Was für ein granatenstarkes Spiel, so etwas sieht man echt selten in der zweiten Liga. Feine Kombinationen über fünf, sechs, sieben Stationen, direkt in den Fuß des Mitspielers, hohes Tempo, viel Ballbesitz und etliche Chancen auf den Führungstreffer. Man könnte sich glatt freuen, wenn es nicht Paderborn wäre das hier so auftritt, während unsere Jungs mehr oder weniger daneben stehen und zugucken. Freuen kann man sich höchstens über den Skyman, der die übelsten Chancen entschärft, beim 0:1 aber auch nichts mehr machen kann, weil der Paderborner Zolinski an Ziere vorbeizieht wie Ayrton Senna an Omas Rollator.
Einmal im Leben möchte ich wenigstens für eine halbe Stunde Gedanken lesen können, dann würde ich gerne wissen was sich gerade in Kauczinskis Kopf abspielt. Ob der ähnlich fassungslos ist wie ich, ob er das Tor ebenfalls hat kommen sehen, weil sich diese Überlegenheit irgendwann einfach auszahlen muss und vor allem, ob ihm irgend etwas einfällt, wie man die Jungs dazu bringen kann Fußball zu spielen, statt den Ball einfach nur in die Gegend zu dreschen. So etwas können die doch im Training nicht abliefern, oder?
Irgend etwas müssen die doch üben an der Kollau, mir fällt nur beim besten Willen nicht ein, was das sein könnte. Ecken sind es jedenfalls nicht, die werden gefühlt seit Jahren immer harmloser. Ich warte immer noch auf eine direkte Rückgabe zum Torwart, noch brauchen sie dafür drei bis vier Stationen. Nach einer Ecke! Dann bitte lieber hoch reinbolzen und hoffen, dass irgendwem das Ding auf den Kopf fällt. Manchmal hilft der Zufall ja, aber in der Nähe des Tores sollte der Ball dann schon sein.
Dass Dimi nur drei Minuten später den Ausgleich erzielt kommt einigermaßen überraschend und beruhigt, angesichts des bisherigen Spielverlaufs, nur marginal. Ein besseres Gefühl stellt sich in den letzten zehn Minuten dennoch ein, weil es defensiv etwas besser läuft inzwischen und Paderboring keine großen Chancen mehr kreieren kann. Das hält noch die ersten zehn Minuten der zweiten Halbzeit an, dann isses auch wieder vorbei. Paderborn kombiniert sich wieder locker durch unsere Reihen und unsere Offensivbemühungen, falls man von Bemühungen überhaupt sprechen kann, sind ein Witz.
Entweder die Pille wird blind nach vorne gedroschen, oder Sahin setzt zu einem seiner gefürchteten Dribblings an, das Ergebnis ist eigentlich immer das gleiche, nach maximal einer Minute ist der Ball wieder weg. Bei der Sahin-Variante besteht immerhin die Möglichkeit einen Freistoß zu bekommen, dennoch hätte ich gerne Neudecker auf dem Platz, der kann vielleicht noch für etwas Spielwitz sorgen.
Kauczinski ist sich scheinbar nicht sicher, erst macht Ryo sich bereit, dann kommt doch Neudecker und Mats muss runter, fünf Minuten später Zehir für Flum und drei Minuten vor Ende Veerman für Dimi, dazwischen jede Menge gelbe Karten auf beiden Seiten (außer für Buchtmann!) und irgendwie wirkt das alles sehr zerfahren. Dazu muss kurz vor Schluss noch ein Paderborner mit gelb-rot vom Platz und bekanntlich können wir kein Überza.....
Moooment. Da war doch gerade was in Aue. Da hat der eingewechselte Zehir einen feinen Pass gespielt auf den eingewechselten Ryo und der das 0:1 gemacht. In Überzahl!
Drei Minuten Nachspielzeit hätten wir noch, in der sich nichts weiter aufregendes abspielt, bis der eingewechselte Zehir einen feinen Pass auf den eingewechselten Veerman spielt, der wiederum den eingewechselten Neudecker bedient und - woohoo - es steht 2:1. In Überzahl!
Da kannste die beste Statistik mit nur zwei Spielen völlig auf den Kopf stellen.
Das mag jetzt nicht so wirklich verdient gewesen sein und ganz bestimmt sehr sehr glücklich, aber drauf geschissen, drei Punkte sind drei Punkte. Tolle Kombinationen helfen halt am Ende wenig, wenn der Gegner einmal öfter trifft.
Was sonst noch gut war:
Die fabelhafte Antwort der Südkurve auf Stellinger Provokationen. Beste Tapete ever!
Was sonst noch schlecht war:
Entweder es ist Dom, oder es wird nach Bomben gebuddelt und der Rest von einem Zirkus belegt. Das Heiligengeistfeld nervt einfach dauerhaft, nächstes Mal steig ich Feldstraße aus.
Es ist Herbst, die Bierfässer auf der Gegengerade werden wieder vorgewärmt.
Fotos dazu: Gegengerade Millerntor, FC St.Pauli - SC Paderborn, Endstand 2:1
Musik dazu: Hard Working Americans - HWA / Rest In Chaos