Samstag, 21. April 2012

Stangentanz und Männerschweiß














Wenigstens einmal in seinem Leben sollte man auf dem Dach der Gegengerade gestanden haben, das empfahl mir der Dartmeister schon vor Monaten, nachdem er eine Stadionbesichtigung hinter sich hatte. Geplant war das schon lange, so langsam drängte die Zeit, denn in wenigen Wochen ist die alte Baracke Geschichte, die Fundamente für den Neubau sind schon gegossen. Noch zwei Heimspiele, beim letzten werde ich ausgerechnet gegenüber auf der Haupttribüne sitzen müssen, aber wer weiß wofür das gut ist.
Stadionbesichtigungen sind eine Tortur für Langschläfer, 10:30 geht gar nicht, also blieb nur der 13:30 Termin am Freitag. Glücklicherweise mit einer überschaubaren Gruppe, nur sechs Leute plus sehr nettem Guide, also gute Chancen, dass nicht permanent einer vorm Objektiv rumlatscht.
Unser Guide, so nennen die sich hier aus recht nachvollziehbaren Gründen, schlug auch sofort den richtigen Weg ein. Hossa, dachte ich mir, gleich raus auf den Platz und Richtung Gegengerade, genau das was ich wollte. Den Teppich zu betreten war leider verboten, kein Wunder, wenn ich 100.000 Euro für Rasen latzen müsste wär ich auch dagegen. Zwischendurch gabs ein paar nette Anekdoten aus dem Fan- und Vereinsleben, von denen ich die eine oder andere zwar kannte, aber gute Geschichten können nicht oft genug erzählt werden.
Dann ab aufs Dach und ich konnte endlich mal einen Blick aus dem wackeligen "Fernsehstudio" werfen. Es soll für die Kameraleute da oben sehr unruhig werden, wenn die 3000 Leute darunter auf den Holzbohlen der alten Tribüne herumhüpfen. Bei den letzten Spielen musste man sich um die Kameramänner leider keine Sorgen machen, aber vielleicht schaffen wir das dieses Jahr doch noch mal.
Anschließend dann ein Bereich, der mir aus der Nähe noch relativ unbekannt war, die Haupttribüne, da war ich bisher nur im Ballsaal, zum Urkunden kaufen und Würstchen essen. In den Blumenkästen der Oldtras befinden sich immer noch Plastikblumen, dabei wird es langsam Frühling, scheinbar hat man die Gartenarbeit aufgegeben. Hätte ich wohl auch, Gartenarbeit ist nicht so mein Ding, außer bei Nutzpflanzen vielleicht, aber die Anpflanzung von Nutzpflanzen in den Blumenkästen soll vom Präsidium untersagt worden sein.
Ganz oben dann der Bereich, in den man normalerweise nur vordringt, wenn  man bereit ist mindestens 55.000 Euro im Jahr zu zahlen. Für 8 Euro darf man immerhin mal reinsehen, in die Séparées des Geldadels. Darunter die berühmt-berüchtigte Loge 35 mit der Stange, der ein ähnliches Schicksal bevorsteht wie der Gegengerade, sie wird am Ende der Saison verschwinden. Schluss mit Puffplüsch und Stangentanz, der Kronleuchter kommt ab, es sei denn der neue Mieter möchte den übernehmen, denn sein Séparée kann man gestalten wie man lustig ist.
Das man so ein Séparée auch anlassbezogen mit Stil einrichten kann zeigte dann die nächste Loge, mit Taktiktafel und historischen Duschen, da hätte ich mich am liebsten bis zum nächsten Spiel einschließen lassen. Von den dort angeblich aushängenden Duftbäumchen Marke Männerschweiß hab ich aber nichts gerochen, die müssen ersetzt werden.
Die Bierversorgung auf der Haupttribüne werde ich gegen Paderbörnsen das erste mal testen können, eventuell erwische ich dabei einen kauzigen Typ mit schütterem Haupthaar beim fotografieren von Bierbechern, ein Blick in die Spielerkabine und die aussagekräftigen Aufkleber auf dem Schrank unseres zweiten Torwarts bleibt mir dann jedoch verwehrt.
Die Körperpflegeabteilung allerdings war nicht besonders beeindruckend für einen Immerhinmanchmalerstligisten, so einen Whirlpool gibt es in jedem zweiten dänischen Ferienhaus, und die Knetmännchen bräuchten dringend neue Massageliegen, mindestens eine ist reif für den Sperrmüll.
Aber immerhin sind die Duschen inzwischen deutlich verbessert, so im direkten Vergleich zu den historischen Originalen. Ein ähnlicher Fortschritt wie bei den Trainerbänken, es geht voran.
Alle hin da, so lange es noch geht.

Geht auch voran: Tinariwen - The Radio Tisdas Sessions/Imidiwan



















4 Kommentare:

  1. Die Blumenkästen sind ja goldig!
    Danke für die Stadionführung.
    Und ach ja, viel Erfolg morgen. Für die Mannschaft und die Stadt und die anwesenden Supporter, egal ob aus R oder H.
    Hier klingt es in den Vorbetrachtungen, als rüste man in Hamburg zum Krieg...

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  2. Sch... ich kann Freitags nicht so früh :( dabei würde ich mir das auch gern mal ansehn.
    Was gibts morgen? Spiel oder Boykott? Krieg oder Frieden? Gehst du überhaupt hin? Ich hätte da schon keinen Bock mehr auf Fußball, der scheint nur noch Nebensache zu sei :(

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  3. So kommt es, dass eine Fußball-(fast)-Uninteressierte in München zu einer beeindruckenden Stadion-Rundschau in Hamburg kommt. Danke lieber Zaphod und viele sonnige Grüße an dich und an alle deine Blog-Leser

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  4. @ Inch: Für die Blumenkästen gibt es sogar Gießbeauftragte, die zweimal wöchentlich zur Pflege ins Stadion gehen. Momentan scheinen die aber auszusetzen :)

    @ sera, dann ist es ja gut, dass diesmal nicht Fußball das Thema war, sondern, äääh, Architektur :D

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