Sonntag, 28. September 2025

Bittere Pillen

 









 

Nachdem mein bisher von der Mannschaft so wunderbar befeuerter Optimismus gegen Stuttgart einen kleinen Dämpfer bekam, rechne ich nicht ernsthaft mit einem Sieg gegen die Werkself. Ein Punktgewinn allerdings sollte möglich sein, so wie gegen den anderen Championsleagueteilnehmer. Schließlich muss auch Leverkusen hochkarätiges Personal erst einmal ersetzen, ohne Wirtz vielleicht etwas einfacher für uns, auch wenn sie natürlich immer noch viel individuelle Qualität haben. Und viel Pillengeld, das diese bezahlt.

Davon sieht man allerdings in den Anfangsminuten nicht viel, denn die Boys in Brown legen los wie die Feuerwehr. Aggressives Anlaufen ist angesagt, Balleroberung, Torchancen – die erste nach zwei Minuten schon. Wasisthierlos? Mein Sitznachbar unkt schon herum und schätzt, dass die Anfangsenergie nach etwa drei Minuten verpufft sei und Leverkusen dann am Spiel teilnehmen würde. Doch der gute Mann irrt gewaltig. Wir sind über 25 Minuten die aktivere und bessere Mannschaft mit den klareren Möglichkeiten, die wir wie üblich nicht nutzen. Was sich – ebenfalls wie üblich – rächt: durch ein 0:1 aus dem Nichts, wie man so schön floskelt.

Einmal den brillanten alten Fußballertrick „Hau wech das Ding“ nicht vernünftig ausgeführt – und schon liegt man hinten. Das ist zu diesem Zeitpunkt eine völlig unverdiente Führung, und ich hasse unverdiente Führungen, besonders die von Gegnern mit hoher individueller Qualität. Den aufsteigenden Groll kompensiere ich einfach durch noch lauteres Gebrüll, das sieben Minuten später mit einem erlösenden Wuhuusong2 finalisiert wird.

Hauke! Wahl! Mit einem beinahe artistischen Fin-Bartels-Gedächtnistor. Neben Niko und Manos schon seit längerer Zeit ein Spieler, von dem ich mir ein Trikot kaufen würde – wenn ich Trikots kaufen würde. Volle Gönnung! Wenn Lieblingsspieler ein Tor machen, freut man sich ja immer noch ein bisschen mehr. Manos wäre mal wieder dran, finde ich. Der geht so schön ab, wenn er trifft.

Die Chance dazu gibt es in der zweiten Halbzeit: ein typisch kackiger Saliakas-Volley. Der hätte perfekt gepasst, aber leider steht der Torwart im Weg. Auf der Gegenseite fällt das 1:2 dann wieder viel zu einfach, wie so ein programmierter Move auf der Playstation. Man kann das Elend schon im Ansatz erkennen – und es bleibt nur, die verhängnisvollen Ballstafetten mit entsetztem Blick zu verfolgen, bis die Kugel im Netz zappelt. Doppelpass, Steilpass, Torschuss, drin.

Dreißig Minuten Zeit, das Spiel zu drehen oder wenigstens einen Punkt zu retten. Dreißig Minuten vergeblicher Bemühungen. Dreißig Minuten, in denen mein Nachbar wieder lauthals erklärt, dass er Schiedsrichter im Allgemeinen, aber diesen hier ganz besonders, nicht ausstehen kann. Wie fast immer muss ich dem Mann beipflichten, denn ich habe mal gelesen, bei Torhütern werde inzwischen besonders auf Zeitspiel geachtet.

Herr Petersen scheint das überlesen zu haben. Denn was Flekken da im Tor der Pillendreher macht, ist dermaßen provokant lahmarschig, dass einfach eine Reaktion erfolgen muss, wenn ich als Schiri noch halbwegs ernst genommen werden will. Da die weiterhin ausbleibt, rechne ich mit mindestens zehn Minuten Nachspielzeit.

Es werden offiziell geradezu lächerliche sechs Minuten – aus denen dann doch wieder zehn werden. In denen Flekken tatsächlich noch die gelbe Karte fürs Zeitspiel kassiert. Was uns allerdings auch nicht mehr hilft, die zwei bitteren Pillen zu verdauen.

Wir brauchen wesentlich mehr Glück oder wesentlich mehr Treffsicherheit. Am besten beides. Und einen Auswärtssieg, sorry Bremen.

Was sonst noch gut war:

Wär ich nicht mit dem Auto hier, hätte ich mir zur Geburtstagschoreo der Grasgrünen Grashüpfer bestimmt eine Sportzigarette gegönnt. Das war auch ohne Pyro schön anzusehen.

Was (wahrscheinlich) äußerst dämlich war:

Mit dem Auto zu kommen. Den Stau auf der einen möglichen Strecke weiträumig zu umfahren um im Stau auf der anderen Strecke zu landen. Immerhin lief es nach dem Spiel recht flüssig.

 

Fotos dazu: Gegengerade Millerntor, FC St. Pauli - Bayer Leverkusen, Endstand 1:2

Tore dazu: Tapsoba (25.) Wahl (32.) Poku (58.)

Links dazu: Ärger, Stolz und Zeitspiel (Millernton) Von Tauben und Schwänen (Stefan Groenveld) Unverdient.Unverdienter.Unverkusen (Übersteiger)

Musik dazu: Cafe del Mar Vol 5 & 6 

     

 















 

 

 

 

  

 

Montag, 15. September 2025

Perfekter Start

 










Hätte mir jemand vor der Saison prophezeit, dass wir nach drei Spieltagen schon 7 von 40 geholt haben, aber hat ja niemand gemacht, auch nicht die größten Optimisten. Die werden aber, so wie ich sie kenne, ihre Erwartungen schnell in die Höhe schrauben, denn wer mit Dortmund mithalten kann, auswärts einen Aufsteiger locker abkochen und jetzt auch noch Sandro Wagner bzw. den FC Augsburg schlagen kann, der ist definitiv in der Bundesliga angekommen, also Mittelfeldplatz am Ende wär genehm.

Da ich weder ein großer Pessimist noch Optimist bin, betrachte ich das lieber so lange realistisch, bis wir die 40 haben, denn die erste Hälfte sieht mir nicht so sehr nach Fußball aus. Gott sei Dank bin ich ja nur Fan und kein Millerntonredakteur, die müssen ja immer irgendwas erkennen in dem Gewusel, für mich sieht das aus wie Zufallball. Einer dieser Zufallbälle landet dummerweise schon nach 16 Minuten in unserem Kasten, was die Stimmung kurzzeitig trübt. 

Also meine, nicht die im Stadion, die ist weiterhin ganz prima und erreicht ihren Höhepunkt kurz vor dem Halbzeitpfiff durch eine Entscheidung des VAR, uns einen Handelfmeter zu spendieren. Ich will diesen Videoschirikram ja immer noch hassen, andererseits war das gegen Dortmund der Gamechanger und wenn das nu mal Hand war da unten, dann ist so ein Strafstoß halt auch berechtigt. 

Statt Danel tritt Andréas Hountondji an um den zu verwandeln, was beinahe in die Hose geht, aber der Nachschuss sitzt, weil Dahmen den Ball nicht festhalten kann und mit dem Ausgleich geht's in die Pause. Insgesamt nicht unverdient, da sind wir uns einig, aber wir müssen in dieser Saison schon ein paar Heimspiele gewinnen und idealerweise sollten wir heute damit anfangen.

Die zweite Hälfte sieht dann auch schon besser aus, sieht man mal von so einigen Flanken und unsauberen Pässen ab, wir sind mit dem Ball deutlich aktiver als Augsburg, scheinen den jedoch wieder ins Tor tragen zu wollen statt einfach mal abzuziehen, letztlich stehen dann wieder 20 Beine im Weg. 

Dabei sind Chancen keineswegs Mangelware, oft fehlen nur Zentimeter zum durchaus verdienten Führungstreffer. Im Gegenzug probiert es Elias Saad mal direkt nach einem Konter, aber die Entscheidung, ob er nach einem Treffer gegen den alten Verein jubeln sollte oder nicht wird ihm von Nikola "die Mauer" Vasilj abgenommen.   

Nach 75 Minuten riecht es schon wieder verdächtig nach Strafstoß, als Manos an der Strafraumkante abgeräumt wird, doch Schiri Osmers entscheidet auf Freistoß. Nebenbei bemerkt ist Harm Osmers ein ausgezeichneter Leiter der Partie, das weiß ich, weil mein geschätzter Sitznachbar sich bisher fast gar nicht über den Schiri aufgeregt hat, was ein sicheres Indiz ist. Oder er reißt sich heute zusammen weil er seine Tochter dabei hat, das wäre natürlich auch möglich.   

Ob jetzt 11 oder 16 Meter ist Danel Sinani (Fußballgott) jedenfalls völlig egal, der schweißt das Ding einfach in den Winkel und DENG! Zweieins. Da fliegt dir glatt das Dach weg. Es könnte glatt noch schöner werden, denn anders als zu alten Zeiten beginnt jetzt keine Zitterpartie in der letzten Viertelstunde plus Nachspielzeit, wir spielen unseren Stiefel weiter runter und insgesamt gesehen wäre ein 3:1 doch ganz nett um den Fußballnachmittag abzurunden.

Oder wir heben uns den Treffer für das Spiel in Stuttgart auf und besinnen uns auf die alte Regel "hinten steht die Null", das hat letztes Jahr ganz vorzüglich geklappt. 

Bis dahin sind das 7 von 40 und die Stadtmeisterschaft, ein perfekter Start in die Saison. Darüber kann man sich erst mal freuen.

 

Was sonst noch gut war:

Gigantische Blockfahne auf der Gegengerade, von allen anderen Tribünen aus gesehen sicher ein fantastischer Anblick und weil es davon Fotos gibt weiß ich jetzt auch: HAMBURG IST BRAUN-WEISS!.

Kein DOM und in lockeren 10 Minuten auf der Straße 

Was sonst noch schlecht war:

Nix

Was ganz geil wäre:

Wenn jemand Niko eine Vertragsverlängerung für, sagen wir mal 3 Jahre, schmackhaft machen könnte. 50 Mille wenn wer was will.

 

Fotos dazu: Gegengerade Millerntor, FC St.Pauli - FC Augsburg, Endstand 2:1

Tore dazu: 0:1 Rieder (16.) 1:1 Hountondji (45.) 2:1 Sinani (75.)

Links dazu: Mit zwei Standards gewonnen (Stefan Groenveld) Helden des Alltags (Millernton)

Musik dazu: Microphone Mafia - Vendetta