Dienstag, 30. Juni 2015

Hollands fiese Fallen

















Boaa, ey das Zeugs is furztrocken.
Jo.
Klebt aba trotzdem anne Finger ohne Ende.
Kommt mir irgendwie bekannt vor der Geschmack.
Jo. Mir auch. Das isn Amerikaner. Nur ohne Zuckerguss drauf.
Amerikaner fand ich schon immer Scheiße.
Und ohne Zuckerguss sind die echt noch übler.
Klebt aber auch ohne den Guss wie Hulle.
Pappensüßes Zeugs, echt ma.
Willznochwas? Einer is noch übrig.
Hm. Jo, gib rüber.

Es gibt so einige Dinge, die würde man zu Hause niemals machen. Die macht man einfach nur in Holland, zum Beispiel Schokoladenstreusel auf Weißbrot essen. Zum Frühstück oder überhaupt. Das ist fast zwanghaft, das erste was im Einkaufskorb landet ist Chocoladehagel. Dann will meistens jemand noch eine andere Sorte, in diesem Fall hätte die Prinzessin lieber das Vlokfeest, die dicken Chocoladevlokken in puur, melk en wit, die dann doch nicht aufgegessen werden, weil der Hagel besser schmeckt. Am letzten Tag in Almere entdecke ich noch eine kleine teure Packung mit Goldaufdruck. Specials Intens Puur, mit 60% meer cacaobestanddelen. Muss auch mit, steht jetzt im Schrank und wird vermutlich niemals gegessen.

Die nächste Entdeckung machen wir auf der Suche nach Chocomel, dem Standardfrühstücksnebenbeigetränk neben Kaffee und Karnemelk mit Sirup: es gibt inzwischen eine dunkle Variante. Meer cacaobestanddelen schätze ich, muss mit. Überraschung zwei folgt im Kühlregal: Chocomel gibt es nun auch in Vers, was wohl frisch heißen soll, denn umgekehrt macht keinen Sinn. Muss selbstverständlich alles ausprobiert werden, muss alles mit.

Die Supermärkte in den Niederlanden sind tückische Fallen, ein Paradies für Menschen die auf unbekannte oder für deutsche Verhältnisse exotische Dinge abfahren, die dort meistens sehr kalorienreich, bunt, fett oder sonstwie gesundheitsschädlich sind, meistens alles zusammen. In jedem Supermarkt fällt man schon am Eingang über Kuchen, Torten und Gebäck, von der versen Appeltaart aus dem oven bis zur bunt dekorierten Sahnetorte im eingeschweißten Karton. Gefühlt ist hier jedes zweite Regal mit irgendwelchen Süßigkeiten gefüllt, der Rest ist Hilfe für das perfekte holländische Fastfoodmenü. Satésaucen für Mikrowelle oder Kochtopf von mindestens zehn verschiedenen Herstellern in zig Varianten und Schärfegraden und dazu Biersorten, bei denen Verfechter des Reinheitsgebotes in bittere Tränen ausbrechen würden. Don't read the fucking label.  

Trotz des üppigen Angebots bunter Dickmacher sieht man erstaunlicherweise recht wenig übergewichtige Niederländer und dafür kann es eigentlich nur einen Grund geben. Sie fahren unglaublich viel Fahrrad.

Fallenfoto: Souvenirshop in Amsterdam + Serviervorschlag / Abendlicht auf Terrassien
Fallenbier: Riedenburger Dolden Dark Bio, Porter 6.9%
Fallenmusik: Lester Young with the Oscar Peterson Trio / Verve 1952

Sonntag, 28. Juni 2015

Ein Park am Arsch der Heide
















Eine um 20° höhere Außentemperatur, dann kommt man sich vor wie in der Karibik, jedenfalls im Center des Centerparcs. Alles sehr südländisch aufgemacht hier, sogar Palmen haben sie angepflanzt. Karibische Innentemperaturen herrschen dafür im großen Hallenbad, mit Rutschen und allem Pipapo. Schon ein ganz anderes Kaliber als das winzige Becken im letzten Ferienpark.

Diese seltsamen Urlaubsenklaven scheinen eine typische Spezialität der Niederländer zu sein, wer hier keine Anhängerkupplung hat mietet sich für den Urlaub eben ein wohnwagengroßes Haus. Denn mit Ausnahme des festen Daches über dem Kopf und der eigenen Dusche unterscheiden sich diese Parks nicht sehr von luxuriösen Campingplätzen. Das Maß der Privatsphäre wird durch die Auslastung bestimmt, sind die angrenzenden Stellplätze leer hat man niemanden, der einem die Brötchen vom Tisch gucken kann. Ansonsten ist alles vorhanden was man im Urlaub braucht, man muss den Platz nicht verlassen. Wozu auch, man ist eh schon am Arsch der Heide hier, der nächste Bauernhof 10 Kilometer weg, die nächste Stadt 30.

Gibt ja genug Einkaufsmöglichkeiten im großen Supermarkt, dazu Strand für den schönen Sommer, Hallenbad für den normalen Sommer und jede Menge Restaurants, die Pizzeria sogar mit Lieferservice. Für Unterhaltung wird ebenfalls gesorgt, Sportmöglichkeiten ohne Ende, Tennisplätze, Golf und Minigolf, Bolzplätze, Bowling, Ruder und Tretboote und an jeder zweiten Ecke Spielkram für den Nachwuchs, vom Hochseilklettergarten bis zum Streichelzoo mit Ziegen und Eseln, mit Kindern wird es nie langweilig und wer Abenteuer sucht kann sich in der Marina ein Boot mieten und auf dem Eemmeer segeln.

Man kann sich sogar die Brötchen zum Frühstück liefern lassen, wenn man keine Lust hat den zehnminütigen Fußmarsch am Morgen auf sich zu nehmen. Oder man leiht sich für die Woche halt ein Fahrrad oder Tandem, eine Rikscha oder sogar ein Elektromobil, denn das eigene Auto darf hier nur an zwei Wochentagen bewegt werden, das sind die An- und Abreisetage. Wenn man erst einmal begriffen hat, dass die großen Symbole für den Autoverkehr und die kleinen für die Fußgänger gedacht sind, halten sich die Entfernungen aber in erträglichen Grenzen. Immerhin gehört ein Hackenporsche zur Hausgrundausstattung, damit kann man schon eine Kiste Grolsch über den Platz bewegen.

Die sollte man sich jedoch besser im Supermarkt des nächsten Ortes besorgen, denn wenn man tatsächlich alle Annehmlichkeiten des Parks ausnutzt kommt man der Karibik auch preislich langsam näher. Außer dem normalen Campingplatzsupermarktaufschlag sind die Preise mehr als abgehoben, bei knapp 30 Euro pro Person für ein Frühstücksbuffet muss man als Mensch mit Familie nicht lange rechnen, da dürfte zumindest die türkische Karibik um einige Taler günstiger werden.

Parkfotos: Centerparc De Eeemhof, Zeewolde
Parkbier: Crew Republic Roundhouse Kick, Imperial Stout, 9.2%
Parkmusik: The Rolling Stones - Exile On Main Street, Remastered Special Ed. 2010












Freitag, 26. Juni 2015

Flachland mit Stromspargel
















Die Niederlande waren einmal berühmt für zahlreiche alte Windmühlen, von denen ich in diesem Urlaub nicht eine entdecken konnte. Windmühlen haben sie zwar immer noch, aber leider nur die moderne Version. Davon allerdings reichlich, wo es schön flach und windig ist (also nahezu überall, sonst wären es ja nicht die Niederlande) werden Parks errichtet. Energieparks. Kann man schön finden oder nicht, im Zweifelsfalle finde ich die schöner als ein Atom- oder Kohlekraftwerk, im Windpark Eemmeerdijk wechseln die Dinger sogar wie von Zauberhand ihre Farbe. Das macht sie zwar immer noch nicht halb so attraktiv wie ihre mittelalterlichen Vorgänger, doch was soll man machen, wenn die hier so rar gesät sind.

Auf einem ersten kurzen fotografischen Ausflug in die nähere Nachbarschaft finde ich jedenfalls nur Flachland mit oder ohne Stromspargel und dazu sehr viele Felder, auf denen möglicherweise irgendwann einmal Millionen bunter Tulpen blühen werden. Noch so eine angeblich holländische Spezialität, die ich hier bisher noch nie gesehen habe.

Dass es hier so unglaublich flach ist hat einen Grund, ebenso die vielen fruchtbaren Felder und der Mangel an alten Windmühlen, denn die Provinz Flevoland stand zur Blütezeit der Windmühlen noch vollständig unter Wasser, fast das gesamte Gebiet wurde erst im 19. Jahrhundert trockengelegt und befindet sich im Durchschnitt 5 Meter unter dem Meeresspiegel.

Angesichts möglicherweise doch irgendwann schmelzender Polkappen nicht das idealste Einwanderungsland, aber Urlaub machen kann man da ganz gut, solange es noch existiert.

Flachlandfotos: Eemmeerdijk, Hulkesteinse Bos, Eeemmeer, Klick + F11 erweitert Horizonte
Flachlandbier: Ratsherrn Backyard Beach Summer Ale 4.5%
Flachlandmusik: The Delta Saints






Mittwoch, 24. Juni 2015

Frühstücksärmelei
















Mit leerem Magen soll man nicht einkaufen gehen, dann landet nur lauter unnützes Zeug im Einkaufswagen. Mit leerem Magen sollte man auch keine Blogs lesen, jedenfalls nicht wenn es da ums Essen geht. Oder die Zubereitung desselben. Meistens sind das ganz dolle Sachen, die einem schlagartig das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen und die man unbedingt mal nachkochen oder backen sollte, weil das höchstwahrscheinlich die einzige Chance ist, jemals in den Genuss dieser Leckereien zu kommen.

Meistens mach ich das dann doch nicht, entweder weil mir die Zeit fehlt, oder das Vertrauen in meine handwerkliche Geschicklichkeit bei der Zubereitung von feinen Backwaren oder gefüllten Teigtaschen. Manchmal fehlt auch das nötige Equipment, für eigentlich ganz simple Dinge. Für Eier im Glas zum Beispiel, auf die mich der Herr Ärmel vor ein paar Monaten neugierig machte. Ein Ei schon vor der Zubereitung zu würzen reizt mich, außerdem klingt das extrem simpel. Aber dafür extra Gläser kaufen?

Der Zufall will es, dass gerade solche Gläser im Kühlregal des Discounters stehen, der uns all die schönen Sachen bringt. Gefüllt mit Pfefferbutter, wodurch man sogar einen Arbeitsgang spart, man muss das Glas nicht vorher ausbuttern, einfach Pfefferbutter futtern. Passen sogar locker zwei Eier rein in das Glas, die sich prompt um die Gewürze balgen, wodurch sich Pfeffer und Salz auf wenigen Stellen wiederfinden, dafür aber geballt.

Hm. Was tun? Man könnte das ganze verquirlen, allerdings wäre das dann Rührei im Glas. Dazu würde der Schnittlauch passen, den ich vergessen habe zu besorgen. Also Deckel druff und kochen. Mit Deckel auch auf dem Topf, falls sich das Glas als doch nicht so widerstandsfähig erweisen sollte und irgendwie explodiert. Muddern hat immer gesagt, wenn das nicht Jenaer Glas ist, dann taugt das nix und für Aldi Pfefferbutter nehmen die garantiert kein Jenaer Glas.

Eier drin kochen kann man aber. Ungefähr so gut wie in der Schale, nur dass ich die Zeiten für 1 Ei in der Schale im Kopp habe, die für 2 Eier im Glas nicht. Weshalb ich die Versuche nach zwei Neudefinitionen von "hart" jetzt aufgebe, zumal ich keine geschmackliche Verbesserung zur traditionellen Methode feststellen konnte.

Vielleicht teste ich mal Glasrührei mit Nordseekrabben an, ein Glas Pfefferbutter ist noch da. Von der hab ich die Schnauze allerdings inzwischen gestrichen voll, von daher ist die Testreihe eh gestorben *g*.

Frühstücksfoto: Canon SX 280
Frühstücksbier: Astra Arschkalt
Frühstücksmusik: Ryan Adams - Heartbreaker / Gold

Freitag, 19. Juni 2015

Burger mit Besteck


















Ist das eigentlich noch Fast Food, wenn es auf einem Porzellanteller serviert und der Gebrauch von Messer und Gabel explizit empfohlen wird? Bei einem Hamburger? Ich esse den Double Cheese in der Kleinen Pause unfallfrei aus der Hand (ok, unfallfrei bisher nur einmal, aber wer den kennt..)
"Du kannst es ja versuchen" grinst mich der nette Tresenmann an, "aber dann nimm besser ein paar Servietten mehr mit an den Tisch." Das überzeugt zumindest soweit, dass ich das Besteck mitnehme nach draußen.

Frühstück im Burger Lab, Max Brauer Allee, damit der morgendliche Kaffee endlich feste Gesellschaft bekommt. Auf der Mittagskarte steht ein Fishburger mit Garnelen und Limonenaioli, das klingt verlockend, aber da ich mit der Burgertesterei erst am Anfang stehe wird es doch der Classic Burger. Mit 100% Schleswig Holstein Rind medium gegrillt, Burger Lab Sauce, Cheddar, Eisbergsalat, Tomate, Spreewaldgurke und süß-sauer eingelegten Zwiebeln, verpackt in einem recht stabilen Brötchen, nach eigenem Rezept vom Bäcker des Vertrauens gebacken. Fast Food mag das noch sein, Junkfood definitiv nicht mehr. Damit der ganze Turm nicht auseinanderfällt wird das Konstrukt von einem langen Holzspieß in Form gehalten.

Schon klar, der geht aus der Hand nur mit segeltuchgroßem Lätzchen. Trotzdem ist Burger mit Besteck irgendwie nervend, spätestens wenn man die untere Brötchenhälfte erreicht hat fällt entweder das medium gegrillte Fleisch auseinander, oder das Stück Tomate oder Gurke flutscht von der Gabel. Am Ende bleibt ein Stück Brötchen auf den Zinken und man stopft den Rest an Fleischtomatengurkenmischmasch irgendwie hinterher. Burger gehören anständig verpackt und aus der Hand gegessen, alles andere ist albern.

In dieser Hinsicht könnte das Burger Lab von den Goldburgermädels lernen, das ist allerdings auch alles, denn geschmacklich ist das Teil perfekt, genau so muss ein Classic Burger schmecken. Auf den Punkt gegrilltes äußerst schmackhaftes Fleisch, die Sauce nicht zu dominant, das Brötchen stabil und lecker, Gurken und Zwiebeln perfekt und sogar die Tomate hat Geschmack. Der Eisbergsalat wie bei fast jedem Burger der Rede nicht wert, aber wer spricht schon über den Salat bei einem Fleischgericht.

Beim nächsten Besuch könnte ich ja mal wieder eine Kuh retten, die haben immerhin auch zwei vegetarische Burger im Angebot. Das gepulte Schwein tät mich allerdings mehr reizen...

Burgertestbier: Firestone Walker Double Jack, 9.5% Double IPA
Burgertestmusik: Little Axe - The Wolf That House Built / Bought For A Dollar. Sold For A Dime / Slow Fuse


Mittwoch, 17. Juni 2015

Fertig!
















Wer auch immer für das Design der neuen Dauerkarte verantwortlich zeichnet, viele Freunde hat er/sie sich damit nicht gemacht, oder wie es jemand woanders schrieb: Von mir aus bräuchten sie auch gar nichts drauf schreiben, solange ich damit ins Stadion komme. Immerhin kann man sich einen von vier mehr oder weniger sinnigen Sprüchen aussuchen, jedenfalls wenn man sich das Ding übers Internet bestellt, im Kartencenter gibt es nur den Standard.

Andernfalls hätte ich wahrscheinlich "Für Werte stehen, auch im Sitzen" gewählt und das aus gutem Grund: Sitzen ist in Zukunft angesagt. In der ersten Reihe. Habe fertig!

Denn wirklich wichtig bei Dauerkarten ist eigentlich nur das, was auf der Rückseite steht.

Sitzplatzfeierbier: Firestone Walker Union Jack IPA, 7.5%
Sitzplatzfeiermusik: Leo Kottke - Mudlark

Sonntag, 14. Juni 2015

30 Mann und ne Buddel mit Rum

















Klingt etwas wenig und wäre es (trotz Haselünner Frauenquote) wohl auch gewesen, denn die erste Flasche ist schon leer als wir die Kattwykbrücke endlich passieren dürfen. Wie es scheint gerade noch rechtzeitig, denn da hinten braut sich etwas zusammen. Auf der Flucht sind wir meistens den einen wichtigen Knoten schneller als die Unwetterwolken, sogar die Sonne lässt sich zeitweilig sehen und beleuchtet die Villen und Parks am Elbufer, aber am Horizont sind die Wolkenbrüche deutlich sichtbar. Nur wenige Kilometer entfernt schüttet es wie aus Kübeln.

Richtig unangenehm wird es, als wir in die Este einbiegen. Die OMKA liegt quer zur Strömung und der böige Seitenwind verteilt Elb- und Regenwasser gleichmäßig über die Passagiere im Heck, da hilft auch kein Sonnensegel. Wer keinen Platz mehr gefunden hat im engen Ruderhaus zieht den Kragen hoch und die Mütze ins Gesicht. Vorsichtige machen sogar ihre Bierflasche zu, damit auch nix verwässert wird. Ich äußere die Hoffnung, dass zumindest der Wind auf der anderen Seite des Estesperrwerks durch die Deiche aufgehalten wird, aber erst müsste diese dämliche Brücke mal öffnen.

Tatsächlich bleibt nicht nur der Wind zurück, auch der Regen bleibt draußen. Kaum haben wir das Sperrwerk passiert findet man am Himmel nur noch malerische Wolkengebirge, die sogar den Pappenheimer zu wilder Knipserei anregen. Er sitzt zwei Meter vor mir auf dem Vorderdeck in der Sonne und fotografiert alles was ihm vor die Linse kommt, die alte Sietas Werft, Hafenkräne, Schiffswracks, den Anleger der Hafenfähre in Cranz, nur mich nicht. Dabei sitzt die Prinzessin seit einer gefühlten halben Stunde auf meinem linken Oberschenkel und drückt mir die Blutzufuhr ab. Bevor das Bein ganz abstirbt hätte ich davon gerne ein paar schöne Aufnahmen gehabt, die Werft habe ich selber schon hundertmal fotografiert. "Tritt den Dicken da vorne mal in den Hintern" fordere ich die Lütte auf.  Sie guckt mich mit großen Augen an. "Eheeecht?" "Ja, nicht so doll natürlich, aber so dass er's merkt." Und zack.

Leider zu spät. "Achte ma auf Motive Digga. Motiiiive!" versuche ich ihn mit den Augen auf das Wesentliche aufmerksam zu machen, aber da schreit im Heck jemand nach Bier. Wäre angeblich alle, also muss ich das Geheimfach öffnen unter der Klappbank und die nächsten Kisten ans Tageslicht zerren. Oder zerren lassen, klappt alles wie geschmiert heute, noch nix in der Hand außer Bier, Rum und Sportzigarette. Dafür schaffe ich es selbst im dritten Anlauf nicht den Käptn zu fragen wo wir eigentlich hin wollen, bei jedem Versuch das Ruderhaus zu entern werde ich entweder nach vorne oder nach hinten durchgereicht. Alle sind in bester Laune, alle haben was zu trinken, so langsam fange ich an den Tag zu genießen.

Die Wolken sind wie gemalt für diese Landschaft, äußerst fotogen alles heute. Wir ziehen vorbei an Apfelbaumplantagen, Häusern hinterm Deich, Kanälen, Booten und der Mercedes unter den mit der Blechschere designten Luxusyachten. Mit Dachterrasse! Wenn es in der Seefahrt auch einen TÜV gibt haben die da sehr viel Humor, aber wahrscheinlich kann und darf das Ding die Este niemals verlassen. Allet schick, Klönschnack hier, Klönschnack dort, noch n Bier, noch n Wort. Die erste Ansage kommt von den Mädels, die Kinder hätten Hunger. Was denn nu wäre mit dem Grill. Wir ziehen laufend an irgendwelchen Anlegern vorbei, aber entweder ist das Privatbesitz oder besetzt. An einigen davon würde ich nicht einmal festmachen wollen, wäre ich dazu befugt.

"Wenn nicht gleich gegrillt wird schmier ich den Kindern ein paar Brötchen." Jetzt wird es ernst, doch bevor ich den Käptn auf die Notlage aufmerksam machen kann steuert er schon Land an. Ein Anleger ohne Verbotsschild, zwar ziemlich vom Grünzeug überwuchert, dennoch vergleichsweise vertrauenerweckend, hat man die anderen gesehen. Um die Stabilität zu prüfen werden die Kinder vorgeschickt und während die halbe Besatzung sich im Grünen die Beine vertritt kümmere ich mich um den Grill. Besser gesagt kümmere ich mich um jemanden für den Grill. 

Denn mit dem Grill kann so ziemlich jeder hier besser umgehen als ich, doch ganz sicher keiner besser als Herr G., der zwar inzwischen mit halbterrassengroßen Grillmaschinen arbeitet, aber das Kohlehandwerk sicher nicht verlernt hat. Das zeigt sich auch gleich mit jedem Handgriff. Ein Sack Kohle und der halbe Grill reichen dem Mann, um in Nullkommanix einen ausreichenden Haufen an Grillwursttestsiegern perfekt durchzugaren. Dabei erweist er sich nebenbei noch als professioneller Würstchenzähler, am Ende bleibt nur ein einzige Wurst auf dem Grill liegen. Während ich mir ganz gechilled mit Bierchen und Röllchen einen Lenz mache stürzen sich alle auf Wurst, Brötchen und die von den Mädels mitgebrachten leckeren Salate, die den Kauf schnöden Aldikartoffelsalates glücklicherweise unnötig machten.  

Was für ein Anblick. Alle am futtern, alle Bierchen inne Hand, alle gute Laune, die Sonne scheint. Perfekt, ich liebe es wenn ein Plan aufgeht. Nur mit der Beschallung hapert es, dabei habe ich extra einen USB Stick mit allerhand Gassenhauern zusammengestellt, volle 10 Stunden Playliste für die ganze Tour. Von Hells Bells bis Zick Zack Zeckenpack, das wär bestimmt gut angekommen in dem Haus mit der Rautenfahne im Garten. Mudders Küchenghettoblaster spielt jedoch nur Springsteen und den auch nur immer die ersten 30 Sekunden, dann geht er aus. Nix mit Bullenwagen klaun und die Innstadt demoliern. Stromprobleme und die Batterien sind in der Luke mit den restlichen Bierkästen, auf der gerade zehn Leute sitzen oder stehen und etwas essen. Also gibt es Waterboys vom Exilwestfalen über Bluetoothhandygedöns, was fast niemanden stört weil der Diesel wieder anspringt. Die Sandbank droht, wir müssen zurück.

Das heißt, wir müssen wenden. Mit der OMKA auf kleinen Flüssen immer ein Abenteuer, klappt natürlich auch heute erst im dritten Anlauf, als der Käptn die Ruderhacke in den Modder setzt und sich von der Strömung drehen lässt. Das ist jedenfalls seine nachträgliche Erklärung, jetzt im Moment knirscht es sehr unangenehm und zaubert ein paar Sorgenfalten auf seine Stirn. Scheint aber eine bewährte Methode zu sein, wenn man gerade niemanden hat der die Achterleine um einen drei Meter hohen Poller legen kann während das Heck vorbeidriftet.

Den tückischen Sandbänken hinter dem Sperrwerk sind schon Elbfähren zum Opfer gefallen, doch auch diese Hürde meistern wir, lassen Kinder und (wenige) leicht angeschlagene Erwachsene am Fischmarkt raus und schippern so gemütlich nach Harburg zurück, dass sich Herr G. die halbe Stunde vor der Kattwykbrücke sogar noch mit der Angel vertreiben kann. Mit dem Grill ist er deutlich besser :D.

Mit der OMKA auf Tour ist eigentlich immer ein Erlebnis, wenn man die "Besatzung" selber rekrutieren kann geradezu unbezahlbar. Wie gut, dass es das nicht ist. Danke Stefan.    

Und dann war da noch der Moment, als sich ein paar Jungs und Deerns alberne Papierhütchen aufsetzten und mir ein derart unfassbares Geschenk machten, dass ich doch ein wenig die Fassung verlor. Aber das gehört hier nicht mehr hin.

Fotos zur Verfügung gestellt von den Pentax Boys: xs4all und Hippo, außer Bild 25 (Stefan Arndt), Bildbearbeitungen von mir. Mehr von der Hanseantarktischen Expedition beim Herrn Ärmel.
Musik zur Verfügung gestellt von Underworld - Dubnobasswithemyheadman/Born Slippy/Everything Everything