Samstag, 31. Januar 2015

Trinkt mehr Schokolade!

















An manchen Dingen kann ich schlecht vorübergehen. Es kommt schon selten genug vor, dass man bei einem simplen Lebensmittelhöker irgendwelche Spezialitäten entdeckt. Wenn die dann auch noch im Bierregal stehen ist der Griff quasi schon reflexartig, kann man nix machen.

Vom Herrn Maisel hab ich vor -zig Jahren mal ein Dampfbier getrunken, das fand ich zwar recht lecker, hat sich aber wohl nicht behaupten können. Inzwischen sind die ja mehr für ihr Weissbier bekannt, also völlig außerhalb meines Geschmacksuniversums.

Der Craftbeerhype hat bei der jüngeren Generation der Familie allerdings voll eingeschlagen und bei 3.99 + Pfand für die praktische 0.7 Liter Probierflasche konnte ich einfach nicht widerstehen. Ideale Größe um ein Bier zu verkosten. Signature Edelbiere für den besonderen Genuss? Meins! Als alter Hopfenaficionado hat mich natürlich Stefan's Indian Ale (trotz des Deppenapostrophs) sehr gereizt, während mich Marc's Chocolate Bock (auch wegen des Deppenapostrophs) erst einmal zögern ließ. Schokoladenmalzbockbier? Ehrlich?

Die zartbittere Interpretation eine irischen Stouts, hm. Ausgewählte Gersten-, Spezial- und Aromamalze, hm hm.  Klingt doch etwas sehr malzig und wie ich mich kenne brauche ich bei irischem Stout sowieso einen Liter um überhaupt auf den Geschmack zu kommen. Andererseits hört sich zartbitter sehr verlockend an und es ist eh nur noch eine Flasche da, also zugegriffen.

Schokoladenbockschwerenot, das ist echt lecker, wer hätte das gedacht. Schon das zweite Glas ging runter wie Öl. Von wegen Malzbier, das hopft nebenbei schon noch ganz nett. Könnte sogar etwas für den Pappenheimer sein, der mag es ja nicht so derb herb.

Der große Nachteil dieser Probierflaschen macht sich leider immer dann bemerkbar, wenn man gerade so richtig auf den Geschmack gekommen ist. Dann sind 0.7 Liter auf einmal doch etwas knapp.

Foto: anklicken + F11 hopft.
Bier: Firestone Walker Pale 31
Mucke: Wovenhand - Refractory Obdurate

Freitag, 30. Januar 2015

Den Opfern die Steine
















105 Urnen mit Aschenresten und Erde, aus 105 Konzentrationslagern und Haftanstalten, befinden sich im Ohlsdorfer Mahnmal für die Opfer nationalsozialistischer Verfolgung. 105 Urnen zum Gedenken an 6 Millionen von den Nazis ermordete Menschen.

Auf der entgegengesetzten Seite des Friedhofs die Hamburg Cemetery, 1889 Gräber der im zweiten Weltkrieg gefallenen britischen Soldaten. 450 Gräber niederländischer Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. 384 sowjetische Kriegsgefangene. 140 russische Zwangsarbeiterinnen. 55 hingerichtete Antifaschisten. Polnische Kriegsgräber. Internationale Kriegsgräber.

Ein Kreuz aus vier Massengrabhügeln mit 36.918 Opfern der Bombardierung Hamburgs. Denkmale, Mahnmale und Ehrengräber. Steine für die Opfer.

Am 7. Februar wollen die Nachfolger der braunen Brut wieder einmal demonstrieren in Hamburg. Sie werden versuchen ihre etwa 50 strunzdummen Zombiekadaver vom Jungfernstieg zum Gänsemarkt zu bewegen, eine sehr übersichtliche Strecke, weil die Erfahrung gezeigt hat, dass sie in Hamburg ohnehin nicht viel weiter kommen als 500 Meter.

Aber selbst die 500 Meter kotzen mich an. Die bloße Existenz dieser primitiven Figuren kotzt mich an. Es kotzt mich an, dass es immer nur Steine für die Opfer gibt. Den eigentlich noch folgenden Schlusssatz spare ich mir nach reiflicher Überlegung lieber, da er als Aufruf zur Gewalt verstanden werden könnte. Aber ich werde zumindest versuchen gewaltfrei Widerstand zu leisten.

Kein Fußbreit den Faschisten!


Fotos: Mahnmal für die Opfer nationalsozialistischer Verfolgung / KZ-Ehrenmal (1,2) - Commonwealth War Graves 1939-1945 (3) - Commonwealth War Graves 1914-1918 (4,5,6) - Denkmal zum 2. Weltkrieg (7,8) - Deutsche Soldatengräber 1914-1918 (9,10) - Mahnmal für die Opfer des Bombenkriegs (11,12) - Grabanlage für die Opfer der Sturmflut 1962 (13,14) - alle Aufnahmen bearbeitet mit HDR Efex Pro (-1.0/0.0/+1.0) außer 11,12,13. Für Großansicht klicken + F11.

Musik: We Invented Paris - Rocket Spaceship Thing 













Montag, 26. Januar 2015

Danke ja, danke nein
















Das kommt davon, wenn man den ganzen Tag in seinen vier Wänden rumlümmelt, man bekommt Besuch von Politikern. Fast so schlimm wie Zeugen Jehovas oder Versicherungsvertreter, nur hier gibt es ausnahmsweise was geschenkt.

Danke ja, den Kugelschreiber nehme ich. Kann man immer gebrauchen, solange er schreibt isses mir auch egal wenn SPD drauf steht. Das Pamphlet zur Not auch wenn es dazugehört, ich hab nen Schredder.
Danke nein, wählen werd ich Euch trotzdem nicht, damit hab ich vor 40 Jahren schon aufgehört. Warum? Weil die SPD seit dieser Zeit unendlich viel Scheiße gebaut hat, aber wenn ich das alles aufzählen müsste was mir an der Partei nicht passt sitzen wir hier übermorgen noch. Zu viel verschwendete Zeit für eine aufstrebende Politikerin auf Wahlkampftour.

Davon ab, "fanden sie den Mindestlohn nicht gut?" ist nicht die passende Frage bei einer Bürgerschaftswahl. Hier geht es um Olaf von Scholz und Barnabas Neumann und bei diesen Vögeln kommts mir schlicht hoch. Panaschieren kann ich? Ja klar, aber ich befasse mich nicht die Bohne mit den Kandidaten für meinen Wahlkreis wenn sie in der falschen Partei sind. Das erspart viel Arbeit, denn die meisten sind in der falschen Partei, falls das ein Trost ist.
Trifft im Einzelfall dann vielleicht mal eine nicht unsympathische Kugelschreiberverteilerin, aber so ist das Leben.

Trotzdem gehe ich wählen, keine Sorge. Und noch viel Spaß bei der Kugelschreiberverteilung. Falls es nicht reichen sollte: Irgend jemand wird sich schon darum kümmern, dass die Straßenbeleuchtung in Hamburg auf LED umgestellt wird.

Wahl der Musik: Massilia Sound System - Massilia


Samstag, 24. Januar 2015

Einbruch
















Nu isser hier doch noch eingebrochen, der Winter. Glatte zehn Zentimeter Neuschnee, an der Blattlänge gemessen! Bevor er wieder ausbricht...

Eingeschneite Fahrräder. Wären die richtig eingeschneit, wärs ein Motiv. So ähnlich wie der Busch vor dem Haus, dem mit der Blattlänge.

Der Zugang zum Wald gestaltet sich von dieser Seite aus problematisch, fast vollständig abgeschottet durch Einfamilienhäuser mit Waldgrundstück. Sind die Versicherungsprämien da nicht deutlich höher, obwohl das Googlemobil die Rückseite nicht fotografieren konnte?

Keine Angst, der will nur spielen. Der Satz ist so alt wie dämlich, trotzdem wird er immer noch gerne benutzt. Vorzugsweise von Leuten, die das "Hunde sind anzuleinen" Schild an jeder Ecke des Waldes ignorieren. Also allen. Ich habe keine Angst vor Hunden, wenn der Köter mein Equipment umwirft sollte er Angst vor mir haben.

Aufwärmen kann man ganz prima mit Jameson, heißem Kaffee, Rohrzucker und Sahne. Entweder ich habe mich in der Menge getäuscht, oder irischer Kaffe macht entschieden besoffener als Pharisäer.

Schönes Wochenende. Allen Lesern ebenso ;)

Fotos: Volksdorfer Wald
Musik: The Waterboys - Modern Blues








Mittwoch, 21. Januar 2015

Die Engel von Ohlsdorf
















Mein exzessiver sauerländischer Kumpel bemerkte vor ein paar Wochen schon in einem Gespräch, wie leicht doch sehr viele Engelstatuen auf unseren Friedhöfen bekleidet sind. Teilweise sehr erotische Darstellungen, mit lasziv über die Schulter rutschenden Trägerkleidchen, zumindest bei den weiblichen Exemplaren. Männliche Engel haben oftmals gleich überhaupt nichts an, beeindrucken dabei aber eher durch ihre großen Flügel.

Im Internet fand ich dankenswerterweise einen Plan, auf dem die mit besonders viel Skulpturen und Engeln bedachten Ecken des Ohlsdorfer Friedhofs farblich markiert waren, trotzdem habe ich viele nur entdeckt, weil ich bis in die tiefsten Sackgassen vorgedrungen bin und hinter nahezu jede Hecke gesehen habe. An erstaunlich wenigen Statuen nagte der Zahn der Zeit, obwohl der Verlust eines kompletten Unterarms schon mal vorkommt, viel übler sind dagegen die Honks, die selbst vor Gräbern nicht zurückschrecken und den himmlischen Geschöpfen "lustige" Bärte verpassen. Das kann man zwar mit Photoshop recht einfach beheben, bleibt in der Realität aber leider bestehen.

Über 800 Statuen soll es auf dem Ohlsdorfer Friedhof geben, davon habe ich in fünf Tagen höchstens einen Bruchteil gesehen, von daher werde ich bei passendem Wetter auf das Angebot einiger Herren eingehen, mich bei der nächsten Tour zu begleiten. Mein Stativ schleppe ich auch gerne selber :)
Die Wahrscheinlichkeit ist auch relativ hoch, dass noch alle Engel an ihrem Platz sind, denn anders als der entwendete 800kg schwere Löwe auf dem Gab der Hagenbecks sind die glücklicherweise nicht aus Bronze. 

Ich werde ganz sicher, trotz der recht großen Ausbeute, noch öfter einen Tag in diesem Park flanieren, denn irgendwie finde ich Engel cool. Hätte ich mich nicht schon lange für eine Seebestattung entschieden, damit ihr bei jedem Fischstäbchen an mich denken müsst, hätte ich auch gerne einen Engel auf meinem Grab. So einen wie auf Bild 11 vielleicht, nur der Finger müsste ein anderer sein.

Fotos: klicken + F11 beflügelt.
Auswahl beflügelt durch das neue Album von Ryan Bingham - Fear and Saturday Night



















Samstag, 17. Januar 2015

Herbst im Garten der Toten

















Was macht man an einem Wochenende im Herbst, wenn rein zufällig das Licht noch einmal für goldene Stimmung sorgt? Ein neues Stadtteilprojekt anfangen? Irgendwo in den Wald gehen, Naturschutzgebiete aufsuchen? An die Alster oder Elbe? Oder die leichte Herbstdepression mit einem Besuch auf dem Friedhof anfeuern? Nicht irgendeinem Friedhof natürlich, sondern DEM Friedhof.

Hamburg Ohlsdorf, der größte Parkfriedhof der Welt. Hier liegen fast so viele Menschen wie die Stadt Hamburg Einwohner hat und natürlich (fast) alle ihre berühmten Söhne & Töchter, vom Bürgermeister bis zum Volksschauspieler. Hans Albers hat hier seine Grabstelle ebenso wie das halbe Ensemble des Ohnsorgtheaters, Edgar Bessen, Henry Vahl und Theatergründer Richard Ohnsorg. Nur Heidi Kabel hat die Ruhe und Abgeschiedenheit des Friedhofs Nienstedten vorgezogen.

Die wurde in Ohlsdorf zeitweise enorm durch den Verkehr gestört, denn das dichte Straßennetz des Friedhofs war für viele Pendler eine willkommene Abkürzung, so dass man die Öffnungszeiten der Tore ein wenig anpassen musste, um die Totenruhe nicht über Gebühr zu strapazieren.

Dieses dichte Straßennetz hat den großen Vorteil, dass man die fast 400 Hektar nicht vollständig zu Fuß erkunden muss. Theoretisch kann man die 13 Kapellen des Friedhofs auch per ÖPNV erreichen, denn es führt eine Buslinie durch den Park. Glücklicherweise war ich schlau genug, mir vorher eine Karte des Friedhofs auszudrucken und die Stellen zu markieren, die ich unbedingt aufsuchen wollte, denn ohne dieses Hilfsmittel hat man hier schon verloren.

Ein schier unendliches Labyrinth an Wegen, hinter hohen Hecken versteckte Gräber, die man oft nur bemerkt, weil die Flügelspitzen eines großen Engels gerade noch darüber zu sehen sind. Manchmal entdeckt man fantastische Skulpturen, irgendwo im Halbdunkel auf der anderen Seite eines Grabens oder Teiches, die man dann eine halbe Stunde lang suchen muss wie verrückt, weil man die Entfernung falsch eingeschätzt hat oder sich auf dem Weg durch andere Motive ablenken ließ.

Ebenfalls falsch eingeschätzt hatte ich die Lichtverhältnisse, goldener Herbst hin oder her, auf Friedhöfen mangelt es meist an Licht und das natürlich grundsätzlich in den interessantesten Ecken. Der erste Streifzug war dann auch relativ unbefriedigend und musste fast vollständig mit Stativ wiederholt werden. Da der Herbst an den folgenden Wochen ebenso freundlich blieb, habe ich sogar ein paar Ecken mehr abgelichtet als ursprünglich erhofft.

Und nach fünf Tagen Friedhofsknipserei wieder etwas gelernt: 1.) Stative sind gar nicht so schwer und lästig wie man immer denkt. 2.) Auch auf Friedhöfen wird man blöde angehupt, wenn man mit seinem Stativ mitten auf der Straße steht.

- Fortsetzung folgt -

Fotos: Kapelle 12 (2) - Grabmal Otto Behrens (5) - Grabmal Rudolph Bieber (6) - Denkmal Albrecht (7) - Obskurer "Afrikaforscher" (11) - Druidengrab (14) - Grabmal Moelck-Rommelé (15) - Althamburger Gedächtnisfriedhof (16,17) - Polizeigräber "Revier Blutbuche" (18) - Anonymer Urnenhain(20) Klick + F11 für große Gräber.
Musik: Massive Attack - Blue Lines / Mezzanine