Mittwoch, 30. September 2015

Oles Glaspalast

















"Was ist jetzt eigentlich teurer, die Elbphilharmonie oder der Berliner Flughafen?"  Dolle Frage, das wäre etwas für die erste Runde bei Günter Jauch. Die Antwort des Begleiters der jungen Dame bekomme ich nicht mit, aber ich hoffe mal, dass er Konzerthaus und Flughafen in richtige Relationen setzen kann und die 50 Euro Hürde nimmt. Auch wenn es kein Trost ist, dass Berliner noch dusseliger sein können als Hamburger, das wusste ich schließlich vorher schon.

Der Initiator des Hamburger Schwachsinns, Ole von Beust, beklagte doch neulich in der Presse tatsächlich die fehlenden Visionen seines Nachfolgers auf dem Hamburger Bürgermeisterstuhl. Gott sei Dank kann ich da nur sagen, der Scholz ist auch ohne Wahnvorstellungen schon schlimm genug. Nicht auszudenken wenn der ähnliche Visionen entwickeln würde wie von Beust, denn die waren durch die Bank eine einzige Katastrophe für die Stadt.

Seine größte Vision ist seit acht Jahren im Bau und seit ein paar Wochen das erste Mal ohne Baukräne zu sehen. 77 Millionen Euro sollte die Elbphilharmonie kosten, 789 Millionen sind es geworden, fertig ist das Ding aber noch lange nicht. Einen größeren Beweis für völlige Unfähigkeit könnte es eigentlich gar nicht geben, hätten die Berliner das nicht nahezu gleichzeitig überboten.

Ein Touristenmagnet scheint es immerhin zu werden, denn ich bin bei weitem nicht der einzige, der Oles Glaskiste ohne Kräne fotografieren will. Nähere Informationen zum Bau bekommt man durch Gesprächsfetzen von der Wasserseite, "zwanzigtausend Euro, jedes einzelne Fenster" tönt es aus dem Lautsprecher einer vorbeifahrenden Barkasse. Den Hafenclowns ist zwar bei ihren Aussagen grundsätzlich nicht zu trauen, aber in dem Fall glaube ich mal nicht an eine Übertreibung, denn soweit ich weiß sind diese nach außen gewölbten Spezialkonstruktionen noch um einiges teurer gewesen.


Immerhin, das muss ich gestehen, ist der Kasten fotogen. Die 789 Millionen Euro hätte man zwar gerade jetzt deutlich sinnvoller verwenden können, aber wenn das Ding schon mal steht...


Glaspalastfotos: Elbphi HDR aus 6 Aufnahmen - Cap San Diego/Elbphi -  Elbphi/Marco Polo Tower/Elbbrücken - Glasfronten
Glaspalastbier: Simco 3, Riegele BierManufaktur, American Pale 5,0%
Glaspalastmusik: Bruce Springsteen - The Wild, the Innocent & the E-Street Shuffle/Born To Run / Darkness On The Edge of Town








Sonntag, 27. September 2015

Lego für Erwachsene
















Mein Ikea-Rohbau steht in knapp eineinhalb Stunden, zwei mal zwei Meter PAX Kleiderschrank inklusive der vier fachmännisch angebrachten Türen und einem Raumtrenner im Mittelteil, der später vier von insgesamt sechs ausfahrbaren Drahtkörben beherbergen soll. Später ist, nachdem der letzte der Renovierhelden auch noch das Verdunkelungsrollo und die Gardinenstange angebracht hat und sich nach Tagen der Renovierungsplackerei in den verdienten Urlaub verabschiedet. Den weiteren Innenausbau mache ich selber, trotz der vielfältigen Gerüchte über Ikea kann das so wild nicht sein. Das ist Lego für Erwachsene, wie Herr H. immer zu sagen pflegt, also auch von Doppellinkshändern wie mir zu bewältigen.

Bevor ich mich an die Arbeit mache übe ich mit dem Ablagetisch HURDAL. Seine Utensilien auf der Heizung ablegen zu müssen nervt, da hat das Tischchen oberste Priorität. Die Anleitungen erinnern tatsächlich an Lego, wahrscheinlich hätte sogar die Prinzessin das kleine Ding in einer halben Stunde fehlerfrei zusammengedengelt, aber die ist auch kein Doppellinkshänder. Idiotensicher ist der Anleitungscomic nämlich nur, wenn der Idiot den Comic mindestens dreimal gelesen hat. Dann sieht er auch, warum das gar nicht passen kann was er gerade versucht zu bauen.

Der Vorteil dieses Ikeasystems ist, dass es nichts bringt FAST alles richtig zu machen, der kleinste Fehler macht sich früher oder später bemerkbar. Schrauben, Holzdübel, Schraubdübel, Kontermuttern und das ganze Zeug ist in genau passender Anzahl vorhanden. Ist etwas übrig, hat man vergessen das irgendwo einzubauen. Vermisst man etwas, ist es nicht nötig. Wenn man nicht vergisst, die zwei Schrauben in der Bodenplatte einzusetzen, dann benötigt man auch keine Unterlegscheiben für die Halterungen der Drahtkörbe. Passt alles exakt, wie bei Lego.

Nur, dass so ein Star Wars Fighter aus sehr viel mehr Teilen besteht. Ikea wäre für Kinder wohl zu langweilig, sonst wüsste ich schon, wer meinen nächsten Schrank zusammenbauen darf.

Legofotos: Kompaktknipsendokumentation
Legobier: Auris 19, Riegele Biermanufaktur, Doppelbock 9.0%
Legomusik: Widespread Panic - Street Dogs


Freitag, 25. September 2015

Viel schneller als sonst


















Urlaub für Fußball? Dienstags im Pokal, Montags gegen Duisburg und Düsseldorf und dazwischen eine englische Woche mit Mittwochsspiel - und das nur die erste Saisonhälfte. Fußballfans sollten sich also eine ganze Woche Urlaub aufsparen, als ob man davon genug hätte. Danke DFL. Danke auch für die schwachsinnige Anstoßzeit  um 17:30, die ich tatsächlich nur deshalb nicht verpasse, weil ich zufällig wirklich Urlaub habe. Dank der tatkräftigen Hilfe von Herrn H. und seinem profunden Wissen über das Zusammenzimmern von Ikeamöbeln habe ich zweieinhalb Stunden vor Spielbeginn wenigstens einen fast fertigen Schlafzimmerschrank und das Bett im richtigen Zimmer. Schnell noch die Karre zum Schrauber bringen, mal sehen was eine neue behördliche Segensplakette kosten würde und kaputte Latüchten auswechseln, die Tage werden wieder kürzer.

Mitten in der Woche fährt sogar die Regionalbahn in relativ kurzen Abständen und das Ding ist deutlich schneller als die U-Bahn, möglicherweise sollte ich die Fahrtzeiten zum Stadion doch etwas intensiver vergleichen wenn die HVV App das vorschlägt, von Tonndorf aus habe ich ohnehin keine andere Möglichkeit. Bier auf nüchternen Magen taugt nicht, also am Hauptbahnhof schnell noch einen Burger-Test einschieben, so etwas kann man auf dem Weg zur U-Bahn wegdrücken. Burger King Extra Long Chili Cheese, scharf, furztrocken und langweilig, letzter im Test bislang. Was zu erwarten war, bei McDonalds war ich noch nicht. Die U3 ist nicht so voll wie befürchtet und sofort verfügbar. Fünfminutentakt. Wochentag. Ratzfatz im Stadion, viel schneller als sonst.

Das Feld vom heiligen Geist ist ein blöder öder Parkplatz ohne den Dom, bietet dafür eine traumhaft unverbaubare Aussicht auf das Stadion und das ist viel wert. Trotzdem könnte man mal langsam darüber nachdenken ein paar Bäume zu pflanzen, vor der alten Gegengerade standen immer welche, da gehören neue hin. Auf dem Weg zum Einlass stolpere ich über den Skipper und gucke unwillkürlich auf die Uhr, so früh ist der sonst nie da. Bleibt die Zeit für ein längeres Gespräch, bei dem ich erfahre warum er sonst nie da war und mir vornehme, nicht mehr so häufig über meine Zipperlein zu jammern, so oft wie der dem Sensenmann schon in der letzten Minute den Mittelfinger gezeigt hat. Eine lebenslange Dauerkarte ist latürnich auch ein triftiger Grund, da tritt man nicht einfach so ab. An den Eingängen drängt sich nix, keine Wartezeit. Wüsste ich nicht wo ich bin, man könnte glatt denken Mittwochs kommt hier keiner, das geht alles viel schneller als sonst.

Noch ein Bier und ab dafür. Die Bierversorgung ist zwar nicht schneller als sonst, aber das ist jammern auf sehr hohem Niveau, das zweite kann ich ganz gemütlich in meinen Bierbecherhalter einhängen und den abgezogenen Sticker ersetzen. Der Gästeblock ist winzig, die Nordkurve trotzdem voll. Ich schätze mal fast ausverkauft, trotz Mittwoch 17:30. Gegen Heiii-denheim mit der grausamen Hymne. Es schüttelt mich, das ist Pur pur. Das ist nicht nur textlich Pur, auch der Rest kommt hin. Bevor der Refrain einsetzt sind 90% der Hörer eingeschlafen oder hören nicht mehr hin. Wie kann man sich das antun? Wehrt Euch dagegen, Heidenheim! Wer einen Kiosk in das Stadion einbaut hat bessere Hymnen verdient.

#Bildnotwelcome an jeder Ecke und überall Tapeten und lustige Sprüche über den doofen Kai und hastenichgesehn? Denkste. Sogar KleinerTod steht ein paar Reihen über mir und tippert auf seinem Smartphone herum, es gibt nix zu knipsen. Wer soll das auch alles basteln, mitten in der Woche? Tapete hätte ich zwar noch übrig gehabt von der Renoviererei, aber weder die passende Farbe und schon gar nicht die Zeit, das Thema ist eh langsam durch. Mein #Bildnotwelcome T-Shirt ist trotzdem zeitlos, garantiert. Der Gästeblock hat ein ganz anderes Anliegen, die finden Mittwochsspiele um 17:30 so richtig Scheiße, weil sie zusätzlich 1312 Kilometer dafür zurücklegen müssen. Erstaunlich genug, dass noch einige Hundert das mitmachen. Guter Spruch natürlich, aber eben auch wahr, dem Kapital waren Menschen schon immer scheißegal. Auch Menschen mit Tapeten.

Unser Trainer Ewald Lienen hat für das heutige Spiel folgende Mannschaft aufgestellt. Mit der Nummer 30 Robiiiin  HIMMELMANN. Undsoweiterundsofort. Alushi, Sobiech, Ratsche, Sobota, Maier, Buchtmann, Verhoek. VERHOEK?
Echt jetzt? Ist Lenny verletzt und ich hab das nicht mitbekommen? Auf der Bank Dudziak, Picault, Thy, also nicht verletzt - und Jan-Philipp Kalla (Fußballgott, was dem Skipper nicht schmecken wird). Ist Lenny so durch dass er ne Pause braucht? In einer englischen Woche vielleicht keine schlechte Idee den Jungen zu schonen, Ewald wird schon wissen was er tut. Hoffentlich, denn unsere Bilanz gegen die defensiv starken Heidenheimer ist beängstigend schlecht, wir haben bisher alle Spiele gegen die verloren. Mit einem Sieg könnten wir die Bilanz wenigstens prozentual enorm verbessern, denn bisher waren es nur zwei Begegnungen.

Lärm! Messung bitte jetzt! Haben wir die behördlichen Auflagen eigentlich erfüllt? Heute wäre ein guter Tag für die Lärmmessung gewesen, das Herz von St.Pauli ist leise wie lange nicht, alle geschlaucht von der Arbeit? Waren gegen Duisburg andere Leute da? Ich versteh das manchmal wirklich nicht. Hells Bells. Konfetti. Anpfiff und -

Fußball gucken ist voll super, vor allem wenn die meiste Action in der Hälfte des Spielfelds stattfindet die man gut einsehen kann. Im Süden sieht man fast nix, die Sonne blendet unglaublich, aber direkt vor meiner Nase nehmen sie Heidenheim auseinander. Spielerisch. Immer wieder unfassbar was Ewald aus den Jungs gemacht hat, das sieht von mal zu mal mehr nach Fußball aus. Muss nur noch ein Tor fallen, aber erst fällt Ratsche und ein Heidenheimer sieht den gelben Karton dafür. Ratsche war zu schnell. Die sind irgendwie alle viel schneller als sonst, es ist ein pures Vergnügen dem Spiel zuzusehen, wenn sie jetzt noch in die Kiste treffen würden...

Fast zwanzig Minuten sieht das gut aus, dann liegt Alushi am Boden. Dudziak kommt für ihn ins Spiel, sieht aus als müsste Buchti zurück in die Defensive. Die wird inzwischen öfter mal gefordert von Heidenheim, geht dabei aber meistens ziemlich souverän mit um. Die IV mit Ziere und Lasse ist mittlerweile so gut geworden, da werden uns viele Vereine drum beneiden.
Nach einer halben Stunde die nächste gelbe Karte für Hoffenheim und fast das 1:0. War das tatsächlich Verhoek, der den Pfosten getroffen hat? Bevor sich die Aufregung gelegt hat ist der Ball tatsächlich im Tor, allerdings auf der anderen Seite. Waaas für ne Sch... was für n Glück, Abseits. Maaaan ey, macht mich nicht wahnsinnig. Ihr hattet mal die Spielkontrolle, lief doch alles..

Ratsche ist der Mann des Spieles, bis jetzt jedenfalls. Noch so ein Geniestreich von Ewald, den auf die 6 zu stellen, geackert hat er ja immer schon, aber jetzt ackert er deutlich effektiver. Nur durch Fouls zu stoppen heute, der kämpft um jeden Zentimeter Rasen. Und dann ist er durch und passt auf Basti. Und Basti überlegt und überlegt und als gefühlt das halbe Stadion brüllt "schieß doch" haut er das Ding in den Winkel. Hammerbastiiiii! Woohoo! 1:0 und hochverdient, was für ein Strahl.

Der Schiedsrichter ist kein Heimschiedsrichter und die Heidenheimer keine wilde Tretertruppe, trotzdem hagelt es gelbe Karten, weil sie häufig einfach den Schritt zu spät kommen. Unsere Jungs sind einfach viel schneller als sonst. Effektiver leider nicht, jetzt hätte ich doch gern lieber wieder Lenny da vorne, der ist technisch einfach deutlich besser als Verhoek und macht viel mehr Alarm. Ein zweites Tor vor der Pause wäre nett, aber Heidenheim ist nicht zu knacken.

Halbzeitpausenweisheiten. So langsam lebe ich mich ein hier, ich hab meine Nachbarn wiedererkannt! Also einen jedenfalls, der andere kann beruflich nicht und wird durch eine entzückende junge Dame vertreten. Von anderen Nachbarn werde ich inzwischen auch wiedererkannt, man liest sogar mein Blog, in Zukunft muss ich also höllisch aufpassen was ich hier schreibe *g*
Leider kann ich heute in der Pause nur fußballerische Halbweisheiten teilen, bei dem engen Zeitplan hat es für andere Dinge nicht gereicht, ich bin völlig nüchtern wenn man das Bier nicht zählt. Möglicherweise vergeht die Pause deshalb auch viel schneller als sonst und man kann wieder..

Fußball gucken, zweite Hälfte. Könnte durchaus spannender sein. Wir haben die Heidenheimer gut im Griff, aber nach vorne passiert zu wenig. Sobota kassiert die erste gelbe Karte auf unserer Seite, da steht es inzwischen 4:1 für Heidenheim. Die Standards sind meistens mehr gut gedacht als gemacht, weder Freistöße noch Ecken sind bei uns ansatzweise gefährlich. Nicht, dass das nachher wieder so ein Kackspiel wird, wo der Gegner in der letzten Minute seine einzige Chance nutzt und dann sind zwei Punkte weg. Spielverlauf, Kopf stellen und so..nee, lieber doch nicht spannend und drei Punkte im Sack.
"Es plätschert" sagt der Nachbar und da kann man nicht widersprechen. Mostly harmless alles, ich hätte doch vorher ein paar entspannte Rollen rollen sollen, auf die zehn Minuten wär's auch nicht angekommen. Heidenheim wechselt Frahn aus, der hat keine Schnitte gesehen heute, kurz darauf darf dann auch einer endgültig unter die Dusche. Gelb *2 = Rot. Jetzt wird das erst recht nix mehr. Wenn ich daran denke, wie die in den ersten 15 Minuten des Spiels kombiniert haben, jetzt noch mal so eine Phase gegen zehn Mann, die Lücken ausnutzen die sich zwangsläufig ergeben müssen, dann den Sack zumachen. 2:0, 3:0 und aus die Maus. Wäre echt gerechtfertigt, vom Spielverlauf her. Was für ein schöner Traum.
Für Heidenheim gibt es noch eine gelbe Karte, wenn das so weitergeht können wir so etwas gegen neun Mann vielleicht einmal versuchen. Mit Lenny, der endlich für Verhoek auf den Platz darf, die Lücken aber ebenfalls nicht mehr findet. Und mit Schnecke Kalla (Fußballgott), der sein Comeback nach Verletzung geben darf und das sofort zu würdigen weiß, indem er sich die nächste gelbe Karte abholt.
Und dann wird verwaltet. Kann man mal machen, ist zwar nicht schön, aber immer noch besser als in einen Konter zu laufen und dann dumm aus der Wäsche zu gucken. Drei Minuten Nachspielzeit, Abpfiff, drei Punkte, alles was zählt. Gegen so eine zähe Truppe holt die nicht jeder.

Viva con Agua hat heute Glück, dass ich keinen der neuen Becher mit Ewald bekommen habe, obwohl ich weiß, dass es eigentlich schwachsinnig ist Plastikpfandbecher zu sammeln. Hier stehen schon Naki, Bruns und Boller und stauben in einer dunklen Ecke ein, trotzdem will ich einen Ewaldbecher haben. Vielleicht gebe ich Naki dafür heimtückisch in den Kreislauf zurück, wer weiß was Ewald aus dem machen könnte.

Das Mittwochspätnachmittagsfeierabendabschiedsbier könnte man vor den Fanräumen trinken, vorausgesetzt man trifft jemanden, mit dem man eins trinken kann. Das sind nachher so erstaunlich viele, dass ich mich langsam frage ob Mittwoch 17:30 nicht die ideale Fußballzeit ist, bringe das Thema aber lieber nicht zur Sprache. Gott sei Dank bin ich hier unter halbwegs vernunftbegabten Menschen, die sich über 17 von 40 nötigen Punkten mehr freuen als über den zweiten Tabellenplatz. Trotzdem bin ich langsam gespannt auf den Tag, an dem jemand das A-Wort sagt. Mein letztes Bier teile ich brüderlich mit Koschi, damit ich mich vom Acker machen kann, die heimische Baustelle wartet und bei so Renovierungsgedöns vergeht der Urlaub leider auch viel schneller als sonst.  

Schnelle Fotos: Gegengerade Millerntor 
Schnelles Bier: Ratsherrn Moby Wit, Belgian White Ale, 5.1%
Schnelle Musik: Left Lane Cruiser - Bring Yo' Ass To The Table / All You Can Eat / Dirty Spliff Blues












Freitag, 18. September 2015

Leere Zimmer, hohle Birnen
















Das Gästezimmer erinnert mich an Kai Diekmann, so ungefähr muss es in seinem Kopf aussehen. Nicht viel drin außer etwas Restmüll, der unbedingt raus muss.

Zumindest beim Zimmer besteht baldige Aussicht auf Besserung.Sollte von der Tapete noch etwas übrig bleiben, kann ich bis Mittwoch vielleicht sogar noch eine Grußkarte schreiben. FCK BLD benötigt ja nicht so viel Platz.

Fettes Dankeschön an meine "Renovierhelden" für die Hilfe

Bier: BrauKunstKeller Amarsi IPA, 7.1%
Mucke: Public Image Ltd. - What the World Needs Now...

Dienstag, 15. September 2015

Fabelhafte Geschenke
















Bring your Duschgel. Fabelhafte Aktion unserer FußballHandballdamen, sie wollen vor dem Spiel dringend benötigte Hygieneartikel für die Refugees sammeln, Duschgel, Shampoo, Zahnpasta und ähnliches. Das könnte einerseits unseren Ruf nachhaltig beschädigen, schließlich heißt es in einem alten Reim "wir sind Sankt Pauli - wir waschen uns nie", andererseits - wenn wir uns nie waschen sollte jede Menge Duschgel übrig sein. Bei mir dagegen sieht es in der Vorratskammer eher mau aus, da ist nur alte Niveaseife zu finden, aber ich muss eh noch einkaufen gehen. Das lenkt für ein paar Stunden von der Heimspielnervosität ab und ist bestimmt saugut fürs Karma, gegen den Tabellenletzten kann ein Karmaplus nicht schaden.

Kauf your Duschgel. Gerade rechtzeitig liegt ein Flyer vor dem Briefkasten, von einer dieser Weltklassedrogerien mit den vielen günstigen Angeboten. Duschgel in Dreierpacks ist genau das, was ich heute benötige. Bei Edeka räume ich die Haken mit den Kinderzahnbürsten leer und überlege mir schon eine haushaltsübliche Ausrede für die Kasse, es wundert sich aber niemand über meine 10 Enkelkinder, die Berichte über sich verweigernde Einzelhändler scheinen übertrieben. Kindershampoo haben sie leider nicht, da muss der Weltklassedrogist helfen. Dort im Haarpflegeregal stehen drölftausend Shampoos, von allen möglichen Herstellern in allen möglichen Farben, für dünnes, dickes, kaputtes, fettiges, stumpfes oder glänzendes Haar, nur nix für Kinder. Auf Nachfrage schickt mich die Dame in die Kinderabteilung, wo außer Shampoo noch ein paar Zahnbürsten und Kinderzahnpasta eingesackt werden. Sogar buntes Kinderduschgel haben die, demnächst dürften da ein paar Kiddies nach Himbeeren und Ananas riechen. Hoffentlich beißt niemand rein.

Schlepp your Duschgel. Das Zeug wiegt doch nicht so wenig wenn man alle Einkäufe zusammenpackt, daran hat wieder keiner gedacht. Meine Hoffnung, in der U-Bahn würden sich noch mehr Leute mit Seife im Gepäck einfinden, erfüllt sich nicht. In Barmbek linst mir einer ständig in die Tüten, bevor er sich traut zu fragen was ich vorhabe. Von der Aktion hat er nichts gehört, Forum und F*c*book haben wohl doch nicht so die erhoffte Reichweite wenn es um Körperpflege geht. Oder an dem "wir waschen uns nie" ist wirklich etwas dran.

Fanräume. Ja super, wo werde ich das Zeugs jetzt los? Keiner weiß irgendwas, ich denk vor den Fanräumen ist ein Stand oder sowat? Alles abgelatscht, inzwischen sind hier sieben Bierstände vor der Gegengerade, aber keiner der Duschgel sortieren will. Von hinten klopft mir irgendwann KleinerTod auf die Schulter, den kann man fragen, der kennt sich bestimmt aus mit solchen Aktionen. IN den Fanräumen. Dafür haben die Platz? Na dann, rein, abgeben, Stadion entern, Bier holen, endlich die Hände frei. Und gleich mal um die Ecke gucken was mein Becherhalter macht, den ich von der Südtribüne aus nicht sehen konnte. Hängt. Nur der Sticker ist weg, wer zum Geier entfernt meinen St.Pauli Lieblingssticker aus diesem Stadion? Davon hab ich nur noch zwei.

Eine Stunde bis Anpfiff. Vor Block 2 sind nur zwei Mann zum quatschen verfügbar, hat nicht jeder seinen Urlaub so geschickt geplant wie ich. Der Dartmeister wird erst kurz vor Anpfiff erwartet, der übliche Montagabendstress. Die Erwartungen sind recht hoch, ungefährdeter Heimsieg, 3:0. In der Richtung etwa. Seit wann genau sind wir nicht mehr Punktelieferant für den Tabellenletzten? "Seit dieser Saison!" Das ist neu, daran muss ich mich erst gewöhnen. Normalerweise haben wir immer ein Geschenk für die.

Hymnen und all das Zeug. Die Zebrahymne habe ich wie lange nicht gehört? Zwei oder drei Jahre? Haut auch heute niemanden vom Hocker, außer dem Gästeblock vielleicht, aber irgendwie finde ich es schön, dass die wieder da sind. Das ist so Urgestein der Liga, die hatte ich schon in Sammelbildheften als sie noch Meidericher SV hießen und Bernhard Dietz Nationalspieler war. Dagegen kackt so etwas wie der Brauseklub schon zwangsläufig ab. Bernhard Dietz war auch noch ein Name, den jeder Stadionsprecher fehlerfrei über die Lippen brachte, bei Onuegbo verhaut Rainer das leider völlig. Er hätte es beim Vornamen belassen sollen, der Gästeblock ist, trotz der für Montage üblichen kleinen Ecke, laut genug für den Rest.

Ewalds erste Wahl und die Tücken der Technik. Jaha, Jeremy Dudziak ist in der Startelf und Fafa im Kader, das hatte ich nach Dortmund schon gehofft. Schön. Maier dafür nur auf der Bank, Hornschuh in der Abwehrkette für Nehrig. Buchti auf der Zehn und Lenny wieder der Alleinunterhalter vorne, alles wie erwartet eigentlich. Unerwartet viele Pannen flimmern dafür über die Anzeigetafel, hier kein Bild, da kein Bild oder auch gerne mal verspätet, die Technik hat nicht den besten Tag erwischt heute. Der Name Dudziak ist bei vielen noch nicht abgespeichert, dafür ist das Herz von Sankt Pauli wenigstens Montagabendlaut, sogar meine Nachbarn singen heute mit. Bei Flutlicht kann man ja mal aus sich raus gehen. Hells Bells, Konfetti, ab dafür..

Erste furchtbare Hälfte. Uff. Das ist nach zehn Minuten schon relativ anstrengend anzusehen. Dass Duisburg sich hinten reinstellt hab ich erwartet, aber sooo tief ist das nicht gerade, unsere Defensive wird jedenfalls gut beschäftigt. Vorne sind die Räume zu eng, da kommt keiner durch ohne ein gute Idee. Die sind jedoch rar gesät bei uns, da ist zu wenig Bewegung im Spiel. Buballa liefert seinen schnellsten Sprint erst ab, als ihm ein Duisburger die Kugel vom Fuß klaut und damit einen Konter einleitet. Dass er für das anschließende Foul keine gelbe Karte bekommt kann ich kaum glauben. Gott sei Dank sind die Duisburger bei Standards wirklich schlecht, weder Freistöße noch Ecken stellen uns vor große Probleme. Ein Spiel zum auf die Uhr gucken. Bei einem Zweikampf fliegt Lenny im Strafraum leider umsonst, kein Pfiff und von hier aus nicht zu erkennen ob es hätte pfeifen müssen. Wenn überhaupt nach vorne etwas geht ist meistens Dudziak beteiligt, wie gegen Dortmund einer der Auffälligeren. Der kann mit der Pille umgehen, das macht Spaß beim Zusehen, nur Tore schießen klappt leider noch nicht.
Bei den Duisburgern ein ähnliches Problem, aber die sind näher dran. Ganz plötzlich ein gaaanz langer Ball und - die Latte. Bäng! Da wirste wach, egal wie scheixxe das Spiel vorher war. Die Jungs hat es scheinbar auch wachgerüttelt, sie versuchen die eine oder andere schöne Kombination, aber anders als bei Bayern oder Dortmund muss bei uns der Zufall öfter helfen wenn das klappen soll. Der ist jedoch nicht auf unserer Seite heute, der letzte Ball kommt nicht an, es bleibt beim 0:0.

Halbzeitpausengedöns. Hab ich schon mal erwähnt, wie geil das ist hier oben Bier zu holen? Zwei Minuten nach dem Halbzeitpfiff hab ich ein neues, weil alle erst auf die Toilette rennen. Die Kamera kann in der Tasche bleiben, Montags gibt es eh nicht viel zu knipsen. Dafür lerne ich jetzt endlich meine Nachbarn links näher kennen, das sind tatsächlich Dauerkartenplätze, obwohl da gefühlt bei jedem Spiel jemand anders saß. Die beiden erkennen mich angeblich jedoch wieder, also bin ich der mit dem schlechten Personengedächtnis. Da die Jungs von meinem Becherhalter so begeistert sind nutze ich die Gelegenheit und verschenke den zweiten, den ich für Notfälle in der Tasche habe, nu muss Maxe noch einen dritten dengeln. Noch so ein fabelhaftes Geschenk heute. Karma Baby! Dafür will ich nen Heimsieg. Das wird noch richtig gemütlich hier oben, die Rentnergang hat sich an meine Sportzigaretten gewöhnt, bis Ende der Saison krieg ich die vielleicht zum mitsingen.


Zweite nicht ganz so furchtbare Hälfte aber nur wegen der Tore . Das Spiel animiert nicht gerade zum Mitsingen. Mein Nachbar murmelt etwas von einem guten Drittligaspiel, das kommt hin. Not gegen Elend. Der scheinbar auf ewig unerfüllt bleibende Traum, einen tief stehenden aber technisch eher limitierten Gegner spielerisch zu beherrschen. Dazu ein Schiedsrichter mit Würfelpfeife und fallende Duisburger, einer liegt immer, laaangweiliges Kackspiel. Wenn die sofort attackieren fällt uns nichts ein außer Querpass und Rückpass, er kommt einfach nicht, der Zuckerpass, der die ganze Abwehr aushebelt. Weder Alushi noch Buchtmann finde ich gerade überzeugend und Jeremy hat sein Pulver scheinbar verschossen, da kommt nicht mehr viel. 
Ewald sieht das wohl ähnlich, ein Doppelwechel gleich. Buchti und Dudziak gehen für Maier und Fafa Picault. Jajajajajaja. Fafafafafafa. Der sieht auf dem Rasen aus wie ein 15jähriges Kind mit seinen dürren Beinen und den rosa Schuhen, aber gegen Dortmund fand ich den geil. Der macht sehr unorthodoxe Dinge manchmal, das hilft vielleicht den Gegner mehr zu verwirren als ihn selber. Wenn der mal Taktik lernt wird das richtig spaßig, ich bin jedenfalls jetzt schon Fan. Mit der anderen Einwechslung ist nicht jeder glücklich. "Von dem hab ich noch nicht ein gutes Spiel gesehen" muss aber von jemandem kommen, der nicht alle Spiele gesehen hat. Forza Basti! Zeig's ihm, wer immer das war.

Allez! Attacke! Elfmeter! Muahahhhaha. Was war das denn? Ein Duisburger geht mit Lenny in den Luftkampf und der Schiri pfeift. War das überhaupt ein Foul und wenn ja, war das überhaupt im Strafraum? Meine Nachbarn fühlen sich spontan an Bayern erinnert, aber hey, wenn die Bayern solche fabelhaften Geschenke annehmen können, dann können wir das auch. Aber gibt es überhaupt Elfmeter oder was diskutieren die da unten stundenlang? Hat jemand ein Einsehen? Lasse vielleicht, der  sich den Ball schon lange zurechtgelegt hat? "Wenn er fair ist haut er ihn auf die Tribüne" sag ich. Andererseits, man muss auch mal Schwein sein können. Ist ohnehin die Frage, ob der was wird. Wieso schießt Lasse jetzt die Elfmeter? Weil er Kapitän ist heute? Weil Lenny den letzten an die Latte genagelt hat? Wenn man Elfmeter köpfen könnte, jederzeit, aber Lasse mit seinen Stelzen? Was dauert das so lange da unten? Ah, der Duisburger Trainer kassiert rot, der fand den Elfer nicht so doll. 
Anlauf, drin das Ding. Eiskalt. 1:0. WOOHOO! Was für ein scheiß Glück kann man haben. Hat sich voll gelohnt diese Duschgelsache, man bekommt tatsächlich fabelhafte Geschenke zurück. Karma Baby!
Richtig schwungvoll wird es dadurch zwar nicht, aber angesichts der kaum zu überbietenden Duisburger Harmlosigkeit ist das ein netter Vorsprung. Die fallen weiterhin derart häufig, dass ich mich frage ob Norbert Meier da Trainer geworden ist, da muss ich das auch schon revidieren. Der MSV muss die letzten zehn Minuten mit 10 Mann überstehen, das ist bitter. Für uns auch, denn wir gegen zehn war noch nie so dolle, von wegen Zuckerpass und Abwehr aushebeln... 
Vielleicht sollte man die Spieler mal zum Augenarzt schicken, möglicherweise liegt es daran. Ratsche wedelt bei einem Einwurf wie blöd mit den Armen, aber bevor das jemand registriert sind auch schon zwei Duisburger darauf aufmerksam geworden, da wird es dann schwierig den Ball noch zu verarbeiten.
Doch dann kommt Fafafafafafa, macht unorthodoxe Dinge mit dem Ball, legt das Ding ab auf Basti Maier und BÄM! Woohoo! 2:0. Geiles Ding, jetzt haben wir wenigstens nicht das ganze Spiel geschenkt bekommen, war etwas Eigenleistung dabei.

Die Nachspielzeit müsste eigentlich gute zehn Minuten dauern, doch der Schiri hat ein Einsehen, die angesagten zwei gehen relativ rasch zu Ende. Es gibt Spiele, die müssen nicht wirklich länger als 90 Minuten sein. Ein Bier trinke ich noch mit der Tresenkurve vor den Fanräumen, die dort demnächst das zwanzigste Fanclubjubiläum feiert, mit Livebands und allem Pipapo. Termin ist notiert, das werde ich mir ganz sicher  nicht entgehen lassen. Zumal dort die legenderben Skinny Bitch auftreten, die mir Herr B. schon seit Jahren als ein der besten Livebands ever verkaufen will.
Dabinschjamalgespannt, nech.

Fotogeschenk: Gegengerade Millerntor, Konfetti, Kerzen, FCK IOC, Waldi verschenkt ein Trikot, RIP Lasse, Ewald freut sich
Biergeschenk: Meckatzer Weiss-Gold, 5.2%
Musikgeschenk: Frank Zappa - You Can't Do That On Stage Anymore Vol.1 & 2











Montag, 14. September 2015

Vietnamesische Überraschung
















Einer der Gründe, warum ich Samstags so gern in der Rindermarkthalle St.Pauli einkaufe, ist der Markt auf dem Vorplatz. Für den Einkauf taugt der zwar nichts, aber es stehen immer ein paar neue Imbisswagen herum an denen man frühstücken kann. Keine ordinären Currywurstkisten natürlich, sondern diese neudeutsch "Food Trucks" genannten rollenden Spezialitätenrestaurants. Meistens so viele, dass man Mühe hat sich zu entscheiden.

Das Wetter entschied letztens zugunsten der Bao Brothers, denn ein vietnamesischer Eiskaffee schien bei der Hitze die richtige Begleitung zum Bao-Burger. Der mutet auf den ersten Blick ähnlich seltsam an wie das helle Brötchen aus dem Dampfgartopf, ist aber sehr erfrischend und fast so lecker wie der Burger. 

Der ist, trotz des seltsamen Brötchens, eine Offenbarung. Saftiges Fleisch, dazu Salat, Tomaten und irgendwelches karamelisierte Gedöns mit Möhrchen, das ganze lecker süßlich-scharf in genau meiner Geschmacksrichtung, passt alles wie die Faust aufs Auge. Damit setzt der sich vorerst ganz locker an die Spitze im Burgertest.

Blöde an diesen Imbisskisten ist nur, dass man sich meistens bei F*c*book erkundigen muss wo die sich gerade rumtreiben und dann stundenlang durch die Gegend fährt, nur weil man mal seinen Lieblingsburger essen will.

Burgerfotos: Rindermarkthalle St.Pauli
Burgerbier: Buddelship Dr. Schnabel, Imperial Stout, 8.0%
Burgermusik: Van Morrison - 1982 - Beautiful Vision/Inarticulate Speech Of The Heart/Avalon Sunset 



Samstag, 12. September 2015

Keen Platz för Nazis


















Auch das Ohnsorg-Theater bezieht klar Stellung gegen das braune Gesocks. Hier bin ich richtig, Hachmannplatz 10 Uhr, ein Treffen mit Leuten aus der Tresenkurve und ein paar tausend anderen Demonstranten. Alles noch ziemlich entspannt, sogar die Cops, bis erste Nachrichten die Runde machen: Die Patridioten weichen aus nach Bremen. Der nächste Zug geht in 15 Minuten und viele strömen spontan in den Bahnhof um den zu erreichen, was die Helmchen scheinbar überfordert. Uns ebenfalls, auf Rundreise war niemand vorbereitet, wir bleiben hier und hören uns die Ansprache von St.Pauli Präsident Oke Göttlich an, der irgendwas über Schrei nach Liebe von Die Ärzte erzählt, von dem ich maximal die Hälfte verstehen kann. Mikrofonlautsprecherwagengedöns halt, wird schon stimmen, ist ja Oke.

Wie immer heißt 'Demo' erst einmal viel rumstehen und warten. Wir vertreiben uns die Zeit mit einem Ausflug durch die Wandelhalle, auch hier ist noch alles ruhig. Wenn die Kackbratzen jetzt wirklich alle nach Bremen abgezogen sind warten wir auf die wenigstens umsonst und es ist schon mal befriedigend, dass die hier wieder kein Bein auf den Boden bekommen.

Eine knappe Stunde später dürfen wir uns bewegen, vorbei an Wasserwerfern unserer Schutzmacht, die mit den Dingern besser nach Bremen fahren sollte. Ein Bekleidungsunternehmen stattet den Demozug nebenbei mit bunten Werbeluftballons aus, was eine richtig tolle Aktion sein könnte, hätten die da ein fettes FCK NZS auf die Ballons gedruckt, aber auf solche Ideen kommen Bekleidungsunternehmen natürlich nicht. 

Vor dem Rathausmarkt werden wir umgeleitet, da ist es wahrscheinlich vorher schon voll gewesen und es ist sehr zweifelhaft, dass da noch ein paar tausend Menschen mehr Platz finden. Ich wüsste ehrlich gesagt auch nicht was ich da soll, auf das Geseier des Scholzomaten oder irgendeines anderen Politkaspers hab ich null Bock und dem Rest geht es ähnlich. Während wir noch beratschlagen was zu tun ist, stürmen sportliche junge Leute an uns vorbei, in die Gegenrichtung. Wenige Minuten später drehen auch Teile der Cops um und auf Twitter muss ich lesen, dass im Bahnhof Refugees von den braunen Bildungsverweigerern angegriffen wurden und Support benötigt wird. Daher also die Eile. Herr B. hat eigentlich keine große Lust auf Stress, schiebt dem allerdings ein unvollendetes "andererseits..." hinterher. Wir kehren ebenfalls um, auch wenn er noch keinen Siegelring hat der das Fanclubwappen auf Glatzen hinterlässt.

Denn einerseits ist es zwar sinnvoll gegen den faschistischen Mob zu demonstrieren, andererseits ist es aber noch viel sinnvoller sich dem entgegenzustellen. Zehn Minuten später sind wir wieder in der Wandelhalle, es ist rappelvoll und die Aufgänge scheinbar völlig blockiert, gegenüber auf dem Südsteg marschiert ein ganzer Zug Cops auf und besetzt Bahnsteig 14. Warum weiß kein Mensch, es bewegt sich eh nichts. Kein Zug fährt rein, keiner raus. Genug Zeit für ein Frühstücksbaguette vom Bahnhofsbäcker, bei einer Zigarettenpause kommen wir an der Anzeigetafel vorbei: Verkehr eingestellt. Nichts geht mehr, auf keinem Gleis fährt einer ab, alle ankommenden Züge mit Verspätung.

Aus Bremen kommen inzwischen Infos, die wollen das Pack dort auch nicht haben. Da unten steht ein Zug nach Cuxhaven, ich hätte da einen Vorschlag. Alle rein da und an der Küste kriegt jeder ein Gummiboot und ein paar Paddel fürs Patridiotenrudern. Wer Helgoland erreicht darf einen Antrag auf Rückreise stellen.  

Twitter liefert nur spärliche Infos, auf der anderen Seite droht die Schutzmacht scheinbar mit Wasserwerfern die Kirchenallee zu räumen, hier drüben kriegen ihre Kollegen ein Showprogramm geboten. Wir beschließen die Seiten zu wechseln, doch eine Polizeikette am Ausgang hält den Laden lange genug auf, die Situation hat sich wieder beruhigt als wir am Hachmannplatz angekommen sind. Hektisch wird es nur kurz, als eine Gruppe Refugees von einer schützenden Menschenkette durch den Ausgang geleitet wird, einige davon mit kleinen Kindern auf den Schultern. Ich habe selten so viele angsterfüllte Gesichter gesehen, nicht nur bei den Kindern, es ist eine Schande.

Was für ne Scheiße, da stehste da und kannst nix machen. Am liebsten würd man die alle in den Arm nehmen und beruhigen und denen erzählen alles wird gut, aber in dem Umfeld? Meins beruhigt sich hier immer mehr und strebt nach und nach dem heimischen Sofa zu, die letzte halbe Stunde verbringe ich alleine auf dem Südsteg. Eine Durchsage verkündet, dass "alle rechten Straftäter" inzwischen aus den Zügen entfernt wurden und keine mehr erwartet werden, da fällt mir ein dass meine kleine Schwester in einem dem der Züge sitzen könnte, die wollte heute Mittag nach Hause.

Sie sitzt tatsächlich in dem Ding an Bahnsteig 14, was eigentlich der falsche Zug ist, weil der schon vor einer Stunde hätte fahren sollen und was der ganze Blödsinn überhaupt soll, man müsste die Nazis einfach nur nicht beachten..
Kaum zu glauben, dass man heutzutage noch solche Grundsatzdiskussionen führen muss.

Hier is keen Platz för Nazis. Un dat blievt ok so.












Donnerstag, 10. September 2015

Spätsommerabendfreundschaftskick


















Ein Freundschaftsspiel mitten in der Woche um 18:30 ist eigentlich völlig bescheuert, aber ich hab da eh Urlaub und außerdem wäre ein ideales Geburtstagsgeschenk für den Exilwestfalen, kann er endlich mal wieder seine Dortmunder sehen. Zwar ohne Nationalspieler, also quasi die Bankdrücker plus Jugendabteilung, aber besser als nix. Gegengerade Sitz gibt es noch reichlich Karten, leider ohne meinen Block, nur die halbe Tribüne ist im Verkauf. Klar, Testspiel mitten in der Woche, da kommt doch kein Schwein.

Trotzdem frag ich am Wochenende lieber erst Herrn H. ob das was wäre mit dem Geschenk, schließlich müssen andere Menschen arbeiten. Der hält das für eine sehr gute Idee und wenn ich mir das recht überlege kann er auch gleich mitkommen, an jedem Spieltag AFM Radio hören und noch nie im Leben am Millerntor gewesen sein, das ist kein Zustand. Seine Angst, spontan zu sehr angefixt zu sein, kann er bei einem Testspiel eh vergessen. Dat is wie Vorgruppe, halbes Licht, halber Sound und keiner kennt die Songs.

Dummerweise gibt es inzwischen keine drei zusammenhängenden Plätze mehr auf der Gegengerade, nur auf der Südtribüne werde ich noch fündig, dreimal zweite Reihe und klick...
Drei Tage später sagt die Homepage was von 18.000 verkauften Tickets und ich gucke nochmal. Jetzt ist auch die restliche Gegengerade im Verkauf, leider gibt es keine Möglichkeit zum Tausch, aber mein Stammplatz ist eh schon weg. Was ist hier los?

Wenige Tage später sind 21.000 Tickets verkauft, dazu hat der Verein 1000 Refugees und viele der ehrenamtlichen Helfer eingeladen und im Forum fragen schon Leute nach Karten für den Gästeblock. Gästeblock?  Da kommen Leute aus Dortmund? Für einen Freundschaftskick ohne ihre Stars, an einem Dienstag?  Tatsächlich, sogar für die Nordtribüne gibt es inzwischen Karten.

Die Südtribüne ist jedenfalls voll, die Bierversorgung entsprechend zäh und die wabbeligen Plastiksitze ein Graus wie der Exilwestfale anmerkt. Stimmt eigentlich, das ist die älteste Tribüne hier. Man sollte das Ding mal renovieren, mit neuen Klappsitzen ließe sich farblich noch einiges machen, für eine großes FCSP reicht es bestimmt. Herrn H. sind die Sitze völlig Wurscht, der turnt jetzt schon ganz aufgeregt am Geländer herum. Den würde ich ja zu gerne mal mitnehmen wenn es hier um was geht und richtig die Luzie tobt...

Heute ist die Bolzerei eh nur Nebensache, ich freu mich wie Bolle über ein paar Bierchen mit Freunden, an einem schönen Spätsommerabend am Millerntor. Mindestens ebenso freue ich mich über die ganzen Aktionen für die Refugees, über den schönen Spruch auf der Gegengerade und am allermeisten über die Gesichter der Einlaufkinder aus dem Camp. Als diese kleinen Stöpsel da unten erst schüchtern in die Runde winken und dann unter dem Beifall von 25.000 Menschen glücklich lachend über den Platz toben, fliegt mir doch tatsächlich was ins Auge. Man muss nur Kinder oder Enkel in dem Alter haben und sich vorstellen was wäre wenn, dann geht das ganz schnell. Dabei kann sich wahrscheinlich niemand in diesem Luxussanatorium Deutschland auch nur annähernd vorstellen, was die hinter sich haben. Will ich in diesem Moment auch nicht, bei dem Thema bekomm ich eh schnell schlechte Laune, einfach mal freuen, dass die sich gerade freuen können.


Mein Platz auf der Gegengerade ist Luxusklasse, sitzen im Süden ist echt für'n Arsch. Von den Stehern bekommt man hier nichts mit, für den Strafraum im Norden bräuchte man ein Opernglas und eine neue Erfrischung dauert fast 15 Minuten, jedenfalls wenn man Exilwestfalen das Bier holen lässt. Herr H. macht sich nach 5 Minuten auf die Suche und ich kann ganze zehn Minuten in Ruhe Fußball gucken...:))

Das ist teilweise wirklich nett anzusehen auf dem Rasen, auch wenn die Lücken in der Abwehr beim 0:1 doch sehr groß sind, Lenny den an ihm verursachten Elfmeter höchstpersönlich nur an die Latte setzt und damit den eigentlich verdienten Ausgleich kläglich vergibt und man einen derart abgefälschten Ball wie beim 0:2 einfach nicht halten kann. Es gibt ne Menge schöne Spielzüge zu sehen und einen noch viel schöneren Anschlusstreffer zum 1:2 durch Fafa Picault, dem irgendjemand Sprungfedern statt Stollen unter die Buffer gebastelt haben muss. Wat für'n Satz war das denn ey. Herr H. ist völlig enthusiastisch, Woohoo, Song 2. Endlich. Damit hat er schon den ganzen Tag die Kollegen in der Firma genervt und nu darf er mal richtig. Was für ein Glück dass das geklappt hat, nicht auszudenken...
Überhaupt gefällt mir der Fafa ziemlich gut, fixer Junge. Den hab ich ganz leichtfertig schon in die Ecke "wir brauchen noch einen und der kost nix" gesteckt, aber Ebbe hat gesagt der kann Fußball spielen und wenn ein Fußballgott sowat sacht, dann muss da was dran sein. 

In der Halbzeitpause knipst Herr H. wie wild Selfies mit seinem Handy, ich komme mir vor wie ein Millerntourist. Der Exilwestfale erklärt mir derweil, dass man diese neumodischen Selfie Sticks nur ganz konsequent als Deppenzepter bezeichnen müsse, dann würden die so schnell verschwinden wie das Arschgeweih, damit hätte es ganz vorzüglich geklappt.

Die zweite Halbzeit ist das übliche Wechselspiel, man kann Bier holen ohne was zu verpassen, sich über Gonzalo Castro unterhalten und sich fragen, warum der heute dabei ist und wo der überhaupt herkommt, dass der kein Nationalspieler von irgendwas ist, denn der ist schon ziemlich gut. Herr H. erfährt nebenbei vom Exilwestfalen, dass der Schmelzer mit den dunklen Haaren eigentlich Subotic heißt und der richtige Schmelzer auf der anderen Seite zu finden ist, aber der ist dann aber auch bald weg, wie Ramos und die drei anderen Namen die ich bei Dortmund kenne. Selbst bei unseren Jungs hab ich den Überblick verloren wer da gerade rumturnt. Wenn mir jemand auffällt ist es meistens Jeremy Dudziak oder Fafa Picault, die machen Lust auf mehr und ich freu mich auf Montag mit richtigem Fußball.

Tore gibt es keine mehr, dafür  nach dem Abpfiff ein schönes Statement beider Mannschaften und das ist viel wichtiger heute, auch wenn es bei den ganzen Idioten nicht abkommen wird, den Adressaten wird es hoffentlich ein wenig Mut machen. 



Kickfotos: Südkurve Millerntor
Kickbier: Propeller Nachtflug Imperial Stout, 9.1%
Kickmucke: Ramones - Hey! Ho! Let's Go - The Anthology