Donnerstag, 29. September 2011

Heiligs Blechle















Gibt es eigentlich so etwas wie den Tag der Schlafmützen? Dann war der heute. Die erste Schlafmütze begegnete mir schon, kurz nachdem ich das Haus verlassen hatte. Keine 100 Meter weit gekommen, dann hats auch schon gekracht. Vorfahrt ist, wenn man trotzdem lacht. Dabei hab ich das kommen sehen, leider war ich der Einzige, und genutzt hats mir auch nix.
"Ich hab Sie überhaupt nicht gesehen, das tut  mir leid, ich hab nur die Parklücke im Blick gehabt."  Und dann zu schnell gewendet, soll vorkommen. So etwas regt mich zum Glück nicht weiter auf, die Karre ist immerhin 15 Jahre alt. Die meines Unfallgegners war allerdings erst 3 Wochen alt, was ihn sichtlich mehr betrübte als die Schrammen an meinen Türen.
Mein Problem wird nur sein den Schaden irgendwie einzugrenzen, denn wenn ich damit zu Toyota fahre übersteigt der garantiert den Restwert. Mit der Beule kann ich zwar leben, aber eine finanzielle Entschädigung hätt ich dann doch gerne dafür. Zumal ich es hasse, mich um so einen Kram kümmern zu müssen.

Als ich eine Stunde später in die Firma komme herrscht gespenstische Stille, nicht eine Anlage läuft, kein Band, kein Roboter, nichts. Seit Stunden. Weil eine Schlafmütze in der AV einen Schrank so geschickt verschoben hat, dass die öffnende Tür einen Notschalter betätigte, der wiederum die halbe Firma stromlos machte. Inklusive Teile der EDV Abteilung, weil tatsächlich irgendein Switch nicht an der USV hing, was dann die Datenbank zerschoss. Kleiner Schalter, große Wirkung. Ich hab nicht einmal geahnt, dass es solche beknackten Schalter überhaupt gibt, und wenn, dann hätte ich die gesichert wie Fort Knox. Wenigstens mit Panzerglas und Nothammer.

Ich war zwar davon überzeugt, für die Anlagen weder die EDV noch die Datenbank zu benötigen, aber da ich die Chefetage nicht zu einem Test überreden konnte, verliefen die nächsten Stunden einigermaßen entspannt. Mit Computern kann man schlecht arbeiten, wenn die Computer nicht arbeiten.
Dafür wird es leider später um so hektischer, wenn man den ganzen Kram in zwei Stunden erledigen muss, für den man vorher den ganzen Tag Zeit gehabt hätte.

Dass ich das alles so gelassen sehe muss irgend etwas mit dem kommenden Wochenende zu tun haben, oder mit Ray Wylie Hubbard - Crusades Of The Restless Knights.

Mittwoch, 28. September 2011

Stadtansichten: Hamburger Rathaus
















Die Freiheit, die die Alten erwarben, möge die Nachwelt würdig erhalten. Dieser Sinnspruch steht über dem Eingang des Hamburger Rathauses, allerdings lateinisch - und das spricht ja hier kein Mensch mehr. Wahrscheinlich nicht einmal ein Bezirksamtsleiter.
Nun kann ja jeder Freiheit anders interpretieren. Für manchen ist es Freiheit, unter Brücken schlafen zu können, wenn man kein Dach über dem Kopf hat. Recht anspruchslos, doch anderen ist das schon wieder viel zu viel. Die bauen dann Zäune davor und halten das für eine großartige Idee, weil jetzt niemand mehr unter Brücken schlafen muss.

Das ehrwürdige Hamburger Rathaus hat seit der Fertigstellung 1897 schon schlimme Gestalten in seinen Mauern beherbergt, bisher hat es alle überstanden. Einige haben es glücklicherweise nie bis ins Rathaus geschafft, auch wenn sie sich alle Mühe gaben, insofern bin ich recht optimistisch, dass es auch dem Herrn mit dem Zaun nicht glücken wird. Denn hier haben immer noch sehr viele Menschen eine ganz andere Auffassung von Freiheit. In diesem Sinne: Schreiber, hau ab! Und nimm den Scheiß Zaun gleich mit.

Eigentlich sollten das hier nur die Stadtansichten sein, aber das passte zum Thema und musste raus. Noch besser gepasst hätte es vielleicht, wäre der Tag der offenen Tür im Rathaus gerade an diesem Wochenende gewesen, das hätte durchaus spannend werden können. Leider ist das aber schon fast zwei Wochen her, einer dieser Termine, die ich immer im allerletzten Moment wahrnehme. Um 16 Uhr hat man mich gerade noch reingelassen, allerdings ohne meinen Rucksack, die restliche Kameraausrüstung musste draußen bleiben. War nicht weiter tragisch, da man außer einem Weitwinkel kaum etwas brauchen dürfte. Das letzte mal war ich in dem Kasten, als die Grünen in die Bürgerschaft kamen und Georg Danzer gegen Atomkraftwerke sang.
Im Plenarsaal fand eine Bürgerfragestunde statt, mit der Präsidentin der Bürgerschaft und noch ein paar Nasen, wenig interessant. Die Fraktionen verteilten lustige Gimmicks wie Luftballons und Kugelschreiber und eigentlich waren viel zu viele Leute da. Und zu viele Ordner die verhindert haben, dass man für eine bessere Perspektive mal eben über die dicken Absperrkordeln klettert. Mist auch.

Da ich nur noch eine knappe Stunde Zeit hatte, bin ich da mehr oder weniger durchgehetzt. Lohnt sich schon, alles ganz gediegen da. Sogar eine aussterbende Spezies hätte man, quasi in freier Wildbahn, beobachten können. Die FDP ist hier tatsächlich noch im Rathaus vertreten, nicht nur am Tag der offenen Tür. Aber ich bin fast sicher, irgendwann werden sie diesen Tag zu schätzen wissen.

Ich weiß etwas anderes zu schätzen, und zwar Gillian Welch - Revival














Sonntag, 25. September 2011

Ein Stern in der Trabantenstadt














Als ich in Hamburg aufwuchs gab es Norderstedt noch nicht, das wurde erst am 1. Januar 1970 durch den Zusammenschluss von vier Vorstadtgemeinden gegründet. Seither klebt diese Stadt irgendwie am Nordrand Hamburgs. Später habe ich zwar ein paar Jahre noch weiter nördlich gewohnt, aber trotz einiger Freunde aus dieser Ecke bin ich dort nie wirklich rumgekommen. Einen wirklich hervorragenden Griechen gab es mal, aber das ist lange her. Immerhin Segeberger Kennzeichen, besser als PI oder WL. Aber sonst?

Für mich ist Norderstedt immer die Trabantenstadt geblieben, der einzige Grund nach N-Town zu fahren wäre ein Besuch bei Freunden, aber die meisten wohnen dort schon längst nicht mehr.

Nur einem Zufall hab ich es zu verdanken, dass Norderstedt wieder auf meinem Radar aufgetaucht ist. Auf der Suche nach Konzertterminen von  Tish Hinojosa stolperte ich über den Musicstar.
Soso, Norderstedt hat also einen Liveschuppen, kaum zu glauben. Bisher hielt ich die Trabantenstadt für kulturelles Ödland, so kann man sich täuschen. Hab ich auch gleich wieder vergessen, bis vor ein paar Tagen.

Was für ein unglaubliches Glück, dass ich dann doch mal nach der Webseite gesucht habe. Der Laden müsste das reinste Paradies für mich sein. Rod Picott, Anne McCue, Gurf Morlix! Gurf Morlix! Und alles immer schön am Wochenende. Seltsamerweise stehen keine Eintrittspreise auf der Seite, aber die sollte eh mal überarbeitet werden. Sieht fast so aus, als sollte ich in nächster Zeit öfter nach N-Town fahren. Daher war ich auch recht gespannt auf den Laden, wer immer das Booking da macht, der liegt voll auf meiner Wellenlänge.

Und so hab ich tatsächlich mal wieder die Stadtgrenze überquert, direkt am Marktplatz jede Menge freie Parkplätze gefunden und den Musicstar gesucht. Und gesucht. Gesucht. Und gesucht.
Man muss in N-Town einfach in kleineren Maßstäben denken. Aber das hätte ich in meinen kühnsten Träumen nicht für möglich gehalten. Einkaufszentrum Tiefparterre mit Wendeltreppe und Anschluss an die Cafeteria. Eine Bühne, auf der zwar eine Band spielen kann, sofern sie gerne miteinander kuscheln, und ein Zuschauerraum in etwa der gleichen Größe. Drei Reihen Stühle vor der Bühne, mit den drei Stühlen an der Seite zusammen vielleicht 18 Sitzplätze, alle reserviert. Dazu vielleicht 10 Stehplätze, ab 15 wirds enger.

Von den knapp 30 Menschen im Raum sind gleich 5 für Technik zuständig, 3 Videokameras, Mischpult für die Anlage, Bildregie. Der Chef kündigt Rod Picott an, der Chef ist Nummer 6. Das muss Wolfgang sein, der Mann mit dem Musiksachverstand.
Womit hat der Rod Picott hergelockt? Den kennt doch hier kein Mensch, wer guckt sich den an, außer mir? Das offensichtliche Stammpublikum, das Wolfgangs Musikgeschmack vertraut. Alles so in gesetzterem Alter, ich falle nur auf, weil ich der Neue bin. Denn auf die Frage, wer denn heute das erste mal hier wäre, meldet sich außer mir nur noch eine Dame in der ersten Reihe. In der, neben den Kameramännern, auch offensichtlich Familienangehörige der Kameramänner sitzen. Bis in die zweite Reihe, es sei denn, die beiden Damen haben nur den gleichen Friseur. Rotwein und Bier sind die vorherrschenden Getränke, mehr Rotwein bei den Damen.
Bei denen hat Rod nach 5 Minuten schon schwer einen Stein im Brett, entpuppt er sich doch als äußerst sympathischer und unterhaltsamer Charmebolzen, der nach einhelliger Meinung der Mädels auch noch aussieht wie der hübschere Zwillingsbruder von Dr.House. Singen kann er auch besser. Begleitet wird er von Rob van Duuren auf der Pedal Steel, mehr oder weniger improvisiert, sie kennen sich erst seit zwei Tagen. Klappt aber. Ebenso mit dem Mann an der Mundharmonika, der wohl zu den Stammgästen gehört, wenn ich das richtig mitbekommen habe. Auf jeden Fall war er nebenbei für den CD Verkauf zuständig.
Obwohl ich Rod Picott sehr mag war ich skeptisch, wie immer bei solchen Konzerten. Wenn die Kommunikation mit dem Publikum nicht klappt, dann kann ein Mann mit Gitarre leicht zu einem Langweiler werden, sind die Songs auch noch so gut. Aber hier klappt alles, das ist Bildungsbürgertum, mit denen kann man kommunizieren. Songwriter haben ja häufig ein paar Geschichten zu ihren Songs auf Lager, Dr.House Rod Picott  hat es auch im Nu geschafft alle damit zu fesseln. Charmebolzen halt, obwohl er ja nicht der Typ ist, der lustige Lieder schreibt. Aber eins hat er doch mal geschrieben, das wollte er uns nicht vorenthalten.
Nach zwei Sets a 40 Minuten war der Mann dermaßen durchgeschwitzt, als hätte er gerade einen Marathon hinter sich. Da half auch nicht der stete Griff zum wunderbar riechenden Handtuch, da konnte er nicht genug von kriegen. In Amerika kennt man scheinbar keine frühlingsfrischen Weichspüler, fragt deutsche Hausfrauen! The hardest sweating man in Showbiz. Er war jahrelang nur die Nummer zwei, aber dann ist James Brown gestorben. Am Ende hätten ihn nach den zwei Zugaben trotzdem alle gerne geknuddelt glaube ich, ganz besonders die Damen.

Ich hab mir lieber meine momentane Lieblingsscheibe signieren lassen. Die ist manchmal richtig traurig, aber wunderschön. Ich hätte mir Still i want you bad wünschen sollen, ich Idiot. Fällt mir jetzt auf.
Kann ich nur jedem empfehlen: Rod Picott - Welding Burns

In der Pause ging ein Sparschwein rum, das Geld bekommt der Künstler. Hochgerechnet könnte er wahrscheinlich nicht mal den Flug davon bezahlen, keine Ahnung wie das geht. Aber ich freu mich, dass sowas geht, dafür zahl ich auch gerne etwas mehr.
Der Laden sieht mich wieder, definitiv. Anne McCue fällt leider aus, aber Gurf Morlix!
Gurf Morlix!
Kennt auch keiner, was? Tja.



Samstag, 24. September 2011

Wo, bitte, geht's zur Demo?
















Vorspiel

Ist es vielleicht möglich, dass ich an einem Heimspieltag mal ausschlafen kann? Sonntagsspiele um 13 Uhr sind dafür so wenig geeignet wie Montagsspiele, bleibt also nur der arbeitsfreie Freitag. Arbeitsfrei heißt natürlich gar nichts, denn ich muss heute zu einer dusseligen Schulung, noch eine Stunde früher als gewohnt. Also bleibt nur das an solchen Tagen übliche Vorhaben eines Mittagsschlafes.
Der wird nach einer Stunde rüde durch Telefonklingeln unterbrochen, kaum das ich weggedämmert bin. Wtf? Wer ruft mich um 14 Uhr an?
"Schönen guten Tag, Herr Beeblebrox, hier ist ihr Kundenberater von Pillemann & Söhne." schallt es mir entgegen. "Wir möchten gerne ihre Meinung wissen zu unserem neuen Webauftritt, wie finden Sie Pillemann 2.0?"
"Mooooment," unterbech ich seinen Redefluss "wer zum Teufel hat Ihnen eigentlich gestattet, mich hier anzurufen und dämliche Fragen zu stellen? Was interessiert mich der Webauftritt von einem Laden, bei dem ich allenfalls mal ein paar Schuhe bestellt habe. Können Sie sich vorstellen, dass ich eventuell andere Dinge zu erledigen habe?"
"Ja, aber, ääähm, ich hab hier Ihre Telefonn.."
Genau. Weil es blöderweise bei der Bestellung erforderlich ist, diese anzugeben. Deswegen hasse ich solche Anmeldungen, nicht ohne Grund. Kein Freifahrschein für Anrufe.
"Schreiben Sie es auf oder geben Sie es in den Rechner ein: Kunde wünscht keine Anrufe. Kunde ist ungehalten und Kunde nimmt grundsätzlich nicht an Umfragen teil." 

Kommt natürlich wie es kommen muss, ich hau mich wieder hin und verpenn prompt. Um 16 Uhr wollte ich im Bus sitzen, nicht aufwachen. Das Gute an Freitagen ist nur, dass die Dinger alle 10 Minuten fahren.
Blieb also noch Zeit für zwei Bierchen in trauter Runde, bevor ich mich auf meinen Platz begab, vor dem Ralle Gunesch und Thees Uhlmann die Taktik noch einmal durchgingen.

Endlich richtig angekommen, wird mir sogleich eine Fahne in seltsam fremden Farben über die Schulter gelegt, ich bin umzingelt. Eine Horde englischer Gentlemen, Fans der Blackburn Rovers, mitsamt ihrem Guide, einem St.Pauli Fan aus Leipzig, unschwer am Dialekt zu erkennen. Der Schwarzmarkt scheint immer noch hervorragend zu funktionieren, aber bei solchen stimmgewaltigen und textsicheren Gästen seh ich mal darüber hinweg, dass ich meine Karte erst mühsam ertauschen musste. Die ersten fast abstinenten Engländer meines Lebens, sie haben sich auf Bier beschränkt und einen Zug aus der Sportzigarette abgelehnt. Ungewöhnlich. Aber laut und gut dabei.

Erste Hälfte

Unkonzentriert. Fehlpässe ohne Ende und kaum zwingende Szenen. Das relativ frühe 1:0 durch Ebbe nach 20 Minuten hat für mehr Ruhe gesorgt als gut tat, danach ging kaum noch was nach vorne. Ein zweiter Treffer vor der Pause wäre dringend nötig gewesen, denn Aue war immer dran, die haben nie aufgesteckt.
Wir wollen spielen, die wollen kämpfen. Kämpfen klappt besser. Die Engländer singen fleißig mit, bringt aber nichts ein. Wird schon werden, in der zweiten Hälfte mehr Dampf machen, auch auf den Rängen. Wir sind Sankt Pauli.

Halbzeit

Ich will mich grad aufmachen um ein Bier zu holen, da entdeck ich meinen Nachbarn aus dem Spiel gegen Münschen, der einen Vorrat dabei hat und mir den Weg erspart. Gegengerade rockt. Nach ein wenig Spielanalyse kommt das Thema irgendwann auf  Markus Schreiber und die geplante Demo gegen den selbsternannten Großinquisitor von Hamburg City. Dabei lerne ich jemanden kennen, der als Sozialarbeiter schon das Vergnügen von Podiumsdiskussionen mit dem Herrn hatte und von vielen peinlichen Momenten des Markus S. zu berichten wusste. Meine Menschenkenntnis hat mich noch nie im Stich gelassen, ich erkenne einen Vollpfosten, schon vor seinen Taten.

Zweite Hälfte

Endlich wach? Nein, Aue fängt stark an. Verdammt, ich steh hier, weil ich in der zweiten Halbzeit Action sehen will. Vor meinen Augen, nicht in der anderen Hälfte. Wenn wir ne Chance haben wird die verdaddelt, keiner, der mal aus der zweiten Reihe abzieht, nichts. Dafür spielt Ralle inzwischen, weil Schachten immer noch an seiner Erkältung laboriert. Zehn Minuten später noch ein Wechsel, und der ist mal richtig Scheiße. Lasse Sobiech muss verletzt raus, für ihn kommt Funk. Dem hätt ich auch ein angenehmeres Debüt gewünscht.
Kurz danach der Ausgleich durch nen Konter, was für'n Dreck. Im Stadion wird es lauter, aber unsere Chancen werden verspielt, Finn hätte das 2:1 machen müssen. Dafür kassieren wir den Treffer, wieder nach nem Konter, 1:2. Das wird nix mehr hier, nach vorne geht zu wenig. Schubert reagiert einzig folgerichtig und bringt mit Saglik noch einen Stürmer, Bruns muss raus.
Das hätte beinahe geklappt, Saglik spielt Ebbers im Strafraum an, der ist frei vorm Kasten und schießt den Torwart an. Waaaaaas für eine Scheiße, das wird hier echt nix mehr. Dafür holt mein Nachbar noch ein paar Bierchen als Nachschub, Stimme ölen.
Aber alles anfeuern hilft nicht, noch ein Konter, 1:3. Vielleicht ein Dämpfer zur rechten Zeit, wir sind nicht unschlagbar. Nur am Millerntor hätte es nicht sein müssen. Die letzten 5 Minuten ist nochmal alles laut, aber das 2:3 durch Finn in der Nachspielzeit war nur noch Kosmetik.
War nicht unverdient für Aue, die waren gut eingestellt, haben mehr investiert, die hatten keinen Bock hier zu verlieren, nur weil alle das erwartet haben. Die haben dagegen gehalten und da muss von uns einfach mehr kommen. Düsseldorf ist ein anderes Kaliber.

Bis dahin ist hoffentlich der einzig Schuldige an dem Drama wieder in Hamburg und kann seinen Becher knipsen.

Nachspiel

Über den Bezirksamtsleiter Mitte, Herrn Markus Schreiber, habe ich vor einigen Tagen schon ein paar Worte verloren, inzwischen hat der Mann scheinbar völlig den Verstand verloren. Nach künstlichen Bachläufen und Findlingen soll jetzt ein Stahlzaun die Obdachlosen von ihrem Lager unter der Kersten-Miles-Brücke fernhalten. Hat der Herr mal eben so entschieden und aufbauen lassen, aus Steuergeldern. Das erforderte eine eindeutige Stellungnahme, auch meinerseits. Demoaufruf mehrerer Fanclubs, nach dem Spiel auf dem Vorplatz Südtribüne.
Da hab ich erst einmal nichts gefunden, außer Shoppern vor dem Fanshop, also zurück zur Gegengerade. Nichts mit Demo. Wo zum Teufel soll der Vorplatz Südtribüne sein, wenn nicht vor der Südtribüne? Auf dem Weg zur Budapester runter treffe ich auf eine Roboterarmee, in Dreierreihe am Straßenrand stehend, bestimmt 100 Meter lang. Schockierend, sieht aus wie bei Star Wars kurz vor der Invasion.

Ich entschließe mich, mit dem vordersten Roboter ein paar Worte zu wechseln. "Ich würde gerne mein Missfallen als Bürger dieser Stadt kundgeben. Wo, bitte, gehts denn hier zur Demo?"
"Immer geradeaus, die Straße runter" antwortet er freundlich, "Sie können es gar nicht verfehlen."
Ein paar hundert Meter weiter treffe ich dann tatsächlich auf eine nicht unerhebliche Menge Menschen, die dem Herrn Schreiber ein paar unfreundliche Worte an den Kopf werfen wollen.

Roboterarmee und Demozug standen sich dort eine ganze Weile gegenüber, begleitet von antifaschistischem Liedgut, fröhlichen "Haut ab! Haut ab!" Aufforderungen und "Wir sind St.Pauli - Scheiß Polizei" Klarstellungen. Als dann das Zeckenlied erklang quittierte der Roboter vor mir das mit einem verständnislosen Kopfschütteln, was mich zu einem "Wat denn? Einfach mal Solidarität zeigen mit denen, die wirklich unter Brücken schlafen müssen." hinreißen ließ. Mir schien fast, als hätte er danach für ein paar Sekunden nachgedacht, aber ich kann mich auch täuschen.

Hinter mir schien sich kurz darauf eine Art Aushilfsradiomoderatorin aufzuhalten, die den Text der Transparente laut in ein Mikro brüllte.
"Zäune einreißen! Ja, einreißen. Zäune. Für die kollektive äääh  Eignung nee Aneignung ääääh.."  "öffentlicher Räume" helfe ich ihr aus, und bemerke erst beim Schulterblick, dass es sich um einen weiblichen Roboter mit Headset handelt. Meine Hilfe ist anscheinend nicht gewollt, denn urplötzlich ist sie verschwunden.
Der Zug setzte sich irgendwann in Bewegung und ich beschloss mich einzureihen, einmal durchs Viertel, Schreiber abschreiben. Bestimmt meine erste Demo seit 10 oder mehr Jahren, aber das war nötig.
Hoffentlich hilft es, der Vogel geht mir derbe auf den Sender.
Und hoffentlich ist es friedlich geblieben. Die Roboterarmee war zwar recht imposant, aber ohne Boller haben sie keine Chance.

Ansonsten: Auswärtssieg. Und Beginner - Blast Action Heroes

Mittwoch, 21. September 2011

Schlemmen mit Handicap
















Heute morgen marschiert jemand ins Büro, als ich mir gerade meine Frühstücksportion Kinderbrei in der Mikrowelle warm mache. "Ich hab mal wieder was zu verschenken" höre ich ihn sagen. Super, Deputatware, hat mal wieder jemand ein paar Kartons fallen lassen im Lager. Gleich mal gucken was er so anschleppt.
Sonnenblumenöl, leider aromatisiert, Essig mit Passionsfruchtsaft, lauter Zeugs, das ich nicht anrühre. "Kräuter gibts aber auch ein paar Dosen" sagt er, "gefriergetrocknet, Dill, Petersilie, Schnittlauch, so lange der Vorrat reicht."
"Schnittlauch? Wenn Du noch ein paar Eier besorgst nehm ich Dir ne Dose ab" entgegne ich noch - und in diesem Moment fällt mir siedendheiß die Lösung meiner Probleme ein. Rührei! Verdammt, warum bin ich da nicht früher drauf gekommen. Da überleg ich seit Tagen, mit welchen Beilagen man schnödes Kartoffelpü irgendwie interessanter machen kann, aber auf Rührei bin ich nicht gekommen. Dabei kann man das auch für Zahnkranke abwechslungsreich gestalten, mit Tomaten, Kräutern, Nordseekrabben, Paprika, Zwiebeln etc pp.
Wahrscheinlich hängt mir Rührei nach spätestens drei Tagen trotzdem zum Hals raus, aber drei Tage sind in meinem Zustand ein enormer Zeitgewinn. Suppe kotzt mich langsam mächtig an, von Babynahrung ganz zu schweigen. Rührei, das klingt wenigstens halbwegs wie "feste Nahrung" - nicht ganz verkehrt wenn ich an Freitag denke, denn spätestens zum Heimspiel gegen Erzgebirge Aua muss die Flüssignahrung wieder auf Bier umgestellt werden, wenigstens für ein paar Stunden.
Rührei könnte eine Grundlage sein. Wie gut, dass ich kein Vegetarier bin.

Derweil bleibt mir nur die Hoffnung auf heitere Tage mit JJ Grey & Mofro - Brighter Days.

Sonntag, 18. September 2011

Schachmatt
















Das ist echte Folter, wenn man am offenen Fenster sitzt und einem köstliche Gerüche aus der nachbarschaftlichen Küche um die Nase wehen. Wenn Frau S. am Herd steht, dann riecht es hier immer wie früher bei Muttern. Seit die Abluft ihrer Dunstabzugshaube nach draußen geleitet wird bekomme ich haarklein mit, was Herr S. täglich auf den Tisch bekommt, die Crème de la Crème der deutschen Hausmannskost, mindestens. So manches mal war ich schon versucht zu klingeln und mich ganz unverschämt selber zum Essen einzuladen. Gerade heute ist das wieder mal gemein, so gemein, hundsgemein, denn ich bin immer noch schachmatt, bekomme immer noch nichts runter außer Suppe und Pudding, und das auch nur sehr vorsichtig.

Hilft auch wenig, wenn man sich aus dem oberen Preissegment so Zeugs wie Hummercremesuppe aussucht, Dosenfraß macht keinen Spaß. Und wenn die Heilung weiter so "zügig" fortschreitet werde ich mir wohl noch einige der Dosen mit in die Firma nehmen müssen.
Hätte ich einen Job als Vorkoster, könnte ich mich wenigstens guten Gewissens krankschreiben lassen.

Freitag, 16. September 2011

Fehlt nur noch die Schnabeltasse
















Alter Falter, was tut mir die Schnauze weh. So ungefähr muss es sich anfühlen, wenn man als einsamer St.Pauli Fan einer Horde Rostocker Hools in die Arme gelaufen ist. Die Kauleiste schmerzt wie Hölle, überall neue Lücken, wo vorher noch Zähne waren und dann ständig dieser Geschmack von Blut im Mund, ätzend. Kein Wunder, dass Vampire aggressiv sind.
Wären irgendwelche Spacken für meinen Zustand verantwortlich, hätte ich wenigstens die Genugtuung denen ebenfalls ordentlich eingeschenkt zu haben, aber beim Kieferchirurgen wäre es wohl sinnlos auf Notwehr zu plädieren. So hab ich die Prozedur über mich ergehen lassen und verspüre jetzt 2 mal weniger Weisheit als zuvor und das tut weh. Wozu, zum Teufel, gibt es überhaupt Weisheitszähne, wenn der Homo Sapiens eigentlich darauf verzichten könnte?

Für das Wochenende hab ich vorgesorgt. Suppe, Suppe und Suppe. Vielleicht irgendwann Kartoffelpü mit Geschmack oder Pudding, wenn Suppe den Hunger nicht mehr zügeln kann. Aber momentan mag ich so etwas wie Nahrung nicht einmal denken  Stattdessen werde ich jetzt leidend auf die Couch kriechen und mir ein paar DVDs reinziehen.

Auf keinen Fall Komödien. Lachen ist ungesund.
Spätestens Montag werd ich mir ne Frikadelle pürieren.

Hilft leider auch nicht so wirklich gerade: Frank Zappa - The Grand Wazoo/Waka Jawaka

Dienstag, 13. September 2011

Luftpost
















Lagerplatz kostet nichts mehr und Porto war schon immer zu billig, anders kann ich mir solche Verpackungen nicht erklären. Bei Duftwässern ist man das gewohnt, der extravagant gestaltete Flakon mit den teuren 15 ml Inhalt muss schließlich aufwendig und sicher verpackt werden. Aber warum man einen USB Hub in eine Schachtel steckt, in der locker 30 von den Dingern Platz gefunden hätten, das will sich mir nicht so recht erschließen. 
Nur deshalb passte das blöde Ding nicht in meinen Briefkasten und ich musste es in der Filiale abholen. Das gibt Punktabzug.

Sonntag, 11. September 2011

Emotionale Achterbahnfahrt
















Vorher
Was war ich stinkig heute morgen, Sonntag ist Garantiertausschlaftag, das Letzte was ich da brauche, ist ein Wecker der um 10 Uhr klingelt. Geldautomat, Bäcker, Frühstück, alles sehr gehetzt und dazu traumhaftes Wetter, blauer Himmel, Sonne, man könnte sonstwas machen an diesem Tag, wenn man schon so früh auf den Beinen ist.
Aber was willste machen, man hat ja ein Fußballteam zu supporten, wie Thees Uhlmann auf seiner Soloscheibe singt. Wenn das in der zweiten Liga unterwegs ist, dann muss man sich an bescheuerte Anstoßzeiten gewöhnen, oder es lassen.

Wirklich gebessert hat sich meine Laune auf der Fahrt auch nicht, diese dämliche U-Bahn Baustelle geht mir auf den Zeiger, wenn man Hauptbahnhof umsteigen muss ist die Bahn brechend voll und mein Nebenmann roch wie das Innere einer alten Telefonzelle. Den ersten Bus hab ich verpasst, war viel zu spät dran und überhaupt...1860 München. Starker Gegner. Kein gutes Gefühl, seit Tagen schon. Im Kopf blöde Sätze wie: "Man kann auch ein Heimspiel mal verlieren."  Münchentrauma? Wer weiß.
Im Stadion kurzen Klönschnack am Bierstand, für das zweite Bier hats nicht mehr gereicht, Spiel ist wichtiger. Ein Fußballteam supporten.

Middendrin
Das erwies sich als nicht so einfach, obwohl unsere Jungs loslegten wie die Feuerwehr. Aber als die Anfangsoffensive nach 10 Minuten versiegte, konnte ich gerade noch die Südkurve vernehmen. Und während das Spiel so vor sich hin lief und mehr und mehr Chancen vergeben wurden, auf beiden Seiten, fielen mir die ganzen Sprüche über die Gegengerade ein. Die alten Kiffer, die in Ruhe Fußball gucken wollen. Oder dass die Gegengerade nur laut ist, wenn sie besoffen ist, also vorzugsweise zu Abendspielen. Und manchmal sind die auch berechtigt. Mir graut auch schon vor alkoholfreiem Bier gegen Rotzstock.
Nach 44 Minuten denkt man langsam an sein Pausengetränk und während ich noch mit mir hadere, senst Torre einen Münchner im Strafraum um, nur weil die vorher den scheiß Ball nicht richtig rausspielen.
Elfmeter, der talentierte Herr Lauth verwandelt gegen seinen alten Kumpel Tschauner, 0:1. Scheiße.

Halbzeitbier in rekordverdächtiger Zeit abgegriffen, Lunte geraucht und schoooon wieder diesen blöden Satz im Kopp gehabt. Und kaum ist die zweite Hälfte angepfiffen, kassieren wir das 0:2, durch ein saublödes Eigentor. Na, das kann ja was werden. Eins direkt vor und eins direkt nach der Halbzeit ist oft so ein moralischer Genickbruch. Was für ein Scheißtag.
Und auf einmal fangen die an zu spielen, München findet nicht mehr statt für die nächste halbe Stunde. Und auf einmal wird es laut. Und auf einmal schießen wir den Anschlusstreffer und es wird noch lauter und dann sind sie auf einmal alle wach.
Welcome to the Hell of Sankt Pauli. Erinnerungen an die letzten 20 Minuten gegen Duisburg werden wach, das Stadion ist da, die Mannschaft ist da und auf einmal steht es 3:2, das Spiel gedreht in nicht einmal 10 Minuten. Weil Ebbe wieder trifft, ich habs meinem Nebenmann noch prophezeit. Ebbers für Saglik, das wär die beste Lösung. Dafür hat er nach dem 4:2 von Kruse Bier geholt, was zu diesem Zeitpunkt dringend nötig war, man kann seine Stimmbänder durchaus auch in einer Halbzeit ruinieren. Man muss nur ein Fußballteam supporten.
Verpasst hat er nur zwei Chancen der Münchner, die mich nicht mehr aufregen konnten, wir haben auch die eine oder andere noch liegen lassen. Klar hätts auch 4:4 enden können, aber auch 6:2 mit etwas mehr Glück. Was für ein geiler Tag, da fällt einem doch sofort wieder ein, warum man sich um 10 aus dem Bett gequält hat. Man hat keine Wahl, St.Pauli ist die einzige Möglichkeit.

In diesen grandiosen 92 Minuten haben dann alle noch den richtigen Alkoholpegel erreicht, für gehobenen Blödsinn. Trainer interviewen, direkt vor der Gegengerade, wenn die mit dem Mann gerade die Welle machen will? Nicht möglich. Schubert hats dann irgendwann eingesehen, etwas halbherzig aber nur. Nicht zufriedenstellend, also weiterhin kein Interview. Die Mannschaft musste ihm dann tatsächlich zu Hilfe eilen und den Job übernehmen. Hätte er das gleich vernünftig über die Bühne gebracht wär schnell Ruhe gewesen, das wird er  noch lernen müssen. Jedenfalls, wenn die so weiterspielen.

Hinnerher
Ich wunder mich manchmal, was da an Kindern mitgenommen wird zu Spielen, ich muss mir den Familienblock direkt mal angucken. Die Deern vorm Stadion war allerhöchstens vier Jahre alt, also etwa wie die Prinzessin, die ich garantiert noch nicht für Stadionbesuche begeistern könnte. Dafür trug sie ein allerliebstes "Einfach mal glücklich sein" T-Shirt und da ich grad einfach mal glücklich war, musste ich unbedingt so etwas erstehen. Schnell mal telefonisch Größe erfragen und ab in den Fanshop.
Leider bin ich mit solchen Ideen immer zu spät, natürlich gibt es das nicht mehr. Dafür hat sie jetzt einen warmen Kapuzenpulli für die kommende Jahreszeit. Da sie schon länger unter dem Namen Pippi Piratentochter Langstrumpf unterwegs ist, ist sie für Kiezpiraten sicher auch eher zu begeistern.

Ich begeister mich gerade für Robbie Robertson - Contact From The Underworld of Redboy

Freitag, 9. September 2011

Für Nussallergiker nicht geeignet















Zum Essen eingeladen werden ist an und für sich schon eine feine Sache, wesentlich schöner ist es, wenn man sich auch noch das Restaurant aussuchen darf. Griechisch stand nach zwei Wochen Urlaub dort unten ganz sicher nicht zur Debatte, aber den Hauschinesen hatte ich in letzter Zeit zu oft besucht, als das der mich noch reizen könnte. Ich vertraute einfach mal auf meine Überredungskunst, denn mir stand der Sinn eher nach leckeren Speisen aus Indien, woran der Herr Wagner mal wieder nicht ganz unschuldig war, der mir mit der Beschreibung des besten Mango Lassi diesseits von Kalkutta den Mund wässrig zu machen wusste. Wobei die Worte "Mango Lassi" bei mir im Normalfall völlig reichen, auch wenn man sie schreibt wie einen berühmten Fernsehhund.
Außerdem benötigte ich dringend einen Ersatz für meinen alten indischen Lieferservice, der ein so köstliches Kashmiri Biryani in die Aluschale zu zaubern wusste, dass ich seither einfach keine Notwendigkeit mehr sah ein indisches Restaurant aufzusuchen. Leider hat ihn das nicht vor der Pleite retten können.

Die Speisekarte des Raj Mahal schien dem Abhilfe verschaffen zu können. Ein Scheitern meiner Überredungskunst wäre fatal gewesen, nach etlichen Tagen geistiger Vorbereitung hab ich einfach keinen Appetit mehr auf etwas anderes. Glücklicherweise musste ich mich nicht mal wirklich anstrengen, sieht man mal von der Suche nach einem Parkplatz in der Gegend ab.

Da ich mir die Ecke vor Tagen schon bei Streetview angesehen hatte (geistige Vorbereitung!) war ich vom äußeren Erscheinungsbild nicht sehr überrascht, vor zwei Jahren befand sich da noch ein Thai/China/Vietnam Restaurant, wahnsinnig viel verändert hat sich das nicht. Rustikal auch die Innenausstattung, die man so in jedem Schweinske findet, Holztische und Papiertischdecken, Stühle, Bänke, fertig.  Und völlig leer. Kein einziger Gast an einem Wochenendabend.

Das darf auf keinen Fall so bleiben. Alle hin da. Das Mango Lassi ist umwerfend, drei Stück hab ich geschafft. Leider ist es auch extrem gehaltvoll und sehr sättigend, was sich bei den aufgefahrenen Portionen bitter gerächt hat. Auf eine Vorspeise werde ich nächstes mal verzichten, auch wenn wir uns das Chicken Tikka geteilt haben, diese monströse Portion Chicken Biryani schaff ich nur, wenn ich den ganzen Tag gehungert habe. Und alles voll mit Nüssen und Mandeln, das trainiert enorm die Wangenmuskeln.

Training für die Hörmuskeln: The Wolfgang Press - Funky Little Demons

Mittwoch, 7. September 2011

Glückstag mit Wüstensöhnen














Auch Glückstage können ziemlich strapaziös sein, vor allem wenn man sein Glück erzwingen muss. Das ging um 8 Uhr morgens schon los, mit dem allwöchentlichen Heimspielkartenhotlineterror. Sage und schreibe 104 Minuten habe ich diesmal gebraucht um durchzukommen. Das ist eindeutig zu lang für Stehplatzkarten auf der Gegengerade, ich konnte gerade noch die letzte vorhandene GG-Karte gegen Düsseldorf erstehen, hoffentlich geht da nichts schief. Gegen Aue und Frankfurt muss ich in die ungewohnte Nordkurve ausweichen. Da stand ich zuletzt in der Regionalliga gegen Werder Bremen 2, aber besser Nord als völlig leer ausgegangen.

Um das Konzert von Tinariwen in der Fabrik sehen zu können musste ich das Glück wieder erzwingen, zuvorderst alles tun, um spätestens um 20 Uhr aus der Firma verschwinden zu können. Danach Gas geben. Eine Stunde bis Altona muss machbar sein, inklusive Halt am Geldautomaten.

Ersteres klappt normal nie. Wenn ich mir in der Woche etwas vornehme, dann geht irgendwas in die Grütze. Fast immer, Murphys Gesetz konnte ich selten außer Kraft setzen, daher plante ich die Pleite schon ein, doch heute war tatsächlich ein Glückstag. Die letzte Stunde hab ich mir gespart, die darf der Kollege morgen früh machen, und schon war ich weg. Eine Stunde bis Altona ist machbar, wenn man wenig Rücksicht auf die Straßenverkehrsordnung nimmt, ich habs in 50 Minuten geschafft und war pünktlich um 21 Uhr in der Fabrik, suchte mir ein nettes Plätzchen vor der Bühne und durfte mir noch locker ein Bier holen, weil die Söhne der Wüste auch nichts von Pünktlichkeit halten.

Dafür haben sie den Laden gerockt, noch besser als vor zwei Jahren, bis zur Ekstase. Und alles gespielt, was ich auf einer Best Of CD von Tinariwen  unterbringen würde. Schade, dass wieder nur etwa 150 Nasen in Hamburg sich für Wüstenrock aus Mali interessieren, dabei hätte es nach dem letzten grandiosen Konzert vor zwei Jahren genug Mundpropaganda geben müssen, um die Anzahl mindestens zu verdoppeln. Diese Musik ist wie geschaffen für das Publikum in Deutschland, man darf mitklatschen. Glücklicherweise geben die Jungs schon klatschend den Takt vor, man kann also nicht mal etwas falsch machen.
Dazu gibt es vor der Bühne immer hübsche Yallagirls, die sich geschmeidig zu der Musik bewegen und in die trällernden Jodler einfallen, auch dem Auge wird einiges geboten.

Einzig der Mensch vor mir nervte mit seinem unorthodoxen Tanzstil. Wenn man schon versucht so etwas wie Bauchtanz zu imitieren, dann bitte ohne um die Hüften gehängte Taschen und Jacken. So viel Wert auf dauernden Körperkontakt verspüre ich eigentlich nicht.

Es gibt zwei Möglichkeiten wie man so jemandem begegnet, wenn Missfallenskundgebungen nicht fruchten. Entweder man wird irgendwann handgreiflich, oder man lässt sich auf den Fuß treten, in der Hoffnung auf etwas mehr Rücksicht in der Folge. Da ich festes Schuhwerk trug entschied ich mich für die zweite Variante. 
Heute war eindeutig auch sein Glückstag.

Und hier läuft immer noch Tinariwen - Tassili


Montag, 5. September 2011

Stadtansichten: Außenalster














An diesem Wochenende hat sich wahrscheinlich halb Hamburg um die kleine Binnenalster versammelt, dicht gedrängt zwischen Fressbuden und Bierständen, beim jährlichen Alstervergnügen. Eine Veranstaltung, die ich meide wie der Teufel das Weihwasser, seit ich vor Jahren mit einem Verrückten aus Bayern und anderen Gästen den Gröningerstand leergesoffen habe. Aber das ist eine andere Geschichte.
Nachdem ich mich bisher auf meinen Fotoexkursionen in Stadtteilen herumgetrieben habe, die dem gemeinen Touristen normalerweise verschlossen bleiben, gibt es heute mal eine der Hauptattraktionen Hamburgs zu sehen, die Außenalster. Ein 1.64 km² großer See, mitten in der Stadt, an dem die Touristen meist in Bussen kurz vorbeigefahren werden. Genutzt von Ruderern, Kanuten, Seglern, Tretbootfahrern und Hunden, soweit es die Wasseroberfläche betrifft. Da die Uferbereiche fast vollständig der Öffentlichkeit zugänglich sind, kommen noch Sonnenanbeter, Griller, Spaziergänger, Jogger und Radfahrer dazu.
Eisesser, Biertrinker etc. versteht sich von selbst, wenn man bereit ist etwas höhere Preise zu bezahlen. So exorbitant hoch wie immer behauptet sind die aber auch nicht, deshalb nutze ich die Gegend gerne mal als Treffpunkt und konnte so das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden.

Und da gestern ein paar Getränken und längeren Gesprächen sehr viel Zeit geopfert wurde, habe ich den heutigen Nachmittag noch einmal für das rechte Ufer genutzt. Und dabei festgestellt, dass ich für einige Aufnahmen anderes Licht brauche. Frühmorgens-um-9-scheint-die-Sonne-bei-wolkenlosem-Himmel-Licht.
Ganz schlechte Voraussetzungen.

Sehr gute hingegen gerade Kettcar - Du und wieviel von deinen Freunden/Von Spatzen und Tauben