger Freund des tragisch ums Leben gekommenen Blaze Foley,  der wiederum ein enger Freund des legendären Townes Van Zandt war, womit wir auf einen Schlag gleich die Hälfte meiner ewigen Top 10 Songwriterhitliste zusammen hätten.  

Um eben jenen Blaze Foley geht es auf dem letzten Album von Morlix, Blaze Foley's 113th Wet Dream, auf dem er 15 Songs seines alten Freundes eingespielt hat. Der 1989 bei einem Nachbarschaftsstreit erschossen wurde, als er versuchte einen Freund zu beschützen, und über den es so viele tragische, lustige und interessante Dinge zu erzählen gibt, dass sogar Gurf Morlix scheitern würde, beim Versuch diese zwischen den Songs zu erzählen.
Das war letztlich mein Glück, denn vor dem Konzert gab es einen Film zu sehen, Duct Tape Messiah, die Dokumentation über das kurze Leben von Blaze Foley, in Anwesenheit des Regisseurs Kevin Triplett. Den Film konnte ich leider nur zur Hälfte genießen, was aber nicht weiter tragisch war, den hab ich jetzt auf DVD. Dazu noch die CD von Gurf Morlix, die ich zwar schon in der Downloadversion besaß, aber auf Downloads kann man keine Widmungen schreiben. Und  - Cold, Cold Heart von Blaze Foley, der leider keine Widmungen mehr schreiben kann. Eine der seltenen Originalaufnahmen von Foley, und natürlich gibt es auch zu dieser Platte eine derart unglaubliche Geschichte, wie zu fast jedem Song, dass man es kaum glauben mag, solche Dinge passieren anderen  Menschen nicht in 100 Jahren.
Weil die meisten Menschen keine langhaarigen, langbärtigen, zotteligen Cowboyhippies sind, mit Gitarrenkoffer in der Hand, die das Handbuch für Songwriter gelesen haben, wie Mr. Morlix erklärte.
Friend dies? Write a Song about it. Bei Blaze Foley hat er dafür 17 Jahre gebraucht, bis er zufrieden war.

Zu hören ist er auf Gurf Morlix - Last Exit To Happyland.

Blaze Foley - Duct Tape Messiah. Großartig und herzzerreißend. Solche Geschichten schreibt das Leben, da kommt Hollywood nicht mit.

Freitag, 2. Dezember 2011

Wandschmuck














So ein Graffito würde ich auch gerne an unserer Hauswand sehen, die Nachbarn müsste ich dafür aber wahrscheinlich sehr lange bearbeiten, für die meisten sind Graffiti nur bunte Schmierereien, die möglichst zügig von der Hausverwaltung entfernt werden sollten. Was diese in den letzten Fällen wirklich sehr schnell erledigt hat, ich vermute fast, die Wand wurde zwischenzeitlich mit irgend einem graffitiabweisenden Zeug behandelt. Dabei wäre es sicher auf Dauer kostengünstiger, würde man diese dämliche kahle Seitenwand mal von ein paar Könnern besprühen lassen, als zweimal jährlich die Putzkolonne ausrücken zu lassen.

Ich hatte nämlich immer schon die Vermutung, wenn die Künstler am Werk waren, dann bleiben die Kunstwerke von den Amateuren verschont, den Beweis hab ich heute auf Sankt Pauli gefunden. Nachdem ich im Kartencenter die Tickets für das Spiel in Golstadt erstanden hatte, war mir irgendwie nach einem Double Cheeseburger in der Kleinen Pause. Statt meine Karre am Stadion stehen zu lassen, musste ich die paar Meter natürlich fahren, ich Idiot.
Das heißt in der Ecke natürlich dreimal um den Block eiern, bis man einen Parkplatz gefunden hat, der den Aufwand wenigstens halbwegs rechtfertigt. Immerhin, und das alleine rechtfertigt den Aufwand schon, habe ich dadurch dieses entzückende Graffito gefunden.
Leider fiel mir später nicht mehr ein, in welcher Straße das war, doch wozu gibt es Streetview. Ich habs dann auch recht schnell wiedergefunden, allerdings noch ohne den fabelhaften Wandschmuck mit Hafenskyline, dafür mit vielen bunten Tags. Oder Schmierereien, wie meine Nachbarn es nennen würden.

Seit das Haus ein Kunstwerk ist bleiben die scheinbar davon verschont. Naja, fast. Die Tür hätten sie vielleicht mit einbeziehen sollen.

Noch 'n Kunstwerk: Blaze Foley - Cold, Cold World