Mittwoch, 31. Oktober 2012

Freiwillige Selbstkontrolle















Kann sich von euch noch jemand an den ersten Kinobesuch erinnern? An den ersten großen Film, den man als Kind mit seinen Eltern im Kino sah? Bei mir ist das definitiv zu lange her, ich hab nicht einmal eine leise Ahnung wie alt ich da gewesen bin, aber höchstwahrscheinlich war es ein Disney, damals ziemlich konkurrenzlos.
Erinnern kann ich mich an Pongo und Perdita, den man später umbenannt hat in 101 Dalmatiner. Da wollte eine hässliche Pelzmantel tragende Tante doch tatsächlich die ganzen kleinen Hunde umbringen und ihnen das Fell abziehen. Hat sie zwar nicht geschafft, aber allein der Gedanke war gruselig. Der entstand 1961, zeitlich käme das hin, auch mit der Altersfreigabe, wenn es damals schon eine gab. Hunden das Fell abziehen wollen geht erst ab 6, find ich jedenfalls.
Möglicherweise war es auch Bambi, ein Film über ein Rehkitz, in dem laufend Rehe von Jägern erschossen werden, unter anderem auch Bambis Mami. Voll traurig ey. Hab ich wohl nicht mehr auf dem Schirm gehabt, sonst hätte ich bei meinem Kind vielleicht einen anderen gewählt. Der hat sich neulich tatsächlich über die Brutalität in dem Film beschwert, das hat ihn wohl damals mehr mitgenommen als ich geahnt habe. Auch erst ab 6, sagt das Kind jedenfalls.
Der guckt sich momentan durch die ganzen Disneyklassiker, um einen möglichst schönen, lustigen, bunten und harmlosen ersten Film für seine Tochter zu suchen. Ohne tote Rehe und abgezogene Felle. Und ich such mit.

Denn auf welchen Film auch immer die Wahl fällt, es ist davon auszugehen, dass der nicht im Kino läuft. Folglich wird mein Wohnzimmer an irgend einem grauen Winternachmittag zum Kinosaal umfunktioniert, für ein Kind, dass gerade mal ein paar Folgen Pippi Langstrumpf oder Ferien auf Saltkrokan auf dem Computermonitor kennt, dürfte das beeindruckend genug sein. Für das ganz große Kino ist später noch Zeit, wenn wir die Kindertheater erst einmal alle durch haben.

Mit der Entscheidungsfindung zieht sich das sowieso gewaltig hin, obwohl ich mich zwischenzeitlich an den Tests beteiligt habe, denn den FSK Einstufungen trau ich nicht über den Weg, das ist mir in dem Alter viel zu allgemein gehalten.

Klarer Favorit ist momentan Sammys Abenteuer, der ohne die fabelhaften 3D Effekte wahrscheinlich furchtbar langweilig wäre, aber die großen Aquarien bei Hagenbeck fand sie schon spannend, sehr viel mehr passiert da auch nicht. Wenn es tatsächlich mal dramatisch wird ist es auch schnell wieder vorbei, dafür gibt es Korallen, Quallen und viele bunte Fische, die im Wohnzimmer herumschwimmen.  
Rapunzel neu verföhnt fand ich persönlich sehr viel lustiger, leider hat die böse Hexe in Aussehen und Verhalten zu viel Ähnlichkeit mit einer real existierenden bösen Hexe, der geht gar nicht.

Es gibt allerdings eine Hexe an die ich mich gerne erinnere, denn die fand ich als Kind schon lustig, die Madame Mim. Die Hexe und der Zauberer ist einer der wenigen Filme, die mich an die raren Kinobesuche als Kind erinnern, meistens irgendwann vor Weihnachten. Zu meiner Zeit hieß der noch Merlin und Mim, und eigentlich geht es da um ein Schwert im Stein. Unbewusst hat der damals vielleicht sogar mein Interesse an der Artus-Sage geweckt. Soweit ich mich erinnere haben die sich nur gegenseitig in irgendwelche lustigen Viecher verzaubert, es wurden weder Rehe gejagt noch Hunde gehäutet.

Aber zur Sicherheit werd ich den trotzdem vorher gucken müssen. Ganz freiwillige Selbstkontrolle ma sagen. 

FSK Musik heute: Ryan Bingham & The Dead Horses - Junky Star nee wat freu ich mich auf das Konzert im November :D

Sonntag, 28. Oktober 2012

Fast ein Dübakel















Vorspiel
Die Umstellung auf Winterzeit verschafft mir eine ganze Stunde mehr Schlaf, theoretisch. Die innere Uhr ist irgendwie dagegen und ich bin um 9 Uhr wach, da kann man mal...sehen. Wenigstens muss ich jetzt nicht hetzen, erst ne Fluppe, nen Kaffee und etwas im Forum lesen. Danach packe ich den Original Dresdner Christstollen aus, den ich gestern noch schnell bei Aldischönensachen erstanden habe. Original Dresden kostet doppelt so viel wie die anderen Dinger, aber ich bin nicht bereit ein Risiko einzugehen, wir brauchen drei Punkte heute. Der schwere Karton täuscht nicht, das Teil ist riesig, davon bekomme ich nur zwei Scheiben runter. Wenn das man reicht.
Herr L. fährt wieder regional, wir treffen uns an der U-Bahn vorm Stadion. Es ist sonnig, aber arschkalt, genau wie das erschreckend langsam tröpfelnde Bier vom mobilen Bierstand, ich krieg es kaum runter. Muss aber sein, denn die nächsten zwei Stunden gibt es nichts zu trinken. Es ist zwar kein Sicherheitsspiel (oho!) aber Alkohol gibt es trotzdem nicht. Ich frag mich, wer sich diesen Blödsinn ausdenkt und stelle mir ein paar fies grinsende Beamte mit Würfelbechern vor.
Noch schnell die obligatorische Wurst reingezerrt und ab auf die Plätze. Einen Vorteil hat das mit ohne richtiges Bier, man hat die Hände frei und kann fotografieren. Wie ein Wilder in der Gegend herum, die langsam wachsende Gegengerade, den Dresdner Block mit ihrer Choreo gegen den DFB, die Südkurve bunt mit Kassenrollenweitwurf, man kommt nicht hinterher. Den Anstoß unserer Jungs noch mitgenommen, die Kamera eingepackt und auf Fussi konzentriert, aber ich pack sie sofort wieder aus. Tumulte bei den Gästen, scheinbar geht es um ein entferntes Banner, genaueres lässt sich nicht erkennen. Pozilei und Ordner dabei und bis auf ein paar verbale Scharmützel schnell wieder Ruhe. Alle können sich auf das Spiel konzentrieren.
Naja, fast alle.

Spiel (1)
Großartiger Blick von der Haupttribüne, auf eine Mannschaft die sich scheinbar auf rein gar nichts konzentrieren kann, am allerwenigsten auf Fußball. Kurz vorher hab ich Kalla noch für ein paar starke Szenen gelobt, da lässt er sich von Ouali überlaufen, einmal, zweimal, dreimal ist der durch, beim dritten mal schiebt er das Ding ein, 0:1 für Dresden. Himmelarsch, ich bin bedient. Und es kommt noch schlimmer, die spielen wieder wie in Regensburg, keine Ordnung, Fehlpässe ohne Ende, zu weit weg vom Gegner, es ist grausam, ein Rückfall in schlimme Zeiten. Wie immer völlig ideenlos gegen kompakt stehende Gegner. Und immer wieder Ouali, der direkt vor meinen Augen durchmarschiert. Die ganze Seite ist eine Katastrophe, vor Kalla stolpert noch Schindler über den Rasen ohne ein Bein an den Boden zu kriegen. Der zweite Treffer fällt trotzdem über die andere Seite, die macht es auch nicht besser. Ja, der Poté, der ist gefährlich. Aber kein Vergleich zu unserem Team, das ist noch viel gefährlicher. Bei fast jeder Aktion möchte man die Hände vor die Augen schlagen, so gefährlich wird das für uns.
Der Gästeblock nervt mich zusehends, lauter als das restliche Stadion. Dü Dü Dü Na Na Na Mo Mo Mo.
Dü Dü Dü, ja scheiße denk ich, wenn das so weitergeht wird das ein echtes Dübakel heute. Keiner wehrt sich, ist das übel. Ich suche schwachen Trost bei dem Gedanken, nach der zu erwartenden Klatsche wenigstens den Orakelblödsinn von der Backe zu haben. Das endet heute wie es letztes Jahr begann, mit Dresdner Stollen.
Vierzig Minuten seh ich eine Trümmertruppe, die mit Glück nur 0:2 hinten liegt und dann geht auf einmal ein Ruck durch die Mannschaft, es zieht mal einer ab, statt noch einen Pass zu versuchen, plötzlich klappen die einfacheren Dinge wieder und endlich wird der Gegner mal unter Druck gesetzt. Das macht sich bezahlt, kurz vor der Pause gibts eine Ecke, Boller kommt an den Ball, dreht sich wunderschön und zimmert das Ding in die Maschen. 1:2.
O Captain! My Captain! Wer sonst könnte vorangehen, die Jungs mitreißen und ihnen zeigen wie man den Acker pflügt. Ich liebe diesen Mann, hab ich das schon mal erwähnt? Fabian Boll Fußballgott! Als der eher unglücklich pfeifende Schiri die Halbzeittröte auspackt schwören sich die Jungs auf dem Rasen schon für die zweite Hälfte ein, da geht noch was.

Zwischenspiel
Kein Bier, also kein Spaziergang, dafür wird eine Tapete an mir vorbei abgerollt, von einem jungen Mann den ich vor dem Spiel schon zu erkennen glaubte, und der sich dann tatsächlich als gar nicht mal so kleiner kleinertod entpuppt. Es ist immer wieder erstaunlich, da sind über 20.000 Leute auf vier Tribünen verteilt, aber laufend trifft man jemanden den man von irgendwoher kennt. Ich hab ganz vergessen zu fragen, was denn jetzt eigentlich auf der Tapete stand, aber das wird man sicher auf seinem Blog nachlesen können. Zu diesem Zeitpunkt sind wir jedenfalls beide überzeugt, dass die Boys in brown das Spiel noch drehen können. Schon erstaunlich was nur fünf Minuten Kampf und Leidenschaft bewirken können.

Spiel (2)
Die fangen tatsächlich so an wie sie aufgehört haben, das hab ich kaum zu hoffen gewagt. Gyau für den schwachen Schindler, der gefällt mir richtig gut. Und ich sach noch, seit Kringe die Ecken schießt sind wir viel gefährlicher geworden, da wuchtet Avevor das Ding per Kopf ins Netz, 2:2 Ausgleich kurz nach dem Wiederanpfiff, alles auf Anfang. Woohoo, es kommt Leben in die Bude, und endlich wird der Auswärtsmob leiser. Aggressiv in die Zweikämpfe, den Gegner unter Druck setzen, dann klappt das auch. So wie der Pass vom Captain auf Daniel Ginczek nur ein paar Minuten später, 3:2 und wieder mal ein Spiel gedreht. Wir haben das auch gut im Griff jetzt, ab und zu kommt zwar jemand bis an die Grundlinie, aber das pflückt Tschauner weg. Ein viertes Tor wäre nervenschonend, leider will das nicht fallen. In der 70. nimmt der Dresdner Trainer Ouali vom Platz, das ist leidlich beruhigend, der hat viel Alarm gemacht. Den gibt es in den letzten Minuten dennoch vermehrt, weil wir viel zu tief stehen und wieder unter Druck geraten. Aber auch die drei Minuten Nachspielzeit überstehen wir, drei Punkte im Sack, sehr mühsam, aber mit einer Einstellung, die wenigstes in der zweiten Hälfte gestimmt hat. In München muss die über 90 Minuten stimmen, wenn ich schon wieder nach Bayern fahre.

Nachspiel
Ich brauch dringend ein Bier, egal wie kalt das ist, ich bin völlig ausgetrocknet. Durch das ungeheuer intelligente Alkoholverbot sind die Vollbierstände vor dem Stadion von Menschentrauben umlagert, und wie immer, wenn ich endlich dran bin wird das Fass gewechselt. Dadurch find ich Herrn L. nicht wieder und nehme an er hat sich zum AFM Container begeben, wo ich Koschi und Herrn B. finde, aber nicht Herrn L. Ans Handy geht er auch nicht, also geb ich seiner Mailbox den Standort bekannt. Klappt tatsächlich, zehn Minuten später stößt er dazu und wir können noch ein wenig fachlich simpeln.

Ich hab ihm noch gar nicht erzählt, dass ich für das nächste Wochenende schon Original Münchner Weißwürste gekauft habe. Orakelfrühstück, mal sehen ob das auch auswärts klappt.

Drei-Punkte-Musik:  Panteón Rococó -  Compañeros Musicales/Ni Carne Ni Pescado
 





























Freitag, 26. Oktober 2012

Stadtansichten: Othmarschen















Langsam fängt es an ungemütlich zu werden hier, es wird zu früh dunkel und die Tage sind grau und nass. Zeit an ein paar wärmere Tage zu denken. Tage, an denen man in der Elbe noch baden konnte. Nicht einmal so lange her, da hab ich noch Fotos davon geschossen, jetzt bin ich durch mit Othmarschen, dem westlichen Nachbarn meines Lieblingsstadtteils, und lade Euch auf einen bebilderten Spaziergang ein.  

Irgendwo habe ich mal gelesen, Othmarschen wäre der Stadtteil mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen Hamburgs, irgendwo in der Richtung lag auch meine Vermutung, denn in Othmarschen beginnt Deutschlands größtes Villenviertel, das sich entlang der Elbe bis nach Blankenese erstreckt. Natürlich nicht alles solche Protzbunker wie an der Elbchaussee, aber wenn man sich das Satellitenbild ansieht wird schnell klar, nach einer günstigen Wohnung muss man sich hier nicht umsehen.

Für Otto Normalverdiener ist höchstens mal Platz im größten Klotz, dem AK Altona. Ein markanter Teil Othmarschens ist jedem Autofahrer bekannt, die nördliche Einfahrt des Elbtunnels. Ab hier verläuft die Autobahn unterirdisch, auf dem ersten Teilstück befindet sich mit dem Röperhof der letzte Rest des bäuerlichen alten Othmarschens. Und ein Park, selbstverständlich, denn außer schicken Häusern gibt es viele Parks, in denen nicht nur die Menschen aus den schicken Häusern gerne flanieren.

Wir machen das auch recht häufig, denn es gibt einige sehr anziehende Ecken, gerade bei sonnigem Wetter. Zum Beispiel das Naturschutzgebiet Flottbektal neben dem Jenischpark, passend dazu das "Museum großbürgerlicher Wohnkultur" im Jenischhaus. War ich noch nicht drin, in das Ernst Barlach Haus dahinter hat mich allerdings meine kunstinteressierte Freundin schon geschleppt. Nicht uninteressant, nur zu teuer die Kunst. Direkt gegenüber am Anleger Teufelsbrück und im weiteren Verlauf des Elbwanderwegs laden Gaststätten ein, zu Bier, Hamburger Pannfisch und, ganz wichtig, zum Schiffe gucken. Typische Hamburger Freizeitbeschäftigung, sehr entspannend. Großer Vorteil ist der günstige Parkplatz an der Tanke, für 2 Euro am Tag ist das in der Gegend bei gutem Wetter Gold wert.

Wer auf mehr Trubel steht, sich eventuell auch äußerlich abkühlen möchte, der geht entlang der Elbe bis nach Övelgönne. Besonders beliebt bei Radfahrern sind die schmalen Wege neben den ehemaligen Lotsenhäusern am Elbufer, den humorvollen Hinweis "Vernünftige fahren hier nicht mit dem Rad, anderen ist es verboten" halten die Vernünftigen scheinbar für eine Ausnahmegenehmigung.

Ist man nicht überfahren worden kann man sich ein kaltes Astra und eine Bockwurst in der Strandperle gönnen, eigentlich nur ein Kiosk, der sich im Laufe der Jahre den Besuchermassen angepasst hat und so zum "Kulttreff" avancierte. Hat man sich ein paar der raren Sitzplätze gesichert und kann abwechselnd in die Fluten springen, lässt es sich dort selbst bei großer Hitze gut aushalten. Alternativ bieten auf dem Weg zum Museumshafen Övelgönne noch diverse Gaststätten Speis und Trank.

Am Museumshafen gönnt man sich ein Ticket für die öffentlichen Verkehrsmittel und fährt mit der Fähre zurück nach Teufelsbrück. Fertig ist der perfekte Tag am Fluss. Watching the ships roll in and then watch 'em roll away again.

Flussufermusik: Otis Redding - The Dock Of The Bay