Samstag, 16. November 2013

Im Reich der Kühlschränke















Man sollte aufpassen, wem man wann was verspricht. Dem notorischen Norbi soll ich irgendwann versprochen haben, ihn zu einem Heimspiel der Hamburg Freezers zu begleiten, obwohl mich der Verein nicht die Bohne interessiert. Für mich sind das immer noch umgesiedelte Münchner, die zur Gewinnmaximierung der O2 Arena installiert wurden, weil sich so ein Palast durch Konzerte von Scooter und DJ Bobo alleine nicht finanzieren lässt. Seitdem haben wir in Hamburg einen Handballverein, der eigentlich aus Bad Schwartau stammt und einen Eishockeyverein aus Bayern, die haben ja genug andere da unten. Zustände wie in Amerika, grauenhaft.

Meine Vorurteile versucht mein Begleiter sofort im Keim zu ersticken indem er mich mit Bier versorgt, kaum dass wir den Schuppen betreten haben. Holsten. Einen Cheeseburger gibt es noch obendrauf, auch keine Offenbarung, aber wohl besser als die Bratwurst. Die Karte im Skylight Cafe ist sehr viel beeindruckender, da könnte man ein blutiges Steak zum Sport verzehren, leider sind die besten Plätze besetzt.

Die Halle ist vielleicht halb voll, Eishockey wird hier oben immer eine Randsportart bleiben, die Sitze sind allerdings richtig bequem im Vergleich zum Millerntor. Um ordentlich Heimatgefühle beim Publikum zu erzeugen läuft reichlich Folklore, keine Ahnung ob das jetzt die Hymne ist, mitsingen will niemand in meiner Umgebung. Irgendwas mit viel Hamburg und Norden im Text, Wellen und Wind, was halt dazugehört an Klischees. Unter uns sind scheinbar die Ultras, wenn es so etwas im Eishockey gibt. Sie singen ohne Unterlass, unterstützt von Megaphon und mindestens fünf Trommlern, die ich im Halbdunkel nicht erkennen kann. Flaggen werden auch reichlich geschwenkt, sogar FCK SPD ist dabei, was mich angenehm überrascht.

Ist das Vorprogramm durch, inklusive Werbung und allen unangenehmen Nebenerscheinungen, beginnt die Show.  Ein aufgeblasener Kühlschrank als Einfallstor der Helden in die Arena, etwas künstlicher Nebel, Projektionen auf der Eisfläche, alles was geht. Sogar Pyrotechnik aka Feuerwerk, allerdings nur auf dem TV-Würfel, was eine Dame hinter mir trotzdem schöööön findet. Man sollte Silvesterfeuerwerk vielleicht einfach im TV zeigen, spart ein Heidengeld.

In der Halbzeit Drittelpause werden lustige Spiele für und mit den Fans veranstaltet, zwei Glückliche dürfen im Angesicht des von 1860 München geklauten Maskottchens (der angeklebte Bart ist eine sehr dürftige Tarnung) wetteifern, wer sich als erstes ein gefrorenes T-Shirt überstreifen kann. Dabei werden sie von leicht bekleideten Mädels auf Schlittschuhen ausgelacht angefeuert, die scheinbar keine weitere Funktion erfüllen, Cheerleaderbommel oder ähnliches Gerät ist nicht zu entdecken. Zur großen Überraschung gibt es zwei Sieger, obwohl Kandidat 1 sein T-Shirt sehr viel schneller aufgetaut hat dürfen beide ihr Hemdchen behalten. Es lebe der Hauptsponsor - oder wer immer so viel Gnade walten lässt.
Erinnert mich fatal an unser Auswärtsspiel in Regensburg, das Rahmenprogramm war ähnlich grausam, nur halt sehr viel bayrischer.
 
Irgendwann ist dann auch endlich Sport angesagt und der, das muss ich gestehen, macht schon Spaß. Zwanzig Minuten Nettospielzeit pro Drittel, das ist eine Stunde pure Action, rasante Spielzüge und nahezu null Verschnaufpausen dabei. Ungeheuer schnell, aber trotzdem gut zu verfolgen, nur die Tore sieht man erst wenn der Puck einschlägt. Zwischendurch darf der DJ für die wenigen Sekunden der Spielunterbrechung Gas geben und irgendwelche animierenden Sachen spielen, das erinnert mich an den Exilwestfalen nach einer Flasche Ouzo. Kassiert ein Düsseldorfer Spieler Strafzeiten darf Heidi Kabel ran. In Hamburg sagt man Tschühüss, schon wieder Folklore, beinahe schon zwanghaft hier. Kommt das vom Publikum ist es geil, kommt das vom Band ist es Animation, das ist der Punkt der mich stört, hier wird laufend animiert. Am schlimmsten ist der Mikrofonkasper mit seinen ellenlangen Tor-Arien, dreimal der Torschütze, einmal der Vorbereiter, Spielstand, Danke, Bitte, Blablabla, der ganze Sermon. Wie in Regensburg, liegt mir heute noch im Magen.


Fazit: Als Event ganz tauglich, die bessere Alternative zum Musicalbesuch. Aber wenn ich mit einem Verein nichts anfangen kann und es mir schlichtweg egal ist wer da unten gewinnt, dann ist das auch nicht viel mehr als ein Musicalbesuch, reine Unterhaltung. Aus fotografischer Sicht ist der Spaß auch eher uninteressant, denn Spiegelreflexkameras sind leider verboten.

Auch besser als Muscial. Pretenders - Learning To Crawl


















 

6 Kommentare:

  1. Wolltest du nicht ursprünglich ans Millerntor zum Fanräumefestival? Statt dessen bist zu in Mordor unterwegs? Gaaaanz schlecht für die Biografie :p

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    1. Wer zu spät kommt..
      Ich hab erst eine Woche vorher geschnallt dass eine üble Terminüberschneidung droht, da konnte ich nicht mehr absagen.

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  2. Gänzlich unspannend fandest du das aber nicht, ich habe genau gesehen wie du bei den Toren gezuckt hast, einmal wärst du fast aus Versehen aufgesprungen *g*

    Gruß, N. (nicht notorisch)

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    1. Nein, war nicht unspannend, geb ich ja zu. Wäre mir aber auch egal gewesen wenn die Düsseldorfer drei Dinger geschossen hätten. Die Zuckungen waren auf das Holsten zurückzuführen *fg*

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  3. Ich finde am besten: dass man hinterm Tor rumspielen kann. Und Body Checks natürlich. Früher war ich manchmal beim Eishockey während der Skiferien. Die Spieler sahen im Vergleich zu den heutigen (Dress-)Buben damals eher furchterregend nach Frankensteins Probeexemplaren aus. Weitgehend zahnlos, dicke Augenbrauen und eiskaltes Lächeln...

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    1. Macht bestimmt Spaß wenn mans kann, ich habe nie Schlittschuhlaufen gelernt, der einzige Versuche endete kläglich. Skifahren liegt mir mehr. Bodychecks sind lustig, gab aber auch einige nicht so lustige die auf der Strafbank endeten, ein paar zerbrochene Schläger, das volle Programm.
      Der Sport ist geil, der Kommerz nervt. Dieses Tor wurde gesponsert von Blabla.. muss ich nicht haben.

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