Dienstag, 5. Februar 2019

Leider geil



















Es ist Montag Abend, es ist dunkel, es ist arschkalt und in der letzten Nacht habe ich vielleicht zwei Stunden am Stück geschlafen. Danach immerhin sieben Stunden gearbeitet, nach Hause gejagt, Schal und Mütze gegriffen und ab in den Bus. In der U3 kurz vorm Berliner Tor dann die Durchsage der Endhaltestelle wegen Baustelle, weil die Contentklempner des HVV es nicht gebacken kriegen, über Schienenersatzverkehr zu informieren, wenn man auf der Webseite genau diese Strecke abfragt. Wer steigt denn bitte um diese Zeit freiwillig in einen Bus zum Rathaus?

Das sind geradezu ideale Bedingungen für ein stimmungsvolles Fußballspiel. Ich hab jetzt schon die Schnauze voll, nehme die U2 bis Messehallen und geh den Rest zu Fuß, durch den dicken Matsch auf dem Heiligengeistfeld, fluche dabei ausgiebig über den verkackten Zaun, der den direkten Weg zur Gegengerade versperrt, als ich mit Namen angesprochen werde. Im Stadion treffe ich den Skipper nie, aber jetzt können wir immerhin zu zweit durch die Pampe latschen und dabei etwas bangbüxig über einen möglichen Punkt gegen Union räsonieren, weil, die sind echt stark und so....

Und so sieht das dann auch überwiegend aus in der ersten Hälfte, über die man den Mantel des Schweigens hüllen sollte, wäre da nicht dieser eine Geistesblitz von Sami Allagui, der einen abgewehrten Ball einfach mal volley aus 25 Metern in den Winkel drischt. Was für ein Hammer und zehn Minuten vorher hat noch die halbe Tribüne über seine Sprinterqualitäten gelästert.

Unverhofft. Eigentlich sogar unverdient, bestimmt aber gänzlich unerwartet, denn in den zwanzig Minuten vorher haben sie mich fast in den Wahnsinn getrieben, es wäre wahrscheinlicher gewesen, hätte sich der Hühnerhaufen das Ei noch selber ins Nest gelegt. Was für eine katastrophale Abwehrleistung, was für ein Gestümper und Gestocher und wie sie den schnellen Berlinern hinterherlaufen, die selbst unter Druck noch enorm ball- und passsicher sind. Nur den Ball kriegen sie nicht ins Tor, aber wenn das in der zweiten Halbzeit so weitergeht ist das nur eine Frage der Zeit.

Tja. Und dann wird das wieder so eine der legenderbsten Geschichten, die man eines Tages seinen Enkeln noch erzählen möchte. Wie Alex Meier Fußballgott dieses abgezockte Kopfballtor mit Ansage zum 2:0 macht, wie die komplette Mannschaft zwei Minuten lang in völlige geistige Umnachtung fällt und dabei Anschlusstreffer und Ausgleich kassiert, wie alle schon um wenigstens den einen Punkt zittern, wie Buchti in der Nachspielzeit im Strafraum gefoult wird...

..und wie Alex Meier Fußballgott das Ding dann ganz abgezockt versenkt. Und niemals vergessen: Schluss ist erst wenn der Schiri pfeift.

Sorry Berlin, war leider geil.


Was sonst noch gut war:
Die Kampfschnecke natürlich.
Der an der Seitenlinie wild herumhüpfende Mats nach dem Siegtreffer.

Was sonst noch schlecht war:
Egal, scheiss auf HVV, eigentlich nix, geiler Tag, ich grinse immer noch. Bevor ich ins Bett geh glüh ich mir noch einen auf die drei Punkte, Schlaf wird manchmal auch überbewertet.

Fotos dazu: Gegengerade Millerntor, FC St.Pauli - FC Union Berlin 3:2
Musik dazu: Chris Rea (ja, der) - Dancing Down the Stony Road









 

3 Kommentare:

  1. Nein, nix dagegen. Aber ein bissel Wehmut kommt da schon auf beim Betrachten des fünften Fotos. Wie er so dasteht in seiner typischen Körperhaltung: der Neuner . . .

    AntwortenLöschen