Dienstag, 31. Oktober 2017
Palma: Ohne Plan und ohne Kirchen
Fünf Stunden haben wir Zeit um die Inselhauptstadt zu erkunden, nicht besonders viel, aber sollte ausreichen für Altstadt und Kathedrale. Den Stadtplan habe ich im Kopf, oder besser gesagt öfter mal angesehen, ist ja alles eng beisammen hier, das kann also nicht so schwer sein. Vom Bahnhof der Ferrocarril aus muss man nur eine mehrspurige Straße überqueren und ist quasi schon mitten drin in den Sehenswürdigkeiten.
Sehen will ich die Plaça Major, die Plaça de Cort mit Rathaus und steinaltem Olivenbaum und natürlich die dicke Kathedrale, für die man runter ans Wasser muss um die formatfüllend ablichten zu können. Einzig zum Pueblo Español wird es wohl zu weit sein, aber der Rest wird sich finden lassen. Denkt man so.
In den engen Gassen und schmalen Straßen verliere ich allerdings sofort die Orientierung, hier geht es nicht nur laufend in alle möglichen Richtungen, hier geht es auch hoch und runter. Liegen die Plätze jetzt hier oben irgendwo oder doch schon auf Meereshöhe? Irgendwo mittendrin? Geht man jetzt die Treppen runter, nur um sie gleich wieder hoch zu latschen, weil da unten um die Ecke doch nix weiter ist? Kann man die Kirche fotografieren, deren Turm da hinten aus dem Meer der Häuserdächer ragt? Oder steht man in einer weiteren engen Gasse, die gerade mal eine Aufnahme des Portals zulässt?
Unsere halbkatalanische Reisebegleitung hilft mit Smartphone und Google Maps weiter und es ist alles ganz einfach, wir müssen nur der Straße folgen auf der wir uns zufällig gerade befinden und landen direkt auf der Plaça Major. Mit der richtigen Ausrüstung könnte man hier ein schickes Kugelpanorama machen, man müsste nur die vielen schattigen Teile irgendwie ausleuchten. Das Licht ist nicht so günstig gerade, aber das ist es hier wahrscheinlich nie, oder nur fünf Minuten am Tag.
Von den vier mittig gelegenen Ausgängen empfiehlt Google den südlichen, eine schmale Straße, die scheinbar hauptsächlich von Pferdekutschen benutzt wird. So angeregt wie sich manch Kutscher mit seinen Fahrgästen unterhält kann ich nur vermuten, dass die Pferde den Weg auswendig kennen.
Die Strecke führt direkt zur Plaça de Cort und direkt auf eine Baustelle. Wäre ja auch zu schön gewesen. Den steinalten Olivenbaum kann man aber fotografieren, man muss nur abwarten bis die vielen Selfieknipser aus dem Bild sind, was schon mal zehn Minuten dauern kann. Für das Rathaus bräuchte ich etwas länger, mal werden Baustellenabsperrungen abgeräumt, dann steht ein Lieferwagen davor, dann wieder geballte Touristenhorden mit Deppenzepter, es zieht sich, doch ich bin geduldig.
Nach kurzer Zeit allerdings fängt der Pappenheimer an zu zetern, weil er für alte Rathäuser nichts übrig hat und überhaupt müsste es langsam mal weiter gehen. Dank der dusseligen Baustelle kriege ich den Kasten ohnehin nicht optimal aufs Bild, aber so wenig überflüssiges Gedöns wie möglich sollte drin sein. Der einzige Nachteil, wenn man nicht alleine unterwegs ist, man muss ab und zu zähneknirschend Rücksicht nehmen.
Aus lauter Rücksicht kommen wir dann auch nur noch bis zur Plaça des, auf Mallorca allgegenwärtigen, Herrn Chopin. Das dort befindliche Café lockt uns mit kaltem Bier vom Fass und den Pappenheimer mit Erdbeermojitos, was dann wieder gut genug ist für die eine oder andere Viertelstunde, im Gegensatz zu Rathäusern beispielsweise.
Danach wäre es zwar sicherlich noch möglich gewesen wenigstens kurz die Kathedrale zu besichtigen, doch leider gibt es auch dazu unterschiedliche Meinungen. Die eine Hälfte fürchtet um die letzte Bahn, schließlich müsste man noch zum Bahnhof zurück laufen, die leider vernünftige Hälfte gibt nach. Keine Kathedrale.
Immerhin gibt es auf dem Rückweg ein paar Fußballkathedralen zu besichtigen, die Official Stores von Real Madrid, FC Barcelona und dem RCD Mallorca, alles auf einer Ecke. Muss die Plaça Futbol sein hier, bei dem Aufgebot. Am königlichsten ist natürlich der Schuppen von Real mit seinem omnipräsenten Werbeträger Ronaldo Everywhere. In Portugal auf Keksdosen, in der Türkei auf Trikots, in Holland als Actionfigur in Spielzeugläden und selbstverständlich grinst er einem auch hier überall entgegen. Kein Wunder, dass der so beliebt ist.
Natürlich hat die vernünftige Hälfte der Reisegruppe recht und es wäre genug Zeit gewesen für die Kathedrale, denn wir sind sehr früh am Bahnhof. Immerhin können wir die eingesparte Zeit so in Tortillas und Bier investieren und die sind gar nicht mal so übel, die Bahnhofsgaststättentortillas.
Fotos dazu: Plaça Espanyol Denkmal, Altstadtgassen, Plaça Major, Plaça de Cort, Olivenbaum, Rathaus / Nikon D7200
Bier dazu: Klüvers Pils, 4.8%
Musik dazu: LaBrassBanda - Habediehre / Europa in Dub
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Samstag, 28. Oktober 2017
Murmeltiertag
Sonntag gibt es Sturm sagt Kachelmann. Zwei Tage zu spät, den könnten wir jetzt gebrauchen, als Ersatz für Allagui. Der ist leider keiner, das dauert alles zu lange bei dem Mann, ist viel zu umständlich und Fallrückzieher sehen halt auch nur gut aus wenn man trifft. Drischt man den Ball dabei zehn Meter über die Latte ist es allenfalls gut gemeint.
Spiele gegen Erzgebirge Aue kotzen mich echt an, ich seh deren Spieler im Geiste schon mit gekreuzten Armen vor ihrer Kurve knien und feiern, bevor das Spiel überhaupt angefangen hat. Schon morgens beim Aufwachen hab ich zwei gekreuzte Hämmer vor den Augen. Weil es irgendwie immer so ist, seit Jahren kriegen wir gegen die kein Bein auf den Boden, sogar Bollers Abschiedsspiel hätten sie beinahe versaut.
So gesehen ist ein 1:1 gegen Aue fast schon ein Erfolg, immerhin nicht verloren. Umso ärgerlicher, wenn man es eigentlich hätte gewinnen müssen, aber dafür muss man halt mehr als nur eine Halbzeit Fußball spielen, mehr als nur eine der vorhandenen Chancen nutzen und vor allem gegen einen eigentlich harmlosen Gegner bei einem eigentlich unnötigen Standard nicht so selten dämlich pennen.
Das angekündigte Ende einer seit mindestens zehn Minuten laufenden Fehlerkette, bei der man erstaunt auf den Rasen starrt und sich fragt, was zum Teufel die da unten eigentlich gerade machen und ob das die gleichen Leute sind, die eine halbe Stunde vorher noch ganz passabel Fußball spielen konnten.
Möglicherweise könnte man auch mal den Schneider in die Startelf berufen, wenn der mehr als zehn Minuten Zeit hat macht er vielleicht auch mehr als ein Tor. Harmloser als Allagui kann der gar nicht sein, aber dass er jetzt immer in der letzten Minute noch einen reinsemmelt, wenn man ihn kurz vorher bringt, kann man kaum erwarten. Auch wenn das natürlich nicht nur für Olaf und ihn schön gewesen wäre.
Was sonst noch gut war:
Der Himmel über dem Stadion
Jerry und Zander
Buchti sowieso
Was sonst noch schlecht war:
Festung Millerntor? Wann war das?
Die fahren hier alle her und denken geil, super Stimmung in der Hütte und mindestens einen Punkt nehmen wir mit, weil die Paulis zu Hause nix auf die Kette kriegen.
Fotos dazu: Gegengerade Millerntor, FC St.Pauli - Erzgebirge Aue, Endstand 1:1
Bier dazu: ÜberQuell Palim Palim Pale Ale, 5.3%/39 IBU
Musik dazu: Tinariwen - Live at Théâtre des Bouffes du Nord 2011
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Freitag, 27. Oktober 2017
El Tren: Unterwegs mit dem Orangen-Express
Eine der Touristenattraktionen auf Mallorca ist die Fahrt mit dem historischen Zug von Sóller nach Palma, mit dem Anfang des letzten Jahrhunderts noch Orangen transportiert wurden. Heute transportiert der "rote Blitz" hauptsächlich Touristen für heftige 28 Euro pro Tour, inklusive Straßenbahn vom/zum Hafen, will man auch wieder zurück nimmt man am besten das Ticket Combinado für 35, dann wird es durch den Rabatt schon fast erträglich.
Stolze Preise, aber Junior war vor ein paar Jahren als Betreuer einer Behindertengruppe auf Mallorca und meint, das müssten wir unbedingt machen, die Bahn wäre das Highlight der ganzen Woche gewesen, toller Ausblick auf die Berge und man könnte unterwegs sogar Orangen von den Bäumen pflücken. Als wären das nicht Argumente genug, kommt man zudem ganz bequem in einer Stunde nach Palma, muss dort keinen Parkplatz suchen und kann Durst auch mit alkoholischen Getränken löschen, was bedeutend besser schmeckt.
Unsere Reisegruppe hat sich inzwischen verdoppelt, weil die netten Menschen vom Klosterausflug es für eine gute Idee hielten, in aller Herrgottsfrühe von Cala Dingsda nach Port de Sóller zu fahren, um gemeinsam mit uns den Zug zu nehmen und Palma zu erkunden, was mit mehr netten Menschen natürlich gleich doppelt so viel Spaß verspricht.
Wie von der Straßenbahn gewohnt belegen wir sofort die Plattform des letzten Wagens, um in alle Richtungen fotografieren zu können. Blöderweise kriege ich dadurch nicht ein einziges Foto des Zuges und muss das auf Bunyola oder Palma verschieben. Den Platz zu sichern war dennoch die richtige Entscheidung, denn wir setzen uns schon nach kurzer Zeit ratternd in Bewegung.
Durch Gärten und Orangenplantagen führt die Strecke und manchmal sind die Bäume so nah, dass man tatsächlich versucht ist nach einer Orange zu greifen, aber bei meinem Glück erwische ich eine, die sehr an ihrem Baum hängt - und ich dann an selbigem. Außerdem sind wir beide viel zu sehr mit unseren Kameras beschäftigt, denn es gibt viel Umgebung zu sehen.
Am Mirador Pujol de'n Banya könnte man eventuell noch mehr Umgebung sehen, schließlich ist es ein Mirador. Dummerweise ist es auch der Punkt, an dem sich die Züge auf einer kurzen zweigleisigen Strecke begegnen, so dass der Ausblick etwas blockiert wird. Dummerweise hält der Zug hier auch nicht an, obwohl das aussieht wie eine Haltestelle.
Der rote Blitz klötert und ruckelt wie die Straßenbahn und ist auch ungefähr so schnell, muss dabei allerdings auch einige Höhenmeter überwinden, in langen Schleifen mit Blick auf Sóller, Fornalutx und den Puig Major, mal auf der linken, mal auf der rechten Seite, mal aus 200, mal aus 400 Metern Höhe. Ab und zu verschwinden wir in einem Tunnel, von denen es gleich 13 gibt, der längste führt fast drei Kilometer durch stockschwarze feuchte Kälte, zum Ende hin wird es richtig unangenehm auf der Plattform.
Ein kurzer Halt in Bunyola setzt diesen Ort auf die Ausflugsliste, direkt hinter das ominöse Viadukt Cinc-Ponts, von dem ich immer noch nicht weiß wie man da hinkommt und wann genau wir das überhaupt passiert haben, aber zur Not könnte man ja auch in Bunyola noch Eisenbahnfotos machen. Mit Triebwagen, weil man nicht sofort wieder einsteigen muss.
Die anschließenden Kilometer führen durch jede Menge Plantagen mit sehr vielen Bäumen an denen irgendwann mal irgend etwas wächst, höchstwahrscheinlich Mandeln. Höchstwahrscheinlich sollte man hier auch im Frühling fahren, wenn das alles in Blüte steht, andererseits hängen dafür keine Orangen an den Bäumen. An was man alles denken muss bei der Urlaubsplanung...
Nach etwas über einer Stunde zuckelt das alte Gefährt durch die Straßen von Palma und wir laufen in den nur wenige hundert Meter von der Altstadt entfernten Bahnhof ein. Fünf Stunden Zeit die Stadt zu erkunden, wenn das man reicht...
Fotos dazu: Tren de Sóller, Mallorca / Nikon D7200
Bier dazu: ÜberQuell World White IPA, 6.5% 45 IBU
Musik dazu: Sinéad O'Connor - Collaborations / Throw Down Your Arms
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