Samstag, 30. November 2019

Versetzung stark gefährdet



















Mit Mats reden sie auf dem Schulhof nicht mehr. Niemand mag Mats, weil der so ein Streber ist, der rennt und kämpft die ganze Zeit wie ein Wilder im Sportunterricht um sich beliebt zu machen und wenn man selber keine Lust hat so viel zu laufen sieht man halt vergleichsweise schlecht aus. Kevin hingegen mag jeder, sogar der Hausmeister mag Kevin, der Jung macht einfach nichts dreckig. Nicht einmal seine Trikots, seit zehn Spielen nicht gewaschen und keiner hat's gemerkt.

Man bekommt ganz neue Einsichten, wenn man sich nach so einem Spiel mit einem Pädagogen unterhält. Außer viel Sarkasmus und Galgenhumor hat der Skipper aber auch einige nicht von der Hand zu weisende Argumente parat, warum Luhukay vielleicht ein ausgewiesener Fachmann sein mag was das Spiel an sich angeht, aber als Pädagoge schnell verkackt wenn es nicht so läuft wie er sich das vorstellt. Und wenn man in der Schülerzeitung laufend lesen muss, dass der Lehrer den einen oder anderen Schüler für zu doof hält, dann haben die schnell keine Lust mehr und beschäftigen sich mit anderen Dingen.

Schüler, davon ist der Skipper nach zig Berufsjahren überzeugt, lernen nicht für sich, sondern für den Lehrer. Ist der Lehrer beliebt sind sie viel mehr zur Mitarbeit bereit und Fußballer wären schließlich auch nur sehr gut verdienende Schuljungs. Nicht umsonst ist das Wort Lehrer in Fußballlehrer enthalten. Luhukay, davon ist er ebenfalls überzeugt, ist bei einigen Schülern inzwischen nicht mehr so beliebt und dann kommt so etwas wie heute dabei heraus.

Die Mannschaft hat gegen den Trainer gespielt. Aus diversen Ecken heute mehrfach gehört, vor allem aber hat die Mannschaft gegen sich selbst gespielt. Hilflos, harmlos, hoffnungslos. Ausgerechnet der einzige auf dem Rasen stehende Fußballgott kann einen Ball nicht vernünftig annehmen und ermöglicht grottenschlechten Hannoveranern das 0:1. Dankend angenommen.

Den Rest des Spiels kann man eigentlich gar nicht beschreiben, das hölzerne Gebolze ist einfach nur erschütternd. Das schlechteste Spiel unter Luhukay und eines der schlechtesten überhaupt am Millerntor, eigentlich kann ich mich nur noch schwach an ein ähnlich beschissenes Spiel erinnern, ebenfalls gegen Hannover. Muss am Gegner liegen.

Auf der Jahreshauptversammlung waren immer noch alle überzeugt, den richtigen Weg zu gehen und bis dahin bin ich den Weg sogar mitgegangen, trotz der wenig berauschenden Ergebnisse. Weil ich die Schnauze voll habe von den ewigen Trainerwechseln, weil Luhukay auch nicht alles falsch gemacht hat und ein besserer Fußball als unter Kauczinski möglich sein muss und bestimmt alles wieder besser wird wenn Buballa, Dimi, Avevor etc zurück sind auf dem Rasen, aber nach dem Spiel heute wird Luhukay, trotz aller Beteuerungen, nicht mehr lange auf der Bank sitzen.

Das nächste Spiel ist Regensburg, wo wir traditionell schon auf den Sack kriegen und wenn das dann folgende Heimspiel gegen Wiesbaden keine drei Punkte auf das Konto bringt, dann ist Luhukay nicht mehr Trainer beim FC St.Pauli. Sag ich jetzt mal so voraus.

Ein schönes Gefühl unterm Weihnachtsbaum wird das nicht sein. Für keinen.


Was sonst noch gut war:
Olaf hat auch verkackt. Hat zwar mit Fußball nix zu tun, aber das hatte das Spiel ja auch nicht.

Was sonst noch schlecht war:
Dieser Videoschiedsrichterscheiß geht mir sowas von auf die Nerven. Jetzt wird schon nachgesehen ob der Torwarttrainer eine gelbe Karte kriegen muss?

Was mir vielleicht ein Experte verrät:
Warum man ausgerechnet Gyökeres auswechselt, der als einziger Spieler wirklich mal schnell vorne durch kam.

Fotos dazu: Gegengerade Millerntor, FC St.Pauli - Hannover 96 0:1
Musik dazu: Pulseheadz - Enter The Dubmosphere
Links dazu: Gröni sah ebenfalls einen Grottenkick



















Sonntag, 17. November 2019

Wilder Westen

















Zu einem Urlaub an der Algarve gehört auf jeden Fall ein Ausflug in den wilden Westen, zu den Klippen am Cabo de São Vicente, dem grünen Hinterland mit den staubigen Straßen, die zu den versteckten Stränden der wilden Küste führen und zur letzten Bratwurst vor Amerika, die diesmal keiner gegessen hat weil die Prinzessin Vegetariern ist und der Rest auch keinen Bock hatte für eine alberne Urkunde Wurst zu essen.  

Ein kurzer Halt am Fortaleza de Belixe, in dessen Kapelle wahrscheinlich seit Jahrzehnten dafür gebetet wird, dass die Außenmauern nicht endgültig in den Atlantik stürzen, ein eiskaltes Sagres vom Fass am Leuchtturm, einmal vorsichtig über die Klippen luschern und dann zum Strand. Zu dem schönen mit Restaurant und Holztreppen, ich kenne mich aus, ich war hier immerhin schon zwei Mal. 

Als Beifahrer mit Kamera, also entsprechend unaufmerksam was die Streckenführung angeht. Das rächt sich schneller als vermutet, denn die erste Abzweigung nach links kann es nicht gewesen sein, nach wenigen Kilometern werden die Schlaglöcher so groß wie Mondkrater und müssen sogar mit unserem SUV umfahren werden, daran hätte ich mich sicher erinnert. 

Gott sei Dank hat die Karre ein Navi mit Touchscreen, auf dem man ganz einfach Strände suchen kann. Blöderweise weiß das Ding gerade nicht wo wir sind, was daran liegen mag, dass der eben noch vorhandene "Weg" immer grüner wird, hier ist lange keiner mehr gefahren und wenn war das bestimmt nicht legal, immerhin sind wir hier in einem Naturschutzgebiet.

Also umkehren und dann da abbiegen, wo die zwei alten Wohnwagen stehen, die Typen sahen wie Surfer aus und wo es Surfer gibt ist auch ein Strand. Den Praia da Ponta Ruiva finden wir dann kurz bevor die Rückbank einen Nervenzusammenbruch erleidet, steile Schlaglochpisten mit Abgründen ohne Leitplanke kann nicht jeder vertragen, die beiden Knirpse allerdings finden das Geschaukel bis jetzt höchst spannend. 

Am Ende der Piste gibt es tatsächlich so etwas wie einen Parkplatz, einen steilen Weg zum Strand und haufenweise steinalte Selbstbauwohnmobile, bei denen man als erstes an eine erschwindelte Betriebserlaubnis denkt und den guten Kumpel beim TÜV, der ab und zu was zum rauchen holt. Immerhin haben sie es bis hierher geschafft mit den Dingern und das nötigt mir schon Respekt ab.

Zu den vielen Wohnmobilen gehören überwiegend braungebrannte, Tribaltattoos tragende Männer in Gummihosen mit blondierten Haarspitzen und deren weiblicher Gegenpart. Ein Surfercamp, in dem wir sofort als Fremdkörper identifiziert werden. Da meine quasi nicht vorhandenen portugiesischen Sprachkenntnisse ein Durchfragen zum nächsten Strand mit Restaurant und Holzteppen unmöglich machen würden, suche ich ein Wohnmobil mit Hamburger Kennzeichen auf. Mit Totenkopfshirt gerate ich hoffentlich nicht an eine Raute, aber ich glaube Surfer interessieren sich nicht für Fußball.

Dort kennt man zwar einen Strand mit Restaurant, aber wüsste gerade nicht wie der heißt. Auf jeden Fall müssten wir zurück nach Vila do Bispo und von da an wäre das ausgeschildert. Auf einer erneuten Irrfahrt durch den wilden Westen schaffen wir es irgendwann auf so etwas ähnliches wie eine befestigte Straße, das Navi hat uns jedenfalls wieder, lotst uns nach Vila do Bispo und dank meiner plötzlichen Eingebung, einfach mal die weltbeste Gastgeberin anzurufen und zu fragen wie dieser dämliche Strand eigentlich heißt, finden wir endlich den Praia do Amado.

Gelohnt hat es sich hauptsächlich, weil der Praia da Ponta Ruiva wirklich traumhaft gelegen ist und weil man am Praia do Amado ganz viele Fotos von Kindern machen kann, die am Strand vor großen Wellen flüchten. Und vielleicht leihe ich mir nächstes Mal eine Karre mit Allradantrieb aus, im wilden Westen kann das durchaus nützlich sein.

Fotos dazu: Atlantik Westküste, Fortaleza de Belixe, Cabo de São Vicente, Praia da Ponta Rieva, Praia do Amado / Nikon D7200
Musik dazu: Lee Ritenour, Mike Stern & Simon Phillips - Live at Blue Note Tokyo












 

Sonntag, 10. November 2019

Elefanten, Kamele und Michael Jackson

















Am Ponta da Piedade bin ich in den letzten Jahren mehrfach gewesen, das ist ja auch eine hübsche Ecke und nur einen Katzensprung von Lagos entfernt. Dabei ist mir irgendwann aufgefallen, dass die Küste von der Nachmittagssonne wunderbar ausgeleuchtet wird und man das eigentlich vom Wasser aus fotografieren müsste. Abgesehen davon ist die Steilküste von oben längst nicht so imposant, nur der Blick ist schick.

Vom Wasser wäre überhaupt kein Problem, denn da unten wimmelt es von Booten und an der Marina von Lagos stehen für die Ausflugsfahrten mehr Koberer als an den Hamburger Landungsbrücken. Leider hat die weltbeste Gastgeberin eine starke Abneigung gegen schwimmende Fahrzeuge jeglicher Art und weil alleine fahren keinen Spaß macht stand das dieses Jahr auf der Liste.

Auf die Frage, wer denn Opa auf so einer Bootstour begleiten möchte, reißen die beiden Lütten sofort die Arme hoch. Klappt wie am Schnürchen hier. Um nicht dem nächstbesten Koberer in die Arme zu laufen erkundige ich mich vorsichtshalber nach seriösen Anbietern und immerhin damit kennt sich die weltbeste Gastgeberin aus. Bom Dia kommt es wie aus der Pistole geschossen, allerdings gäbe es da noch einen alten Bekannten mit coolen Abenteuertouren aber der wär in Ferragudo und das ginge dann um mehrere Stunden mit Piri-Piri Hähnchen und Gedöns.

Das ist mir zu viel Akt, ich will die Küste fotografieren, mir die Grotten ansehen und dass die Kinder ins Wasser springen können wenn sie wollen, weil es toll ist vom Boot aus ins Wasser springen zu können. Ideal dafür ist die Bom Dia Grotto Tour über zwei Stunden, bei der man mit einem umgebauten alten 1922er Fischkutter rausfährt, vor der Küste den Anker wirft und mit dem Beiboot die Grotten besucht.

Beeindruckend ist dabei die Getränkekarte auf dem Kutter, mit der ich nie und nimmer gerechnet hätte. "You are on vacation" grinst mich Bruno an und recht hat er, ich nehm den Caipi. Für 4 Euro ist der zwar nicht sehr groß, aber der Geschmack stimmt, davon gehen auch mehr. Oder doch den Mojito noch probieren?

Auf der mehrsprachigen Grottenbesichtigungstour (portugiesisch und portugiesisches Englisch) wird am laufenden Band auf phänomenale und skurrile Gesteinsformationen hingewiesen, auf Elefanten, Pinguine, Horrormasken, Kamele und irgendwo soll man auch Michael Jackson erkennen. Wahrscheinlich die Folge von jahrelangen Notizen bei Touristen, die irgend etwas erkannt haben wollen. Außer Elefant und Kamel kann ich nichts davon entdecken, aber in solchen Bilderrätseln war ich schon immer schlecht, die Kinder machen deutlich mehr ausfindig.

Für Michael Jackson hat die Fantasie zwar bei niemandem gereicht, aber der Knirps fand die wilde Fahrt mit dem Beiboot supercool, die Prinzessin hat es sich nicht nehmen lassen vom Boot aus ins Wasser zu springen, was sie dann ihrem Vater zuliebe fünfmal wiederholt hat weil der Film jedesmal nichts geworden ist und ich habe endlich meine Steilküstenfotos machen können.

Perfekter Urlaubstag.

Fotos dazu: Bom Dia Kutter / Steilküste & Grotten, Lagos Algarve / Nikon D7200
Musik dazu: She Drew The Gun - Revolution Of Mind  










Samstag, 9. November 2019

Am Ende ist es immer zu wenig



















Das hat man nun davon. Statt die kaputten Knochen zu schonen pfeif ich mir zwei IBUs ein, wanke im Freddie Frinton Style zur Bushaltestelle, steh eine gefühlte Ewigkeit mit verkrampfenden Beinen am Einlass unter fliegenden Menschen (ohne dass ein neues Smartphone dabei abfällt), schlepp mich die Treppen im Stadion hoch (Fahrstühle! Wir brauchen Fahrstühle! Und Rollatorstellplätze!) und wofür das alles?

Ja, sie haben sich bemüht. Kann man ihnen nicht absprechen. Sie haben sich auch wieder Chancen erarbeitet, aber natürlich generös den Bochumern ebenfalls einige ermöglicht. Die erste gleich ganz großartig nach fünf Minuten schon und wenn ich etwas nicht mag sind das kalte Duschen bei dem Wetter. Sie haben sich berappelt und fünf Minuten später den Ausgleich geschossen, aus dem Spiel heraus, ganz ohne Elfmeterpfiff, was uns immerhin glatte achtzig Minuten Zitterpartie erspart hat. Aber sonst?

Ich glaube ja dem Andy Rettig, dass der Jos Spieler und Mannschaften besser macht und ich finde schon, dass man da eine Handschrift erkennen kann und ja, die Spiele sind ja auch spannender so, besser jedenfalls als das hölzerne Gebolze der letzten Jahre und bestimmt hat der Trainer recht wenn er sagt, man müsste sich nur dann Sorgen machen, wenn man sich keine Chancen erarbeitet und ansonsten muss man sich halt irgendwann auch mal belohnen.

Aber wann bitte fangen wir damit an? Auswärts in Aue? Das wäre wirklich eine Überraschung. Zuhause gegen Hannover? Würden wir nicht unbedingt drei Punkte brauchen wäre ich da mit einem einverstanden gewesen. Auswärts in Regensburg? Hahahaha. Geht das so aus wie befürchtet, sind wir innerhalb von drei Spieltagen mit etwas Pech nicht mehr auf Platz 8 sondern unter dem Strich. Fußball ist Ergebnissport, die Ergebnisse sind momentan für'n Arsch, auf einmal biste mitten drin im Abstiegskampf und keiner hat's gemerkt.

Können wir bitte vorher aufwachen? Am besten JETZT gleich, wenn es nicht schon zu spät ist? Können wir dann bitte wieder so spielen als gelte es ein Derby zu gewinnen? Mit letztem Einsatz und unbändigem Willen? So, dass man damit vielleicht sogar im Erbsgebirge ein bis drei Punkte holen könnte? Den Arsch hochkriegen müssen sie so oder so, dann kann man auch gleich damit anfangen.


Was nicht gut für die Nerven war:
In der letzten Minute der Nachspielzeit bekommt Bochum eine Ecke und so etwas kostet wieder ein paar graue Haare mehr. Kann ich mit leben, so viele sind es ja eh nicht als dass das auffallen würde, aber wäre der reingegangen, ich glaub ich wäre stinksauer abgezogen, das erste Mal im Leben. Gott sei Dank kann Bochum auch keine Standards.

Was völlig bekiffter Blödsinn war:
Die Diskussion, ob Ibrakadabra uns helfen könnte, sollte er sich entschließen am Karriereende für ein gespendetes Taschengeld bei einem antifaschistischen Verein zu spielen um sein Karma ins Gleichgewicht zu bringen und damit endgültig zur Weltlegende zu werden. Meiner Meinung nach hätten wir zur Halbzeit mit drei bis vier Toren vorne gelegen, Herr Z. meint dagegen ich wäre der erste der meckert, wer diesem Idioten einen Vertrag gegeben hat, weil der in der 2.Liga nix auf die Kette kriegt und ich denke beides wäre möglich und wir warten besser auf Gareth Bale.

Was sonst noch gut war:
20 Jahre AFM, die beste Erfindung seit es Fußballvereine gibt.
Hoodies mit Vereinswappen für 30 Öcken die mich in den Fanshop locken und jetzt habe ich endlich ein schönes Kissen für die Couch hier, das fehlte noch.

Fotos dazu: Gegengerade Millerntor FC St.Pauli - VfL Bochum 1:1
Musik dazu: Archive - Live At The Zenith

Links dazu: Gähnend zur Länderspielpause (Stefan Groenveld)  
(Sc)Henk ein das Ding (Millernton)