Samstag, 30. November 2013
Drauf gepfiffen
Vorspiel
Nullkommanull Aufregung vor dem Spiel heute, kein Adrenalin in der Blutbahn, kein komisches Gefühl im Magen. Muss am Gegner liegen, das ist gefühlt eine Erstligamannschaft die hier ankommt, die haben zweimal hintereinander verloren, wir zweimal gewonnen und trotzdem habe ich nicht das Gefühl, dass wir gegen die was reißen. Ein Unentschieden vielleicht, das würde ich sogar unterschreiben. An einen Sieg kann ich mich persönlich nicht erinnern, der letzte war in der Bundesliga und eines der wenigen Spiele für die ich keine Karte hatte. Immerhin mal auswärts ein 1:1 mitgenommen, das wir hätten gewinnen müssen. Mit Humba Täterää, den Höhnern, Karneval und einem nervtötenden Vogel, der in der zweiten Halbzeit ununterbrochen "Scheiß Sankt Pauli" in unsere Richtung brüllte, während wir neidisch auf den schwarzen Auswärtsmob blickten, der auf anderen Seite des Stadions tobte und lauter war als der zahlenmäßig deutlich überlegene Kölner Anhang. Nee, so richtig dolle war das irgendwie nie gegen Köln. Dabei müssten die uns eigentlich liegen, die wollen doch bestimmt das Spiel machen, dann könnten wir kontern...
Heute will ich jedenfalls pünktlich im Stadion sein, eine Stunde vorher, wie früher. Diese Sitzplatzbequemlichkeit mal abschütteln. Klappt nicht ganz, aber durch die Entscheidung U3 Feldstraße auszusteigen mache ich Zeit wieder gut, die Nordecke der Gegengerade ist von hier aus wesentlich bequemer zu erreichen. Am Ausgang der U-Bahn schnell den Übersteiger gekauft, zweihundert Meter weiter steht der nächste Verkäufer, wieso steht U-Bahn St.Pauli nie einer? Durch den Dauerregen ist der Dom fast menschenleer, die Buden kann man gut als Regenschutz ausnutzen, ich komme halbwegs trocken an, fünf Minuten anstehen und endlich ein festes Dach über dem Kopf.
Vor Block 2 steht der Fanclub, zu meiner Freude ist Twilli wieder auf den Beinen und traut sich ins Stadion. Auf Krankenhausgeschichten erzählen hat er aber inzwischen keinen Bock mehr, wir schnacken lieber über alte Zeiten und Walter Frosch, den er mal als direkten Gegenspieler hatte, Anno dazumal in irgend einem Freundschaftsspiel bei Victoria. Schmerzhafte Erlebnisse sind ihm erspart geblieben damals, er hat schlicht keine Schnitte gesehen gegen Froschi.
Ja, die alten Helden werden weniger, erst im Rock'n Roll und jetzt auch schon im Fußball. Wobei ich im Fußball immer sehr wenig Helden hatte, aber Walter Frosch war definitiv einer. Unter anderem deshalb will ich auch schnell ins Stadion, damit ich bei der Schweigeminute eine Minute schweigen kann, drinnen spielen sie den Kölnern ihr Lied, ich hole noch schnell zwei Bier für mich und Herrn L. und auf gehts.
Wie erwartet ist Herr L. schon auf seinem Platz und hat ebenfalls zwei Bier mit, bei diesen Temperaturen wird es jedenfalls nicht warm, das ist ein Vorteil. Der Wind ist unangenehm, es zieht wie Hechtsuppe hier oben, die falsche Jacke kann übel enden und ich habe ganz sicher die falsche Jacke an.
Die Süd scheint eine größere Choreo vorzubereiten, die Anfänge sehen schon ganz schick aus, mal Kamera zücken. Voodoozauber sieht gut aus, hoffentlich hilft es auch. Ob man die anschließende Rauchentwicklung gut findet liegt sicher im Auge des Betrachters, ich ringe da immer sehr mit mir selber. Mein Auge sagt spontan ach, is doch auch mal ganz nett so bissl bunte Luft, mein Herz sagt, Verbote waren schon immer blöde und mein Hirn sagt, das ist trotzdem völlig dämlich, weil es den Verein nur Geld und Nerven kostet und wahrscheinlich noch blödere Sanktionen zur Folge hat. In meinem Alter siegt meistens das Hirn, daher versteh ich auch wenns im Süden mal ein anderes Organ ist, drauf gepfiffen.
Zumindest Teile der Gegengerade machen das sehr lautstark, aber das wollte man wohl auch, wenn ich die Tapete davor richtig interpretiere. Früher dachte ich immer, der Kindergarten wäre da oben in der Ecke zur Haupttribüne, aber das färbt langsam ab.
Mit etwas Unterbrechung dürfen die Spieler dann aufs Feld und meine Nachbarin endlich ihr mitgebrachtes Konfetti werfen, für Getränke ist das inzwischen ein unsicheres Pflaster hier. Ich versuche meine Portion gleichmäßig zu verteilen, aber mit rechts knipsen und mit links werfen klappt nicht recht.
Rainer hält eine schöne Rede zum Gedenken an Walter Frosch, doch der Beifall dafür platzt irgendwie in die anschließende Schweigeminute. Die Tapete auf der Süd hätte ihm dafür sicher gefallen, das war sein Humor. R.I.P. Froschi. Forza Sankt Pauli. Anpfiff.
Spiel (1)
"Yiiiiiiiaaaaaaaaaaaaaaaaaaa" Herr L. röhrt schon in der zweiten Minute wie neulich gegen Cottbus, aber den Kracher von Halste kann der Torwart gerade noch über den Kasten lenken. Die Ecke reißt uns dann nicht vom Hocker, wie so oft, aber die Anfänge sind mutig. Kein Respekt vor Köln, das ist gut so. Nicht so gut ist das Abwehrverhalten wenig später, ähnliche Situation auf der anderen Seite, aber die Kölner Ecken sind gefährlicher, urplötzlich steht es 0:1. Mist verdammter, nach nur 6 Minuten.
Die Jungs schütteln das aber gut ab, es entwickelt sich ein offener Schlagabtausch, das Spiel ist alles andere als langweilig. Wir machen nur die Chancen nicht, Herr Nehrig versagt vor dem Tor bei einer Hundertprozentigen und Herrn L. versagen die Stimmbänder, bei dem Versuch den Ball ins Tor zu röhren. Das hätte der Ausgleich sein müssen. Kurz darauf ist es Torre, der nicht die Nerven hat das Ding zu machen, was für Chancen. Gegen Köln, gegen die hat man normal nicht so viele, da muss man mal eine von nutzen.
Die Kölner bekommen die dickeren von uns geschenkt und Geschenke lehnt man nicht ab. Es ist so ätzend, wenn man von hier oben auf den Platz guckt und die ganz üblen Fehler schon in der Entstehung sieht. Da kann man brüllen wie ein Wahnsinniger, dass der Helmes da völlig frei rumläuft und garantiert gleich den Ball bekommt, weil der Halfar das sieht, aber keiner von unseren Jungs auch nur in die richtige Richtung guckt. Was für ein Elend, denn genau das passiert, Pass auf Helmes und der trifft eiskalt zum 0:2. Ich brauch ein Megaphon.
Die Jungs stecken immer noch nicht auf, es geht munter weiter, die dickeren Möglichkeiten kriegen die Kölner, machen aber nichts draus. Wir kriegen dafür mehr gelbe Karten, was den Schiedsrichter in der Beliebtheit sinken lässt, denn nicht immer sind die angebracht. Mit Nullzwei in die Pause, ich habe schon Spiele erlebt in denen wir so etwas gedreht haben, heute ist kein solcher Tag, da bin ich ziemlich sicher.
Zwischenspiel
Herr L. geht Nachschub holen, ich beschäftige mich mit den Tapeten auf der Süd, sehr viel Zwischenmenschliches heute, von der Hochzeit bis zum Todesfall. Irgendwas in Richtung Köln, deren Fanszene scheinbar auch ihre dunklen Ecken hat inzwischen. Wenigstens pfeift diesmal keiner, dafür verteilen die Nachbarn wieder Konfetti. Ich seh schon, nach diesem Wochenende muss ich absaugen, aus der Winterjacke ist auch noch reichlich gerieselt.
Spiel (2)
Sehr kurze Halbzeitpause, das Spiel läuft schon und ich knipse immer noch Tapeten auf der Süd, sind die bald mal fertig? Vrabec hat gewechselt, Thy und Halstenberg raus, Kringe und Kalla rein. "Spielen wir jetzt mit Dreierkette?" fragt mich Herr L. und ich versuche mich zu orientieren, wer jetzt welche Rolle übernimmt. Schnecke ist sich darüber noch nicht im Klaren, er rutscht erst mal fröhlich auf dem Rasen herum. Falsche Stollen? Es regnet eigentlich schon länger, darauf sollte man vorbereitet sein.
Das Spiel ist weiterhin interessant, die Kölner stellen sich nicht hinten rein und wir versuchen weiter alles. Mit Möglichkeiten, sogar mit richtig guten Möglichkeiten, doch erst schafft es Gonther nicht den Ball über die Linie zu drücken und kurz darauf zimmert Schnecke den Ball direkt auf den Keeper der Kölner.
Im Gegenzug ist Ujah beinahe durch, Gonther setzt die Notbremse an und kassiert die rote Karte. Haste Scheiße am Schuh...
Ujah macht sich in dieser Szene extrem unbeliebt, als er den Kölner Block auffordert den Schiedsrichter bei der Entscheidung zu unterstützen, fortan kann die Gegengerade endlich aus vollstem Herzen pfeifen, bei jedem Ballkontakt. Der ist leider Profi genug das wegzustecken, die Kölner spielen unbeeindruckt weiter nach vorne und wir können mit zehn Mann nicht genug dagegenhalten. Mal rettet der Pfosten, mal rettet Tschauner. Bis zur 80. Minute, da kommt er bei einer Ecke raus, und wenn der Torwart bei einer Ecke rauskommt, das sagt die alte Fußballweisheit, dann muss er ihn haben. Tschauner hat ihn nicht, er rutscht ihm aus den Händen. "Da kommt er mal raus!" brüllt Herr L. erzürnt. "Da kommt er maaaal raus!" 0:3, das wars wohl für heute. Hoffentlich. Dabei hätten wir wenigstens einen Treffer verdient gehabt, aber machste den nich, dann haste halt keinen.
Inzwischen ist Maier drin für Nöthe und der kann den machen. Freistoß für uns, das sind bestimmt 30 Meter, aber der Junge ist frech genug das zu versuchen. "Uuuuuuuuuuuuuu" Herr L. röhrt schon wieder, aber der geht leider nur an die Latte. Was für ein Hammer, der Maier muss einfach öfter spielen, wir haben in jedem Spiel zwei bis drei solche Dinger, einen davon macht der immer. Nur heute leider nicht, irgendwie hab ich es ja geahnt, gegen Köln ist das irgendwie nie so dolle. Drauf gepfiffen.
Das You'll never walk alone ist nach solchen Spielen viel lauter, sie haben es wenigstens versucht, die Kölner waren halt abgezockter, muss man wegstecken können. Wahrscheinlich schmerzen diese Niederlagen weniger, weil man gegen manche Gegner einfach nichts anderes gewohnt ist, um so schöner sind die Ausnahmen. Das Rückspiel könnte vielleicht eine Ausnahme werden, ich müsste sowieso mal wieder nach Köln.
Nachspiel
Herr L. ist in Trinklaune und will unbedingt in die Fanräume. Warum habe ich zwar nicht verstanden, aber bin durchaus nicht abgeneigt. Ein sinnloses Unterfangen, weil uns erst Herr B. und dann unser kleiner Ultrafeuerwehrmann über den Weg laufen. Dem wollen wir gleich die Ohren lang ziehen, aber er versichert glaubhaft von der Räucheraktion nichts gewusst zu haben. So sehr Ultra ist er denn wohl doch nicht. Herr B. will in den Hanseaten, irgend eine der Bierbuden auf dem Dom, Herr L. zur Domschänke oder in den Knust. Im Knust wäre ich auch gerne, denn da spielt Frightened Rabbit und ich hätte sogar eine Karte bekommen können, nur sind mir Fußball und Konzert an einem Abend einfach zu viel.
Eigentlich ist mir auch das nächste Bier im Hanseaten schon zu viel, und die Wanddekoration in dem Laden ist mir ebenfalls suspekt, aber er ist geheizt. Meine Fresse, das war mal echt kalt heute. Noch zehn Grad weniger bei dieser Windrichtung und ich brauch beheizbare Unterwäsche.
Den Hanseaten haken wir ab, ein Bier später hat Herr L. eine neue Idee, er will in den Freifallturm. Ich halte es für das was es ist, nämlich großen Blödsinn, stelle mich aber solidarisch neben ihn in die Schlange. Bei dem Pärchen vor uns muss Er noch von seiner Liebsten überredet werden, mit der ich mich spontan ebenfalls solidarisch erkläre, woraufhin er zögernd in die wilde Fahrt einwilligt.
Als ich vor der Kasse wieder abbiege ist es für ihn leider zu spät, mitgefangen, mitgehangen.
Herr L. übersteht den Blödsinn gottlob ohne größere Schäden, dafür mit mehr Durst. Statt in der Domschänke landen wir vor der Astratränke, dem günstigen Open Air Trinkvergnügen auf dem Dom, immer feucht, oft auch von oben. Das kleine Bier ist dann doch ein 0.5er und unser Ultra muss zu seiner Freundin, das war schon die zweite SMS eben. Die Jugend heutzutage, also ehrlich. Damals konnte ich nicht nur viel mehr vertragen, damals habe ich das auch noch ausgenutzt.
Damals wäre ich nach solchen Tagen aber auch abgestürzt, heute nicht mehr. Da müsste schon mehr passieren als ein 0:3 gegen Köln. Da kann ich echt drauf pfeifen.
Kölner Pfeifen, aber immerhin gute Kölner Pfeifen: Schäl Sick Brass Band - Tschupun / Kesh Mesh
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Mittwoch, 27. November 2013
Meine Mudda steht auf Pogues
Geburtstage sind ideal um selber etwas zu basteln, da meine Fähigkeiten als Bastler aber ziemlich überschaubar sind beschränke ich mich meist auf das Brennen von CDs, damit habe ich häufig gute Erfahrungen gemacht. Manchmal sogar sehr gute, bei drei CDs hatte ich neulich immerhin einen echten Volltreffer bei Muddern.
"Udo Jürgens kann ich ja nicht ausstehen, aber er schreibt tolle Lieder, das muss man ihm lassen. Und der Al Martino kann toll singen, aber manchmal ist es doch etwas sehr schmalzig."
Dabei habe ich die schlimmsten Sachen schon entfernt, bevor meine Ohren anfingen zu bluten. Eine CD-Single mit seiner Version von Griechischer Wein hätte also gereicht, ich hätte mich nicht durch Al Martinos größte Hits quälen müssen.
"Ja und diese Schotten, also nee, das ist doch nichts für mich. Sind das überhaupt Schotten?"
Ähm, nein, die Real McKenzies sind Kanadier. Neulich im Auto fand sie die noch gut, aber da war wohl mehr der Dudelsack dran Schuld. Ist doch zu viel Punk, das war mir eigentlich klar.
"Aber diese Iren oder was das sind, diese Poogs oder wie die heißen. Was heißt das überhaupt?"
Das heißt eigentlich nix. Früher hießen die Pogue Mahone, das ist so'n irischer Ausdruck für "kiss my ass" aber das wollte die Plattenfirma nicht.
Schallendes Gelächter.
"Egal, die find ich ja suuuuper. Tolle Musik. Die Platte läuft hier den ganzen Tag, rauf und runter.
Und laut! Die Nachbarn gucken schon immer wenn sie hier vorbeigehen."
Mit über 80 noch zum Schrecken der Nachbarn zu werden, das geht eben nur mit Shane MacGowan.
Nachbarschaftsbeschallung: The Pogues - If I Should Fall From Grace With God
Freitag, 22. November 2013
Im Oarsch, des samma mir
Neulich hat Inchtomania sich in ihrem Blog Sorgen gemacht um diesen Planeten und sich angesichts der aktuellen Katastrophen gefragt, was die Experten noch für Expertisen brauchen um einen Klimavertrag zu basteln und zu unterzeichnen.
Diese Sorgen habe ich mir auch mal gemacht. Die macht sich jeder der Kinder hat – und ich habe wie Inch schon ein Enkelkind, ich müsste mir noch mehr Sorgen machen. Unter anderem deshalb habe ich damals gegen Brokdorf demonstriert, in Menschenketten gestanden gegen Atomkraftwerke und bin gegen Nazis auf die Straße gegangen (was ich weiterhin machen werde). Ich habe ein Patenkind in Ruanda, dem dadurch hoffentlich irgendwann eine Flucht über das Mittelmeer erspart bleibt und selbstverständlich beziehe ich Ökostrom und kaufe mein Bier nur in Pfandflaschen.
Aber ich kann und will mir nicht mehr Sorgen um diesen Planeten machen, so derbe viel Jahre werde ich hier eh nicht mehr verbringen und der ist auch viel zu groß für mich. Es regt mich auch nicht mehr auf, dass in einem Monat soundsoviel Bundesländer Regenwald vernichtet werden, denn das habe ich schon vor Jahren gelesen. Inzwischen müssten sie mehrfach Regenwald in der Größenordnung Deutschlands vernichtet haben, solche Mengen an Wald kann sich eh kein Mensch wirklich vorstellen, so wenig wie 100 Millionen Tonnen an Plastikmüll im größten Meeresstrudel. Aber jeder Idiot kann sich ausrechnen, dass das irgendwelche Auswirkungen haben wird, trotzdem holzen sie fröhlich weiter und es wird sie niemand daran hindern. Die 100 Millionen Tonnen Plastikmüll im Meer werden ebenfalls nicht weniger, nur weil wir überlegen ob wir eventuell demnächst die Plastiktüten verbieten oder wenigstens teurer machen.
Wer soll denn den Planeten retten? Mutti Merkel und Barack Obama, zusammen mit wem? Kim Jong-un, Xi Jingping, Robert Mugabe und dem lupenreinen Demokraten aus Moskau? Der eine interessiert sich mehr für Schneekanonen und Skilifte, die anderen veranstalten mittelalterliche Hexenjagden auf Schwule, Öko-Aktivisten und kleine Punkmädchen - und Mutti muss gerade mit dem dicken Sigmar verhandeln, die hat keine Zeit für globale Probleme. Ich kann mich täglich über die kleinen und großen Arschlöcher dieser Welt aufregen, aber außer erhöhtem Blutdruck bringt mir das nichts ein, das lerne ich langsam. Unternehmen kann ich höchstens etwas gegen die Arschlöcher in meinem Umfeld, und das auch nur sehr begrenzt, will ich mich nicht strafbar machen.
Auf das Schicksal der Menschheit wird das alles keinen Einfluss haben, der Planet ist im Eimer, früher oder später. Ganz egal ob ich meinen Müll trenne oder nicht, ganz egal ob ich ein Elektroauto fahre oder einen Porsche Cayenne oder nur Fahrrad und ÖPNV. Klimaprotokolle werden uns nicht retten, das sind alles Alibiveranstaltungen ohne Wert. Wir haben den Planeten ausgebeutet bis zum Exzess und wir werden ihn weiter ausbeuten, bis nichts mehr geht. Es werden weiter Wälder gerodet für irgendeinen Mist, für Ölpalmenplantagen oder was auch immer, es werden weiter ganze Landstriche vergiftet um Edelmetalle oder Öl aus diesem Planeten zu pressen. Kein Protokoll wird daran etwas ändern. Eher kommt jemand mit einer neuen bahnbrechenden Idee um die Ecke wie Fracking, gegen die man dann wieder auf die Straße gehen muss, weil die das-ist-alles-ganz-harmlos-Experten schon immer daneben lagen mit ihrer Einschätzung.
Die Auswirkungen dessen, was wir heute tun oder nicht tun, werden wir vielleicht in zehn oder zwanzig Jahren zu spüren bekommen, das was wir heute erleben ist doch nur die Quittung für die letzten zwanzig Jahre unseres Daseins. Oder fünfzig, hundert, was auch immer irgendwelche Wissenschaftler herauszufinden geglaubt haben. Die Menschheit ist viel zu träge um auf globale Bedrohungen reagieren zu können, das funktioniert nur in Roland Emmerich Filmen. Die Menschheit ist der Frosch der im Kochtopf sitzt, und trotz seines Wissens um die Auswirkungen den Regler immer weiter aufdreht. Zu blöd für diese Welt.
Es werden weiterhin Menschen durch Tsunamis sterben, den Amis werden weiter ihre Hütten um die Ohren fliegen, die Eisbären werden immer weniger Eis haben und das alles könnten wir wahrscheinlich nicht einmal verhindern, wenn wir JETZT SOFORT aufhören würden, so viel Unsinn auf diesem Planeten zu veranstalten. Aber das werden wir nicht.
Daher wird irgendwann etwas passieren, was uns (oder den Menschen, die dann noch auf diesem Erdball herumlaufen) ganz und gar nicht gefällt. Je nachdem welcher „Wissenschaftler haben gerade herausgefunden“ Meldung man glaubt, kann das alles mögliche sein. Große Dürren sind sehr beliebt in der Vorhersage, nicht nur dort, wo sie jetzt schon auftreten und Menschen entweder dadurch sterben, oder auf der Flucht nach Lampedusa. Mehr Überschwemmungen sowieso, ein Wohnsitz in unmittelbarer Nähe von Flüssen und Meeren ist folglich keine gute Investition. Größere Ozonlöcher. Noch viel schlimmere Stürme als sich selbst Roland Emmerich vorstellen kann. Und am Ende liegen sogar noch die Wissenschaftler richtig, die den Golfstrom abreißen sehen und die nächste Eiszeit vorhersagen.
Die tritt idealerweise genau dann ein, wenn wir sämtliche fossilen Brennstoffe verfeuert haben und die Wahl haben zwischen Arsch abfrieren oder der Flucht nach Afrika. Ob die uns da mit offenen Armen empfangen oder sich dran erinnern, dass wir ihnen x-hundert Jahre vorher den Mittelfinger gezeigt und sie wieder zurückgeschickt haben, wäre eine spannende Frage.
Nein, diesen Planeten wird nichts retten. Schon gar keine Gespräche über Termine für nächste Gespräche, keine Umweltbeauftragten, keine Arbeitsgruppen, keine Klimavertragbastler. Bis die den letzten Satz im Protokoll ausgehandelt haben ist kein Regenwald mehr da. Der Homo Sapiens wird sich in Rekordzeit selbst abschaffen, es war definitiv ein Fehler von den Bäumen herunterzukommen, wir wissen ja was in der Natur mit den Fehlentwicklungen passiert.
Und jetzt ist auch noch Dieter Hildebrandt gestorben. Im Oarsch, des samma mir.
Arschtrittmusik: But Alive - Bis jetzt ging alles gut.../ Hallo Endorphin
Das Foto zeigt ein, von meinem alten Weggenossen Slartibartfass edel gestaltetes, Stück dieses Planeten, den wir gerade zu Grunde richten. Archivbild 2005, erste Digitalknipse.
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Montag, 18. November 2013
Alter Verwalter
Ich hoffe, ER hat für den Führerschein auch einen Sehtest machen müssen, ER ist schließlich schon etwas in die Jahre gekommen. Dass ER inzwischen in der Hausverwaltung arbeitet verwundert hingegen nicht, als Zimmermann ist ER geradezu prädestiniert für diesen Job, geschickte Handwerker sollen dort sehr begehrt sein.
Auch Handwerker: The Stone Coyotes - Church Of The Falling Rain / Born To Howl
Samstag, 16. November 2013
Im Reich der Kühlschränke
Man sollte aufpassen, wem man wann was verspricht. Dem notorischen Norbi soll ich irgendwann versprochen haben, ihn zu einem Heimspiel der Hamburg Freezers zu begleiten, obwohl mich der Verein nicht die Bohne interessiert. Für mich sind das immer noch umgesiedelte Münchner, die zur Gewinnmaximierung der O2 Arena installiert wurden, weil sich so ein Palast durch Konzerte von Scooter und DJ Bobo alleine nicht finanzieren lässt. Seitdem haben wir in Hamburg einen Handballverein, der eigentlich aus Bad Schwartau stammt und einen Eishockeyverein aus Bayern, die haben ja genug andere da unten. Zustände wie in Amerika, grauenhaft.
Meine Vorurteile versucht mein Begleiter sofort im Keim zu ersticken indem er mich mit Bier versorgt, kaum dass wir den Schuppen betreten haben. Holsten. Einen Cheeseburger gibt es noch obendrauf, auch keine Offenbarung, aber wohl besser als die Bratwurst. Die Karte im Skylight Cafe ist sehr viel beeindruckender, da könnte man ein blutiges Steak zum Sport verzehren, leider sind die besten Plätze besetzt.
Die Halle ist vielleicht halb voll, Eishockey wird hier oben immer eine Randsportart bleiben, die Sitze sind allerdings richtig bequem im Vergleich zum Millerntor. Um ordentlich Heimatgefühle beim Publikum zu erzeugen läuft reichlich Folklore, keine Ahnung ob das jetzt die Hymne ist, mitsingen will niemand in meiner Umgebung. Irgendwas mit viel Hamburg und Norden im Text, Wellen und Wind, was halt dazugehört an Klischees. Unter uns sind scheinbar die Ultras, wenn es so etwas im Eishockey gibt. Sie singen ohne Unterlass, unterstützt von Megaphon und mindestens fünf Trommlern, die ich im Halbdunkel nicht erkennen kann. Flaggen werden auch reichlich geschwenkt, sogar FCK SPD ist dabei, was mich angenehm überrascht.
Ist das Vorprogramm durch, inklusive Werbung und allen unangenehmen Nebenerscheinungen, beginnt die Show. Ein aufgeblasener Kühlschrank als Einfallstor der Helden in die Arena, etwas künstlicher Nebel, Projektionen auf der Eisfläche, alles was geht. Sogar Pyrotechnik aka Feuerwerk, allerdings nur auf dem TV-Würfel, was eine Dame hinter mir trotzdem schöööön findet. Man sollte Silvesterfeuerwerk vielleicht einfach im TV zeigen, spart ein Heidengeld.
In der
Erinnert mich fatal an unser Auswärtsspiel in Regensburg, das Rahmenprogramm war ähnlich grausam, nur halt sehr viel bayrischer.
Irgendwann ist dann auch endlich Sport angesagt und der, das muss ich gestehen, macht schon Spaß. Zwanzig Minuten Nettospielzeit pro Drittel, das ist eine Stunde pure Action, rasante Spielzüge und nahezu null Verschnaufpausen dabei. Ungeheuer schnell, aber trotzdem gut zu verfolgen, nur die Tore sieht man erst wenn der Puck einschlägt. Zwischendurch darf der DJ für die wenigen Sekunden der Spielunterbrechung Gas geben und irgendwelche animierenden Sachen spielen, das erinnert mich an den Exilwestfalen nach einer Flasche Ouzo. Kassiert ein Düsseldorfer Spieler Strafzeiten darf Heidi Kabel ran. In Hamburg sagt man Tschühüss, schon wieder Folklore, beinahe schon zwanghaft hier. Kommt das vom Publikum ist es geil, kommt das vom Band ist es Animation, das ist der Punkt der mich stört, hier wird laufend animiert. Am schlimmsten ist der Mikrofonkasper mit seinen ellenlangen Tor-Arien, dreimal der Torschütze, einmal der Vorbereiter, Spielstand, Danke, Bitte, Blablabla, der ganze Sermon. Wie in Regensburg, liegt mir heute noch im Magen.
Fazit: Als Event ganz tauglich, die bessere Alternative zum Musicalbesuch. Aber wenn ich mit einem Verein nichts anfangen kann und es mir schlichtweg egal ist wer da unten gewinnt, dann ist das auch nicht viel mehr als ein Musicalbesuch, reine Unterhaltung. Aus fotografischer Sicht ist der Spaß auch eher uninteressant, denn Spiegelreflexkameras sind leider verboten.
Auch besser als Muscial. Pretenders - Learning To Crawl
Standort:
Sportanlage, 22525 Hamburg, Deutschland
Mittwoch, 13. November 2013
Unkaputtbar
Was hab ich mir für Gedanken gemacht, seit Wochen. 14 Jahre alt, da knackt und knarrt es hier und dort in den Gelenken schon verdächtig. Könnte die Hinterachse sein, ich hatte schon mal Hinterachse, beim Benz damals. Lohnt nicht mehr. Vielleicht sind es nur die Bremsen hinten, das wäre noch finanzierbar, die Scheiben vorne sind erst ein Jahr alt, wahrscheinlich merke ich deshalb nichts, der bremst super eigentlich, das klötern hinten hat auch von alleine aufgehört irgendwann. Was könnte denn noch knacken? Die Stoßdämpfer vielleicht. Keine Ahnung was so etwas kostet, vielleicht ist der da ja auch durchgegammelt und muss geschweißt werden. So etwas lohnt alles nicht mehr.
Aber ich bin gewappnet. Wer wenig Zeit hat muss gewappnet sein, ich hab mir schon ein paar Karren ausgesucht. Vorsichtshalber. Der Auris in Niedergeorgswerder war leider nach einer Woche weg, der lag auch locker 2000 Euro unter Normalpreis. Vielleicht sollte man sich ein neues Auto doch erst aussuchen wenn das alte nicht mehr fährt. Der mit den dicken Alufelgen und dem Sportauspuff ist noch da, aber der wirkt nicht nur elend prollig, der ist auch noch blau! Geradezu prädestiniert für einen Rautenschal im Heckfenster, das geht gar nicht. So viele St.Pauli Aufkleber kann ich gar nicht anbringen, das sieht immer noch wie'n Rautenauto aus.
Der grüne Auris ist ein Jahr älter und kostet trotzdem 300 mehr. Executive. Rückfahrkamera, Multimediasystem, elektrisch verstellbare Hühnerkacke (wer bitte stellt seinen Sitz laufend neu ein?). Keyless Go. Die Kiste hat nicht mal ein Schlüsselloch, die macht auf wenn Papi kommt. Zum Starten des Motors drücken Sie bitte diesen Knopf. Leder hier, Leder da, aber bei der Reifengröße müssen vier Winterschlappen mit drin sein im Preis, 225er dürften einiges kosten.
Eigentlich wollte ich ja noch zwei Jahre warten und mir dann den neuen 3er von Mazda als Jahreswagen holen, die Kiste ist echt schnieke. Schade dass der jetzt erst im Laden steht, unerschwinglich. Aber was willste machen, wenn die Karre nicht mehr durch den TÜV kommt muss schnellstmöglich eine neue her, ich bin schon zwei Monate über Termin. Und so ein etwas moderneres Gerät hat ja auch seine Vorteile, diese Piepsdinger als Einparkhilfe zum Beispiel sind enorm praktisch, von einer funktionierenden Klimaanlage mal abgesehen, auch wenn ich die dieses Jahr selten vermisst habe.
Die Autozeitungen bei meinem Mechaniker sind langweilig, nur Oldtimer, nichts über den neuen Mazda. Der Wagen ist schon über eine halbe Stunde in der Garage, gibt wohl viel zu schreiben, mal ne Kippe paffen gehen vor der Tür. Da wird gerade mein Auto geparkt und der Schrauber schlendert mir entgegen.
"Und?" frag ich, "wat is mit der Karre?"
"Nix" sagt er, "wir haben nur die Glühbirnen von den Blinkern erneuert, die waren zu alt, dann verlieren die ihre Farbe."
Das ist beinahe ein bisschen enttäuschend, aber wozu ein neues Auto kaufen wenn man schon das beste hat?
Nicht unbedingt Autofahrermusik: Knutson - Hasch gegen Hass
Dienstag, 12. November 2013
Am Ende ist wieder alles erleuchtet
Vorspiel
Mein Verein macht es mal wieder spannend, vor Überraschungen ist man hier niemals sicher. In ein paar Wochen ist Jahreshauptversammlung und ich denk noch, nee, gehste nich hin diesmal, is ja nix los gerade und dann Peng! wird der Trainer entlassen, dabei hab ich mich gerade an die Frontzecke gewöhnt. Ob man bei der JHV allerdings zufriedenstellende Antworten bekommt ist mehr als fraglich und Urlaub hab ich eh nicht mehr, also bleibt nur Spekulatius. Ich spekuliere mal ein wenig mit und schätze, der Herr Frontzeck ("ich bleibe nicht lange ohne Job") hat ein Angebot zur nächsten Saison und ist damit einfach mal zum Vorstand gerannt. Herr L. spekuliert auch und wartet genau wie unser Sportdirektor auf die Entlassung von Büskens in Düsseldorf, nur haben sie sich da ein wenig verspekuliert, der darf doch noch weitermachen. So viel Spekulatius überall, Weihnachten nähert sich wirklich mit Riesenschritten.
Jetzt darf es erst mal Roland Vrabec machen und wenn ich mir ansehe was so an bezahlbaren Trainern gerade frei ist, dann ist das momentan die beste Lösung. Trotzdem geht mir das alles derbe auf den Sender, mein Adrenalinspiegel vor den Spielen ist schon hoch genug ohne diesen Zirkus. Wenigstens kann ich vorher noch ein wenig meditieren, geht doch nix über Urlaub an Montagsspieltagen.
Als die U-Bahn in Barmbek hält frage ich mich, warum hier immer so viele umsteigen, statt einfach sitzen zu bleiben. Das hätte ich mich eigentlich schon lange mal fragen sollen, dann wäre ich vielleicht eher dahinter gekommen, dass man das nördliche Ende der Gegengerade von der Feldstraße aus wahrscheinlich besser erreicht, weil man sich nicht durch den Dom kämpfen muss. Man sollte einfach mal mit alten Gewohnheiten brechen, beim nächsten Heimspiel werde ich das testen.
Vor Block C treffe ich Kjell und den Dartmeister, der so nett ist mein Bier zu halten, während ich eilig die Wurst verschlinge. Drinnen wird schon die Aufstellung durchgegeben, irgendwann in vielen weiteren Jahren werde ich mir hoffentlich die Anstoßzeiten merken, heute verhau ich mich mal wieder um 'ne Viertelstunde.
Herr L. ist auch schon auf seinem Platz und hat wieder ein zweites Bier dabei, das wird langsam peinlich für mich. Von meiner netten Nachbarin bekomme ich ein paar St.Pauli Aufkleber, eigentlich wollte ich nie wieder anfangen irgend etwas zu sammeln, aber so wird einem das verdammt schwer gemacht.
Zu Hells Bells wird von oben wieder massenhaft Bürolocherkonfetti serviert, zum Glück steht das Bier sicher. Mit nur zwei Schnipseln im Becher bin ich gut bedient, wer hier nicht aufpasst braucht ein Teesieb. Irgendwo hab ich mal Deckel gesehen für diese Pfandbecher, eine nicht ganz doofe Idee.
Spiel (1)
Leichte Orientierungslosigkeit bei mir und auch Herr L. ist etwas verwirrt, wer spielt was und warum? Kringe ist weit vorne, so weit vorne spielt der also nicht auf der 6. Mein Blick erhellt sich schlagartig als ich unsere Nummer 20 sehe, Schachtööööööön das ist so schön, ich freu mich wie Bolle, dass das alte Kämpferherz endlich wieder dabei ist. Buchti und Schnecke also wieder vor der Viererkette oder wie? Ratsche und Fin davor und vorne irgendwo Nöthe, wahrscheinlich außerhalb des Strafraums, aber was macht der Kringe da vorn so zentral? Was.macht.der.Kringe.da? Ein urtümlicher Urzeitschrei ertönt neben mir, ein brüllgeröcheltes "Yiiiiieeeaauaaaaaaaaaaaaaaaaaa",, Herr L. steht bald auf dem Sitz, bevor wir beide wieder ermattet und stumm in die Plastikschale sacken. Meine Fresse, Kringe! Frei vor dem Torwart und kriegt das Ding nicht vorbei, das darf nicht wahr sein. Wenn Ebbe wieder so eine "wir-spielen-blöde-Aktionen-nach-Aktion" macht, ich melde mich diesmal freiwillig und schick meine Mudder.
Trotzdem gefällt mir der Einsatz auf dem Platz, nachdem sich die Anfangsnervosität gelegt hat und ein paar gefährliche Situationen überstanden sind finden die Jungs ganz gut ins Spiel, nur so eine richtig dicke Chance will nicht dabei rumkommen. Unsere Standards taugen leider nichts, weder Ecken noch Freistöße kommen irgendwie gefährlich vors Tor. Dafür aber Fin Bartels, zehn Minuten vor Halbzeitpfiff, schöner Ball von Nöthe auf Fin und Woohooo - es steht 1:0, was für eine Erleichterung, als wäre es Jahre her.
Wie befürchtet verlieren wir danach kurz den Faden, statt gleich einen nachlegen zu wollen gewähren wir Cottbus die Chance auf den Ausgleich, doch die lehnen dankend ab. Wahrscheinlich sind sie deshalb auch Tabellenletzter, besonders beeindruckend spielen die nicht, aber sie mauern sich auch nicht hinten ein, was uns doch etwas entgegenkommt. Kurz vor Abpfiff liegt Schnecke ziemlich lange auf dem Rasen herum, da könnte man mal pfeifen Schiri, der fehlt gerade da hinten. Wir überstehen die Zeit aber auch ohne Jan-Philipp, mit ner knappen Führung in die Pause, sieht ganz gut aus heute.
Zwischenspiel
Zwei Minuten vor Halbzeit will ich Herrn L. nen Zehner in die Hand drücken, doch er lässt sich nicht erweichen, ich muss Bier holen, ich bin dran. Geht aber wunderbar, die Augen immer aufs Spielfeld gerichtet, zum Halbzeitpfiff im Durchgang, keine drei Minuten später mit zwei frischen Bieren wieder auf dem Platz, Gegengerade rockt.
Bier abstellen und Knipse rausholen, vor dem Spiel gab es nichts zu dokumentieren, in der Halbzeit geht es wieder um die Lampedusaflüchtlinge. "Unsere" Flüchtlinge könnte man beinahe schon sagen, die sind hier ja quasi schon zwangseingebürgert, nur Olaf der Politroboter und seine Schergen wehren sich noch. Die unglaubliche Solidarität der Fanszene zeigt mir nur wieder eins ganz deutlich auf: Sankt Pauli ist die einzige Möglichkeit, bei einem anderen Verein würde ich nicht glücklich werden. Skurrile Trainerwechsel muss man dabei halt in Kauf nehmen.
Spiel (2)
Schnecke ist draußen, hat sich wohl doch ernsthafter verletzt, dafür ist Nehrig drin. Vielleicht ist der auf dieser Position ja besser aufgehoben. Nach ner Viertelstunde muss man konstatieren, das sieht nicht gut aus.
Verdammte Hacke, könnt ihr bitte so weiterspielen wie vor der Halbzeit? Was ist denn jetzt schon wieder los da unten, Herr L. meckert auch schon rum, weil wir nicht mehr über die Mittellinie kommen. Ausgerechnet Takyi und Sanogo werden verhaltensauffällig, Sanogo kann auch noch Kopfball. Mir wird schlecht als ich sehe, wie der frei nach oben steigt und die Kugel perfekt erwischt. Also, fast perfekt, perfekt wäre drin gewesen, der Klatscher an den Pfosten ist aber ein Wachmacher. Hallelujah. Geht auch gleich locker so weiter, wieder Sanogo und Ratsche rettet auf der Linie. Das ist jetzt glaube ich schon das vierte mal, dass der genau richtig steht. Allein das rechtfertigt jede Aufstellung.
Der Support hier oben lässt heute zu wünschen übrig, das war bei schlechteren Spielen schon besser. Ich beschließe das zu ändern und feuere die Mannschaft lautstark an, doch keiner will so recht mitmachen.
"Du erschreckst die Leute" stößt Herr L. mich von der Seite an, "der eine hat dich eben angeguckt wie'n Eichhörnchen." Ich finde das ja eher erschreckend wenn man bei so einem Spiel ruhig bleiben kann, aber jedem das seine.
Auf dem Rasen zeigt es Wirkung, wir kriegen wieder Zugriff. Wenn es bei uns nach vorne geht, dann über Buchti, Ratsche, Schachtöööööön (natürlich) und Fin Bartels, der immer besser wird, was Herrn L. als großen Fin-Fan deutlich entzückt. Fin ist überall, erobert die Bälle und rennt wie ein Wahnsinniger, der ist für mich Spieler des Tages, wenn er doch öfter mal so drauf wäre wie heute. Sogar seine Hackentricks kommen an, nur kann Kringe den leider nicht verwerten. Überhaupt sind die heute irgendwie geiler auf den Ball habe ich das Gefühl, sind das die kleinen Schrauben an denen der Trainer gedreht hat? Vielleicht ist es der gute Einfluss von Schachten, wahrscheinlich will sich niemand nachsagen lassen, er wäre weniger gerannt als der Rekonvaleszent. Der belohnt sich dann in Minute 70 mit dem 2:0. Super Balleroberung von Ratsche und ab nach vorne, schöner Konter und quer auf Schachtöööööööön! Yesssssssss! Woohoo. Brustlöser. Das geht heute nicht mehr schief, keine vier Minuten später macht Thorandt mit dem Kopf das 3:0 und das Thema Cottbus ist abgehakt. Über weite Strecken ein feines Spiel, mit etwas Glück in den Tiefschlafphasen, gegen einen dankbaren Gegner der mitspielen wollte. Hat der Schmidt bei Cottbus nicht gesehen wie man gegen St.Pauli spielen muss? Dann haben wir mit unserem "Neuen" mehr Glück.
Nachspiel
Die Mannschaft verabschiedet sich trotz des guten Spiels ohne Musikwunsch, Vicky bleibt uns erspart, wäre in der momentanen Situation irgendwie auch nicht passend. Die Anzeigetafel macht mich wahnsinnig, wieso denn gegen Köln auch Montags? Und wieso 18:30, was bitte ist das für eine Uhrzeit, auf nem Montag? Haben die noch alle Latten am Zaun beim DFB? Ist das ein Feiertag? Herr L. beruhigt mich, Rainer hätte Freitag durchgesagt, die Anzeige ist falsch. Mit der Uhrzeit kommt das eher hin, aber man weiß ja nie, ich werde das umgehend überprüfen. In der Nordkurve tummeln sich wieder seltsam verkleidete Gestalten, das wird scheinbar Mode. Vielleicht sind das aber auch die Fußballer vom letzten Heimspiel, die sich für die kalte Jahreszeit passendere Kostüme ausgesucht haben.
Herr L. hat ebenfalls Urlaub, also gönnen wir uns noch ein stressfreies Bier mit Blick auf den Dom, bis das übliche Gezeter der Ordner anfängt, verziehen uns so langsam in Richtung Stehplätze, wo man noch in Ruhe gelassen wird. Heute gab es sogar Erbsensuppe aus der Gulaschkanone, über die Versorgung kann man wahrlich nicht meckern. Im Winter könnte sich so eine heiße Erbsensuppe noch als durchaus nützlich erweisen, heute reicht noch der Eierpunsch auf dem Dom, eine Art flüssiger Pudding mit Alkohol und Sahnehäubchen. Weihnachten naht mit Riesenschritten. Die dunkle Jahreszeit, aber am Ende ist wieder alles erleuchtet.
Beinahe erleuchtet: Ben Howard - Every Kingdom
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Fußball
Montag, 11. November 2013
Hopfenschampus
Bier oder Champagner, das ist inzwischen nur noch eine Geschmacksfrage, zumindest seit Aldi Schampus für den kleinen Geldbeutel anbietet und man woanders Bier in einer ähnlichen Preisklasse bekommt. Zwanzig Euro für eine Flasche Sorachi Ace der Brooklyn Brewery zum Beispiel, immerhin 0.75. Vor einigen Jahren noch hätte ich amerikanisches Bier nicht mit der Kneifzange angefasst, aber inzwischen sind die uns mit ihren ganzen Mikrobrauereien einen Schritt voraus was die Herstellung vieler feiner Biersorten angeht. Keine Chemie mehr drin, dafür ausgesuchte Malz- und Edelhopfensorten, Holzfasslagerung und viele engagierte Hobbybraumeister, die sich irgendwann gedacht haben, eine eigene kleine Brauerei wäre nicht verkehrt, wenn das Zeug beim Nachbarn schon so gut ankommt. Die sind scheinbar inzwischen so gut geworden, dass sich Importeure in Deutschland damit auf den Markt trauen.
Bei den vergleichsweise kleinen Mengen und dem aufwändigen Transport sind natürlich keine Sonderpreise zu erwarten, aber bevor ich zwanzig Euro in eine Flasche amerikanisches Edelbier investiere werde ich mir in den Kopf schießen, ganz egal wie berühmt der Braumeister da drüben ist und für welches Edelrestaurant er spezielle Sorten kreiert hat. Wenn man die einschlägigen Presseberichte liest drehen die da drüben wieder mal völlig am Rad, nur weil es ein paar Einheimische geschafft haben anständiges Bier zu brauen. Und weil die so eine Welle machen schwappt der Craftbeerhype natürlich bis nach Europa, wo jetzt auch alle "Craft Beer" brauen wollen. Dumm für die ganzen kleinen Brauereien, die das schon ewig machen, aber den Begriff noch nicht kannten. Wer zu früh kommt den bestraft das Leben manchmal auch.
Die kleine Pulle hopfenbetontes Pale Ale (deutsche Handarbeit) für knapp drei Euronen war allerdings eine Überraschung, hätte ich geahnt wie der Stoff schmeckt, ein paar mehr hätte ich mir gegönnt.
Sehr gute amerikanische Handarbeit: Ry Cooder & Corridos Famosos - Live At The Great American Music Hall
Sonntag, 3. November 2013
Volle Dröhnung Verwöhnung
Ein freies Wochenende, drei Tage am Stück, so richtig frei, ohne Verpflichtungen oder Verabredungen, außer mit einer winzigen Funzel in der Hand durch den dunklen Wald zu stolpern und aus voller Kehle "Er gehört zu mir" von Marianne Rosenberg zu singen, weil die Prinzessin das Lied durchaus passend findet und wir sonst nur zwei Laternenlauflieder kennen, was etwas wenig ist für eine ganze Stunde.
Für den Rest des Wochenendes steht Verwöhnung an, aber volle Dröhnung. Kulinarisch natürlich auch, also besorgen wir uns Pata Negra, Serrano und meine Lieblingskäsesorten, die Lieblingsbrötchen dazu, etwas Birnen-Senf-Frischkäse und den gleich noch einmal in Cranberry-Chili. Meine Lieblingsmarmeladentante fehlt, aber hausgemachte Fruchtaufstriche sind schwer im Kommen, irgendwer ist immer da. Die Probierarie verwirrt nicht nur mich, denn eigentlich sollte die Kirsche-Kirschwasser-Schokolade in der Tüte sein, leider muss ich auf das Kirschwasser verzichten, aber auch ohne Schnappes war die lecker.
Essen gehen kostet zu viel Zeit, kochen allerdings auch, also entscheiden wir uns für wenig Aufwand und trotzdem lecker, frische Ravioli mit Hackfleisch-Chili, Hackfleisch-Feta und Gorgonzola-Walnuss Füllungen, dazu etwas Chilibutter (Bio) zum anfeuchten der Teigwaren. In drei Minuten fertig, schneller und besser als der Pizzaservice.
Den Heimkinoabend gewinnen Sandra Bullocks taffe Mädels gegen irgendwas mit Nicole Kidman und Eisenmann Robert Downey schlägt Star Trek. Es gibt zwar schlimmeres als Sandra Bullock, aber vielleicht sollten wir die Auswahlprozedur auf mindestens drei Filme erhöhen, meinen Favoriten krieg ich eh immer durch.
Jetzt müsste man nur noch das Wochenende um drei Tage verlängern können, um die ganzen edlen Fressalien ihrer Bestimmung zuzuführen. Alte Tiroler Ziege schmeckt aber sicherlich auch während der Woche.
Ohrenverwöhner: Vieux Farka Touré - Mon Pays
Labels:
Kaufrausch,
Kinderkram,
Lecker Futter
Standort:
Ottensen, Hamburg, Deutschland
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