Sonntag, 3. Juni 2012

Schöner leben ohne Nazis
















Ich bin kein Profidemonstrant, das wurde mir heute wieder in aller Deutlichkeit klar, als die dick eingepackten Mitdemonstranten in der U-Bahn ihre Handys aus den Wasserschutzbeuteln pulten und wieder einschalteten. Immerhin hatte ich vorsorglich meine Regenjacke angezogen, man kann ja nie wissen ob man rein zufällig durch den Strahl eines Wasserwerfers rennen muss. Natürlich hätte ich auch bequem unserem Bürgermeister und den anderen Vögeln auf dem Rathausmarkt lauschen können, aber wenn die Nazis durch Wandsbek marschieren sollte man genau dort auch dagegen demonstrieren.
Uninformiert und planlos stand ich denn mit ein paar hundert anderen ein paar Stunden dusselig vor der locker dreifachen Menge an Polizisten, die eine Doppelsperre vor der geplanten Marschroute der Hirnlosen aufgebaut hatten und nur noch Anwohner mit Ausweis passieren ließen. Nicht mal den zehn Meter entfernten Imbiss durfte ich anlaufen, wodurch sich der Frühstücksverzicht nach zwei Stunden unangenehm bemerkbar machte. Noch so eine Profidemonstrantenregel die ich missachtet habe, aber hungern konnte ich schon immer gut. Wenigstens sorgte ein Wagen mit Antifaschisten für technoide Beschallung, die sogar bei einer der weiblichen Schildkröten großen Anklang fand. Die Gesichter in der Polizeifilmauswertungsabteilung würde ich zu gerne sehen, wenn statt linker Demonstranten plötzlich eine zappelnde Kollegin zu sehen ist. Der begeistert filmende Kameramann hat aber mein vollstes Verständnis, die war schon ziemlich niedlich, trotz der unvorteilhaften Kleidung.
Nach einer geraumen Weile tauchte dann das Kommunikationsteam auf und bat darum, die Musik doch etwas leiser zu machen, die Anwohner hätten sich beschwert. Obwohl ich elektronischem Unz-Unz nicht vollständig abgeneigt bin fand das durchaus meine Zustimmung, dadurch musste ich bei den angeregten Fußballgesprächen mit den zahlreich anwesenden St.Pauli Fans nicht mehr so laut schreien. Ein paar davon wollten anschließend noch zum Harburger Binnenhafenfest, ein Weg, den auch ich einzuschlagen gedachte, wenn das Nazipack rechtzeitig abzieht.

Irgendwann kam dann die Info, dass die Hohlbratzen ihren Lautsprecherwagen abgebaut hätten und wenn es stimmt was in der Onlinepresse steht, dann sind die ohnehin nur 1500 Meter weit gekommen, mit drei Stunden Verspätung. Zu verdanken ist das wahrscheinlich zum großen Teil den Profidemonstranten mit den eingepackten Handys, die nicht blöd vor irgendwelchen Polizeisperren standen, sondern den Faschos und der Polizei viel Probleme bereitet haben. Danke dafür.

Unglaubliche Mengen Pozilei aus Hamburg und NRW, Wasserwerfer, Räumfahrzeuge, Panzer und Mannschaftswagen, nur Braunschweine hab ich keine gesehen, auch nicht auf dem Weg nach Harburg. Find ich gut so, das Leben ist viel schöner ohne Nazis.

Zum Beispiel auf dem Harburger Binnenhafenfest mit Herrn H, dem Exilwestfalen und Koschi, bei Astra, Fischbrötchen und plattdeutschem Blues mit Charly Schreckschuss, der sich inzwischen Charly Beutin nennt, weil Charly Schreckschuss nicht im Radio gespielt wird. Herr Beutin kann sich leider immer noch nicht an den Text vom Telefonblues erinnern, wodurch unsere lautstarken Aufforderungen wieder mal im Sande verliefen, aber sonst war's nett. Anschließend noch die übliche Hafenrundfahrt mit Käptn Stefan auf der Omka, wo der Kühlschrank immer noch zu klein ist. Das Bier gehört kälter :p

Das Wetter hingegen hätte etwas wärmer sein können, aber nach zwei Irish Coffee im Old Dubliner war auch das erträglich.

Musik des Abends: Ray Wylie Hubbard - Crusades Of The Restless Knights, mit einem der genialsten Songs die der Mann je geschrieben hat: Conversation With The Devil











5 Kommentare:

  1. Das klingt nach einem gelungenen Samstag. Ohne von Nasen belästigt worden zu sein, mit verhindert, dass die abziehen (ich würde Dein Zutun nicht so abwertend betrachten, denn hättet Ihr da nicht rumgestanden, hätten die Profidemonstranten nicht woanders für Action sorgen können. Polizeikräfte binden ist schließlich das Motto) und danach noch ein Hafenfest als Belohnung. Perfekt!

    AntwortenLöschen
  2. Wie, wääääääät ??
    Du hast keine Wannen und Müllcontainer abgefackelt ?
    Oller Langweiler, Du ! ;-p

    *flücht...* ;-)

    AntwortenLöschen
  3. wir waren auf dem rathausmarkt gegen nazis demonstrieren, war klasse! wieso musst du eigentlich immer etwas anderes machen als empfohlen wird? reizt dich die gefahr? willst du dich unbedingt mit polizisten oder nazis kloppen? werd mal erwachsen :p

    AntwortenLöschen
  4. meike, wenn was empfohlen wird, dann muss das nicht das beste sein :o)

    ein ambitionierter blogger, wie es der zaphl wohl ist, sollte schon vor Ort sein, wenn er denn authentisch davon berichten will ... nicht alle vor ort wollen sich unbedingt kloppen!! gottseipunk!!

    dass das die spassguerilla langweilt ist natürlich klar!

    AntwortenLöschen
  5. @Inch: Danke, hat mir später auch ein Profidemonstrant gesagt, das mit der Polizeikräftebindung :)

    @Pappenheimer: Feuerzeug vergessen, noch so ein Anfängerfehler *g*

    @Meike: Kann ich akzeptieren, wenn jemand lieber auf dem Rathausmarkt demonstriert ist das völlig in Ordnung, wichtig finde ich, dass man überhaupt etwas unternimmt und nicht immer mit dem Arsch zu Hause bleibt. Trotzdem find ichs noch besser, wenn das Nazipack merkt, dass es hier in der Stadt nicht ungehindert seinen Dreck verbreiten kann. Und das geht halt nicht, wenn man am Rathaus bunte Schilder hochhält und dem Scholzomaten lauscht. Ich wollte mich keineswegs kloppen, aber an einer friedlichen Blockade hätte ich wohl teilgenommen, wäre es dazu gekommen.

    @Switch, ich wollte da eher demonstrieren und nicht journalieren *g*
    Wenn ich mir die Filme bei Youtube ansehe bin ich allerdings froh, nicht an einer friedlichen Blockade teilgenommen zu haben, denn die Cops dort waren alles andere als friedlich, dagegen war unsere Straßensperreinheit geradezu tiefenentspannt.

    AntwortenLöschen