Sonntag, 2. Januar 2022

Fettes neues Jahr

 









Während sich in Deutschland noch Menschen darüber streiten, ob es nun richtig Berliner, Krapfen, Kreppel oder Pfannkuchen heißt, macht sich langsam eine invasive Art im Lande breit, die man bisher nur in den Händen übergewichtiger amerikanischer TV-Cops sah: Donuts.

Heute steht in fast jedem Supermarkt inzwischen eine Vitrine mit in allen Warnfarben schillerndem Fettgebäck, dass jeden Berliner vor Neid erblassen lassen müsste. Dabei hatte man sich mit der Vielfalt doch so viel Mühe gegeben in den letzten Jahren.

Unnötigerweise, wie ich finde. Fiel die Auswahl früher noch relativ leicht, weil man sich nur zwischen klebrigen Fingern oder vollgekrümelten Klamotten entscheiden musste, steht man heutzutage vor der Frage, welche der knapp zwanzig Sorten man überhaupt essen kann. 

Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass Puddingfüllung weder mit Eierlikör- noch Baileysgeschmack zu überzeugen vermag, neben ekelerregender Nutellapampe bleiben da nur die traditionellen Füllungen, Apfelmus, Erbeer- oder Himbeermarmelade. Also wieder die Wahl zwischen Zucker und Guss.

Wer sich für die Silvesterfettgebäckverschnabulierung aber mal richtig 'nen Kopp machen will, steuert einen der schicken neuen Donutläden an, die gerade von Franchiseunternehmen in die Obhut hoch motivierter und sehr optimistischer Jungunternehmer gegeben werden. Allein für den Marmorfußboden werden die schon sehr viele Donuts verkaufen müssen.

In der leeren Empfangshalle darf man sich dann bei einem Gratisheißgetränk in den Sessel lümmeln und die umfangreiche Karte studieren. Wer in den über 80 Varianten nichts findet, kann sich kreativ austoben, mit zahlreichen Glasuren, Toppings, Soßen und Füllungen selber etwas zusammenstellen, denn hier wird ohnehin alles frisch zubereitet.

Mein Blick in die Karte fällt, angesichts des eigentlich erschlagenden Angebots, relativ kurz aus. Geschätzt ein Drittel der Donuts ist mit Ferreros Palmölfettcreme bestrichen oder gefüllt und damit sofort von der Liste. Der Standardkringel für zwei Euro ist zwar in weit mehr Farben zu haben als der gemeine Berlinerkrapfenkreppelpfannkuchen, aber geschmacklich garantiert auch nicht beeindruckender.

Optisch beeindruckend hingegen ist die Luxusklasse, für fünf Euro bekommt man sogar frische Himbeeren oder Blaubeeren auf seinen Donut, Hasel- und Erdnüsse, Mandelsplitter, Salzkaramellperlen, Kokosraspeln oder Pistazienkrümel. Selbstverständlich auch allerhand bedenklichen Stuss wie Oreos, Yogurette, Toblerone und Toffifee, nahezu jede Art von Geschmacksknospenschädigung ist machbar, statt Erdnüsse geht auch ein ganzes Snickers.

Mit Ausnahme eines eher traditionellen Apfel-Zimt Gebäcks wird die Auswahl letztendlich mehr durch die Optik bestimmt, denn egal wie die Dinger nachher schmecken, als Motiv für ein sehr buntes Foto müssen die auf jeden Fall herhalten.

Sollte der Laden nächstes Jahr Silvester noch existieren hol ich da wieder welche. Fünf Euro für eine bessere Apfeltasche ist zwar ein stolzer Preis, aber gegen einen Blue Lemon Cross oder einen Raspberry-Pistachio ist ein Berliner kein würdiger Gegner. Nicht einmal mit Himbeer-Prosecco Füllung.

Foto dazu: Royal Donuts / Nikon D7200, Tokina 100mm Makro

Musik dazu: Frank Zappa - Zappa in New York 40th Anniversary Edition   




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