Donnerstag, 20. Juni 2013

Abgefüttert















Böse Zungen behaupten, "alles inklusive" wäre hauptsächlich für Menschen erfunden worden, die sich im Urlaub von morgens bis abends die Kante geben wollen. Diese Meinung wird noch bestärkt, wenn man so einige Bewertungen auf Hotelportalen liest, in denen Horden besoffener Kegel- oder Fußballclubs beschrieben werden, die schon vor dem Frühstück die ersten Longdrinks ordern.

Nur fürs Futter, davon war ich jedenfalls überzeugt, lohnt sich das nicht. Zumal ich eigentlich eine ausgesprochene Abneigung gegen Buffets habe, an denen diese Horden dann mit hoffnungslos überfüllten Tellern von dannen ziehen um sich einen Platz zu suchen. Erfahrungsgemäß reicht mir bei diesen Temperaturen zum Mittag auch eine Schüssel Cornflakes mit kalter Milch, aber so etwas wie Halbpension wird kaum noch angeboten in der Türkei. Und mit Kind wärs auch viel praktischer...
Das war das ausschlaggebende Argument, schließlich reicht es schon wenn ich den ganzen Tag mit der Kamera rumlaufe, da will man nicht wegen jeder Kleinigkeit noch in der Tasche kramen müssen. Alles überflüssiger Ballast der auf dem Zimmer bleiben kann.

Vielleicht ist es in der Hauptsaison schlimmer, vielleicht auch in anderen Gegenden oder Hotels, aber das hier ist ein Paradies. Für alle. Die Kinder können sich im Familienrestaurant an ihrem eigenen Buffet bedienen, alles in entsprechender Höhe, während im gegenüberliegenden Flügel an jeder Ecke die Pfannen geschwenkt werden. In der einen werden Omeletts mit Wunschfüllung am Fließband gefertigt, in der nächsten Toast und Brötchen mit Schinken, Tomaten und/oder Käse gefüllt und im Kontaktgrill überbacken. Wer es süßer mag holt sich Pfannkuchen, wer es deftiger mag Spiegel- oder Rührei.  Das sind auch die einzigen Stationen, an denen man mal eine Minute warten muss, wenn man viel Pech hat, aber dann bedient man sich halt so lange an der Salatbar, nimmt eine der unzähligen kleinen Schüsseln mit Kräuterbutter, Avocadocreme und was sonst noch alles herumsteht mit, oder zieht sich schon mal den Kaffee. Frisch gepresster Orangensaft wird am Tisch angeboten, für einen Euro pro Glas. Gesund trinken kostet extra.

Mittags und abends wird zwischen den Restaurants zusätzlich der Open Air Grill in Betrieb genommen, es gibt Fleisch vom Rost oder Dönerspieß, die Kollegen stehen daneben und frittieren Pommes oder Gemüse im Backteig und wo morgens noch Spiegeleier gebraten werden gibt es abends frischen Fisch. Nach drei Tagen erst entdecken wir den riesigen Topf mit der Suppe, daneben die Schalen mit Croutons und Käse zum drüberstreuen, seither gibt es regelmäßig Vorsuppe. Alles in kleinen Portionen, weil man noch nicht wissen kann, was sich unter den etwa vierzig oder fünfzig chromglänzenden Hauben befindet. Die gedämpfte Fischpfanne gestern, mit Fischfilet, Krabben und Tintenfisch mit Paprika, Zwiebeln und Tomaten war jedenfalls so lecker, dass ich unbedingt Nachschlag haben musste, trotz der vorher genossenen Portion gefüllter Auberginen.

Wer zwischen den Mahlzeiten tatsächlich Hunger verspürt geht an die Poolbar und holt sich Hot Dogs, Burger, Köfte oder Dönerfleisch mit Pommes. Gesünder geht auch, am Wellnesspool ist die Salatbar ganztägig geöffnet und die Kinder gehen gerne zu der weiß gekleideten Tante, die jeden Tag von 11 bis 16 Uhr Fladenbrotcrepes mit Nutella backt. Am Strand steht das alles ebenfalls, so dass man nicht einmal die paar Meter zum Hotel zurück laufen muss.

Man wird hier im wahrsten Sinne des Wortes abgefüttert, mit unglaublichen Mengen fantastischer Leckereien der türkischen Küche und fast rund um die Uhr, bis hin zur Mitternachtssuppe. Am schlimmsten ist das Dessertbuffet, da geht man hin wenn man eigentlich schon pappsatt ist und kann sich dann doch nicht beherrschen. Baklava muss, das schmeckt um Klassen besser als in Deutschland, der Rest kann. Manchmal kann er was, wenn es sich um Früchtebecher oder Schokoladentorten handelt, manchmal kann er aber auch nix, die ganz bunten Dinger sollte man besser nicht anfassen, aber das lernt man schnell.

Das Dessertbuffet hat bis jetzt auch verhindert, dass ich mich auf die Waage stelle. Das mach ich erst in drei oder vier Wochen wieder, bis dahin ist fast alles gestrichen was Kalorien hat. Einen Nachteil hat "alles inklusive" eben doch.

Keine Diät auf den Ohren: Elvin Bishop - Gettin' My Groove Back







13 Kommentare:

  1. Lecker lecker--- wir waren vor fast zwanzig jahren mal in Kemer in der Türkei. Alles inklusive gabs auch damals schon. Genau wie du es beschreibst. Letzte Woche habe ich eher für nebenbei mal den Fernseh zu Wort und Bild kommen lassen. Arte: Doku über all-inclusive in der Türkei. Ich war entsetzt unter welchen Bedingungen die Menschen heute dort arbeiten müssen.

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    1. Ja, das ist ein durchaus zweischneidiges Schwert, wobei die Arbeitsbedingungen polnischer Spargelausgräber oder marokkanischer Krabbenpulerinnen sicherlich auch nicht besser sind. Andererseits sind das halt auch eine Menge Arbeitsplätze, die Bevölkerungszahl Manavgats ist in den letzten Jahren explodiert, da wohnen jetzt die ganzen in den umliegenden Touristenzentren arbeitenden Menschen, da wird gebaut wie verrückt.
      Ich hätte auch keine Lust für 500 Euro im Monat den ganzen Tag die Betten zu machen oder Omeletts zu backen, aber ohne Betten und Omeletts kann sich die Familie dann wohl keine Wohnung dort leisten. Kann man ja durch entsprechendes Trinkgeld abmildern, dann liegt sogar das T-Shirt immer sauber gefaltet auf dem Kopfkissen.

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    2. Wahrscheinlich muss man andere Massstäbe anlegen was Arbeitsbedingungen, -sicherheit und Bezahlung betrifft.
      Zweischneidiges Schwert trifft den Nagel auf den Kopf

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  2. Hm zu den Kehrseiten der Medaille habt ihr ja schon alles geschrieben....

    Das liest sich doch so weit ganz gut und sieht recht ansprechend aus. Wie viel nimmt man in so einem Urlaub denn zu und ist eigentlich für den Notfall ein Arzt zur Stelle? :p

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    1. Ein Arzt ist im Hotel, es gibt regelmäßige Sprechstunden, die ich nicht wahrnehmen musste. Und was mnan zunimmt kann ich nicht sagen, hängt wohl auch davon ab, ob man bei 35° im Schatten Volleyball spielt oder lieber am Pool chillt.

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  3. baklava? dieser süße blätterteigkram? hat neulich ne kollegin mit ins büro gebracht, kannste mich mit jagen.
    der rest sieht auch bannig süß aus, mit dem dessertbuffet wäre ich wohl nicht warm geworden. die anderen futterstellen hätte ich dafür gnadenlos geplündert, sowas gibt es in diesem haushalt leider zu selten.

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    1. Das Zeug taugt hier nichts, da unten sind jede Menge Pistazien in der Füllung, extrem lecker. Extrem süß allerdings auch.

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  4. Wenn ich nicht schon genug gefressen hätte, würd ich jetz echt Hunger bekommen.
    Aber mir is schon schlääääscht, sorry. *fg*

    BTW... unbedingt mal als Food-Style-Performance-Photographer bei ner rennomierten Food-Style-Performance-Photographer-Agency bewerben, Food-Style-Performance-Photos einreichen und reich werden !

    Et voilá ! ;-)

    ->>> *flücht*


    *fg*

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    1. Schenkt dem Pappeimer mal ein *t* und klaut dafür ein *n*

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    2. Die Food-Style-Performance war ja nicht von mir und für Food-Style-Performance-Photography ist die Kompaktknipse nicht geeignet. Am Futtertrog mochte ich mit der SLR nicht rumlaufen, sonst hättest Du wohl trotzdem Hunger bekommen.

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  5. Och Mennooo, wo isn mein Kommentar? Manchmal muss man hier zweimal draufdrücken, um wirklich anzukommen.
    Aber gut.
    Was ich sagen wollte/zu sagen gehabt hatte, ist, dass ich die Türkei nach einem anfänglichen Liebäugeln nun doch ganz schnell wieder von der Liste möglicher Urlaubsziele gestrichen habe. Gaaaaanz schnell.
    Die Desserts! Da kann ich nicht hin! Nein! Ich kann mich nämlich von Desserts ernähren. Taaa.ge.lang. Ohne dass mir schlecht wird.
    Nein.Nein.Nein. Türkei kommt nicht in Frage. Sonst gehts mir wie seinerzeit in Tunesien. Da gabs auch viel zu viele Desserts.

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    1. Also das meiste von dem Zeug war mir echt zu süß, es blieben allerdings noch genug wohlschmeckende Desserts übrig um die Wahl zur Qual zu machen.

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