Sonntag, 22. Juni 2025

Vun Doogebel na Feer

 








 

Dass Ortsschilder nicht nur in der offiziellen Amtssprache, sondern auch in der Regionalsprache beschriftet werden, kannte ich bisher nur aus einigen Gegenden in Spanien. Diese charmante Sitte gibt es jedoch auch in Nordfriesland – und sie könnte sich als ausgesprochen nützlich erweisen, sollte man in die Verlegenheit kommen, Eingeborene nach dem Weg fragen zu müssen.

Hamburg ist ja bekanntlich das Tor zur Welt. Doogebel hingegen, wie Dagebüll auf Nordfriesisch heißt, nennt sich ganz selbstbewusst „Tor zu den Inseln“. Was einigermaßen übertrieben scheint – handelt es sich dabei hauptsächlich um die Inseln Oomram (Amrum) und Feer (Föhr). Wer sich hingegen nach Söl (Sylt) oder auf eine der Halligen begeben will, ist auf die Häfen in Naibel (Niebüll) oder Slütsiil (Schlüttsiel) angewiesen.

Geht man nach dem Verkehrsaufkommen, ist der Titel aber möglicherweise berechtigt: Erstaunlich viele Menschen müssen ihre Blechkisten mit auf Inseln nehmen, die man zu Fuß in einer Stunde umrunden könnte. Also ich nicht, aber es gibt bestimmt Menschen, die das könnten. Umweltbewusst wie wir sind, gehen wir zu Fuß zum Anleger – und sparen dabei über 100 Euro sowie die Parkplatzsuche auf einer kleinen Nordseeinsel.

Dafür ist allerdings wieder Fußmarsch angesagt: Vom Fähranleger in die Stadt, vorbei am hölzern die Besucher grüßenden Fiete Föhr, für den man hoffentlich keine Probleme mit der Firma Nintendo bekommt. Sonst ist die Kurtaxe schnell wieder weg – die man wie üblich bei den Strandräubern entrichten muss, sobald man mehr als 200 Meter auf der Insel unterwegs ist.

Auf der Strandpromenade von Wyk auf Föhr – das wahrscheinlich „Wyk auf Föhr“ heißt, damit man es nicht mit Wyk in Polen verwechselt – könnte man dann noch eine ganze Weile zwischen Strand mit Strandkörben, Bars, Restaurants und anderen Touristenfallen promenieren. Wären da nicht einladende, nette Seitengassen, die uns letztlich in Gegenden von Wyk (auf Föhr!) führen, in die sich Touristen normalerweise nur verirren, wenn sie sich verirrt haben.

Glücklicherweise kann man sich auf Inseln nicht wirklich verlaufen (solange sie nicht so groß sind wie Australien natürlich), weil man immer nur geradeaus gehen muss, um wieder an den Strand zu kommen. Und wo Strand ist, ist auch meistens eine Promenade – und damit einhergehend eine bis mehrere Sitzgelegenheiten mit angeschlossener Getränkebestellung.

Das kann lebensrettend sein bei Temperaturen, die ich im Juni an der Nordseeküste nicht erwartet habe – aber man will ja nicht meckern. Jedenfalls habe ich jetzt ein neues nicht-alkoholisches Lieblingsgetränk namens „JoTo“, was einfach nur Johannisbeersaft mit Tonic ist, aber ganz hervorragend erfrischt.

Auf dem Weg zur Fähre noch schnell eine Portion Backfisch bei Gouverneur Gosch einschieben, der selbstverständlich auch auf Föhr eine Dependance eröffnet hat. In dieser kann man aktuell sogar eine Wohnung mit Meerblick erwerben – das nötige Kleingeld für die Föhrer Karibik vorausgesetzt.

 

Fotos dazu: Fähranleger Dagebüll, Sonnendeck der Fähre Uthlande, Fähranleger Föhr, Fiete Föhr, Wyk (auf Föhr!), Zeesenboot, Austernfischer auf Strandkorb, Strandpromenade - Nikon D7200

Musik dazu: Donna The Buffalo - Tonight, Tomorrow and Yesterday

 

 














 

Dienstag, 17. Juni 2025

An der Nordseeküste

 








 

Am plattdeutschen Strand sind die Fische im Wasser – und das Wasser meistens gerade weg, wenn man mal baden will. Ein Kindheitstrauma, dem ich im Juni ganz locker aus dem Weg gehen kann, weil sowohl Luft- als auch Wassertemperatur jegliche Gedanken an so etwas wie Badebekleidung sowieso verhindern. Aber dafür sind wir ja auch nicht hier.

Wir sind hier, weil man uns vor fünf Jahren nach nur zwei Nächten rausgeworfen hat, damit wir niemanden anstecken oder angesteckt werden konnten – was angesichts der vier anderen Urlauber in Dagebüll kaum möglich gewesen wäre. Aber sei’s drum, we’re back. Diesmal für eine ganze Woche, um auch die restlichen paar Quadratmeter Dagebülls zu erkunden, inklusive der damals geschlossenen oder noch gar nicht existierenden Bars, Restaurants und Cafés.

Wir sind auch hier, weil man nur in Nordfriesland den weltbesten Fleischsalat von Schlachter Hansen bekommt und dazu die passenden Unterlegscheiben vom Niebüller Backhus, dessen Backwaren einfach ALLE besser sind als das Zeug der Hamburger Bäckereiketten. Weshalb ich eine Expansion in den Großraum Hamburg sehr befürworten würde. Richtig guten Butterkuchen konnten sie schon immer am plattdeutschen Strand, und statt Bienenstich mit Sahne oder schnöder Puddingpampe zu füllen, greifen sie hier inzwischen zu fein geschnetzelten Erdbeeren.

Und wir sind hier, weil ich keine Lust mehr hatte, im März in einem dänischen Ferienhaus zu sitzen und auf den einen Tag der Woche zu warten, an dem das Wetter etwas mehr zulässt, als Regentropfen am Fenster zu betrachten, den Kamin anzuheizen, ein Buch zu lesen und sich jedes Mal die dicke Winterjacke überziehen zu müssen, wenn man auf der Terrasse einen durchziehen will.

Wie auch immer ich auf den Gedanken gekommen bin, dass es im Juni an der Nordseeküste irgendwie anders sein könnte: Feuchte Luft gehört hier zum Standardrepertoire. Vom feinen Niesel bis zum dicken Guss gibt es in den ersten Tagen reichlich Wasser von oben. Den wahren Nordseeprofi erkennt man dann auch sofort: drahtig, braungebrannt, festes Schuhwerk, Rucksack und das Ölzeug immer griffbereit am Mann – beziehungsweise an der Frau.

Dagegen können wir nicht anstinken, aber das wollen wir ja auch gar nicht. Wir wollen Krabbenbrötchen und eine Passage nach Föhr. Oder Amrum. Oder auf eine der Halligen.

Wenn der eine Tag der Woche kommt, an dem das Wetter mehr zulässt …

Fotos dazu: Nordseestraße Dagebüll, Dagebüll Mole Bahnhof - Nikon D7200

Musik dazu: Pat Metheny - Day Trip