Donnerstag, 26. April 2012

Voodoozauber zwischen Holzregalen














"Fire" kreischt der hagere vermummte Zausel in sein Mikrofon, "I'll see you burn! burn! burn!" aber trotz der erkennbaren Feuergefahr im Holzlager Wulff verlässt niemand den Saal, denn es ist nur Arthur Brown, der seinen einzigen großen Hit zelebriert (und eine ziemlich großartige Version von Dylan's Hard Rain's A-Gonna Fall). Unterstützt wird er dabei von der Hamburg Blues Band und Gitarrenlegende Clem Clempson, die vorher schon eine gute Stunde versuchten, den ziemlich kühlen Raum aufzuheizen.
Abgespielt hat sich das auf der 6. Ahrensburger Musiknacht, eine Art provinzielles Reeperbahnfestival für die Ü50 Generation, das ich in den letzten Jahren konsequent ignoriert habe, genau wie das auf dem Kiez.

Denn eigentlich mag ich solche Festivals nicht, auf denen man theoretisch 40 oder mehr Bands sehen kann, weil man sich entscheiden muss, ob man zwei oder drei ganze Auftritte der bekannteren Künstler sehen will, oder nach jedem Bier in den nächsten Laden rennt, um keinen möglicherweise sensationellen unbekannten Musiker zu verpassen.
Alleine wäre ich da garantiert nicht rumgelaufen, aber da Hawk unbedingt vor die Tür wollte und man bei solchen Gelegenheiten gut fotografieren kann, hab ich diesmal nicht lange überlegt und ihn begleitet, immerhin hat er mir die Wahl der Bands überlassen. Wie üblich hab ich den Merkzettel zwar auf dem Schreibtisch liegen lassen, aber bei Musik hab ich glücklicherweise ein phänomenales Gedächtnis
Die Hamburg Blues Band in einer Holzlagerhalle, das versprach schon mal einen guten Anfang, die Stimulators aus München kann man auch mitnehmen, die sind in Ahrensburg so etwas wie Lokalhelden geworden, seit sie vor einigen Jahren das Ahrensburger Stadtfest rockten, seither sind sie jedes Jahr Headliner aller größeren Festivitäten. Also Stadtfest und Musiknacht. Die waren um Mitternacht im Hotel Am Park gebucht, dazwischen sollte sich was finden lassen.

Der furchterregende Mr. Brown entpuppte sich, nach Ablegen seines Mummenschanzes, als englische Rock'n Roll Version von Otto Waalkes, der die zur Musik passende Show lieferte. Sehr spaßig, trotz der Kälte in der Halle, denn für seine fast 70 Jahre ist der Mann noch erstaunlich agil, da kann sich mancher Jüngling eine Scheibe von abschneiden. Weniger spaßig war die Schinkenwurst vom Grill hinterher, noch zehn Minuten länger auf dem Rost, dann hätte man die gleich als Holzkohle weiterverwenden können.

Noch blöder, dass wir dadurch einen möglichen Vorsprung verschenkt haben, auf dem Weg zur alten Bahnhofskneipe. Das ehemalige Meyerhoffs mit den guten Bratkartoffeln ist inzwischen leider nur noch eine Filiale von Schweinske, da musste ich aber unbedingt hin, für Zydeco Annie & The Swamp Cats. Zydeco! So etwas gibts hier nicht, das hört keiner, dafür muss man nach Louisiana, jedenfalls hab ich das immer befürchtet, weil ich wahrscheinlich nie in meinem Leben nach Louisiana komme. Seit ich The Big Easy mit Dennis Quaid und Ellen Barkin gesehen habe bin ich dieser Musik hoffnungslos verfallen, aber wenn sich tatsächlich mal ein paar bekanntere Namen nach Europa verirren, dann spielen die in Frankreich oder der Schweiz, aber nicht in Deutschland. 
Und jetzt sollte hier ausgerechnet eine deutsche Gruppe so etwas spielen, das konnte ich mir nicht entgehen lassen.
Das Schweinske natürlich proppenvoll, von der Bühne nichts zu sehen, alle Gänge besetzt, die Mädels hektisch am zapfen und rumrennen und eine Affenhitze in dem Laden. Vielleicht haben die alle Heizungen aufgerissen um ein wenig Südstaatensumpfatmosphäre zu schaffen, aber das wäre überhaupt nicht nötig gewesen, der Sound aus der Ecke hätte das auch locker alleine geschafft. Nach ein paar Minuten hatten wir einen Barhocker als Stützpunkt, zwei Bier geordert und ich ging drängeln, um einen Blick auf die Bühne zu erhaschen.
Und da stand sie, Meg Ryan mit Akkordeon. Als Meg Ryan noch hübsch war natürlich. Und spielen konnte die Frau, ich war hin und weg. Dazu ein echter Wirbelwind auf der Bühne, ein Grund für etwa 200 Fotos nur von Zydeco Annie, schwer einzufangen, aber wenn....
Hawk gelang es in der Pause einen zweiten Barhocker zu erobern, ich versuchte es bei Annie und hab gleich mal gefragt wo sie herkommt  und ob sie öfter hier anzutreffen ist. Die niederschmetternde Antwort war Bayern, womit sich die Frage nach häufigeren Konzerten beinahe schon erledigt hatte. Verdammte Hacke, da findet man schon mal eine Band die man sich alle paar Wochen angucken könnte...

Leider war Hawk erkennbar weniger begeistert von der Musik, ich hätte ihn vielleicht mit ein paar Tequilas bestechen können, aber dummerweise waren meine finanziellen Mittel erschöpft. Das Angenehme mit dem Nützlichen verbindend, spielte gerade die Tüdelband in der großen Halle der Landessparkasse. So kam ich zu monetärem Nachschub und Hawk zu seiner Lieblingskapelle des Abends. Die stand allerdings auch auf meinem Plan, denn in akustischen Pop mit plattdeutschen Texten muss ich unbedingt wenigstens reinhören.
Leider haben die mit Geldautomaten bestückten Vorräume von Banken große Nachteile, nicht nur was Licht- und Tontechnik betrifft, auch die Gemütlichkeit leidet etwas unter dem Publikumsverkehr. Trotzdem ein Name den ich mir merken werde.
Auf dem Weg zur Abschlusssession noch kurz bei meinem Fischhöker reingesehen, für eine kurze Pause mit den Blueswalkers, idealerweise hätte man sich gleich Krabbensalat mitnehmen können, aber leider war alles unter Verschluss. Dann einen kurzen Zwischenstopp im Hotel Am Schloss für Elizabeth Lee & Cozmic Mojo, nicht übel, aber nach gerade mal 5 Minuten will ich mir kein abschließendes Urteil erlauben, ich warte auf die CD die sich Hawk bestellt hat, der ist schneller zu überzeugen.
Am Ende schließlich die Stimulators, mit der bewährten Mischung aus Reggae, Ska und Latinrock, die auch bei älteren Herrschaften noch einmal für Schwung in den steifen Hüften sorgt. Musikalisch keine große Überraschung, aber solides Handwerk mit viel Spielfreude und instrumentaler Perfektion.
Die anschließende Jamsession haben wir dann abgebrochen, da am nächsten Tag ein anstrengendes Fußballspiel drohte hab ich bei Hawk noch zwei  leckere Single Malt verhaftet und mich dann per Taxi nach Hause kutschieren lassen.
Zusammengefasst hab ich für 30 Euro zweieinhalb gute Konzerte gesehen, so übel ist die Musiknacht also gar nicht, kann man mal machen.

Sollte Zydeco Annie da nächstes Jahr wieder spielen geh ich auf jeden Fall hin, bis dahin tröste ich mich mit einer doppelten Dosis Beausoleil - Allons A Lafayette/Bayou Cadillac











 


























7 Kommentare:

  1. Uahhh Gnorx ist NEIDISCH! Will auch Hamburg Blues Band live sehen!

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  2. bei einem festival für die ü50 generation warst du ja genau richtig :p
    aber ich würde nicht so für fremde frauen schwärmen, deine holde liest hier mit ;)

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  3. Arthur Brown lebt vom Feuer seit Ewigkeiten und Zydeco Annie
    habe ich gerade eben auf JuhTjuhp angehört: Klasse...

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  4. Stimulators mag ich gerne. Hach, war bestimmt ein netter Abend. Und mit Meg Ryan haste auch net geschummerlt :D

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  5. Sollte Zydeco Annie bei dem nächsten mal wieder dabei sein werde ich sie mir mit Dir auch ganz anhören!
    ...solange sie sich nicht mit die Tüdelband in die Quere kommen ;-)

    Gruß Hawk

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  6. Gnorx muss dann eben mal nach Hamburg kommen, ich kann ja auf Termine achten ;)

    Meike, das ist mir wohl bewusst, aber sie kennt mich ja *g*

    Herr Ärmel, auf die Idee mit Juhtjub bin ich überhaupt nicht gekommen, dann hätte ich ihre neue Frisur bemerkt.

    sera, war sehr nett, aber halt viel Latscherei zwischen den Bierpausen :)

    Hawk, Word!

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