Samstag, 12. April 2014

Immer alles in letzter Minute















Vorspiel
Heimspieltermine kennt man auswendig. Heimspieltermine kennt man auswendig. Heimspieltermine....bitte 100 mal an die Tafel schreiben Herr Beeblebrox, dann kommt man nicht so in die Bredouille. Wat für ein Stress, nur weil ich Anfang der Woche versprochen habe den Kinderkutscher zu machen. Aufstehen, Kippe, Kaffee, wech, zu futtern wird sich irgendwann etwas finden. Erst die Prinzessin aus dem Kindergarten abholen, Klamotten einsammeln, das große Kind von der Arbeit abholen und alles nach Pinneberg schaffen und dann irgendwie ins Stadion, rechtzeitig ist das eigentlich nicht zu wuppen.

Die Stadt ist gestopft voll, das hole ich auf indem ich die Geschwindigkeitsbeschränkungsschilder auf der Autobahn geflissentlich übersehe. Auf dem Rückweg bremst mich minutenlang eine Familienkutsche mit Unabsteigbaraufkleber aus, Autofahren können die also auch nicht. Das hole ich auf indem ich mich später an einen Bergrallyefahrer hänge, trotzdem kann ich die Anreise mit ÖPNV heute vergessen. Ich muss die Karre irgendwo stehen lassen, ohne den Sch.. Dom könnte ich direkt zum Stadion heizen.

In Barmbek finde ich einen Parkplatz, zwei Minuten zu Fuß zur U-Bahn, ein trockenes Käsebrötchen vom Bäcker und rein in den Zug. Super Frühstück, aber da ich heute ohnehin kein Bier trinken kann brauche ich ja keine Grundlage. Kein Mensch in St.Pauli Klamotten bis zum Hauptbahnhof, alles schon im Stadion verdammt. Es kotzt mich an, dass ich so etwas immer in letzter Minute machen muss, wann lern ich mal dazu.

U-Bahn St.Pauli die üblichen Nasen von der Kartenmafia. Habe eigentlich nur ich das Gefühl, dass die Kartenmafia inzwischen auch den Flaschenbierverkauf vor dem Stadion kontrolliert? Früher standen da irgendwie sympathischere Leute. Ich mach ´nen flotten Slalomlauf durch die zahlreichen Dombesucher, die Stadioneingänge sind so gut wie frei, so schnell bin ich noch nie reingekommen.

Eine Bratwurst als quasi zweites Frühstück nach dem öddeligen Brötchen wäre nicht schlecht, aber da stehen Leute an, das kostet mich über den Daumen fünf Minuten, das halbe Käsebrötchen muss erst mal reichen. Als Autofahrer trink ich eigentlich nichts, außerdem hat Herr L. bestimmt schon zwei Bier gekauft, also naja, also eins kann man schon mal. Stimme muss geölt werden, näch.

Wie erwartet erwartet mich Herr L. mit Bier und ich kriege noch schnell genug die Kamera aus der Tasche um die Blockfahne des Gegengeradesupportblocks nicht zu fotografieren, weil man die von hier oben einfach nicht wirklich fotografieren kann, so wenig wie das anschließende Konfettiinferno. Ich bin so doof, ich hätte mich zur Tresenkurve in die Meckerecke stellen sollen heute, da hätt man geile Fotos machen können. Nur sieht man das Spiel von da aus einfach nicht.

Nachtrag: ein hammergeiles Foto der Gegengeradenchoreo gibt es bei Stefan.

Spiel (1)
Und das wäre noch doofer, denn das entwickelt sich recht ordentlich. Torre und Gonther in der IV hab ich heute erwartet, und Boller ist auf der Bank! Endlich ist der Käpt´n wieder an Deck. Und Verhoek in der Startelf find ich gut. "Das gefällt dir, was?" grinst Herr L. mich an, "Ja" sach ich, pass ma auf, der macht seine Bude heute."  Lautern gleich mit ner Ecke, aber geklärt und danach sind wir gut in der Vorwärtsbewegung. Alles noch etwas ungenau, aber die Pfälzer sind noch ungenauer, daher kommen wir immer wieder vor ihren Strafraum. Nach zehn Minuten gibts ne Karte für den Lauterer Torwart, als der Verhoek im Strafraum umnietet. Das sah irgendwie nach Tätlichkeit aus, wieso gibt es dafür nicht rot?
Kurz darauf rennen Lakic und Torre mit Highspeed dem Ball in Richtung Strafraum hinterher, Lakic hebt ab und der Schiri pfeift. "Ich fass es nicht" brüll ich "der Arsch war nen Meter weit weg, mindestens."

Sieht der Schiedsrichter tatsächlich ähnlich, Lakic kriegt gelb für die Schwalbe und ich kann mich wieder beruhigen. Alter Verwalter, und nicht mal ne Sportzigarette dabei um den Blutdruck zu senken. Der geht gleich wieder hoch, weil mir Herr L. enthusiastisch um den Hals fällt. Schöne Flanke von Ratsche auf den langen Pfosten und da steht Joooohn Verhoek! O Johnnyjohnnyjohn come along come along. Yeah. Sach ich doch, der macht heute seine Bude, 1:0 Woohoo. 

Geht flott weiter danach, aber Lautern wird langsam stärker. Ziereis hat Probleme mit Idrissou und auf Lakic und Zoller muss man auch immer aufpassen, das ist ´ne ziemlich abgewichste Truppe. Und wenn Tschauner tatsächlich mal raus kommt aus seinem Kasten wird es immer interessant, noch interessanter wenn er gleich den Sechzehner verlässt. Manmanman, da spielen sich Sachen ab auf dem Rasen, ich glaub´s ja nicht. Unsere Jungs spielen den Tiki-Taka-Barcelona-Ballstafetten-Tango, jeder Ballkontakt wird von der Menge frenetisch begrüßt und ich fange an von einem Kantersieg zu träumen. Gegen die Region! Gegen die bin ich normal mit ´nem Unentschieden zufrieden. Oder einem dreckigen 1:0 mit Eigentor.

Dreckig ist es auch so schon, aber spannend. Leider machen wir es spannend, weil die Abwehr langsam schwimmt, wir kriegen den Ball nicht weg. Hier ´ne Ecke, da ´ne Ecke, und da mal´nen Freistoß und der ist dann auch drin, wunderschön in die Torwartecke getreten und zack - 1:1 durch Lakic. Wtf?

Und die nächsten Klopse dann in Reihe, Tschauner irrt wieder vor dem Strafraum herum und kommt nicht schnell genug zurück, Idrissou und Lakic verpassen die nächste Möglichkeit und neben mir startet Herr L. sein Nörgelmantra. "Wirladendieein, wirladendieein." Schachter und Torre kassieren gelb, manche Entscheidungen des Schiris sind nicht nachzuvollziehen. Warum der Ball dann im Netz ist und wir trotzdem kein Tor bekommen ist eine davon, aber die Szene ist von hier aus nicht klar zu erkennen. Abseits? Kein Plan, kurz vor der Halbzeit haut Halstenberg noch einen raus, bäng, Pfosten. Kagge. Pause.

Zwischenspiel
Herr L. geht Bier holen. "Du willst keins mehr oder?" fragt er mich. Hm. Eigentlich trinke ich kein Bier wenn ich fahren muss, oder höchstens eins. Da eins aber keins ist habe ich noch keins getrunken und eins geht ja. "Ach egal" sag ich, "bring mir eins mit. Eins ist keins." Wenn ich heute schon keine Sportzigaretten dabei habe, außerdem kann ich mir die Grundlage hinterher auf dem Dom anfressen, andersrum geht´s auch mal.

Langsam schnall ich das auch mit den Tapeten auf der Süd, der Schatz vom Fanladen hat Jubiläum und wird für 10 Jahre gefeiert. Ich bin viel zu selten im Fanladen, dabei könnte ich mal wieder nach Aufklebern gucken oder nachsehen ob die Kacheln in den Fanräumen noch heile sind, aber nach dem Spiel ist es einfach zu voll da. Als Herr L. mit dem Bier kommt entfaltet sich gerade ein Gespenst auf der Süd und wandert langsam Richtung Tormitte. Just als ich mich frage ob das etwa ein Aufstiegsgespenst sein soll wird diese Frage beantwortet. So halbwegs jedenfalls, ich rätsel noch ein wenig, aber dann ist Fußball.

Spiel (2)
Wir kommen leicht verbessert aus der Pause, Johnny verpasst leider die Führung weil er den Ball irgendwie am Ende doch verstolpert und Lenny ballert aus der Entfernung einen halben Meter daneben. Die klareren Chancen sind jedoch auf der anderen Seite, nicht zuletzt weil gefühlt jeder hoch nach vorne geschlagene Ball postwendend zurück kommt, wir gewinnen einfach kein Kopfballduell. Ziereis hat weiterhin Probleme mit Idrissou und Torre verliert gegen Zoller auch gerne mal die Orientierung. Wo war noch gleich der Ball? Ach, beim Gegner. Immerhin bügelt er seine Klopse aus und rettet für Tschauni auf der Linie. Der bleibt liegen und hält sich die Schulter, was für ne Shice ey, hoffentlich nicht wieder so ein Drama.

Kurz darauf ist es so weit, wir kriegen die Pille nicht aus dem Strafraum, das Ding eiert hin und her und dann ist er drin, 1:2. "Das war so klar" stöhnt Herr L. "wir haben drum gebettelt." Wir betteln weiter und haben Glück, dass nicht gleich der nächste Treffer fällt. Buchti geht für Kringe und nach der nächsten Rettungsaktion von Tschauner ist dann auch für ihn das Ende gekommen, er muss verletzt raus. Himmelmann kommt für ihn und ich hoffe die ganzen nebenberuflichen Forentrainer und Trainingskiebitze liegen richtig in ihrer Einschätzung, dass wir jetzt den eigentlich stärkeren Keeper zwischen den Pfosten haben.

Zehn Minuten vor Schluss kommt Maier für Ziereis, Schachten wechselt auf die rechte Seite und wir erhöhen den Druck. Schade, kein Comeback für Boller heute, aber vielleicht ja eine Freistoßchance für Basti. Die Zeit verrinnt wie in einer aufgebohrten Sanduhr, da kriegen wir tatsächlich noch einen Freistoß. Für einen Distanzschuss wohl etwas weit denk ich noch, aber Basti traut sich und haut den Ball an den Pfosten, dann ist Kringe dran und es steht 2:2. Woohoo, der pure Wahnsinn. Ausgleich in der letzten Minute, das Stadion tobt und Herr L. hüpft mir fast auf den Schoß vor Freude.

Jetzt könnte der Schiri eigentlich abpfeifen, denn wenn man es genau betrachtet sind wir heute mit einem Unentschieden gut bedient. Die Jungs auf dem Platz wollen aber mehr und sie bekommen die Gelegenheit, fünf Minuten Nachspielzeit werden ausgerufen. "Fünf Minuten" mecker ich "der tickt doch nicht sauber. Wer bitte lässt fünf Minuten nachspielen." Doch die erste Aktion der Nachpielzeit ist eine gelb-rote Karte für einen der Lauterer Spieler, jetzt haben wir noch 4 Minuten in Überzahl, da geht was.

Es geht was für die Region, Himmelmann ist zweimal zur Stelle und pariert stark, doch bei dem Knaller aus gut 20 Metern in den Winkel ist er machtlos. 2:3, in der 97. Minute und direkt darauf der Abpfiff. Siebenundneunzig! Heute muss wirklich alles in der letzten Minute stattfinden, was für ein Schlag in die Magengrube.

Nachspiel
Herr L. muss seine Biere wegschaffen, ich knips derweil ein wenig die Domlatüchten und dann ist Abmarsch. Kurz vor den Fanräumen noch mit Herrn B. geschnackt, aber als der mitkriegt dass ich nichts zum dampfen am Start habe will er auch gleich nach Hause. Eine halbe Stunde später werde ich mit Pommes und Erdnussauce, einer Currywurst mit Brötchen und einer Kirschtasche zum Nachtisch endlich das flaue Gefühl im Magen los und mache mich auf den Heimweg. In der Bahn sabbelt mich noch einer mit verpasstem Aufstieg voll, wenigstens das muss ich mir bis zur neuen Saison nicht mehr anhören.

Beruhigungsmusik: Kruder & Dorfmeister - The K&D Sessions 

















12 Kommentare:

  1. Wieso fährst du vom Bahnhof Barmbek, wenn du eh schon spät dran bist, über Hauptbahnhof (mindestens 22 Minuten, eher mehr, kennt man ja, bei der Richtung) und nicht direkt die andere Richtung (17 Minuten)? Insofern ist "Kein Mensch in St.Pauli Klamotten bis zum Hauptbahnhof" nur logisch, wenn du vom Bahnhof Barmbek aus dich erstmal vom Stadion entfernst und eine Stadtrundfahrt Richtung Eilbek und Hamm unternimmst. ;-)
    Und wenn dir der Hauptbahnhof so gut gefällt und du deswegen die Richtung fahren willst - steig Berliner Tor in die U2 um (hat direkten Anschluss) und fahr mit der dann bis Messehallen. Aber über den Hafen muss man ja nun nicht gondeln, das ist nicht gerade eine Hochgeschwindigkeitsstrecke. Auch wenn man nur 5 Minuten länger fährt - da auf dem Viadukt entlang zu schleichen, wenn man es eilig hat - nur unnötiger Streß. :->

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    1. Habe ich kurz überlegt, weil der Weg über die Feldstraße zur Nordseite GG auch etwas kürzer wäre, aber der Zug stand halt gerade da und wollte los, da bin ich rein ohne nach dem anderen zu gucken. Sind das wirklich 5 Minuten Unterschied? Dann steige ich in Zukunft immer um, ich dachte das wären nur 3..

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  2. Glückwunsch!
    Klasse Karre. Brandgefährliche Fahrer in brandgefährdeten Fahrzeugen. Bei uns um die Ecke war das Auslieferungslager Rhein-Main für NSU. Spätere Modelle des 1000TT sind wohl serienmässig mit einem Feuerlöscher ausgerüstet worden. Bei den roten Modellen dachte ich als Kind immer, wieso Feuerwehrautos nur so einen kleinen Feuerlöscher dabei hätten, wenn ein Haus brennen würde *ggg*

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    1. Am schärfsten fand ich den Spruch auf der Heckscheibe, ich habe kurz überlegt ob man den im Fußball auch anwenden kann und festgestellt, ja, solche Spiele habe ich schon gesehen.
      Bei der Karre waren vor allem Lautstärke und Beschleunigungsvermögen beeindruckend, der wechselte die Spuren wie ein Kartfahrer, war schwer dranzubleiben.

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    2. Ich finde das alle klasse Spruch, Farbe, Parole. Nach deiner Beschreibung ist anzunehmen, dass der Pilot sowohl Parole (Der Berg ruft) als auch den Spruch treulich befolgt *ggg*

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  3. Was ein paar Tage in Hamburg alles so ausrichten können! Tiefste Empathie wg Parkplatzsuche auf St. Pauli, auf dem Dom gefühlt mitgegangen. Nächstes Jahr würde ich die kleine Muhme Rumpumpel in Övelgönne anheuern, das die ein gutes Wort einlegt und den Verein mantramäßig wieder eine Liga weiter hochbetet. Gegen deine Spielberichte lesen sich imho alle anderen wie die Gebrauchsanleitung für einen Miele Staubsauger. Meine Leiden steuern hingegen einen neuen Höhepunkt an, der SSV hat in Trier nur 1:1 gespielt, dümpelt also weiter auf den Abstiegsrängen.

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    1. Ach gar so wichtig ist mir die erste Liga zu diesem Zeitpunkt ja nicht, aber danke :)
      Nächstes Jahr spart ihr euch das Hotel und sucht euch ein Wochenende aus an dem Wetter ist und ich mehr Zeit habe ;)

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  4. Soso... Du lässt Dich also -mirnixdirnix- von Müllverbrennungsanlagenberatern aus Sankt Ellingen offensichtlich gezielt ausbremsen ?

    Tztztztz... ;-p

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    1. Gezielt war das nicht, der war nur besoffen oder sonstwie unsicher, verplant, verfahren, wasweisich. Spontanbremser, musste immer Abstand halten.

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  5. Thorandt war eine Katastrophe, Ziereis heillos überfordert, Tschauner hatte auch nicht den besten Tag und wenn er Kringe bringt hätte er auch Boll bringen können. Wenn Vrabec nächstes Saison noch solche Fehler macht kriegen wir einen neuen Trainer.

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    1. Hätte hätte Fahrradkette. Wenn er Himmelmann nicht hätte bringen müssen wäre Boller wohl noch gekommen, eine Garantie auf mehr Punkte wäre das aber auch nicht gewesen.

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  6. Dank Deiner Spielberichte bleibt mir in Erinnerung, dass es Fußball gibt :D Dass ich es dieses Jahr noch nicht einmal zum Rugby geschafft habe, auch am Samstag nicht, als zu Hause die Hamburger empfangen wurden und trotz der Führung im DRV Pokal oder gerade deswegen, zeigt, dass mein Sportinteresse gerade mal wieder auf einem Tiefpunkt angelangt ist. Nein, das Interesse eigentlich nicht. Es gibt nur dringlicheres zu tun. Mist.

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