Montag, 30. März 2015

Stadtansichten: Winterhude (4) - City Nord
















Die in den sechziger Jahren im Norden Winterhudes errichtete Bürostadt City Nord, vom Rest des Stadtteils durch den Stadtpark getrennt, bestand hauptsächlich aus den Verwaltungen großer Konzerne. Das sollte die Wohngebiete entlasten und gleichzeitig moderne Arbeitsplätze im Grünen schaffen bzw. erhalten, da viele Konzerne sich durch den Platzmangel mit Abwanderungsgedanken befassten.  

Fürs Image ist es heute besser Büros am Hafen zu haben, möglichst mit Blick auf die Elbe, Großraumbüros waren irgendwann auch nicht mehr gefragt, so dass etliche Gebäude inzwischen abgerissen und durch Neubauten ersetzt wurden. Zwischenzeitlich sollten einige der Klötze sogar unter Denkmalschutz gestellt werden, was durch die Eigentümer verhindert wurde um eine nötige Modernisierung nicht zu gefährden.

Die Vorstellung hier arbeiten zu müssen fand ich immer ganz schrecklich, ein ganzes Ghetto an Schlipsträgern, eingesperrt in Sachbearbeitersilos. Wenn alle gleichzeitig aus den Bunkern strömen muss es hier furchtbar eng sein, am Wochenende ist es toter als tot. Der menschenleerste Ort der Stadt, trotz der vielen Grünflächen. Die einzige Ecke in der es hier noch zuckt ist eine alte Ladenpassage am Mexikoring, in der sich ein Kulturzentrum befinden soll. Aufgefallen ist mir bisher nur die Werbung für ein Lifestylemöbelhaus mit angeschlossenem Restaurant.

Eigentlich nicht gerade mein Traumziel für einen fotografischen Ausflug, daher habe ich mir nur einen kurzen Nachmittag die Zeit dort vertrieben. Angesichts der doch nicht ganz uninteressanten Motive sollte ich vielleicht einen weiteren Tag einplanen, die besten entdeckt man häufig erst beim zweiten Mal.

Fotos: Spiegelung am Überseering - Neubau HDI/Senvion - Vattenfall - Neubauten Überseering - Neubauten New York Ring Fassade Edeka - Abandoned Places: Oberpostdirektion - Fassade RWE Gebäude - Fassade ehem. Oberpostdirektion - Neubau New York Ring - O² Kubus

Musik: Pearl Jam - Backspacer



















Freitag, 27. März 2015

Stadtansichten: Winterhude (3) - Stadtpark
















Sechs Spielplätze, ein Planschbecken für Kinder und eins für Modellbootfreunde, mehrere Cafés und Restaurants, eine Freiluftbühne für grandiose Konzerte, ein Planetarium um bei chilliger Musik in die Sterne zu gucken, zwei Biergärten und zweiundzwanzig Skulpturen, Rhododendrenpfad und Rosengarten, ein See um einfach so zu baden, ein Freibad um dafür Eintritt zu zahlen, Minigolf, Ruder- und Tretbootverleih, mehrere Sportplätze und genug freies Feld für Beachvolleyball, Fußball oder was einem sonst so einfällt an Freiluftsportarten.

Grillen zum Beispiel, sehr gerne genommen, weil man mit vier Grillparteien im Anschluss zwei Grilltore und zwei Mannschaften bilden kann. Jedenfalls wenn die geschätzt fünfhundert anderen Griller abgezogen sind. Trotzdem bleiben bei einer Größe von fast 150 Hektar auch an sonnigen Wochenenden reichlich ruhige Ecken übrig, zum Sonnenbaden oder Gitarrespielen, ohne dabei von Joggern oder Spaziergängern übermäßig gestört zu werden.

Einhundert Jahre alt ist der Hamburger Stadtpark im letzten Jahr geworden, als Ausgleich geschaffen für die vielen bebauten Flächen in der Stadt während der Industrialisierung, 1914 eröffnet und in weiteren 18 Jahren fertiggestellt. Von den ursprünglichen Gebäuden sind außer dem Planetarium nur noch zwei weitere Backsteinbauten erhalten, der Rest wurde im zweiten Weltkrieg zerstört und nicht wieder aufgebaut. Die Trinkhalle dient heute als Café, das Landhaus Walter als Biergarten, Restaurant und Bluesclub, in dem man sogar am Heiligabend ganz fantastische Konzerte sehen kann.

Für Winterhuder und angrenzende Stadtteilbewohner die schnellste Möglichkeit ins Grüne zu kommen. Als Stadtrandbewohner ist man nicht auf einen Park angewiesen, Konzerte sind daher meist die einzigen Ereignisse, die mich in den Stadtpark treiben. Oder Fotosafaris, was ebenfalls eine Menge Spaß machen kann.

Fotos: Festwiese und Planetarium vom Modellbaubecken aus gesehen, Planetarium, Festwiese, Stadtparksee, Freiluftschach, Zentaur am Stadtparksee, Trinkhalle, Diana mit Hunden, Ententeichbiotop
Musik: Mark Lanegan - Phantom Radio / No Bells On Sunday  









































Mittwoch, 25. März 2015

Stadtansichten: Winterhude (2) - Jarrestadt
















Ende der 20er Jahre wurde sie gebaut, die kleine Stadt in der Stadt, gelegen zwischen Osterbek- und Goldbekkanal, geplant vom damaligen Hamburger Oberbaudirektor Fritz Schumacher. Klinkerbauweise mit rotem Backstein natürlich, wie fast alles von Schumacher. Modern sollte es sein, hell, freundlich, familiengerecht, mit Küche, Bad, grünen Plätzen und Innenhöfen, in der Nähe des ebenfalls unter Schumachers Ägide entstandenen Stadtparks - und dazu bezahlbar. Moderner Städtebau als Antwort auf die Wohnungsknappheit und die schlechten Wohnbedingungen in dieser Zeit. Die besten Architekten der Stadt sollten sich einem Wettbewerb stellen, fünfzehn Architekten bzw. Architekturbüros waren am Ende beteiligt, u.a. Schumacher selbst, der die Schule Meerweinstraße entwarf. Die günstigen Mieten sollten dann allerdings den Mitgliedern der Baugenossenschaften vorbehalten bleiben, Qualität hatte auch damals schon ihren Preis.

Achtzig Jahre später, inzwischen unter Milieu- und Denkmalschutz, bröckelt der Backstein langsam vor sich hin, sind die Eckgeschäfte in der Jarrestadt fast alle verschwunden, die kleinen Schaufenster mit vergilbten Gardinen verhängt, der nächste Supermarkt außerhalb der Siedlung. Was damals modern und geräumig erschien ist heute überholt, Bad, Küche, fließend Wasser sind Standard und zwei bis zweieinhalb Zimmer mit 50 bis 60 qm² Wohnungsgröße eher was für Singles, Pärchen oder Alleinerziehende.

Auf den ersten Blick erschien mir die Jarrestadt nie besonders attraktiv, fährt man an diesen dunklen Backsteinklötzen vorbei, möglichst auch noch im Winter oder bei anderen schlechten Wetterbedingungen, wirkt das nicht besonders einladend. Erkundet man das Areal bei Sonnenschein zu Fuß sieht das schon ganz anders aus. Es ist sehr grün und es ist vor allem sehr ruhig im Gewirr der vielen kleinen Einbahnstraßen, da merkt man erst was kein Durchgangsverkehr ausmachen kann. Es ist auch, den fünfzehn Architekten sei Dank, nicht das befürchtete langweilige Bauklotzsystem modernerer Siedlungen, sondern eine fabelhaft rundeckigverwinkeltgerade Mischung. Man kann also auch in Legosteinbauweise durchaus abwechslungsreiche Gebäude und Fassaden gestalten.

Fotos: Hamburg Winterhude, Jarrestadt, Kranzhaus der Schiffszimmerergenossenschaft
Musik: Nils Petter Molvær - Khmer / Hamada

















Sonntag, 22. März 2015

Stadtansichten: Winterhude
















Wohnen direkt am Wasser, einen großen Park vor der Haustür und trotzdem möglichst nah an der City? Geht, in Winterhude. Wobei man für "direkt am Wasser" natürlich das nötige Kleingeld mitbringen muss, ob nun an der Alster, am Alsterlauf, am Goldbekkanal, oder an einem der zahlreichen anderen Kanäle die den Stadtteil durchziehen. Eigener Bootsteg inbegriffen.

Trotzdem ist für jedes Portemonnaie etwas dabei, dürften die Villen und Eigentumswohnungen am (nur für Anwohner zugänglichen) Rondeelteich zu den teuersten in der ganzen Stadt gehören, ist eine Wohnung in der Jarrestadt sogar für Studenten und Arbeiter bezahlbar. Jedenfalls war das in vergangenen Zeiten so, als ich noch Studenten kannte die dort wohnten.

Für die gibt es auch immer noch jede Menge nette Kneipen und Cafés, neben den vom Winterhuder Durchschnittsverdienst angelockten Nobelläden. Kulturelle Einrichtungen sind ebenfalls reichlich vorhanden, das Kulturzentrum Goldbekhaus für die Anwohner, die Komödie am Winterhuder Fährhaus für die Theaterkomödiengucker und die ehemalige Maschinenfabrik Kampnagel, als Veranstaltungsort für zeitgenössische darstellende Kunst (und Konzerte von Tamikrest, wodurch ich das Vergnügen hatte Teile des kulturell interessierten Winterhuder Publikums kennenzulernen.)

Mit etwas über 50.000 Einwohnern liegt Winterhude auf Platz fünf der Hamburger Stadtteile, die müssen sich angeblich 7.6 km² Platz teilen. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob bei solchen Rechnungen die nicht bebaubare Fläche ausgeschlossen wird, immerhin nehmen der Stadtpark und die Bürostadt City Nord ein gutes Drittel der Fläche ein.

Gentrifizierung ist hier anscheinend kein Thema, Luxusneubauten am Kanal waren wohl auch vorher schon keine Wohnungen für Normalverdiener, Altbauten werden eher renoviert als abgerissen und die Jarrestadt ist durch den Denkmalschutz ohnehin dem Spekulantenzugriff entzogen. Wenn es nicht gerade an einer der Hauptverkehrsadern sein muss, oder direkt am Winterhuder Marktplatz, könnte man hier wohnen wollen.

Wenn es für den Bootsteg im eigenen Garten nicht reicht, die Grillwiese im Stadtpark ist groß genug und Boote kann man sich dort leihen.

Fotos: Außenalster/Krugkoppelbrücke (1) Kampnagelgelände (2,3,4) Kompetent (5) Bootsteg my dear (6) Barmbeker Str. (7) Mühlenkamp/Barmbek Süd (8,9,10,11) Kapitalistenpaläste Bellevue/Rondeel (13,14,15,16) Alster/Krugkoppelbrücke (17,18,19,20) Goldbekplatz, -kanal, -haus (21,22,23) Giebelgedöns (24,25) Winterhuder Fährhaus (26) Alsterufer Winterhude Nord (27)

Musik: Seasick Steve - Sonic Soul Surfer    

Fortsetzung folgt