Was macht man an einem Wochenende im Herbst, wenn rein zufällig das Licht noch einmal für goldene Stimmung sorgt? Ein neues Stadtteilprojekt anfangen? Irgendwo in den Wald gehen, Naturschutzgebiete aufsuchen? An die Alster oder Elbe? Oder die leichte Herbstdepression mit einem Besuch auf dem Friedhof anfeuern? Nicht irgendeinem Friedhof natürlich, sondern DEM Friedhof.
Hamburg Ohlsdorf, der größte Parkfriedhof der Welt. Hier liegen fast so viele Menschen wie die Stadt Hamburg Einwohner hat und natürlich (fast) alle ihre berühmten Söhne & Töchter, vom Bürgermeister bis zum Volksschauspieler. Hans Albers hat hier seine Grabstelle ebenso wie das halbe Ensemble des Ohnsorgtheaters, Edgar Bessen, Henry Vahl und Theatergründer Richard Ohnsorg. Nur Heidi Kabel hat die Ruhe und Abgeschiedenheit des Friedhofs Nienstedten vorgezogen.
Die wurde in Ohlsdorf zeitweise enorm durch den Verkehr gestört, denn das dichte Straßennetz des Friedhofs war für viele Pendler eine willkommene Abkürzung, so dass man die Öffnungszeiten der Tore ein wenig anpassen musste, um die Totenruhe nicht über Gebühr zu strapazieren.
Dieses dichte Straßennetz hat den großen Vorteil, dass man die fast 400 Hektar nicht vollständig zu Fuß erkunden muss. Theoretisch kann man die 13 Kapellen des Friedhofs auch per ÖPNV erreichen, denn es führt eine Buslinie durch den Park. Glücklicherweise war ich schlau genug, mir vorher eine Karte des Friedhofs auszudrucken und die Stellen zu markieren, die ich unbedingt aufsuchen wollte, denn ohne dieses Hilfsmittel hat man hier schon verloren.
Ein schier unendliches Labyrinth an Wegen, hinter hohen Hecken versteckte Gräber, die man oft nur bemerkt, weil die Flügelspitzen eines großen Engels gerade noch darüber zu sehen sind. Manchmal entdeckt man fantastische Skulpturen, irgendwo im Halbdunkel auf der anderen Seite eines Grabens oder Teiches, die man dann eine halbe Stunde lang suchen muss wie verrückt, weil man die Entfernung falsch eingeschätzt hat oder sich auf dem Weg durch andere Motive ablenken ließ.
Ebenfalls falsch eingeschätzt hatte ich die Lichtverhältnisse, goldener Herbst hin oder her, auf Friedhöfen mangelt es meist an Licht und das natürlich grundsätzlich in den interessantesten Ecken. Der erste Streifzug war dann auch relativ unbefriedigend und musste fast vollständig mit Stativ wiederholt werden. Da der Herbst an den folgenden Wochen ebenso freundlich blieb, habe ich sogar ein paar Ecken mehr abgelichtet als ursprünglich erhofft.
Und nach fünf Tagen Friedhofsknipserei wieder etwas gelernt: 1.) Stative sind gar nicht so schwer und lästig wie man immer denkt. 2.) Auch auf Friedhöfen wird man blöde angehupt, wenn man mit seinem Stativ mitten auf der Straße steht.
- Fortsetzung folgt -
Fotos: Kapelle 12 (2) - Grabmal Otto Behrens (5) - Grabmal Rudolph Bieber (6) - Denkmal Albrecht (7) - Obskurer "Afrikaforscher" (11) - Druidengrab (14) - Grabmal Moelck-Rommelé (15) - Althamburger Gedächtnisfriedhof (16,17) - Polizeigräber "Revier Blutbuche" (18) - Anonymer Urnenhain(20) Klick + F11 für große Gräber.
Musik: Massive Attack - Blue Lines / Mezzanine