Schon Miraculix wusste, dass mit der Dame nicht gut Kirschen essen ist. Beinahe unverzeilich, dass ich Cleo auch noch auf den Thron geholfen habe, indem ich ihren kleinen Bruder Ptolemaios verschwinden ließ. Im Maul eines Krokodils, waren harte Zeiten damals in Ägypten.
"Atmosphärisch" ist wohl das meist gehörte Adjektiv, wenn es um die Assassins Creed Reihe geht und irgendwann musste ich mich einfach mit der Meuchelei beschäftigen, schon wegen der virtuellen Zeitreise. Das Viktorianische London wäre schon reizvoll, ebenso Paris während der Revolution, aber wann hat man schon mal die Gelegenheit, auf Weltwundern wie dem Leuchtturm von Pharos und der Cheopspyramide herumzuklettern, 49 vor JCs Geburt, mitten im römischen Bürgerkrieg. Da waren die Pyramiden zwar auch schon über 2000 Jahre alt und löchrig, aber die Sphinx hatte immerhin noch ihre Nase.
Asterix und Obelix kamen folglich erst kurze Zeit später, um Numerobis bei Cäsars Palast zu helfen. Weshalb Julius noch in Alexanders Klitsche residierte, als wir die Cleo bei ihm ablieferten, in einen Teppich eingerollt, wie es in der Legende heißt. Soweit also historisch nicht unbedingt falsch, was Goscinny und Uderzo damals verfasst haben.
Ähnlich fantastisch wie die Geschichte um Asterix und Kleopatra, wenn auch nicht ganz so lustig, ist die des Kampfes zwischen Templern und Assassinen, der hier in (mehr oder weniger gesicherte) historische Begebenheiten eingebettet ist. Da guckt man schon zwischendurch mal bei Wikipedia, ob es diesen Apollodorus tatsächlich gegeben hat und welche Rolle der spielte, im politischen Ränkespiel zwischen Römern, Griechen und Ägyptern.
Diese Kleinigkeiten sind auch gleichzeitig der interessanteste Teil, an einer ansonsten eher flachen Blutrachestory, in der man haufenweise Bösewichte meuchelt, bis man den Oberbösewicht erwischt hat und dann noch mal von vorn, meet, meat, repeat, bis der allerärgste Oberoberbösewicht fällt.
Inzwischen hat man als Beschützer des Volkes an die 2000 Menschen gemeuchelt, mit Attentaten, mit Giftpfeilen, mit dem Schwert oder ganz effektiv aus der Distanz, per Kopfschuss mit dem Bogen. Das ist aber okay, weil man als Assassine zu den Guten gehört und ab und zu auch Bauern vor Krokodilen, Nilpferden und Raubkatzen retten darf. Schade eigentlich, dass man diesem eigentlich toll angelegten Charakter Bayek von Siwa nicht mehr Raum für seine eigene Geschichte gegeben hat.
Wenn ein Sandsturm in der Wüste irgendwann aufregender ist, als die Besatzung der nächsten Römerbastion zu eliminieren, sagt das schon einiges über den Langzeitspielspaß aus. Wobei man in der Wüste natürlich noch eine nette Fata Morgana erleben könnte, so ein Käferregen sieht schon lustig aus und das ist dann halt auch irgendwie... atmosphärisch.
Die Detailverliebtheit ist jedenfalls enorm, vom Schmugglerdorf im Nildelta bis zu den breiten Straßen Alexandrias ist alles so faszinierend und liebevoll gestaltet, dass man die Hatz nach dem nächsten Gegner oder Schatz oft einfach aufschiebt, nur um die Gegend auf dem Kamel- oder Pferderücken zu erkunden. Für Selfies vor der Arena in Kyrene oder den Pyramiden von Gizeh haben die Entwickler nicht umsonst eine Fotofunktion eingebaut, mit der man von Fokuspunkt bis Belichtung so ziemlich alles einstellen kann was nötig ist.
Beinahe interessanter als das Spiel selber ist der Erkundungsmodus, eine virtuelle Tour, in der man interaktiv die Geschichte des alten Ägyptens miterleben kann, ohne dabei von einer Horde Hyänen belästigt zu werden. Wie bei richtigen Museumsführungen auch, kann man sich von seiner Gruppe heimlich absondern und z.B. versuchen die Cheopspyramide zu erklettern, oder weiterhin der Museumsführung lauschen, um hinterher zu wissen, dass man immer noch nicht genau weiß, wie man diese Dinger damals gebaut hat. Nur, dass sie ungefähr 4500 Jahre alt sind, ein Alter, dass kein Stahlbetonbauwerk der Neuzeit jemals erreichen wird.
Auf 75 Stationen erfährt man viel über Weltwunder und andere Bauwerke, Pharaonen, Götter und Priester, Flora und Fauna, Landwirtschaft, Mode, Schmuck, nicht zuletzt über die wichtige Kunst des Bierbrauens und warum man im alten Ägypten das Bier häufig mit dem Strohhalm trank. Dazu sehr viel Bildmaterial von historischen Exponaten aus dieser Zeit, die man sonst nur im Louvre oder Metropolitan Art Museum sehen kann und das weit häufiger als in ägyptischen Museen, was natürlich Zufall sein kann, aber mir dennoch zu denken gibt.
Den alten Bart der Sphinx kann man sogar in zwei Museen bewundern, man muss sich die jeweils fehlenden Teile dann halt dazudenken. Wo die Nase geblieben ist weiß man zwar nicht, aber Obelix kann es nicht gewesen sein, denn die soll sie im 13. Jahrhundert sogar noch getragen haben, bis ein angeblich strenggläubiger Scheich sie abschlug. Das war dann wohl Taliban Version 1.0
Bei aller Liebe zum Detail bei historischen Nachbauten muss natürlich auch einiges dem Spielvergnügen weichen, die Sphinx wird zu Kleopatras Zeiten schon nicht mehr so schön bunt gewesen sein, aber sieht halt einfach schicker aus und selbstverständlich befinden sich in den Grabkammern der Pyramiden keine glitzernden Schätze oder seltene Schwerter, das wurde alles längst geklaut.
Überraschend genug, dass es den versteckten Hintereingang in der Sphinx tatsächlich gibt.
Fotos dazu: Assassins Creed Origins, Kleopatra VII Philopator, Alexandria, Pharos, Memphis, Gizeh, Kyerene
Musik dazu: Rachid Taha - Diwan / Diwan 2