Donnerstag, 10. November 2016

Hobbys für Bekloppte















Es gibt sie noch, die Herrenbekleidungsfachverkäufer, die mit einem einzigen Blick die richtige Größe schätzen, mit einem einzigen Griff die richtige Hose aus dem Regal greifen und auch sonst die richtigen Tipps parat haben wenn man welche braucht. Dummerweise befindet sich der beste Herrenbekleidungsfachverkäufer am Rathausmarkt und ich brauche neue Jeans. Dummerweise brauche ich die jetzt sofort, zwei Tage vor Weihnachten. Oder sind es doch noch zwei Monate?

Der Unterschied kann nur marginal sein, denn die Innenstadt ist gestopft voll mit Menschen, die mich zu einem ständigen Richtungswechsel zwingen. Entweder sie gucken in die Luft oder aufs Smartphone, manchmal sind sie auch nur vom Gesabbel mit der Begleitung abgelenkt, aber auf eventuellen Gegenverkehr achtet niemand außer mir. Das geht mir schon nach hundert Metern gewaltig auf die Nüsse.

Als Höhepunkt kommt mir an der Kreuzung Alstertor eine ganze Menschenkette entgegen, fehlt eigentlich nur noch, dass die sich alle an die Hand nehmen. Ich entschließe mich, den schwächsten Punkt der Kette anzusteuern und den einfach wegzurammen, ernte dafür ein empörtes "Eeeey" von einem pickelgesichtigen Jugendlichen, der dabei beinahe sein Eierphone verliert. "Guckstu Straße Digga" mahne ich ihn noch zu etwas mehr Aufmerksamkeit, bin aber nicht sicher ob das noch ankommt. Ich will hier wieder weg, so schnell wie möglich, einkaufen in der City ist die Pest. 

Das Beste an dem ganzen Stress ist der Herrenbekleidungsfachverkäufer, da bin ich in nicht einmal fünfzehn Minuten wieder weg. Zwei Büxen, beide passen, fertig. Die böse Überraschung lauert im Parkhaus. Normalerweise kaufe ich bei Saturn immer eine Kleinigkeit um die Parkgebühren zu sparen, besser sechs Euro für 'ne gute BluRay latzen, als die Hälfte davon für den Parkplatz.

Dass es für Kunden keine Vergünstigungen mehr gibt erfahre ich allerdings erst, als ich den zweiten Teil der Boondock Saints schon bezahlt habe. Wenn ich das Parkhaus jetzt voll bezahlen muss wird mein kleiner Einkauf in Zukunft also auch wegfallen und damit die ellenlange Wartezeit an der Kasse, gut zu wissen. An der ellenlangen Wartezeit im Parkhaus ändert das freilich nichts, wann immer die Ampel an der Steinstraße rot leuchtet staut es sich hoch bis zur Schranke, nächstes Mal teste ich ein anderes. Eins mit Kundenrabatt und ohne rote Ampel direkt hinter der Ausfahrt.

So eins wie das der Rindermarkthalle St.Pauli, die ich noch anfahre um ein paar Spezialitäten einzukaufen. Eine selten blöde Idee während auf dem Heiligengeistfeld der DOM tobt. Die Schranke vor der Einfahrt wird von parkplatzsuchenden Touristen blockiert, die lieber mit zwei Autos ein äußerst umständliches Wendemanöver auf engstem Raum versuchen, statt einfach ein Ticket zu ziehen und wieder rauszufahren. Bis die fertig sind mit ihrer Aktion müssen mein Hintermann und ich dreimal den Rückwärtsgang einlegen. Auf der Budapester stehen sie garantiert schon bis zum Stadion, aber wenn man nicht selber in dem Stau steckt den man verursacht kostet es ja nur die Nerven anderer Leute.

Angeblich ist "Shopping" inzwischen die Lieblingsbeschäftigung in weiten Teilen der Bevölkerung und wie ich erfahren musste ist das keineswegs auf die weibliche Kundschaft beschränkt, so ganz verstanden habe ich dieses "Hobby" allerdings immer noch nicht.

Es gib tatsächlich Menschen, die Spaß daran haben in vollen Städten, schlechter Kaufhausluft und überfüllten Einkaufszentren ihr sauer verdientes Geld auf den Kopf zu hauen, egal wie, egal ob man wirklich etwas braucht, irgendwas findet sich schon? Oder zählt allein die Anwesenheit und man muss gar nichts kaufen? Dann ist das eindeutig ein Hobby für Bekloppte, ganz bestimmt jedenfalls in der Hamburger City.

Ein einziger gezwungener Aufenthalt reicht mir jedenfalls, um für mindestens ein Jahr wieder die Schnauze voll zu haben vom "Shopping". Da warte ich lieber auf DHL.

Shoppingfoto: Schaufenster an der Mönckebergstraße, Samsung S5
Shoppingbier: Ratsherrn Beef! Dry Hopped Pilsener, 4.9%
Shoppingmusik: Kasey Chambers & Shane Nicholson - Rattlin' Bones - The Max Sessions

8 Kommentare:

  1. es geht darum in klamotten zu wühlen, sie in der hand zu halten, anzuprobieren, sich von freundinnen beraten zu lassen und selber zu beraten, schnäppchen zu finden, zwischendurch einen kaffee zu trinken oder was leckeres zu essen etc etc. und nicht in 15 minuten zwei hosen zu kaufen und wieder zu verschwinden, also einen ganz entspannten nachmittag zu haben.

    männer verstehen das halt nicht :p

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    1. Nee. Für Männer ist genau das ÖDE.

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    2. tja ich hab meinen eben richtig erzogen, für den ist das ein vergnügen ;p

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  2. Super Text. Mein Beileid.Wenn ich mitmuss nach Spandau, gehts mir auch so. Fürch!ter!lich! Seit es keine Plattenläden und Antiquariate in Innenstädten mehr gibt, gibts für mich auch keinen Grund mehr, diese aufzusuchen.

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    1. Au, Plattenläden. Da rührste an nen wunden Punkt, ich hab mal ne Perle eine Stunde im Auto warten lassen, weil ich nur mal kurz bei Govi ne LP kaufen wollte, aber dann hatten die da diese vielen Sonderangebote, Ten Years After alle für nen Zehner...es war Winter und schweinekalt im Auto.

      Also beim richtigen Angebot sind wir unter Umständen auch nicht besser als die Damen *g*

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  3. Ich bin in den mich umgebenden Innenstädten nur noch mit dem Rad unterwegs. Schnell und billich. Billich in zweierlei Hinsicht. Keine Gebühren fürs Parkhaus und man kann nicht so viele Tüten und Taschen transportieren. Und mehr trinken. Und ich muss nicht an unwichtigen Ampeln halten. Und überhaupt.

    PS: Und ich kann neuerdings bei den Guurgelbloggern keine Kommentare mehr abonnieren

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    1. Radfahren und trinken kann unter unglücklichen Umständen ebenfalls den Lappen gefährden ;)
      "Meine" Innenstadt ist mir mit 17 Kilometern etwas zu weit, selbst wenn ich ein Rad besäße. Und zum trinken fährt da eh keiner hin.

      PS: Ich muss bei Wordpress immer zwei bis dreimal die Seite neu laden bis was zu sehen ist, außer auf der Übersicht. Die spinnen eh alle.

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