Dass man im Alten Land meist sehr viel frischeres und besseres Obst bekommt, als im durchschnittlichen Hamburger Supermarkt, dürfte so ziemlich jeder Hamburger wissen. Dass man sich dafür unter Umständen zwei Stunden durch den Elbtunnel stauen muss allerdings auch, deshalb käme kein vernünftiger Mensch auf den Gedanken. Also wahrscheinlich keiner, außer mir. Dabei habe ich überhaupt kein gesteigertes Interesse an Obst und Freitagnachmittag die Elbseite wechseln, egal wo, ist die wahrscheinlich dümmste Idee ever, wenn man es nicht unbedingt muss.
Zu der ich mich allerdings gezwungen sehe, weil mein REWE Supermarkt seit vier Wochen nicht in der Lage ist Hamburger Pfeffersack zu besorgen, diesen unglaublich aromatischen und fantastisch pfeffrigen Käse der Jithofer Käserei, der nur ganz selten mal lieblos in einer Truhenecke lag und natürlich sofort von mir aus dieser misslichen Lage befreit wurde. Restlos, selbstverständlich. Weshalb die Aussage "verkauft sich vielleicht nicht so gut" der blanke Unsinn sein muss, für etwas, das wochenlang überhaupt nicht zu bekommen ist.
Leider befindet sich der Ursprung dieses fantastischen festen Milcherzeugnisses in Bargstedt und das liegt nunmal auf der anderen Elbseite, irgendwo westlich zwischen Buxtehude und Stade. Glücklicherweise sind die Jithofer auch auf Wochenmärkten der Umgebung vertreten, Cadenberge, Hemmoor, Himmelpforten. Für die meisten Hamburger wahrscheinlich der Arsch der Heide, für mich Kindheitserinnerungen an die Fahrten zu Oma und Opa. Elend lange Fahrten allerdings, die ich selbst für den besten Käse der Welt nur ungern in Kauf nehmen würde.
Für den Pfeffersack muss ich Gott sei Dank nur ins Alte Land, nach Jork, was durch die Elbtunnelbaustelle dennoch zu einer äußerst zähen Angelegenheit wird. Dafür fährt man hinterher durch idyllische Örtchen wie Estebrügge (mit einer Brücke über die Este) und Königreich, was auch eine Brücke über die Este hat, aber dazu noch ein Gasthaus und wer immer mal in einem Königreich nächtigen wollte, der könnte das hier tun.
Auf dem Obstmarschenweg und eigentlich auch auf allen folgenden Wegen, reiht sich ein Obsthof an den anderen. Bis ich am Ziel in Jork ankomme, habe ich bestimmt dreißig Möglichkeiten direkt beim Erzeuger zu kaufen, momentan natürlich sehr viel Kirschen. Knubberkirschen, Dachkirschen, was immer der Unterschied ist, dazu Erdbeeren, Birnen, Stachelbeeren, Kartoffeln, Eier und wie ich die Leute hier kenne gibt es fast alles auch in flüssiger und alkoholischer Form.
Da ich bei Alkoholika eher Wacholder und Hopfen zugeneigt bin, lasse ich das alles liegen und investiere auf dem Jorker Wochenmarkt mein gesamtes Geld in Käse, denn dafür bin ich schließlich hier. Angesichts der großen Auswahl höchst vielversprechender Sorten muss ich mich schwer beherrschen, was nur in Teilen gelingt, weil man scheinbar gar keine Berge benötigt um einen herrlich aromatischen Bergkäse herzustellen, der sofort mein Interesse weckt. Und ja, der ist bestimmt ganz hervorragend geeignet irgend etwas zu überbacken, aber dafür nehme ich doch lieber den Berg-Bergkäse aus dem Supermarkt, um den ist es nicht schade.
Die restliche Ausbeute reiht sich nahtlos ein, alles oberleckerer Stoff. Dank mangelnder Selbstbeherrschung gibt es jetzt allerdings zwei Wochen lang Käse zu allen möglichen Gelegenheiten, so schnell sieht mich der Elbtunnel also nicht wieder.
Erdbeeren hab ich am Ende natürlich trotzdem noch mitgenommen, wenn man schon mal da ist...Waren dann auch die besten bisher in diesem Jahr.
Fotos dazu: Altes Land, Obstmarschenweg, Rathaus, Hochzeitsbank, Jork, Este, Neuenfelde - Nikon D7200
Musik dazu: Mari Boine - Remixed/Odda Hámis