Donnerstag, 29. Juli 2021

Stadtflucht


 

 

 

 

 

 

 

 

Kaum überschreiten die Temperaturen in Hamburg das erträgliche Maß, flüchtet der gemeine Stadtbewohner gerne an Nord- oder Ostsee, je nachdem was schneller zu erreichen ist. Sehr angenehm ist es natürlich, wenn man dazu noch mit vielen doppelt geimpften netten Menschen vor einem Grill rumlümmeln und sich die Kante geben kann, weil Übernachtungsplatz und Eiswürfelspender nur wenige Schritte entfernt sind. 

Keine Frage also, dass der Pappenheimer und ich unbedingt den Exilwestfalen besuchen mussten, der inzwischen die Chaoshütte des geliebten Vorbesitzers in eine wahre Oase verwandelt hat. Keine Oase der Ruhe natürlich, denn so etwas gibt es auf Campingplätzen eher selten, weil die Nachbarn selbstverständlich alle wissen wo das kalte Bier steht. Was in den vielen Campingplatzdokus so häufig belächelt wird, ist nach Monaten fürchterlicher Kontaktbeschränkungen eine angenehme Nebenerscheinung, vor allem, weil Camper fast alle nur Bier trinken und meine Versorgung mit Gin Tonic sogar für mehrere Abende gesichert wäre.

Was mir da oben fehlt und mir regelmäßig das Herz schwer werden lässt, ist das Fehlen der Regenbogenfahne des magischen FC und vor allem des Menschen, der damals nur dafür einen Fahnenmast errichtet hat, obwohl er ja eigentlich Werder-Fan war. Die Jahre machen es nicht besser, wie sehr man einen Menschen vermissen kann.

Über die Flagge muss ich mit dem Exilwestfalen noch mal reden glaube ich, so lange da kein schwatzgelbes Dingens hängt könnte man doch, oder? ODER?

DA HÄNGEN LAPPEN VON ROTZSTOCK UND STELLINGEN RUM AUF DEM PLATZ! Das ist Augenschädigend so etwas.

Trotzdem geiles Wochenende, abgesehen von den 20 Kilometern Stau auf der Rückfahrt vielleicht.

Fotos dazu: Schashagen/Ostsee - Nikon D7200

Musik dazu: Cemento Atlantico - Rotte Interrotte

 




 

Samstag, 24. Juli 2021

Hamburger Wetter


 

 

 

 

 

 

 

 

Das ist Hamburg und die Sonne scheint ... nicht
Nein, es pisst wie immer
Hier sind die Beginner
Erzählen aus ihrem Leben im Regen...

Naja, wann war das? 2003, gehört schon zu den Oldies. Hat es damals echt öfter geregnet? Waren das noch die Zeiten, in denen man bei strömendem Regen im Stadion "Hamburger Wetter, ja das ist Hamburger Wetter" sang und der FC St.Pauli danach das Spiel drehte? Ist das überhaupt jemals passiert? In den letzten 10 Jahren kann ich mich nicht erinnern, dass wir bei Scheißwetter irgendwie besser gespielt haben als der Gegner. Vielleicht erinnert man sich auch weniger an Scheißwetterspiele, weil das Stadion inzwischen überdacht ist, oder weil man auf den Sitzplätzen ohnehin verschont bleibt, sogar bei starkem Wind.

Dieses ständige Grau, dieses Sonnenlose! Ja doch, gibt es im Herbst wieder und im Winter und möglicherweise im nächsten Frühling auch noch ein wenig, ganz bestimmt sogar wenn man wieder ins Stadion kann, aber im Sommer bleiben wir doch häufig verschont. Was man wahrscheinlich als Privatier eher bemerkt, weil man nicht mehr auf Schönwetterwochenenden angewiesen ist.  

Da passt es natürlich hervorragend, dass der Pappenheimer mit ähnlich viel Freizeit gesegnet ist und inzwischen so ziemlich jeder im Umfeld doppelt geimpft, so dass man sich endlich mal wieder sehen kann ohne einen Bildschirm zu bemühen. Soziale Kontakte! Live und in Farbe!

Wäre beinahe in die Hose gegangen, weil das Scheißwetter sich inzwischen lieber außerhalb Hamburgs austobt und der Schienenersatzverkehr im Sauerland dramatisch schlechter zu sein scheint als der des HVV und das soll was heißen. Wer bei dieser Katastrophe dennoch den wahrscheinlich letzten Zug aus Hagen erwischt, um diesem Unwetter zu entfliehen, muss ein wahrer Glückspilz sein und da Glückspilze bekanntlich im Urlaub immer schönes Wetter haben, haben sie auch immer viel vor.

Fotosafari, latürnich! Am besten irgendwo, wo wir noch nie waren, was langsam schwierig wird, weil wir eigentlich schon überall waren. Oder wo zumindest ich schon war und festgestellt habe, dass es enorm anstrengend ist dorthin zu gelangen, weshalb man das nicht unbedingt wiederholen will, schon gar nicht bei diesen Temperaturen. Man könnte Stadtteile auf kleine Zettel schreiben und auslosen, vielleicht ist es ja in Groß Borstel ganz nett und man weiß das gar nicht, aber nachher landet man noch in Stellingen und das will ja auch niemand.

Der Hafen wäre eine Idee, für die selbst ich mich interessieren könnte, aber komm da mal hin. Weder Elbtunnel noch Elbbrücken sind unter zwei Stunden machbar, die abgebrochenen Touren enden, wie so häufig, an Plätzen mit Sitzgelegenheit und Getränkeversorgung, was für Menschen unseres Alters ja auch gar nicht so verkehrt ist. Ich kann meinen 500 Aufnahmen von Alster, Altonaer Balkon und Stadtpark ein paar neue hinzufügen, hier und da einen Eiskaffee trinken, habe ansatzweise die vom Arzt verordnete Bewegung und freue mich auf den eiskalten Gin Tonic zu Hause, was will man mehr? 

Pure Lebenswertisierung, ich sag's euch. Und das bei Hamburger Wetter.


Fotos dazu: Alster, Altonaer Balkon, Stadtpark - Nikon D7200

Musik dazu: Black Star Liner - Yemen Cutta Connection / Bengali Bantam Youth Experience

 













 


Sonntag, 4. Juli 2021

Ein Königreich für Kirschen, zwei für Käse









 

Dass man im Alten Land meist sehr viel frischeres und besseres Obst bekommt, als im durchschnittlichen Hamburger Supermarkt, dürfte so ziemlich jeder Hamburger wissen. Dass man sich dafür unter Umständen zwei Stunden durch den Elbtunnel stauen muss allerdings auch, deshalb käme kein vernünftiger Mensch auf den Gedanken. Also wahrscheinlich keiner, außer mir. Dabei habe ich überhaupt kein gesteigertes Interesse an Obst und Freitagnachmittag die Elbseite wechseln, egal wo, ist die wahrscheinlich dümmste Idee ever, wenn man es nicht unbedingt muss. 

Zu der ich mich allerdings gezwungen sehe, weil mein REWE Supermarkt seit vier Wochen nicht in der Lage ist Hamburger Pfeffersack zu besorgen, diesen unglaublich aromatischen und fantastisch pfeffrigen Käse der Jithofer Käserei, der nur ganz selten mal lieblos in einer Truhenecke lag und natürlich sofort von mir aus dieser misslichen Lage befreit wurde. Restlos, selbstverständlich. Weshalb die Aussage "verkauft sich vielleicht nicht so gut" der blanke Unsinn sein muss, für etwas, das wochenlang überhaupt nicht zu bekommen ist.

Leider befindet sich der Ursprung dieses fantastischen festen Milcherzeugnisses in Bargstedt und das liegt nunmal auf der anderen Elbseite, irgendwo westlich zwischen Buxtehude und Stade. Glücklicherweise sind die Jithofer auch auf Wochenmärkten der Umgebung vertreten, Cadenberge, Hemmoor, Himmelpforten. Für die meisten Hamburger wahrscheinlich der Arsch der Heide, für mich Kindheitserinnerungen an die Fahrten zu Oma und Opa. Elend lange Fahrten allerdings, die ich selbst für den besten Käse der Welt nur ungern in Kauf nehmen würde.

Für den Pfeffersack muss ich Gott sei Dank nur ins Alte Land, nach Jork, was durch die Elbtunnelbaustelle dennoch zu einer äußerst zähen Angelegenheit wird. Dafür fährt man hinterher durch idyllische Örtchen wie Estebrügge (mit einer Brücke über die Este) und Königreich, was auch eine Brücke über die Este hat, aber dazu noch ein Gasthaus und wer immer mal in einem Königreich nächtigen wollte, der könnte das hier tun.   

Auf dem Obstmarschenweg und eigentlich auch auf allen folgenden Wegen, reiht sich ein Obsthof an den anderen. Bis ich am Ziel in Jork ankomme, habe ich bestimmt dreißig Möglichkeiten direkt beim Erzeuger zu kaufen, momentan natürlich sehr viel Kirschen. Knubberkirschen, Dachkirschen, was immer der Unterschied ist, dazu Erdbeeren, Birnen, Stachelbeeren, Kartoffeln, Eier und wie ich die Leute hier kenne gibt es fast alles auch in flüssiger und alkoholischer Form.

Da ich bei Alkoholika eher Wacholder und Hopfen zugeneigt bin, lasse ich das alles liegen und investiere auf dem Jorker Wochenmarkt mein gesamtes Geld in Käse, denn dafür bin ich schließlich hier. Angesichts der großen Auswahl höchst vielversprechender Sorten muss ich mich schwer beherrschen, was nur in Teilen gelingt, weil man scheinbar gar keine Berge benötigt um einen herrlich aromatischen Bergkäse herzustellen, der sofort mein Interesse weckt. Und ja, der ist bestimmt ganz hervorragend geeignet irgend etwas zu überbacken, aber dafür nehme ich doch lieber den Berg-Bergkäse aus dem Supermarkt, um den ist es nicht schade. 

Die restliche Ausbeute reiht sich nahtlos ein, alles oberleckerer Stoff. Dank mangelnder Selbstbeherrschung gibt es jetzt allerdings zwei Wochen lang Käse zu allen möglichen Gelegenheiten, so schnell sieht mich der Elbtunnel also nicht wieder.

Erdbeeren hab ich am Ende natürlich trotzdem noch mitgenommen, wenn man schon mal da ist...Waren dann auch die besten bisher in diesem Jahr.

Fotos dazu: Altes Land, Obstmarschenweg, Rathaus, Hochzeitsbank, Jork, Este, Neuenfelde - Nikon D7200

Musik dazu: Mari Boine - Remixed/Odda Hámis