Mittwoch, 11. Juni 2014
Der Weg ist nicht das Ziel
Will man an einem weit entfernten Ort Urlaub machen, sind Flugreisen eine praktische Sache. Aber wenn der Weg nicht das Ziel ist, wie bei den Touren durch Norwegen, dann ist der Weg nur eine lästige Geschichte, die man möglichst schnell hinter sich bringen will.
Und lästig sind mir Flüge inzwischen echt geworden. Früher™ fand ich das ganze noch spannend, inzwischen nervt dieser Zirkus ganz ungemein. Ich hätte zum Beispiel gerne gewusst, warum die Ausweiskontrolle bei mir auf dem Hamburger Flughafen dreimal so lange gedauert hat wie bei meinen Mitreisenden. Steht da irgend etwas im Computer von dem ich wissen sollte?
Um die durchgemachte Nacht vor der Abreise komme ich diesmal herum, der Flug ist von 6:10 auf 8:30 verschoben worden, dadurch komme ich auf theoretische vier Stunden Schlaf in der letzten Nacht. Theoretisch, weil Hotelbetten und Wurstkissen, aber immerhin vier Stunden liegende Position und Augen zu. Die türkischen Zubringer sind pünktlich und fix, der Bus voll mit Rückfliegern nach Sachsen, wie man deutlich hören kann. Ein paar für den Flug nach HH, jemand begrüßt mich mit Moin Moin, das St.Pauli Shirt ist fast immer ein zuverlässiges Erkennungsmerkmal.
Der Flieger verspätet sich, 9:00 ist inzwischen angesagt. Vier Stunden Zeit für Gepäck und die Kontrolettis. Wir haben Glück, direkt neben uns macht eine Kontrollstation auf. Jacke ausziehen, Uhren ab, Handgepäck aufs Band und der Rest in die Plastikwannen. Durchgehen, nichts piept, alles wieder einsammeln.
Eine gute Stunde geht für die Gepäckaufgabe drauf, wir sind ganz vorne in der Schlange, aber der Schalter noch geschlossen. So geschlossen wie kurze Zeit darauf die Augen unseres Gepäckabfertigers, oder wie immer die Berufsbezeichnung dieser Menschen lautet. Die letzte Nacht scheint kurz gewesen zu sein, unsere Ausweise verwirrend, nachdem er zweimal scheitert versucht er es mit den Ausweisnummern, das klappt endlich. Wir sind die, die wir vorgeben zu sein. Weder Ausweise noch Flugschein geklaut. Zumindest unsere Klamotten dürfen mit.
Der türkische Grenzbeamte ist ungewohnt freundlich, trotz erkennbarer Rückenschmerzen, der erste der lächelt, als er diese seltsamen Zettelchen wieder einsammelt, die man um Gottes Willen ja nicht verlieren darf wenn man wieder nach Hause will. Danach Kontroletti II, alles von vorne. Jacke ausziehen, Uhren ab, Handgepäck aufs Band und der Rest in die Plastikwannen. Durchgehen, nichts piept, alles wieder einsammeln. Antalya ist doppelt sicher und doppelt nervig.
Endlich durch, noch zwei Stunden bis Abflug, kein Frühstück bisher, also Hunger. Die Kinder entscheiden sich für den Würgerking, trotz der Schlange davor. Ich gehe an den Tresen nebenan zu Popeyes Louisiana Kitchen, der gleiche Kram, andere Farbe. "Da steht kein Mensch" warnt mich Junior, nur verstehe ich blöderweise die Warnung nicht. Natürlich liegt er richtig, der Fraß ist ungenießbar, KFC in schlecht, eine Beleidigung für Louisiana. Dafür 0.5 Liter Cola dabei, von der die Prinzessin die Hälfte wegzieht, sehr zum Missfallen ihrer Mutter. Der besorge ich zur Beruhigung an der nächsten Ecke einen Kaffee. Eine Latte. Eine Latte für glatte 6 (in Worten: Sechs) Euro. Die haben echt nicht alle Latten am Zaun. Wenn man im Nirgendwoland eingesperrt ist und keine Wahl hat, dann wird hemmungslos abgezockt.
Der Flieger verspätet sich um eine weitere gefühlte halbe Stunde als wir schon in ihm sitzen. Machen die Turbinen komische Geräusche oder ist nur die Startbahn nicht frei? Endlich geht´s los, erst der Flieger, dann die Steward/essen-Orgie. Rollerollerollcontainer. Vor 40 Jahren gab es noch pappige Brötchen, Marmelade, Aufschnitt und Plastikmesser dazu. Heute ein trockenes Brötchen mit trockenem Käse und ein Schluck stilles Wasser dazu, um das überhaupt runterwürgen zu können. Ein Würgereiz überfällt mich auch immer, wenn die blonde Hülya an mir vorüber rauscht. Das Parfum sollte in die Genfer Konvention aufgenommen werden, atemberaubend im negativen Sinne.
Die Prinzessin guckt einen Film auf dem Netbook, ihre Mutter liest Hesse (in der Türkei kann man den Steppenwolf auf der Straße finden) und Junior daddelt auf seinem Schmattfohn. In der Reihe vor uns ein ähnliches Bild. Das hyperaktive Kind hat die Vollausstattung, Gameboy, Tablet und dazu geschätzt 1000 Spiele. Er kann sich jedenfalls nicht entscheiden und daddelt jedes Spiel nur wenige Minuten. Dadurch lerne ich eine Menge Spiele für Tablets kennen und weiß nun, dass ich so etwas garantiert nicht brauche.
Dreieinhalb verdammte Stunden später landet die Kiste in Hamburg. Eine elend lange Schlange vor vier Grenzbeamten. Hätten die mit ihren Kollegen in Antalya telefoniert könnte man sich das sparen, aber nein...
Macht nichts, denn das Gepäck ist eh noch nicht da. Nicht da. Nicht da. Immer noch nicht da. Kommt noch was? Ja, Air Berlin hat Koffer aus Stuttgart dabei, die sind zwar später gelandet, aber haben die fixeren Jungs. Nach einer halben Stunde ist fast alles abgeräumt, nur noch ein Kindersitz nebst einer danebenliegenden (frischen) Windel dreht unaufhörlich seine Runden. Nach weiteren fünfzehn Minuten ist es nur noch die Windel, dann kommt unser Gepäck. Wiederum in Abständen von fünfzehn Minuten, in dieser Branche werden wohl noch Rauchpausen gemacht.
Natürlich hat mir die Klimaanlage auch wieder eine leichte Erkältung beschert, das gehört bei Flugreisen dazu. Aber sie sind halt praktisch, wenn man an weit entfernten Orten Urlaub machen will. Man sollte sie nur so schnell wie möglich hinter sich bringen.
Andererseits, wenn ich an die zwei Tage Regenfahrt auf der Autobahn nach Barcelona denke damals, wenn der Weg nicht das Ziel ist, dann taugt das auch nichts.
Taugt absolut: Al Stewart - Live - Rhymes in Rooms
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Erkältung im Flieger? Socken, leichte Jacke und einen ebenso leichten Schal ins Handgepäck. Ich mach das so. Und erkälte mich nie.
AntwortenLöschenWillkommen zu Hause. Ich hoffe, Du kriegst hier noch was von dem gnadenlos schönen Sommerwetter ab.
Na Socken hatte ich schon an, eine leichte Jacke leider nicht und Schals trage ich eigentlich nur zum Fußball. Sollte ich vielleicht mal ändern, das mit den Schals.
LöschenWir müssen uns unbedingt persönlich bekanntmachen - dringend: ich zeige gerne alle Vorteile von Halstüchern *fg*
AntwortenLöschenNee, stimmt aber schon und ich unterschreibe das: Flugreisen werden immer nerviger, besonders das Drumherum.
Die Schlangenwarterei, die üblen Gerüche, die unverschämten Preise - ach einfach alles.
Wobei, hier auf dem Flughafen isses echt noch relaxt, komm doch mal vorbei...
Ich werde es nächstes Jahr testen, allerdings wird das wohl auf Ryan hinauslaufen und das sind echte Übelflieger, dagegen ist sogar der Sonnenexpress Gold wert.
Löschendas hört sich alles nicht so schön an, gute besserung ;). mit welcher fluggesellschaft seid ihr geflogen? air berlin fand ich eigentlich immer ganz okay.
AntwortenLöschenAir Berlin war nicht zu bekommen ohne Zwischenlandung in Istanbul, Sun Express hat aber einen guten Zentimeter mehr Beinfreiheit als Ryan und kein stinkendes Zeugs aus der Mikrowelle, nur stinkende Stewardessen *fg*.
Löschen