Sonntag, 30. April 2023

Heute spielt nur einer

 










Von den Temperaturen mal abgesehen sind das heute fast sommerliche Verhältnisse, bei direkter Sonneneinstrahlung wäre sogar ein Stadionbesuch im T-Shirt möglich. Sonne hab ich leider auf meinem Platz nicht, also sollte tunlichst das Spiel der Mannschaft das Herz und den anhängenden Rest erwärmen. Das machen sie in der ersten Halbzeit so erstaunlich gut, dass ich mich sogar für ein zweites Kaltgetränk erwärmen kann, auch ein wenig in der Hoffnung, dass sie vielleicht mal ein Tor schießen wenn ich nicht hingucke. 

Daran krankt es weiterhin, denn eigentlich müsste es zur Halbzeit mindestens 5:0 stehen. Nicht, weil wir irgendwie fünf herausragend herausgespielte hundertprozentige Torchancen verdaddelt hätten, sondern weil wir mindestens zehn davon mal hätten kreieren müssen, denn heute spielt nur einer, St.Pauli und sonst keiner. Bielefeld kommt aus der eigenen Hälfte kaum heraus und wenn, dann wird das sofort abgefangen und der nächste Angriff rollt. Entweder unsere Konterabsicherung ist voll super, oder es liegt an den Bielefelder Fehlpässen dass hier nix anbrennt. Die sollen sich angeblich im Abstiegskampf befinden, davon merkt man aber wenig.

Es gäbe sogar ein Tor zu feiern als Dapo nach einer halben Stunde trifft, aber noch vor song2wuuhuu wird klar, dass der Schiri den nicht gibt wegen keine Ahnung was. Dabei würde ein Tor dem Spiel wirklich gut tun, das ist eigentlich alles was bisher zum Fußballzauber fehlt. Es fehlt nicht einmal an Abschlüssen, nur an Effizienz. Darüber, daneben, Bielefelder Bein dazwischen, alles dabei. 

Trotzdem bin ich nicht weiter beunruhigt, als es mit einem 0:0 in die zweite Hälfte geht, es geht nahtlos weiter, wir spielen, Bielefeld guckt zu. Muss dann auch zugucken als Marcel Hartel nach Paqas Zuckerpass steilgeht und ich hab ja immer Schiss, wenn da einer mit Ball auf den Torwart zurennt und auch noch bedrängt wird und dann muss man erstmal die Nerven haben, aber Hartel macht das eiskalt im Stile eines Torjägers, song2wuuhuu.

Eine Viertelstunde später schraubt Daschi das auf ein eigentlich beruhigendes 2:0, wie auch immer das passieren konnte ist in dem Gedränge vor dem Tor nicht auszumachen, aber irgendwo war wohl sein Fuß an der richtigen Stelle, relativ verhaltener Jubel bei uns, weil keiner weiß ob das möglicherweise Abseits gewesen sein könnte, aber dann doch song2wuuhuu. 

Warum wir im Anschluss auf einmal anfangen zu betteln, prompt den Gegentreffer kassieren und weiter betteln, das wird der Hürzelerfabi schon herausfinden, hat er jedenfalls angekündigt. Ich hab wirklich nichts gegen ein wenig Spannung beim Fußball, aber die letzten 15 Minuten hätten nicht sein müssen, das ist nicht gut für meinen Blutdruck.


Was sonst noch gut war:

Elias Saad. Hat er sich im Derby verdient den Einsatz, macht richtig Spaß ihn zu sehen.

Jaja, Jackson Irvine Fußballgott, geht klar, bin ich dabei. Aber sollte Manolis noch ein paar Jahre bei uns spielen, was ich sehr hoffe...💓


Was sonst noch schlecht war:

Es gab wohl jede Menge Restkarten auf dem Markt. Merkt man immer, wenn auf einmal fremde Leute auf Plätzen auftauchen wo sie nicht hingehören, das möglichst erst kurz vor dem Anpfiff mitkriegen und dann anfangen ihren Block zu suchen, dabei war es doch gerade so schön in der ersten Reihe und da saß ja keiner.   

Warum gibt es überhaupt Restkarten auf dem Markt? Weil wir nur noch theoretisch aufsteigen können?

Der VAR geht mir zusehends auf den Sack, selbst wenn er gar nicht eingreift. Es kotzt mich einfach nur noch an, wenn man bei einem Torjubel jedes verdammte Mal panisch auf den Schiri guckt, ob der irgendwelche Handbewegungen macht, ob der dämliche Keller sich meldet weil 30 Sekunden vorher ein Hase über's Spielfeld gelaufen ist, was sonst keiner mitbekommen hat und sogar noch beim song2wuuhuu nagen die Zweifel. Tor zählt erst richtig, wenn der Gegner wieder den Anstoß ausgeführt hat. Vielleicht sollte man dann erst jubeln.

Ich will Fußball wieder wie früher, wenn das Ding im Netz zappelt und der Schiri pfeift dann zählt's, fertig. Torliniendingens kann man gerne behalten.


Fotos dazu: Gegengerade Millentor, FC St.Pauli - DSC Arminia Bielefeld, Endstand 2:1

Tore dazu: Hartel (53.) Daschner (69.) Consbruch (73.)

Musik dazu: Kerala Dust - Francesca's Frames / Violet Drive

Links dazu: Millernton: One Step Beyond - Stefan Groenveld: Bielefeld niedergerungen


















Sonntag, 23. April 2023

Schiffe gucken in der Luxusvariante

 









Eines der liebsten Hamburger Hobbys, den Schiffen im Hafen beim Aus- oder Einlaufen zuzusehen, ist normalerweise gleichzeitig eine der günstigeren Vergnügungen. Man sucht sich einen chilligen Sitzplatz irgendwo an der Elbe, macht sich ein Bier auf und guckt, wenn es was zu gucken gibt. An Sonn- und Feiertagen ist das leider meist nicht sehr viel und weil man seinem Besuch ja etwas bieten will, plane ich einen Ausflug, zum Willkomm-Höft, der Schiffsbegrüßungsanlage in Wedel. 

Dadurch kommt man mal raus aus der Stadt, zwar nur für wenige Kilometer (und für den Preis von dreißig vorherigen Kilometern durch-die-Stadtverkehr) aber: Ausflug! Raus in die Natur, zumindest in die unmittelbare Nähe und am besten mit Bedienung. Das Schulauer Fährhaus bietet nahezu alle Vorteile und dazu noch die WELTBEKANNTE Attraktion Willkomm-Höft, durch die das kleine Örtchen Wedel auf sämtlichen Seekarten auftaucht, was z.B. Mienenbüttel niemals schaffen könnte, wenn es ihnen nicht irgendwann gelingt Flugzeuge zu grüßen. Standortvorteile nutzen nennt man das.

Seit 1952 werden hier alle ein- und auslaufenden Schiffe mit einer Vermessung von über 1000 Grosstons mit ihrer Nationalhymne und in ihrer jeweiligen Landessprache begrüßt. Die Begrüßungskapitäne beziehen ihre Informationen angeblich aus über 17.000 Karteikarten, was bei einem Stromausfall ohne USV sehr hilfreich sein könnte, solange der Lautsprecher auch im Kurbelbetrieb funktioniert. Die Nationalhymnen liegen hoffentlich inzwischen im digitalen Format bereit, damit man die Tapes von Malta und Liberia nicht alle naselang austauschen muss.

Im Biergarten des Fährhauses vermitteln die diensthabenden Begrüßungskapitäne exklusiv per Lautsprecher noch allerhand wissenswerte Informationen über die Schiffe, ein für Amateurfremdenführer nicht zu unterschätzender Vorteil, dass man nichts erklären muss, von dem man selber keine Ahnung hat.

Hätte ich gewusst, dass man in dem vermeintlichen Lokal für den gepflegten Massenausflug keine Currywurst mit Pommes bekommt, wie in jedem gepflegten Dorfschuppen zwischen hier und Bremervörde, wäre die Planung vielleicht anders verlaufen. Die Wahl zwischen dem Deichburger für 20 Euro und der Seezunge Müllerin für 45 fällt nicht weiter schwer, ich nehm den Käsekuchen aus eigener Konditorei plus Cappucino für jeweils 4,90, das ist noch im Rahmen der Vernunft, von den Kalorien abgesehen.

Für die drei Pötte, die in den paar Stunden dort vorbei sind, hätte sich der ganze Aufwand mit der Kameraschlepperei nicht unbedingt gelohnt. Die zerdepperte Scheibe am Fähranleger allerdings, die hat wenigstens zwei Leuten an diesem Tag viel Spaß gemacht.


Fotos dazu: CMA CGM Sorbonne, Marseille - Willkomm-Höft - Schulauer Fährhaus - Scheibe - Elbe - Otto - Schiff / Nikon D7200

Musik dazu: Taxi Kebab - Visions al 2ard  

 








 



Sonntag, 16. April 2023

Wir können auch anders

 










Um mal mit einer Binsenweisheit anzufangen: Jede Serie endet irgendwann. Unsere Serie hätte eigentlich schon vor zwei Wochen gegen Regensburg enden müssen, als wir zu doof waren das Tor zu treffen. In Heidenheim spielen die auf einmal wieder göttlichen Fußball, womit auch keiner wirklich rechnen konnte und jetzt sind wir schon bei 10 Siegen in Folge. Das alleine ist eigentlich schon unfassbar und eröffnet zudem die grandiose Möglichkeit, ausgerechnet gegen Stellingen das dreckige Dutzend vollzumachen. Das wird man doch wohl zu Hause gegen Braunschweig nicht in den Sand setzen.. 

Jaselbstverständlichaberimmerdoch. Wir können auch anders. Nicht nur schlecht spielen und trotzdem gewinnen, auch gut spielen und trotzdem verkacken geht, hatte man nur vergessen, weil's das ganze Jahr über so geschmeidig lief, dass einige Menschen schon anfingen die nächste Erstligasaison zu planen. 

Dass es die kalte Dusche dann gleich in der ersten Minute gab war gar nicht mal so schlimm, schließlich hat man da noch ein ganzes Spiel vor sich und das Vertrauen in die Mannschaft ist groß. Die zweite kalte Dusche in der 25. war dann nicht mehr ganz so gut wegzustecken, wo man sich doch dieses Jahr mental auf maximal ein Gegentor eingestellt hat. Anders als Sandhausen ist Braunschweig kein Gegner, der mal eben fünf Treffer zulassen würde. Nicht einmal die benötigten drei um die Serie fortsetzen zu können.

Da es am Ende nur noch für den Anschlusstreffer von Jakov gereicht hat, weil trotz großem Einsatz die Unzulänglichkeiten überwogen, vor allem die im Tore schießen, können wir uns jetzt auf die wirklich wichtigen Dinge konzentrieren.

Stadtmeisterschaft verteidigen!


Was sonst noch gut war:

Die Fahnen auf der Gegengerade sind wieder da.

Was sonst noch schlecht war:

Die Pommes auf dem DOM beim "amerikanischen" Burgerbrater.


Fotos dazu: Gegengerade Millerntor, FC St.Pauli - Eintracht Braunschweig, Endstand 1:2

Tore dazu: 0:1 Multhaup (1.), 0:2 Wintzheimer (25.), 1:2 Medić (85.)

Musik dazu: Fontaines D.C. - Skinty Fia

Links dazu: Millernton: Ein Hauch Hinrunde Stefan Groenveld - In jedem Ende steckt ein Anfang
















Donnerstag, 13. April 2023

Das Salpeterschiff

 









Hohe christliche Feiertage bei eher mittelprächtigen Witterungsbedingungen sind geradezu ideale Voraussetzungen, um im Kontorhausviertel halbwegs ungestört fotografieren zu können. Touristenhorden sind hier ohnehin nicht zu erwarten, hätten die letzten Randsteinparker die (durchaus noch vorhandenen) Parkplätze um die Ecke benutzt wär's noch schöner gewesen, aber man kann nicht alles haben. Zum Beispiel die legendären Treppenhausansichten, für die man wohl doch an einem Wochentag kommen muss.

So bleibt es vorerst bei ein paar Außenaufnahmen des von 1922 bis 1924 erbauten Chilehauses und seines Nachbarn, dem ebenfalls von Fritz Höger entworfenen Sprinkenhof. Bezahlt hat diesen Klotz, mit geschätzten 10 Millionen Reichsmark, der Hamburger Salpeterkönig Henry B. Sloman, damals wohl reichster Mann Hamburgs. 

Bekommen hat er dafür eine Ikone des Expressionismus (bei Wikipedia abgeschrieben), die seit 2015 zusammen mit der Speicherstadt UNESCO Weltkulturerbe geworden ist und wahrscheinlich hier und da ein paar Reichsmark von den Mietern, denn die 25.000 qm Bürofläche hinter den 2.800 Fenstern wird Henry damals nicht alleine genutzt haben.

Könnte man jetzt noch die dämliche Straßenbeleuchtung durch irgend etwas thematisch passendes austauschen, ich würd direkt nochmal vorbeikommen.

 

Fotos dazu: Kontohausviertel, Chilehaus (1-3), Sprinkenhof (4,5) - Nikon D7200, Sigma 10-20mm

Musik dazu: Robert Plant & Alison Krauss - Raise the Roof     

 



 

 

 

 

 

 

 

 



 

 


Sonntag, 2. April 2023

Eine fast schon unheimliche Serie

 










Der Fußballgott besitzt offenbar eine seltsame Art von Humor, jedenfalls was den FC St. Pauli betrifft. Hat er uns in der Hinrunde durch ungewollte Slapstickeinlagen noch reihenweise Punkte geklaut, sind wir in der Rückrunde zu einer Truppe dauersiegender Glückspilze mutiert, die selbst grottige Spiele gewinnt, ohne dabei auch noch selber ein Tor schießen zu müssen. Möglicherweise macht er das aber auch nur, um in Stellingen vermehrt Angstschweiß zu fabrizieren, wer kennt sich schon aus in den Gedankengängen von Göttern.

Was war das heute für ein schlimmes Gebolze, war der Rasen von Schneckes Abschiedsgala so kaputt, dass man darauf nicht mehr vernünftig spielen konnte? Verlernt man in Länderspielpausen das Gefühl für den Ball, oder warum kommen keine Pässe mehr an? Die dauernden Ballverluste, insbesondere in der zweiten Halbzeit, laden Regensburg zum permanenten Toreschießen ein und wären von einem anderen Gegner oder in einer anderen Spielzeit längst bestraft worden. 16:9 Torschüsse, das ist eine unangenehme Quote, wenn man sich das von den Rängen aus ansehen muss, schließlich könnte einer von denen mal einschlagen.

Gott oder wem auch immer sei Dank war das meist ausgesprochen harmlos, weil Regensburg da keinen Kleindienst oder Glatzel stehen hat. Typen, mit denen wir uns demnächst näher befassen müssen, wenn wir wirklich noch was reißen wollen. Bis es soweit ist haben sich die Jungs hoffentlich wieder an den Ball gewöhnt. 

Regensburg, da waren sich beide Trainer einig, hätte ein Unentschieden verdient gehabt und ich würde dem sofort zustimmen, hätten sie nicht nur ins eigene Netz getroffen. Dafür erinnere ich mich noch an zu viele Spiele der Hinrunde, in denen wir auch ein Unentschieden verdient gehabt hätten. Kaufen kann man sich dafür genau nix, außer einen neuen Trainer.

Sollten wir am nächsten Wochenende in Heidenheim gewinnen wären wir jedenfalls alleiniger Zweitligarekordhalter, mit 10 Siegen in Folge. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es genau hier vorbei ist mit dem Humor vom Fußballgott. Aber spätestens gegen Stellingen starten wir dann eine neue Serie, ja?


Was sonst noch gut war:

Die Abschiedschoreo für Antje Frohmüller. Kloß im Hals immer unvermeidbar, wenn die St.Pauli Familie von einem langjährigen Mitglied Abschied nehmen muss.

Was sonst noch schlecht war:

Hamburger Wetter hin oder her, so langsam nerven die Temperaturen. Hätte ich Bock auf Gefrierpunkt wäre ich Rentierzüchter in Lappland geworden.

Was ausnahmsweise nicht genervt hat:

Seit es im Stadion keine anständige Verpflegung mehr gibt, ist der DOM eine gute Möglichkeit seinen Hunger nach dem Spiel zu stillen und man muss sich dabei nicht einmal auf Currywurst beschränken. 


Fotos dazu: Gegengerade Millerntor - FC St. Pauli - SSV Jahn Regensburg, Endstand 1:0

Tore dazu: Owusu (23. / Eigentor)

Links dazu: Die doppelte Nummer 9 von Gröni und Im Willen liegt die Kraft vom Millernton

Musik dazu: Banco de Gaia - Last Train To Lhasa