Freitag, 29. Juli 2022

Ist das Kunst oder kann das weg?

 









Ein verlängertes Wochenende im Ruhrgebiet, was könnte man da nicht alles machen, außer auf Hochöfen herumlungern. Man könnte zum Beispiel nach Wuppertal fahren, um mal mit der Schwebebahn über die Wupper zu schweben, aber meine Begleiter sind immer noch auf dem Kulturtrip und haben den Skulpturenpark Waldfrieden als Ziel auserkoren. Der Name würde auch gut zu einem Friedhof passen und ähnlich lebhaft geht es hier zu am Sonntagnachmittag, die meisten Besucher sind wohl bei dem Wetter schon am Eiscafé vor dem Eingang gescheitert und eigentlich wäre das auch mein präferiertes Ziel gewesen weil...

Skulpturen.

Puh.

Als bekennender Kunstbanause ordne ich Skulpturen ganz grob in drei Kategorien ein, a. würde ich mir in den Garten stellen, b. würde ich mir nicht in den Garten stellen und c. was zum Geier soll das überhaupt darstellen? Wobei die Schnittmenge von a und c deutlich größer ausfällt, denn egal was der Künstler sich dabei gedacht hat, wenn man als erste Assoziation ein krass großes Pissoir vor Augen hat taugt das so wenig als Gartendeko, wie ein in den Wald kackender Blechmann.

Arnolds wetterfest eingepackte Fat Boy aus Terminator 2 ist zwar eine coole Idee, aber da hätte ich doch lieber das Original, das kann auch nicht teurer sein als so ein dicker Klumpen Bronze. Ein paar der (wahrscheinlich schon vom Materialwert her unerschwinglichen) Objekte sind ja durchaus schick anzusehen, aber warum sich jemand für ein Kunstwerk begeistern kann, das aussieht wie das Innenleben von Joseph Beuys Fettverdichter, wird mir auf ewig ein Rätsel bleiben.

Mit dem überwiegenden Teil der Ausstellungsstücke kann ich wenig bis nichts anfangen, was sich relativ schnell auf meinen fotografischen Elan auswirkt. Während die Kollegen sich für die Kunst sogar auf dem Rasen wälzen und dabei wahrscheinlich erstklassige Fotos schießen, suche ich permanent nach in der warmen Sonne liegenden Rentnerbänkchen, auf denen man mal einen durchziehen könnte.

Und weil ich mein Makro nicht mitgenommen habe, entdecke ich den ersten bunten Schmetterling seit mindestens zehn Jahren. Immerhin.

Für die Schwebebahn muss ich wohl noch mal vorbeikommen.

 

Fotos dazu: Skulpturenpark Waldfrieden, Wuppertal/ Nikon D7200

Musik dazu: Ryan Adams - Heartbreaker / Gold

 

 














 

 



Sonntag, 17. Juli 2022

Jedem Anfang wohnt ein Feuerzauber inne

 










Es ist gerade erst zwei Monate her seit dem letzten Heimspiel und einerseits kommt es mir vor als wär es gestern erst gewesen, andererseits ist heute so viel anders als gestern noch, ohne einen Buchtmann auf der Bank, ohne Makienok, ohne Dittgen, Kyereh und Burgstaller und deshalb auch nicht gerade mit dem optimistischen Gefühl, heute auf jeden Fall drei Punkte einfahren zu können, weil man die Wundertüte nicht so recht einschätzen kann, die uns Bornemann gepackt hat. 

Und jetzt ist auch noch Ewald weg, der wie kaum ein anderer zu diesem Verein gepasst hat und von dem ich gedacht hab, sollte uns eines Tages der Himmel auf den Kopf fallen wäre zur Not immer noch ein Ewald Lienen an Bord, als so eine Art Schutzheiliger des Vereins. Schön, dass er sich wenigstens noch mit einer echten Ewaldehrenrunde verabschiedet hat, war 'ne schöne Zeit. Meistens jedenfalls.😊

Die Neuzeit beginnt mit Orientierungsproblemen, dabei sitzt die Mehrzahl der neuen Spieler noch auf der Bank. Wer ist denn jetzt eigentlich dieser Eggestein, der die Tore von Burgi machen soll?  Der Skipper weiß Bescheid, unser Sturm trägt blaue Schuhe. Da Matanovic auch mit Bart immer noch aussieht wie George McFly, muss der andere also Eggestein sein. Dann wäre da noch Saliakas und die Hoffnung, dass mit dem auch über rechts mal was geht und der Rest kommt mir doch noch bekannt vor nach ein paar Minuten.

Ganz besonders auffällig ist Jakov und das ist blöd, weil mein geschätzter Nachbar zwar gerne und oft auch unberechtigt über Jakov meckert, aber mit der Bemerkung "jetzt muss er nur noch ausrutschen, dann hat er alle Katastrophen durch" leider recht hat. Sind wir zu laut im Stadion oder wieso kommt es zu solchen Abstimmungsproblemen? Braucht Jakov ein Hörgerät oder Dennis ein Megaphon? Wieso ist Nürnberg ein Aufstiegskandidat, wenn die zu blöde sind solche Slapstickeinlagen zu nutzen? Und vielleicht war es doch ganz gut, dass wir den Daferner nicht geholt haben aber Mats hätte ich immer noch gerne zurück, am besten JETZT.

Inmitten dieses spielerisch eigentlich nicht sehr erbaulichen Abschnitts fangen wir jedoch plötzlich an Tore zu schießen, so ganz unverhofft und beinahe am Fließband. Ein Freistoß, ein Elfmeter und ein Kullerball der Marke "mein Name ist Daschner, lassen sie mich bitte kurz durch, dankeschön" und innerhalb von 15 Minuten steht es 3:0.  Damit hat nun wirklich niemand rechnen können, aber für unser Rentnerbänkchen kann ich sagen: Ein Halbzeitstand von 3:0 ist totaaal super für Herz und Kreislauf, es regt an und nicht auf, ist enorm beruhigend und senkt den Blutdruck, man hat gleichzeitig etwas Gymnastik weil man dreimal aufspringen, klatschen und woohoo schreien kann, also könnten wir das in Zukunft immer so handhaben? 

Zwei gingen vielleicht auch, aber dreinull ist schon echt super für Menschen mit koronaren Problemen.

Dabei hätte es auch gerne in der zweiten Halbzeit bleiben können, man muss nämlich keine unnötigen Gegentore kassieren, sonst würden sie ja nicht UNNÖTIGE Gegentore heißen. Andererseits kann man natürlich auch froh sein, wenn man dreimal im Spiel tierisch Bockmist baut und der Gegner nur einmal danke sagen kann. Für Jakov tät's mir leid weil ich den Jungen mag und der auch oft genug gezeigt hat, dass er es besser kann, aber ich hätte doch gerne eine stabilere Innenverteidigung ohne brenzlige Eigentorversuche. Könnte irgendwann wichtig werden.

Wahrscheinlich, das ist die Hoffnung, wird sich das alles noch zurechtruckeln, mit der Abstimmung, den Spielzügen und auch mit den Menschen am Millerntor, das angesichts einer sehr komfortablen Halbzeitführung noch nicht ganz so euphorisch roart wie eigentlich erwartet und die beiden Gegentore in der zweiten Hälfte nur erstaunt zur Kenntnis nimmt.

3 von 40. Wenn wir die haben denk ich noch mal nach.  

Was sonst noch gut war:

Es ist immer schön, Teil einer schicken Choreo zu sein, blöd ist halt nur dass man vom Gesamteindruck nicht viel mitbekommt, aber dafür gibt's ja Stefan Groenveld, der das dann für die Nachwelt festhält.   

Der HVV ganz ohne Baustellen und Schienenersatzverkehr.

Was sonst noch schlecht war:

Meine definitiv letzte Bratwurst im Stadion, es sei denn man führt eine vegane Variante ein, dann musste für diese Unverschämtheit wenigstens kein Tier sterben. Dass so etwas überhaupt als Lebensmittel zugelassen wird ist unbegreiflich.

 

Fotos dazu: Gegengerade Millerntor - FC St.Pauli - 1.FC Nürnberg, Endstand 3:2

Links dazu: Erfolgreiche Standortbestimmung vom Millernton

Tore dazu: Jackson Irvine, Leart Paqarada, Lukas Daschner 

Musik dazu: LTJ Bukem - Logical Progression













 


















Dienstag, 12. Juli 2022

Stahl*Zeit*Reisen

 









Als norddeutsches Heimatkind verschwendet man relativ selten Gedanken an Eisen und Stahl, das sind allerhöchstens Dinge, die im Hafen verladen werden und inzwischen wahrscheinlich häufig aus China kommen. Dabei ist das Zeug gar nicht mal so unwichtig, denn woraus sollte man sonst Schiffe, Container und Hafenkräne bauen? 

Früher kam der Stahl irgendwo aus dem Ruhrgebiet und wurde bei aberwitzigen Temperaturen von Menschen in sogenannten Hochöfen produziert, die dabei in Holzschuhen herumlaufen mussten, weil ihnen sonst die Schuhsohlen geschmolzen wären. Kein Scheiß! 

Solche Geschichten hört man jedenfalls, wenn man an einer Stahlzeitreise im Industriemuseum Henrichshütte teilnimmt und man könnte noch viel mehr erfahren, wenn man zwei Tage mehr Zeit hätte, um die ganzen Informationen aufzusaugen die einem hier angeboten werden. Führungen, Rundgänge, Bilder, Videos und Barcodes für's Smartphone, damit man unterwegs noch 'nen Podcast hören kann.

Stattdessen laufe ich (bei fast aberwitzigen Temperaturen) zwischen allerhand monströsen Gerätschaften hin und her und versuche mich mehr oder weniger erfolgreich in Industriefotografie, weshalb ich zwar nach drei Stunden jede Menge Fotos habe, aber absolut keinen Plan von was eigentlich genau. 

Da das Museum so freundlich war einen Fahrstuhl einzubauen, bin ich jetzt immerhin schon mal auf dem ältesten Hochofen im Revier gewesen, ohne dass ich jetzt genau wüsste was da wo genau in den Ofen gekippt werden muss, damit am Ende irgendwo Eisen oder Stahl rauskommt. Ich weiß nur, dass ich mit meinen Jobs im Leben eine Menge Glück gehabt habe, weil die Jungs hier damals bestimmt noch keinen Fahrstuhl hatten. 

Und mit Holzschuhen hätte ich höchstens nasse Füße bekommen.

 

Fotos dazu: Henrichshütte Hattingen-Historische Gebläsehalle-Hochofen-Blick über das Gelände / Nikon D7200

Musik dazu: Jah Wobble's Invaders Of The Heart - Rising Above Bedlam