Sonntag, 24. August 2014
Mit Dusel im Gewusel
Vorspiel
Die lieben Kollegen sorgen schon in der Woche für erhöhten Puls. Einer hat Urlaub, der zweite will zu einer Hochzeit und der dritte den Dalai Lama sehen. Hallo? Es ist Heimspiel! Bevor ich ein Heimspiel verpasse fackelt hier die Bude ab, das weiß jeder. El Cheffe weiß das auch, daher werden Mittags alle Anlagen abgestellt und ich "darf" dann am Samstag weitermachen. Stinkt mir zwar gewaltig, aber man ist ja kompromissbereit.
Der Stehplatz gegen Ingolstadt war nicht so der Brüller, daher bin ich heute eine halbe Stunde früher unterwegs. Bei über drei Stunden werde ich anlehnungsbedürftig und heute bin ich früh genug, es sind noch ein paar Plätze an den Wellenbrechern frei. An den Wellenbrechern selber sind dagegen für Sticker kaum noch Plätze frei, aber den schönen Aufkleber mit der Nazifreien Zone habe ich eh schon wieder vergessen mitzunehmen. Dafür bewundere ich den mitgebrachten Festschraubtresen unter mir, dolle Konstruktion, das Ding ist noch fetter als der Becherhalter der Tresenkurvenjungs. Ich muss direkt mal Maß nehmen und mit dem Foto in die Schlosserei rennen, da lässt sich bestimmt was machen.
Die ersten fuffzehn Minuten kann ich noch sitzen und im neuen Übersteiger blättern, dann wird es voller. Der Becher Bier hingegen wird leerer, hätte ich einen Festschraubtresen hätte ich mindestens noch einen. Den kann ich jetzt nicht mehr holen, hier wird Zeugs verteilt. Jede Menge Fahnen und für den Rest Konfetti. Der Festschraubtresen braucht einen Konfettischutz *merk*, vielleicht gibbet ja irgendwo noch diese schicken Konfettischutzdeckel vom St.Pauli Museum.
In der einen Hand Konfetti, in der anderen die Kamera, wie gut dass ich kein Bier mehr habe. Wär völlig sinnlos ohne Festschraubtresen, aber singen können wir alle schön, dafür braucht man keine Hände. Schön laut hier, Stehplatz ist einfach geiler, unter tausenden von Leuten fällt man nicht so auf wenn man schief mitgröhlt. Die Stimmung ist schon vor dem Anpfiff prächtig, dabei habe ich mich schon die ganze Woche über gefragt, ob man sich wirklich darauf freuen kann.
In der Südkurve gibt´s eine Choreo zum Thema Ferguson und irgendwas mit der Flora, was ich beim besten Willen nur halb entziffern kann. Um das ganze noch etwas farbenfroher zu gestalten wird bunter Rauch eingesetzt, der mal wieder ein paar Euro extra kosten dürfte, glücklicherweise ist unsere neue Sturmhoffnung schon bezahlt. Da bin ich drauf gespannt, auf den Ante Budimir, auf den könnte man tolle Loblieder dichten.
Hells Bells, Konfetti, Aux Armes und ab dafür..
Spiel (1)
Wir ganz in weiß auf die Nordkurve, und man hat sich noch nicht richtig warm gesungen da rappelt es in der Kiste. Schnecke drischt das Ding in Richtung Strafraum und Ante! Budimir! (auf den man tolle Loblieder dichten könnte) nimmt die Pille einem Sandhäuser mal so richtig abgezockt vom Schlappen, schiebt den uneigennützig am Tormann vorbei zu Chris Nöthe und der macht ganz locker das 1:0. Woohooo, Aaalder was geht´n hier ab. Bierdusche schon nach 5 Minuten, da hat man wenigstens viel Zeit das auszudünsten. Wie geil, wie geil, weiter so. Der nächste der sich auszeichnen darf ist aber Tschauni, der mit einer Glanzparade den Ausgleich verhindert, das hätte ins Auge gehen können.
Das ist für Sandhausen wohl so etwas wie ein Weckruf, während unsere Boys anfangen zu dösen verlagert sich das Geschehen in die falsche Hälfte. Das ist die, in der ich ganz besonders gute Sicht auf das elende Gestocher in der Abwehr habe. Wiiiieso kriegt da keiner die blöde Kugel hinten raus, die Pille trudelt langsam in Richtung Torecke, ein Sandhäuser reagiert schneller als Kalla und kann noch mal querlegen, zack, drin ist das Ding. Was für ein beknacktes Murmeltor schon wieder, ich könnt kotzen.
Danach beginnt wieder die alte Leier, nee, eigentlich wird es von mal zu mal schlimmer. Dass wir nach vorne nix gebacken kriegen ist man ja schon gewohnt, aber jetzt kommen wir ohne Fehlpass nicht mal mehr in die gegnerische Hälfte. Es ist absolut grausam, die haben schon Pässe über 20 Meter gespielt die ankamen, das habe ich verdammt nochmal selber gesehen - und heute geht das nicht mehr über 5 Meter gut? Das ist Sandhausen! Abstiegskandidat. Spielt aber nicht wie einer, eher wie einer der merkt, hier gibt´s was zu holen. Beim direkten Konkurrenten?
Nach spätestens 20 Minuten fängt bei uns regelmäßig das Elend an, da kann man singen und schreien soviel man will. Mit einem Unentschieden retten wir uns in die Pause, hätten wir einen Trainer wär jetzt aber was fällig.
Zwischenspiel
Bei mir wär ein Bier fällig, aber das würde bei der momentanen Völkerwanderung ewig dauern, ich beschließe durchzuhalten, was nach dem ganzen Gesinge und der letzten Sportzigarette ein echter Kraftakt werden dürfte. Außerdem muss ich fotografieren und Leute suchen. Koschi und Herr B. stehen unten in der Meckerecke, die Veteranen sitzen viel weiter links als ich vermutet habe. Der Dartmeister entdeckt mich nach ein paar Minuten in der Menge und wundert sich wahrscheinlich über meinen Stehplatz, da bin ich mit meiner schicken neuen Dauerkarte wohlweislich noch nicht hausieren gegangen. Wenigstens weiß ich jetzt wo ich in Zukunft stehen werde, das Problem mit der Bierversorgung dürfte sich damit erledigt haben.
In der Süd lauter nette Grußtapeten zur Pause die mich anfänglich etwas verwirren, aber da es den Bundesgrenzschutz ja nicht mehr gibt wird USP wohl jemand anderen meinen. Auf der Haupt wünscht sich jemand Achter- statt Seilbahnen, was ich durchaus nachvollziehen kann, auch wenn ich wahrscheinlich einer der ersten sein würde die in so ein Ding einsteigen, nur um von da oben Fotos zu machen. Ich bin allerdings ziemlich sicher, dass dieser Schwachsinn nicht gebaut wird. Obwohl.. der Glaspalast hat´s auch geschafft, bei diesem Senat ist alles drin.
Dann endlich etwas für´s Herz, Boller wird von Daggi auf dem Spielfeld interviewt, demnächst spielt er ja wieder am Millerntor, beim BOLLzen bin ich mit Sicherheit dabei. Hach, was fehlt mir dieser Mann. Jetzt so gerade, kann den nicht mal ne gute Fee eben zehn Jahre jünger machen? Der würde den Rasenpflegern da unten schon zeigen was hier Sache ist. Die kommen so langsam wieder aus dem Tunnel gekrochen, die Arbeit ruft und 26.000 Leude dazu. Kommt in die Gänge.
Spiel (2)
Neiiiin. Neinneinnein, das darf alles gar nicht wahr sein. Das ist echt nicht zum aushalten was die da unten abliefern, man kann sich nur noch die Hände vor´s Gesicht schlagen. Fängt so grausam an wie die erste Hälfte aufgehört hat und wird zusehends schlimmer. Gleich zweimal innerhalb weniger Minuten rettet uns Tschauner mit echten Heldentaten den Arsch, eigentlich hätten wir inzwischen 1:4 hinten liegen müssen, aber seine Reflexe sind heute wieder erste Liga. Dafür wird er mit Sprechchören gefeiert, das einzige was man gerade noch feiern kann. Der Rest ist, abgesehen von Ante Budimir, der vorne ab und zu versucht Alarm zu machen, eine einzige Katastrophe. Sandhausen ist schneller, ballsicherer, kämpferischer und wir setzten dem nichts entgegen. Einfallsloses Ballgeschiebe vor der Abwehr und kaum soll es mal in die Tiefe gehen ist der Ballverlust so gut wie sicher. Zack, Konter. Eigentlich nur eine Frage der Zeit bis die hier führen. Mit zwei Mann UND Ball rennen die auf unseren Strafraum zu und Buballa joggt hinterher als wär das hier der Frühsportkursus für Manager. Walter Frosch würde sich im Grabe umdrehen.
Alles was wir so im Laufe dieser Zeit zustande bringen ist ein Freistoß mit anschließendem Hammer von Schnecke, der leider an den Fäusten des Torwarts scheitert und ein wenig kunstvoller Fastseitfallzieher von Ratsche in die dunklen Wolken, die sich von Zeit zu Zeit zu einem erfrischenden Schauer öffnen. So vergeht sie denn langsam, die Zeit, und in den letzten zehn Minuten beschließen alle, noch mal kräftig die Stimmen zu erheben. Oooh FC Sankt Pauli, wiiiier woll´n dich siegen seh´n, verdammt nochmal, endlich muss ich das nicht mehr alleine singen, Stehplatz rockt einfach mehr. Reines Trotzgesinge hier, aber es stachelt die Jungs da unten scheinbar doch ein wenig an, so laut wie das gerade ist im Stadion.
Inzwischen sind Verhoek für Nöthe auf dem Platz und Daube für Kalla, es wird ruppiger und Sandhausen verzögert. Nach 80 Minuten schon Wadenkrämpfe, einige fluchen hinter mir, aber die sind auch 80 Minuten lang deutlich mehr und schneller gelaufen als unsere Herren. Noch drei Minuten. Noch zwei. Letzte Minute, noch mal Freistoß für uns, jetzt oder nie. Das ganze Stadion singt, jetzt macht das Ding rein und es explodiert!
Buchtmann haut das Leder nach vorne, Ante! Budimir! (auf den man noch Loblieder singen wird) kriegt den Ball auf den Schädel und dann trudelt der ganz knapp am langen Pfosten vorbei. Maaaaaaaaaaan ey, wenn du den reinmachst fliegt hier das Dach weg, das wäre DER Traumeinstand am Millerntor gewesen. So schade.
Der Schiedsrichter gibt zwei Minuten Nachspielzeit, das ist komplett lächerlich. Allein für die letzten fünfzehn Minuten Sandhäuser Schauspieleinlagen und Einwechslungen hätte es fünf geben müssen. Kurz vor Ende noch eine Ecke für uns, der Ball kommt irgendwie rein und sorgt für ein wildes und unkoordiniertes Gestocher und Gewusel aus unzähligen Beinen, sieht aus wie bei Kick Off damals auf dem Amiga, und genau so fällt auch das Tor. Irgendwo in der Menge hat auch Lasse Sobiech ein Bein und trifft den Ball damit, der nach etwas Sandhäuser Pingpong irgendwie ins Netz fällt. Tor. Ichfassesnicht. Ich!fass!es!nicht! 2:1 und alles so: Woohoo und wildes Abgeklatsche. In der allerallerletzten Minute. Nicht.
Die gehört Sandhausen, auch ne Ecke. Mit Torwart, wie damals Tschauni gegen Paderboring. Auch der Sandhäuser Keeper erwischt die Kugel, aber nicht so gekonnt wie Tschauner damals, dann ist Schluss und keiner kann es so wirklich fassen, dass wir diesen üblen Grottenkick wirklich gewonnen haben.
Nachspiel
Noch ein Bier und eine Sportzigarette vor den Fanräumen mit der Tresenkurve, wo sich auch Herr L. wieder einfindet, der in der Restkartenversteigerung tatsächlich immer noch GG Sitz bekommt solange die Nordtribüne steht. Auf meinen Gesang will keiner so recht einfallen, zu erschreckend ist der Zustand der Mannschaft. Und ich weiß auch schon jetzt wer sich das nicht erklären kann, weil doch sonst immer alles toll ist und so schön klappt im Training. Die fußballphilosophische Runde wird dann vom Regen gesprengt, ich zieh mir ne Currywurst rein auf dem Dom, Herr L. eine klebrige Marzipantasche und ab nach Hause, da warten zwei Stück Pflaumenkuchen, das Bett und der Wecker um 5 Uhr.
Und die Rival Sons - Great Western Valkyrie
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Eine katastrophale Vorstellung, warum es im Verein immer noch (angeblich) keine Trainerdiskussion gibt erschließt sich mir nicht. Vrabec hat imho lange genug Zeit bekommen. Die Frage ist nur, wer kann es machen bzw. welcher passende Übungsleiter ist gerade ohne Job und passt zum Verein. Meiner Meinung nach kann es nur Stani werden.
AntwortenLöschenStani verkauft Gemüse und das ist auch gut so, den halte ich momentan nicht für den Heilsbringer. Ich hielt die Trennung von Frontzeck schon für einen Fehler (sportlich - keine Ahnung was hinter den Kulissen passiert ist) und jetzt warte ich die nächsten 4 bis 5 Spiele ab, minus Pokal, denn gegen Dortmund erwarte ich auf jeden Fall ein Debakel. Gehen die in die Hose und wir stehen an Spieltag 8 auf einem Abstiegsplatz wird es eine Trainerdiskussion geben.
LöschenEigentlich hat Vrabec keine Chance, ich war beim AFM Training...