Eigentlich habe ich damit gerechnet eine ganze Woche alleine durch
Franken eiern zu müssen, da eröffnet mir mein Schwesterherz sie müssten
am Donnerstag nicht arbeiten, da könnten wir zusammen nach Bamberg
fahren, am Fronleichnam.
Das ist einer dieser vielen
bayrischen Feiertage, die man als Nordlicht so gar nicht auf der
Rechnung hat. Fronleichnam, allein schon der Name klingt gruselig, was
passiert da? "Die Scheinheiligen versammeln sich alle auf der Straße zur
Fronleichnamsprozession und tragen eine Monstranz durchs Dorf" sagt
mein Schwager, genaue Details ob und wann das in Neunkirchen ebenfalls
stattfindet weiß er nicht, aber ich bin sofort wie elektrisiert.
Folklore! Kostüme! Trachten! Monstranzen! (was immer das ist). Muss ich
hin und fotografieren.
Im Internet finde ich Hinweise,
dass diese Tradition in Neunkirchen besonders hingebungsvoll gepflegt
wird. Rund 1000 Gläubige werden erwartet, gute Güte. Umzingelt von
christlichen Fundamentalisten, hat man dem Dorf gar nicht angesehen,
obwohl hier schon recht viele Kreuze hängen. Um 9 Uhr morgens geht das
los, wenn man um 10 da ist gibt es bestimmt noch genug Motive und
anschließend kann man immer noch nach Bamberg fahren.
Zu
Fuß in die Altstadt ist es Gott sei Dank nur ein Katzensprung, das wird
bestimmt voll da unten und Parkplätze sind eh rar. Und das Tele muss
drauf, falls ich bei den erwarteten Menschenmassen nicht in die erste
Reihe komme. "Und Du ziehst besser eine lange Hose an" sagt mein
Schwager, der darauf verzichtet uns zu begleiten. Echt? Bei der Hitze?
Das ist ja schlimmer als bei den Muslimbrüdern, da darf man nur Indoor
keine Outdoorkleidung tragen. Hoffentlich stört sich niemand an meiner
St.Pauli Kappe, aber eigentlich passt so ein Totenkopf doch prima zum
Thema.
Tatsächlich sind alle Parkplätze frei an der
Kirche, das Dorf wirkt wie ausgestorben, sogar noch sehr viel
ausgestorbener als an einem normalen Wochentag. Kein Mensch ist zu
sehen, wer nicht an der Prozession teilnimmt versteckt sich scheinbar zu
Hause bis der Spuk vorbei ist. Nur ein paar Ordner und die zahlreichen
mit Tüchern, Fahnen, Decken und Fantasyfiguren geschmückten Fenster
weisen darauf hin, dass heute ein ganz besonderer Tag ist. Von den
Ordnern erfahren wir auch den Ablauf der Prozession, so dass ich mir in
aller Ruhe einen fotografischen Standpunkt suchen kann. Mittelalterliche
Rituale vor mittelalterlichen Toren, besser kann´s gar nicht kommen.
Der
Umzug hält dann auch alles was ich mir davon versprochen habe, es gibt
reichlich folkloristische Ansichten, es wird sehr viel Holz und Bech
durch die Gegend getragen und (moderne Zeiten) neben der Prozession auch
noch Lautsprecherboxen an der Stange, damit jeder mitkriegt was der
Paster so verzählt. Viel ist es nicht, zudem wiederholt er sich ständig,
aber das muss wohl so. Zwischendrin trägt jemand ein goldenes
Bimmelimmding, geschützt unter einer Art mobilem Sonnenschirm, von dem
ich später durch den Exilwestfalen erfahre, dass es sich dabei um die
sagenhafte Monstranz handelt, in der irgendwelche heiligen Reliquien
aufbewahrt werden.
Bis dahin hielt ich die von den in
Trachten gekleideten Damen getragene Staue dafür, aber da habe ich mich
wohl verlesen. In Religion war ich schon immer schwach, was mir nach
einjährigem Schulschwänzen tatsächlich mal ein "nicht teilgenommen" im
Zeugnis eingebracht hat, in dem Jahr werden sie Monstranzen und
Fronleichnamsprozessionen erklärt haben.
Keine Prozessionsmucke:
Joe Strummer & The Mescaleros - Global A Go-Go / Streetcore
Für großes Bimmelimm wie immer: Foto klicken + F11
Und wieder eine tolle Serie! Und wo du dich alles hintraust. Wenn ich mir manche Gesichter auf den Fotos genaue anschaue - aufregender als einem Löwen in Serengeti ins Braunauge zu blicken... Klasse...
AntwortenLöschenDachtest Du da an einen bestimmten Löwen? *g*
LöschenIch war schon auf weit heftigeren Veranstaltungen, man muss nur genügend Abstand wahren. Äußerlich und innerlich *g*
Sehr guter Bericht und zutreffende Analyse. Wahrscheinlich in Anbetracht der verwandtschaftlichen Verflechtungen, auch recht subtil gehalten. Wenn man bedenkt, daß die nordischen Küstenbewohner vor knapp 150 Jahren noch gefürchtete Strandräuber waren, so haben ihre Gene sie bis heute vor einer feindlichen Übernahme durch den katholizismus der Südländer bewahrt.
LöschenKeineswegs an einem bestimmten *g*
LöschenMit dem Abstandhalten hast du quasi die Bereisungsbewilligung für den Schwarzen Berg erworben...
In Anbetracht der verwandtschaftlichen Verflechtungen habe ich mich zurückgehalten, ja. Ich hätte es auch etwas unfair gefunden erst zu fotografieren und dann vom Leder zu ziehen, daher habe ich sehr viel Kreide gefressen *g*.
Löschen@Herr Ärmel: da bin ich aber froh *g*
Nach Einbruch der Dämmerung werden hoffentlich nicht die weißen Kapuzen aufgesetzt und die Kreuze angezündet *fg*
AntwortenLöschenSuper Fotos, Gruß N.
Ich glaube die sind eher harmlos. Ein wenig seltsam vielleicht, aber mostly harmless *g*
Löschenwenn du so etwas schon aushältst sehen wir uns nächstes jahr beim schlagermove? *g*
AntwortenLöschenNee, von allen Göttern kann ich glaube ich Karel Gott am wenigsten ertragen.
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