Sonntag, 28. Februar 2016
Heiter mit Aussicht auf Palettenberge
Eine golden strahlende Kugel am wolkenlos blauen Himmel lässt Licht und Wärme durch das Schlafzimmer fluten. An einem Sonntag! Heißa, das hamwa lange nich geseh'n. Dazu noch flockige sieben Grad plus auf der Celsiusskala, schon fast T-Shirt Temperatur, was könnte man da nicht alles machen. Sich irgendwo ans Wasser setzen und ein Käffchen trinken, anner Alster anner Elbe oder Bill. Mit der Kamera am Hafen entlang schlendern, ein Fischbrötchen in Nuggis Elbkate essen und anschließend mit der Fähre nach Finkenwerder fahren für ein rosa Pampelmuseneis zum Dessert.
Oder auf die Insel, sich durch den Urwald im Heuckenlock schlagen, im Sommer bei hohen Temperaturen sicherlich anstrengender und mit garantiert hohem Aufkommen diverser Stechmückenarten. Man könnte versuchen im Eppendorfer Moor den Zilpzalp vor die Linse zu bekommen, oder den Straußblütigen Gilbweiderich, falls der überhaupt schon straußblütet um diese Jahreszeit. Alternativ kann man natürlich auch aus dem Bürofenster gucken bis die rote Sonne hinter den Palettenstapeln versinkt. Nicht ganz so romantisch vielleicht wie auf Capri, aber wenigstens wird's bezahlt.
Und die Sonnenuntergänge hier sind echt ziemlich hübsch. Hätte ich schon längst mal fotografiert, würden diese Palettenstapel nicht so furchtbar stören.
Freitag, 26. Februar 2016
Rum
ist alles, was dabei rumkommen kann, wenn man sich auf einer Schnapsmesse rumtreibt, auf der viele Rumverkäufer rumstehen.
Fotos zum Rum: Nikon AF-S 50mm 1.8
Bier zum Rum: Hopper Bräu Heller Wahnsinn, Lager 5.0%
Musik zum Rum: 17 Hippies - Ifni / Sirba
Dienstag, 23. Februar 2016
Fraktalgemüse
Mathematische Vitamine? Hat es doch früher nicht gegeben so etwas. Wenn Muddi was gekocht hat, dann Blumenkohl, Kohlrabi, Erbsen und Möhren, Rot- Weiß- oder Rosenkohl, mit viel Pech Spinat, aber kann sich irgend jemand an so etwas wie Romanesco erinnern? Dieses seltsam grüne Spiralzeugs? Sieht schon völlig unnatürlich aus der Kram, das KANN überhaupt nicht gesund sein.
Wenn ich Mathematik essen will, dann allenfalls ein Mandelbrot.
Fraktalfotos: Tokina AT-X 2.8/100mm Makro
Fraktalbier: Von Freude Ale Primeur, 5.8%
Fraktalmusik: Fraktus - Welcome to the Internet
Sonntag, 21. Februar 2016
Deppenrunden
Vom Bett zum Tisch zum Stadion.. schon wieder. Auf dem Tisch immerhin als Grundlage fürs eiskalte Stadionbier eine große Portion Rührei mit Nordseekrabben, geschmacklich leider stark beeinträchtigt durch das darunterliegende Bauernbrot von Aldi, furchtbar dröge Kante. Mit Kaffee runterspülen, den Heimspielsiegschal gegriffen und ab zum Nahverkehr, heute ausnahmsweise mit Kleingeld.
Im Li- La- Lesebus kann man sich Bücher ausleihen. Oder einfach so mitnehmen. Möglicherweise auch eigene abstellen, wenn man sie nicht mehr braucht und gerade Platz ist. Ich könnte während der Fahrt mal gucken was Oliver Sacks erhellendes über Migräne schreibt, oder in einen noch nicht verfilmten Grisham reinlesen, falls es überhaupt noch nicht verfilmte Grishams gibt. Dafür ist die Fahrt jedoch zu kurz, nach wenigen Minuten schon ist die Endhaltestelle erreicht. WTF? Falsche Linie, verdammt, warum müssen die Dinger auch im Minutenabstand fahren, wer achtet auf die blöde Linie wenn die Zeit stimmt? Ein cleverer Busfahrer hätte vielleicht auch fragen können, ob man für drei Stationen wirklich eine Tageskarte lösen will. Und das ist nicht zu viel verlangt, so einen hatte ich schon mal. Muss ich halt die Deppenrunde drehen, ein Bus später ist Wochentags nicht tragisch.
Ha-ha-ha-es-vau, ein paar Vorstadtclowns haben eine Deppenrunde durchs Viertel gedreht und tatsächlich gewagt unser Wappen in ihren Farben zu bemalen. Welch ein Frevel, ich prangere das an. In Kunst gäbe es für so viel Kreativität ne glatte sechs. Von der Schmiererei ist eh nichts mehr zu sehen als ich am Stadion ankomme, das ist so schnell wieder braun-weiß gewesen wie die Stadt vor fünf Jahren, der Stachel sitzt wohl noch sehr tief. Aber schön, dass sich die Stellinger nicht auf reine Malerei beschränken, denn immer wenn sie versuchen etwas zu schreiben wird es erst richtig lustig.
Stromsparmaßnahmen am Millerntor, kein Licht im oberen Stockwerk der Gegengerade. Die Nasen die mir von dort oben zuwinken erkenne ich auch so. Der Dartmeister pantomimt mir ein "sollichdirnbierbesorgen" zu, aber ich winke ab, so viel kaltes Bier bei diesen Temperaturen brauche ich nicht noch mal. Die Veteranenprognosen kommen kaum über ein mickriges 1:0 hinaus, womit ich durchaus leben könnte. Das wird bestimmt ein zähes Spiel, weil wir es selber aufziehen müssen. Auf dem Weg zum Platz läuft mir Kleiner Tod über den Weg, der sich mit Kaffee versorgt hat. Mit Baileys. Bei uns gibt es Kaffee mit Baileys? Vielleicht sollte ich zukünftig das Frühstück ans Millerntor verlegen, den Kuchen hab ich auch noch nie probiert..
Astra! Was dagegen? Ähh.. ja. Mein Bloggerkollege ist ebenfalls der Meinung, dass sich da unbedingt etwas dran ändern sollte und gemeinsam halten wir Ratsherrn für eine super Alternative, am besten mit mehreren Sorten. Pils, Pale und eine saisonabhängige dritte Sorte, wie gerade den Senatsbock, der im letzten Jahr sogar noch besser geschmeckt haben soll.
Hach ja, und alles frisch vom Fass..
So realistisch wie der Europacupsieg, aber davon träumt man ja auch ab und zu. Ich hol mir ein kaltes realistisches Astra. Eins pro Halbzeit geht.
Pyrotechnik ist kein Verbrechen, schon überhaupt gar nicht, wenn sie so geschickt eingesetzt wird. Die Südkurve beleuchtet den Weg aus dunklen Zeiten mit einem schönen Feuerwerk auf dem Südkurvenvorplatz, was zwar mit Sicherheit auch nicht legal ist, aber mit Sicherheit auch außerhalb der Zuständigkeit des DFB. Kann man mal machen. Macht auch gleich mächtig Stimmung in der Hütte zum
Anpfiff. Määäächtig Stimmung. Freistoß vor unserem Sechzehner und den Kopfball an die Latte gesetzt, danach dürfen sich gleich zwei Frankfurter mit Fallrückzieherversuchen am trudelnden Ball probieren, bevor das Ding endlich außerhalb der Gefahrenzone ist. Nach einer Minute schon der Wachmacher, aber auf der falschen Seite."Mir reicht es völlig wenn wir in der 89. Minute das 1:0 machen" sagt mein Nachbar, aber wenn die Jungs weiter so schlafen werden bis dahin schon ein paar Tore fallen, das war knapp genug.
Wird schon schwer werden durch deren Defensive zu kommen. Am besten macht das Himmelmann mit einem langen Ball auf Lasse, der legt ab in die Mitte auf Ratsche, Drehung, Schuss, drin. 1:0 und alle so: Woohoo! Freu! Feier! Sing! High Five! Umarm! Prost! Hinsetz! Doofguck! 1:1.
Daskanndochallesnichwahrsein. Man hat sich noch gar nicht zu Ende gefreut, da lassen die zwei Frankfurter Doppelpasspingpong spielen, ein einziges hin und her zwischen unseren Abwehrreihen und der letzte macht das Licht aus: Peng! Ausgleich. "Naja, Ausgleich," sagt mein Nachbar "also quasi noch nichts passiert bis jetzt." Sollte aber! Jetzt, Lennyyyyyyyyy! Pfosten, verdammt! Das wäre eine schnelle Antwort gewesen und hätte den angenehmen Abstand wiederhergestellt. Damit sollte der Ausgleichsschock überwunden sein. Frankfurt hat nach zwanzig Minuten einen Ausfall zu beklagen, nach längerer Behandlungszeit kommt sogar die Trage zum Einsatz.
Geschwächt wirken sie dadurch keineswegs, just als das Spiel zu verflachen droht und unsere Angriffsbemühungen etwas erlahmen, nagelt Perdedaj aus gut dreißig Metern einen Ball an die Latte. Aaaaaahhh! Abpraller! Der kommt zurück und den schnellsten Schalter im Kopf hat leider Schahin. 1: 2, verdammte Hacke.
Das bringt die Jungs scheinbar völlig aus dem Konzept, unsere hochgelobte Defensive gerät völlig ins Schwimmen, immer wieder ist es die Nummer 20, die unsere Abwehr vor große Probleme stellt. Wer zum Teufel ist Awoniyi, wo haben die den her und warum können wir so einen nicht auch mal finden? Haben sich andere wahrscheinlich auch mal bei Himmelmann gefragt, der Awoniyis Chancen fast im Alleingang entschärft. Das ähnelt langsam dem Spiel gegen Freiburg, wo uns Kampf, Glück und Himmelmann geholfen haben, hier muss nur mehr Kampf her sonst wird das nichts. Und mehr Tempo, wenn ich Alushi in der Offensive sehe krieg ich Kopfschmerzen, der wird so mühelos abgelaufen, das ist echt schlimm anzusehen. Lenny hat kurz vor der Halbzeit noch einen auf dem Fuß, doch auch der Frankfurter Keeper passt auf.
Das Halbzeitbier hole ich mir in der Nachspielzeit und bin zum Halbzeitpfiff wieder auf dem Platz, hier oben braucht man definitiv keinen Beerjet. Trotz der zwischenzeitlich ansteigenden Geräuschkulisse habe ich nichts verpasst, wir haben nur wieder ein paar unserer inzwischen gefühlt zwanzig Ecken versemmelt. Viel zu knipsen gibt es heute nicht, weder auf dem Rasen noch auf den Rängen, bleibt mehr Zeit für das Halbzeitfazit. Schlechte Aussichten für den Rest des Spiels, denn der Nachbar hat heute seinen Sohn mitgebracht und "immer wenn ich da bin verlieren wir."
"Dann wissen wir ja wie wir das in Zukunft vermeiden können" grins ich ihn an, aber noch haben wir 45 Minuten um das Spiel zu drehen, wir brauchen ja "nur" zwei Tore sagt der Nachbar. Nur, wer soll die machen? Vielleicht kommt ja Fafagoal und macht das Spiel seines Lebens oder Dudziak feiert seinen Durchbruch. Wahrscheinlich dauert das aber noch ein paar Jahre und der Durchbruch ist bei nem anderen Verein, wir haben irgendwie ein Talent für Spätentwickler im Sturm.
Zweite Hälfte. Kein Wechsel bei uns? Dann hoffentlich eine längere Ansprache in der Kabine. Nutzt alles nix, der Awoniyi ist wieder unterwegs, aber abgepfiffen nach Foul an Ziereis, der unheimliche Mühe hat mit dem Frankfurter. Dabei hat Daggi ihn heute als Abwehrbollwerk oder so etwas angekündigt, das sollte sie mal lieber lassen, bringt irgendwie kein Glück. Das andere Abwehrbollwerk ist wenig später bei einer Frankfurter Ecke ebenfalls überfordert, nicht einmal zehn Minuten gespielt und es steht 1:3. Was für ein Kacktag. Das wird im Leben nix mehr heute.
Ein paar Minuten später wechselt Ewald endlich, Dudziak und Verhoek kommen für Buchti und Nehrig. Ist nicht gerade mein Traumwechsel, aber außer Himmelmann ist heute jeder so weit von seiner Normalform entfernt, dass es fast egal ist wer kommt oder geht. Ich hätte gerne jemanden für Alushi auf dem Platz, einen der besser Freistöße schießen kann, der sie zumindest aufs Tor bringt und nicht weit drüber. Wenn wir schon mal solche Standards kriegen. Wenn wir überhaupt mal halbwegs nach vorne kommen, ohne in einen Konter zu laufen. Wir sind zu ideenlos, also alles wie immer gegen tief stehende und gut verteidigende Mannschaften und Frankfurt macht das sehr geschickt. Choi darf dann für Waldi aufs Feld, der heute in der Defensive auffälligere Aktionen hatte, offensiv sind mir keine aufgefallen. Enis darf also weiter ratlos nach vorne schauen und sich den Unglücksraben ausgucken, der den Ball dann wieder verlieren wird.
Beim Blick auf die Anzeigetafel wundere ich mich manchmal dass es nur 1:3 steht, so wie unsere Jungs da unten rumdödeln ist das beinahe schon schmeichelhaft. Der Support ist größtenteils erlahmt, wir können noch drei Stunden spielen ohne das Tor zu treffen. Da eiert das Ding tatsächlich mal unbegleitet durch den Frankfurter Strafraum und dann ballert Hornschuh die Pille mit zehn Meter Anlauf gute zehn Meter über das Tor. War schon im Ansatz zu erkennen, noch zehn Meter mehr Anlauf und er hätte es übers Stadiondach geschafft. Grau-en-haft und der Schiri kennt keine Gnade, glatte drei Minuten Nachspielzeit. Mit Ecke für uns. Abermals harmlos und in die Wolken. Und noch ne Ecke. Ich kann keine Ecken mehr sehen, pfeif ab. Und Schluss.
Endlich! "Endlich wissen wir, das wir keine Spitzenmannschaft sind" sagt jemand. Muss ironisch gemeint sein, hat das überhaupt mal jemand behauptet? Oder auch nur vermutet? Hoffentlich gewinnt Nürnberg am Montag in Düsseldorf, dann sind die 4 Punkte weg und dieses dämliche Aufstiegsgefasel hört endlich auf. Solange wir solche Spiele abliefern werden wir noch ein paar Deppenrunden drehen müssen in der zweiten Liga.
Deppenrundenfotos: Gegengerade Millerntor
Deppenrundenbier: Von Freude Frischhopfenbier, 7.0%
Deppenrundenmusik: Kasbah Rockers with Bill Laswell - Kasbah Rockers (2008)
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Standort:
St. Pauli, Hamburg, Deutschland
Sonntag, 14. Februar 2016
Dosen auf Kaperfahrt: Abgesoffen
Vom Bett zum Tisch zum Stadion. Ein Gefühl wie Samstagmittagsfußball wenn man aus der Nachtschicht kommt, weniger Licht bekommt man auch als Maulwurf nicht. Und ewig diese Diskussionen mit dem Busfahrer, wenn eine Tageskarte 6.20 kostet, dann muss man die auch mal mit 'nem Zwanni bezahlen können. Mir ist eh schon nicht gut, übermüdet, erkältet, außer Kaffee und Labbertoast nur ein leicht kotziges Gefühl im Magen und dann auch noch den Brauseverein vor der Nase. Einen besseren Start ins Wochenende kann man sich gar nicht ausdenken.
Auf Kaperfahrt wollen die sein, das Millerntor entern oder so, sagt jedenfalls ihre Homepage. Im schicken Faschingspiratenkostüm ein Piratenschiff versenken. So einen Blödsinn kriege ich gerade noch mit im Internet, aber das Tippspiel im Forum wieder gnadenlos verpennt. Bei meinem Fachverstand macht das eh keinen großen Unterschied, wahrscheinlich hätte ich auf einen 1:0 Heimsieg getippt, dabei glaube ich selber nicht dran. Die haben wir jetzt zweimal geschlagen, ein drittes Mal wird das sicher nicht passieren. Kann mir jemand ein Unentschieden garantieren? Dann kehr ich um und geh wieder ins Bett.
Die Dumpfbackenpresse hat im Vorwege mal wieder ein paar Aufhänger
Zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust gab es vom Fanladen eine ganze Reihe an Veranstaltungen und zum ersten Heimspiel des Jahres ein Sondertrikot, mit dem die Jungs heute auflaufen werden. Der Sponsor hat auf die Brust verzichtet, auf der nun in großen Lettern "Kein Fussball den Faschisten" prangt. Ich fand das Auswärtstrikot schon immer ganz schick, aber mit dem Spruch drauf ist das der Hammer. Hätte es auch nur die geringste Chance auf nur ein einziges Trikot in meiner Größe gegeben, ich wäre zwei Stunden eher losgefahren. So überlasse ich den Kampf um die zweihundert Teile denen, die das hoffentlich tragen werden. Für den Schrank wäre das zu schade.
Scheiße kalt ist es auf dem Heiligengeistfeld, wozu hab ich eigentlich eine Winterjacke? Zehn Meter vor mir trottet der Dartmeister in Richtung Gegengerade, ich bin nur zu kaputt um meine Schritte zu beschleunigen und rumbrüllen mag ich auch grad nicht. Bevor er in der Menge verschwindet kann ich ihn abfangen und kriege ein Sitzplatzangebot für Block 2, der Skipper ist krank und kommt nicht. Stehen allerdings auch noch ein paar Kartensucher herum, die nach echten Kartensuchern aussehen und mehr Leute = mehr Lärm. Am Ende machen wir jemanden glücklich, der für ein Bier mit ins Stadion kommt und so seinen Kumpel auf die Stehränge begleiten kann.
Keiner legt sich fest. Alles Feiglinge, ich auch. Drei Punkte wären super, ein Unentschieden völlig okay und eine Niederlage auch nicht so schlimm. Was für 'ne Einstellung. Gegen die Dosen in der zweiten Liga spielen zu müssen ist schon fast so wie gegen Bayern in der ersten, so wirklich viel ausrechnen kann man sich da nichts. Außerdem macht mir Ewald immer Angst mit seinen Pressekonferenzen, wenn er erklärt wie stark die sind und was die alles toll können und warum die nur an wirklich guten Tagen zu schlagen sind und das wir alles raushauen müssen. Momentan muss ich schon alles raushauen um das eiskalte Bier über die Lippen zu kriegen und ich hab so viel davon..
Nazis raus? Keine da. Vor dem Spiel verlesen Oke und ein Dosenmann eine gemeinsame Erklärung der beiden Vereine, gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Rechtsextremismus und dieses ganze andere ekelhafte Zeug. Find ich ja wieder gut, dass sich Leipzig daran beteiligt. Auch gut, dass man wenigstens bei den Leipzigern nicht mit einer reisenden Faschomeute rechnen muss. Bevor ich mich entscheiden kann, wie viele Sympathiepunkte das auf der Ekelbrauseskala sind, werden die hoffentlich in der ersten Liga spielen, dann muss ich mir da keine Gedanken mehr drum machen.
Immer noch keine Hymne die man den Gästen vorspielen könnte. Gott sei Dank. Rainer erzählt irgendwas vom Thomanerchor und ich rechne schon mit dem Schlimmsten, war aber wohl nur ein gut gemeinter Vorschlag. Die Lautsprecheranlage ist heute wieder derart bescheiden, kann man nicht einmal einen findigen Tontechniker beauftragen der das Ding einregelt und danach die Regler verlötet? Irgendwer muss da doch laufend dran rumspielen, wenn es schon besser war.
Noch ein Bier zur Aufstellung gibt es auf meinem Platz, für den dritten Becherhalter. Wieso gibt es eigentlich immer dann Freibier, wenn man gerade seine liebe Mühe hat mit dem Zeugs? Im Hochsommer, bei 30° im Schatten, da denkt wieder keiner dran. Ach nee, Hochsommer, da ist ja kein Fußball. Die Elf von Reich-Rangnicky muss ohne Marcel Halstenberg auskommen. Yessss, der kann schon mal nicht gegen uns treffen, ist auch so genug Geld auf dem Platz das Tore schießen kann, allen voran Forsberg und Poulsen. Ewalds Elf ist unverändert, die Mannschaft die in Fürth gewonnen hat soll es auch zu Hause richten.
Was ist das laut hier! Alle Bock auf Fußball? Entzugssyndrom gehabt? Stimme zu lange geschont? Beim Herz von Sankt Pauli muss jemand den Lautstärkeregler gewaltig nach oben gedreht haben, dafür sind die Boxen nicht ausgelegt *kkrcchhhhzzz*. Es ist auch völlig unnötig, wir singen doch lauter und die letzten Strophen eh besser alleine. Auf der Süd kommt die Blockfahne heute frisch aus der Mikrowelle, oder sehen moderne Nähmaschinen inzwischen so aus? Flutlicht, Hells Bells, Konfetti und endlich wieder Fußball.
Fußball (erste Hälfte) flotter Beginn, wir verstecken uns nicht, haben gute Offensivaktionen, schnelle Konter, Buchti und Buballa über die linke Seite, zurück auf Ratsche und zack, 1:0 und alle so: Woohoo! Nach gerade einmal acht Minuten die Führung, ich glaubs ja nich. Wie geil ist das denn bidde, damit hab ich ja NIE gerechnet. Wenn Leipzig in Ballbesitz ist ziehen wir uns komplett zurück und in den ersten zwanzig Minuten fällt den Leipzigern nicht viel ein dazu, doch langsam aber sicher wird es eng. Himmel! Mann! Himmelmann! Mit dem Fuß gezuckt wie ein Handballwolf, eine Minute später ist es der Pfosten der rettet, es wird eng. Vor allem, weil die Entlastungsangriffe langsam versiegen und Leipzig immer mehr Druck aufbaut, das kann auf Dauer niemals gut gehen. Dann wird auch noch Ratsche an der Seitenlinie behandelt während die Dosen im Ballbesitz sind. Macht hinne da unten, der ist wichtig! Das ist der letzte Balleroberer! Der muss auf den Rasen! Und dann müssen erst alle pfeifen bevor der Schiri was merkt, maaan ey.
Leipzig rennt sich immer wieder fest. Kein Durchkommen durch unsere beiden Sechserketten, aber meine Nerven, denkt denn niemand an meine Nerven? Wenigstens ist Feuer unterm Dach, die Mannschaft kriegt von den Rängen die volle Unterstützung, das ist echt mal wieder Millernroar heute, ein Wunder dass meine angeschlagenen Stimmbänder das klaglos mitmachen, muss am eiskalten Astra liegen, das betäubt.
"Wir brauchen noch ein Tor" sag ich. "Mindestens eins." Die Nachbarschaft ist geneigt mir zuzustimmen, man weiß nur nicht genau wer es richten soll, wenn doch niemand mehr in der gegnerischen Hälfte steht. Andererseits müssen die auch erst mal treffen gegen Himmel! Mann! Himmelmann! Mit den Fäusten, mit dem Fuß, und daneben, und Himmelmann. Und daneben. Und wieder Himmelmann. The Skyman is the Limit, aber das kann NIEMALS gut gehen auf Dauer.
Höchstens bis zur
Halbzeit. Uff. Alle mal den Schweiß vonner Stirn wischen. Was für ein Kick, hoffentlich fällt uns in der zweiten Hälfte mehr ein als Catenaccio im Quadrat, auch wenn das bisher aufgegangen ist. Der Becher ist noch halb voll, das reicht für heute. Pausensportzigarette, Klönschnack mit den Nachbarn und Tapeten knipsen. Alles türkisch und italienisch heute, nix versteh außer der GAS Tapete, bei der mir doch glatt die ersten Aufnahmen verwackeln. Mit unkontrollierten Zuckungen kommt der Verwackelungsschutz nicht klar. Kann man natürlich höchst albern finden, aber ich bin für höchst alberne Sachen durchaus empfänglich.
Fußball (zweite Hälfte) fängt nicht ganz so schlimm an wie die erste aufgehört hat, wir sind tatsächlich wieder mal vor dem gegnerischen Kasten aufgetaucht und fast erfolgreich, wenn die nicht auch einen Torwart hätten. Die Erholungsphase ist jedoch nur von kurzer Dauer, dann ist Leipzig wieder am Drücker. Ähnlich erfolglos wie in der ersten Hälfte, immer ist ein Fuß dazwischen, es gibt kaum Durchkommen und wenn dann gibt es Himmelmann. Die Uhr sagt 60. Minute. "Scheiß lange halbe Stunde noch" sag ich und während der Nachbar meinen Bierbecher freundlicherweise wieder etwas auffüllt verpassen wir beide fast ein Tor, weil es nur fast ein Tor war, aber der kollektive Aufschrei der restlichen 29.544 Zuschauer ist nicht zu überhören. Mist, ich hätte auch gerne ein Tor nicht gesehen, wenn es eins gewesen wäre. Zweinull hat so was beruhigendes.
Reich-Rangnicky wechselt gleich zwei Mann aus, Selke kommt und Mirwurschtwernoch, wahrscheinlich alles Stürmer und jetzt Brechstange. Die erste Brechstange kommt von Forsberg, ein Hammer aus höchstens zehn Metern Torentfernung in die magnetischen Handschuhe von Robin Himmelmann, die den Ball förmlich ansaugen und festhalten, was zu frenetischen Beifallskundgebungen und ersten Himmelmannrufen führt. Langsam aber sicher muss das frustrierend sein für die Leipziger, bei denen trotz hoher spielerischer Qualität auch nicht alles klappt. Kann ja auch gar nicht, so wie unsere Jungs sich in jeden Ball werfen.
Im Gegensatz zur ersten Hälfte kommen wir so auch mal etwas raus, es gibt sogar Ecken für uns. Jede Minute die weit weg ist von unserem Tor ist eine Erholung. Poulsen volley, daneben. Andere Seite Nehrig volley, BAM: Latte! Aaaahhh das wärs gewesen verdammt, ein paar sch.. Zentimeter.
Ewald holt Alushi runter und bringt Dudziak, der Enis ist auch durch glaub ich. Alter Falter, das ist echt ne Abwehrschlacht da unten, sowas hamma lange nich gesehn. Die müssen alle ziemlich durch sein, so wie die geackert haben in diesem Spiel. Guckstu Uhr, zehn Minuten noch. 80. Minute. Plus Nachspielzeit. Leipzig wechselt. Ewald wechselt. Fafa für Waldi. Nach noch mehr Defensive sieht das nicht aus, aber noch mehr geht eigentlich auch nicht. Und dann kann Fafa den Deckel draufmachen, ist eigentlich schon vorbei und zögert dann doch zu lang, setzt den Ball an den Pfosten und dann drüber. Gnnnnaaaaaa das wäre die Entscheidung gewesen verdammt. Aber die Uhr tickt und sie tickt für uns, die Jungs spielen ihre Konter schon in Zeitlupe, tick tack, tick tack, Nachspielzeit und: Abpfiff! 1:0 beim Dosenwerfen! Was für ein Wahnsinnskick, mit Klauen und Zähnen verteidigt, mit Hängen und Würgen über die Zeit gebracht, aber so dermaßen geil gekämpft, dass es letztlich doch irgendwie verdient ist. Brausepiraten sollten vielleicht doch erst einmal mit Koggen üben wenn sie auf Kaperfahrt gehen.
Kaperfahrerfotos. Gegengerade Millerntor, Südkurventapeten, Feierbiester
Kaperfahrerbier: Kehrwieder SHIPA, Hallertau Blanc, 7.5%
Kaperfahrermusik: Derek Trucks Band - Joyful Noise/Songlines/Roadsongs
Standort:
St. Pauli, Hamburg, Deutschland
Montag, 8. Februar 2016
Eine wahrhaft spirituelle Messe
"Hallo Spätschicht" grüßt mich eine SMS vom Hawk in der letzten Woche, "am 6.2. ist Hansespirit!" Ahja, die habe ich im letzten Jahr schon verpasst und im Jahr davor, aber hinterher die wundertollsten Geschichten gehört, was es da so alles gibt. Da könnte man für ein paar Euro Single Malts probieren, die man sich im Leben sonst niemals nicht leisten würde - und wenn man ganz viel Pech hat überzieht man danach sein Konto. Das mache ich nicht mit! Konsumterror! Oder doch?
Doch. Gucken kann man ja mal. Zum Beispiel ob es einen Rum gibt, der noch besser schmeckt als der Botucal Reserva Exclusiva. Da sich von fünf Leuten gleich drei um flüssiges Zuckerrohr kümmern wollen erhöht das die Chancen etwas passendes zu finden, der Rest ist immer noch auf Malz und Torf. Davon steht allerdings inzwischen so viel im Schrank, dass ich selber ein gepflegtes Tasting abhalten könnte.
Für fünfzehn Euro wird der Eintritt gewährt, dazu gibt es ein Probierglas und ein Festivalbändchen, welches vom freundlichen Kontrolleur höchstpersönlich am Handgelenk befestigt wird, wenn man selber dazu keine Lust hat. So geht Service, Freunde!
Erstmal rumlaufen, dann Rum saufen. Bei so einem großen Angebot an spirituellen Spezereien ist Information alles. Freunde des gepflegten Schädels können unter unzähligen Wodkasorten wählen, Premium, High Premium, Ultra Premium oder die gleich doppelt so teure Luxusvariante aus Skandinavien, alles voll edel. Die Moldawier liefern zu ihrem Firestarter gleich den passenden Löscher mit, ein garantierter Blickfang in jeder Dorfbar von Himmelpforten bis zum Kaukasus. Der Andrang hält sich dennoch in Grenzen, probieren will das trotz viel Premiumgedöns scheinbar niemand.
Selbstverständlich gibt es auch deutschen Wodka (edel!), deutschen Gin (edel!) und deutschen Single Malt (!), aus dem Schwarzwald, mit dem sinnigen Namen Black Forest, auch als Creamlikörchen zu haben. Verantwortlich dafür ist die Rothaus Brauerei, die zwar "since 1791" existiert, den Whisky aber erst seit 2006 destilliert, was den Spaß überschaubar macht für Menschen die auf 18 Jahre Sherryfasslagerung stehen. Der Schwarzwald ist möglicherweise vergleichbar mit Sauerländer Höhlenwhisky und höchstwahrscheinlich einige Klassen besser als Schlacke Hauchzart, aber dafür simma ja nich hier.
Bei dem Überangebot an Whiskys wüsste ich auch überhaupt nicht mehr wo ich anfangen soll. Man könnte aus lauter Sympathie mit Drogenopfern mal den offiziellen Bandwhisky der Pogues verkosten, oder sind das vergeudete Gehirnzellen? Und wie viele verdammte Täler gibt es in den Highlands eigentlich? Ich habe an die 500 Flaschen Whisky im Regal, aber von der Hälfte der ganzen "Glens" hier habe ich noch nie etwas gehört, wahrscheinlich buddeln die in Schottland immer noch.
Einen 1988er Auchentoshan, 25 Jahre mit Finish im Weinfass, könnte ich für nur 10 Euronen probieren, für eine Flasche müsste ich auf jeglichen Luxus im nächsten Urlaub verzichten. Den Auchentoshan den ich kenne finde ich aber auch schon ganz gut und der zwingt mich nicht zu Sparmaßnahmen. Für 30 Euro bekommt man entweder einen halben Liter Nikka from the Barrel (die Japaner sind ja schwer im Kommen bei Whisky, auch ohne viel Glens) - oder einen Dram Glenfarclas 1966 Fino Sherry Cask, der mich möglicherweise völlig aus den Socken hauen würde, aber wer bitte verzichtet für eine Flasche davon auf seinen kompletten Jahresurlaub?
Bei der ganzen Rumsucherei stößt man aber immer mehr auf flüssiges Zuckerrohr und statt Glens auf karibische Inseln. Manchmal auch auf ausgesprochenen Blödsinn, wie weißen Rum aus Afrika, den man am besten mit farbloser Cola aus Berlin genießen soll. Trotzdem natürlich ein schickes Design und garantiert der Blickfang in jeder Bar von Berlin bis Botafogo. Die Zeiten in denen Rum nur etwas für Hein Mück sien Grog war sind jedenfalls lange vorbei.
Nach den ersten flüssigen Lockerungsübungen inklusive gegenseitiger Glasschnüffelei fällt es kaum noch auf, dass wir uns in den öden Messehallen befinden. Ganz besonders die belagerten Rumspezialisten mit ihren geschickt illuminierten Ständen schaffen so etwas wie Atmosphäre, solange man nicht nach oben guckt. Auf einer fotografischen Soloexkursion entdecke ich den Händler meiner Lieblingssorte, der eigentlich keinen Rum ausschenkt weil das der Kollege am anderen Ende macht, aber da ohnehin gerade etwas offen ist darf ich die weitere Runde mit Don Papa bestreiten. Eine Aromabombe, flüssiger Honig mit Orangen und Vanille und keine Ahnung was noch alles. Intensiv wie Parfum, riecht und schmeckt nur besser.
Orangenmandarinenvanillehonigrum, fast fantastisch, nur etwas viel von allem. Das Glas riecht auch völlig ausgetrocknet noch derart intensiv nach Don Papa, dass ein Spülgang mit Mineralwasser möglicherweise nicht mehr reicht. Glücklicherweise bekomme ich beim Plantationstand anstandslos ein ganz frisches im Tausch, dazu ein Dram Plantation Single Cask aus dem Eisweinfass, auch der ist fast fantastisch, aber immer noch nicht ganz das, was mir vorschwebt. Gott sei Dank gibt es ja Fachleute wie den Plantationmann, der sich meine Vorstellungen geduldig anhört, weise nickt und das inzwischen wieder gespülte Glas mit flüssigem Dunkelgold füllt.
Hmmm, der ist ziemlich lecker, trotz der kräftigen Banane. Bananevanille! Ist das die 20th Anniversary Edition? Der Plantationmann bejaht und jetzt weiß ich warum mir der so bekannt vorkommt, der steht zu Hause im Schrank. Schon wieder ein paar Hirnzellen umsonst geopfert, auch hier finde ich nicht was ich suche.
Hawk sucht sogar in völlig abstrusen Regionen, wodurch ich jetzt weiß, dass auch Rum für knapp 300 Euro nicht unbedingt spirituelle Erleuchtung bringen muss. Kann man mal machen, der große Knalleffekt bleibt allerdings aus. Den verschafft mir Herr G. erst eine Weile später, als er mir ein Glas unter die Nase hält aus dem ein ganz und gar verführerischer Duft strömt. Da könnte ich mich dran festriechen. "Schütt runter," grinst er mich an "nicht lange nachdenken. Ist nur noch eine Flasche von da."
Die habe ich dann auch noch bekommen. Ich drängle mich eigentlich ungerne vor, aber in spirituellen Notfällen kann man auch das mal machen.
Spirituelle Fotos: Kompaktkipsendokumentation, Hanse-Spirit, Messehallen Hamburg
Spirituelles Bier: Hamburger Senatsbock, 7.7%, Ratsherrn Brauerei (legger!)
Spirituelle Musik: Peter Gabriel - Secret World Live
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Standort:
St. Pauli, Hamburg, Deutschland
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