Freitag, 29. Juni 2012
Die neue Nummer 1
Der Langzeitcurrywursttest geht in die nächste Runde, rein zufällig, weil ich auf einer Fototour über das Edelcurry in den Colonnaden gestolpert bin, und ebenfalls rein zufällig gerade ein Loch im Bauch hatte. Schon Herbert Grönemeyer wusste, gehse inne Stadt, wat macht dich da satt, ne Currywurst. Mit Pommes natürlich.
Also hingesetzt, Speisekarte gegriffen, und gleich mal große Augen gemacht. Pommes mit Satésauce! Endlich mal ein Laden der Satésauce anbietet, dafür muss man normalerweise nach Holland fahren.
Das sah dann auch alles sehr gut aus, was mir die äußerst freundliche und fixe Bedienung da brachte. Das Bier richtig temperiert, die Wurst knackig und auf den Punkt gegart, die leckere Sauce tatsächlich eine Eigenkreation und die Pommes aus frischen Kartoffeln geschnitzt und perfekt frittiert, nur ein wenig mehr Salz hätte nicht geschadet.
Durch den Satébonuspunkt steht das Edelcurry jetzt auf Platz 1 meiner persönlichen Currywurstbudenbestenliste, zusammen mit den Curry Pirates, die natürlich nicht so einfach verdrängt werden können. Aber wir sind ja nicht bei einer EM, hier kann es durchaus auch mal zwei Sieger geben.
Currywurstmusik: Leftover Salmon - Aquatic Hitchhiker
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Mittwoch, 27. Juni 2012
AbGEZockt
Seit Jahren schon werde ich regelmäßig von der GEZ belästigt, obwohl ich immer pünktlich die Gebühren für meinen Radiowecker und den Rechner überweise. Ein wenig vermisse ich die persönliche Betreuung, die manchmal recht höflich (Wären Sie so nett und bitten mich rein?), manchmal weniger höflich (Sie sind der einzige im Haus ohne Fernseher, das gibt es doch gar nicht) ausfiel. Die anhaltende Erfolglosigkeit des reisenden Personals sorgte wohl dafür, dass man fortan nur noch mit regelmäßigen Briefen den Kontakt suchte, in denen man mich auf meine Auskunftspflicht hinwies. Der hatte ich meiner Meinung nach allerdings schon vor Jahren Genüge getan, als ich meine abgerauchte Glotze abmeldete. Der zweitgrößte Fehler, den man mit der GEZ machen kann, der größte ist es, sich dort überhaupt erst anzumelden, aber hinterher ist man ja immer schlauer.
Seit etwa einem Jahr blieben auch diese Briefe aus, den Grund dafür fand ich heute in meinem Briefkasten. Ab 2013 zahle ich wieder Gebühren für ein Fernsehgerät, und mit mir viele tausend andere Menschen, die bisher auch ohne Glotze glücklich und zufrieden waren.
Das hat sich der Gesetzgeber ausgedacht, um "auch künftig eine qualitative Meinungsvielfalt und die Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger an politischen und gesellschaftlichen Diskussionen" zu gewährleisten.
Mit anderen Worten: Damit Heiner, Klaus und Karin sich am Montag im Büro weiterhin über die neusten Entwicklungen in der Lindenstraße unterhalten können, sollen jetzt alle ihren Beitrag dazu leisten. Völlig egal, ob man sich jemals für die Lindenstraße interessiert hat. Überraschend fand ich die Aussage, dass man sich ohne das öffentlich-rechtliche Fernsehen nicht an politischen Diskussionen beteiligen kann. Fehlen mir da etwa wichtige Informationen, die nur ARDZDF ausgewogen
Am meisten aber wundert mich, dass niemand deswegen vor Gericht gezogen ist. Ab Januar monatlich 17.98 Euro für eine Leistung zahlen zu müssen, die man nicht in Anspruch nehmen will, scheint niemanden zu interessieren. Ausgerechnet in Deutschland, wo man wegen jeder Kleinigkeit Klage einreicht, geht eine Zwangsabgabe schmerzlos durch? Dann können wir noch einiges erwarten in dieser Richtung.
Die Möglichkeiten sind geradezu grenzenlos. Man könnte durch eine Kulturabgabe zum Beispiel endlich Opernkarten billiger anbieten, oder die Kindergartengebühren drastisch senken, wenn auch Leute ohne Nachwuchs endlich ihr Scherflein beitragen.
Aber als nächstes kaufe ich mir eine richtig fette Glotze. Das lohnt sich bestimmt, denn durch die zu erwartenden Mehreinnahmen erwartet uns in Zukunft sicher ein qualitativ noch weit höheres Programm.
Lindenstraße in 3D, oder so.
Und im öffentlich-rechtlichen Radio laufen dann auch wieder Scheiben wie Sonny Landreth - Elemental Journey
Sonntag, 24. Juni 2012
Jazz mit fliegenden Kindern
Der Schlandwahnsinn macht nicht mal vor der eigenen Enkeltochter halt. Das musste ich heute mit Erstaunen feststellen, denn soweit ich weiß interessiert sie sich bisher nicht besonders für Fußball. Aber Mädchen malen sich halt gerne an, und wenn man das schon mal darf muss man das ausnutzen. Das Spiel gegen Griechenland hätte sie auch gucken dürfen, zusammen mit ihrem kleinen Freund. Bei dem hat es immerhin für die erste Halbzeit gereicht, sie selber war schon vor dem Spiel sanft entschlummert, ich muss mir also vorerst keine Gedanken machen wie ich an Karten für den St.Pauli Familienblock komme. Obwohl das natürlich eine ganz andere Nummer wäre.
Da ich keine Begleitung für die Jazz Open auftreiben konnte, und alleine wenig Lust verspürte, nahm ich das Angebot dankend an statt dessen den Nachmittag mit Kindern zu verbringen, versuchte mir allerdings eine Hintertür aufzuhalten und den Nachmittag an gleicher Stelle stattfinden zu lassen. Planten un Blomen wartet immerhin ebenfalls mit einer Reihe an Attraktionen für die Kleinen auf. So ganz gelungen ist mir das nicht, denn die daneben gelegenen Wallanlagen sind für Kinder noch wesentlich interessanter. Ein riesiger Abenteuerspielplatz, mit Wasserpumpen, Wasserstraßen und Schleusen in der großen Sandkiste, und natürlich die extragroße Vollausstattung an Rutschen, Schaukeln und Klettermöglichkeiten, ob man nun Gerüste bevorzugt oder Bäume.
Die Prinzessin bevorzugt eindeutig Bäume. Könnte sie von mir geerbt haben, andererseits kann ich mich nicht erinnern, als Kind Spielplätze wie diesen gehabt zu haben. Ich hatte keine Auswahl, uns blieben zum Klettern glaube ich nur Bäume, und wenn wir Matsch haben wollten, mussten wir an den nächsten Bach, oder auf Regen warten.
Das fand ich damals völlig ausreichend, aber heute bin ich schon ein wenig neidisch geworden. Solche langen Rutschen gab es damals nicht, und an ein Trampolin war überhaupt nicht zu denken, so etwas hatte nicht einmal die Schule.
Daher gab es heute nur ganz wenig Jazz mit Kalle Kalima und der NDR Bigband, eine Hommage an Quentin Tarantino, aber das kann ich verschmerzen, dafür hab ich 300 neue Fotos von meinem Lieblingsmotiv, das wird eine schwere Auswahl.
Schwerer als die Auswahl der momentanen musikalischen Untermalung jedenfalls:
Cannonball Adderley - Mercy, Mercy, Mercy! Live at The Club
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Samstag, 23. Juni 2012
Ohne Otto habt Ihr keine Chance
Die anfänglich eher spartanische Spielweise der Nationalmannschaft ließ sich am besten mit einer weniger spartanischen Portion Mousakas Spezial ertragen. Dabei fiel mir sofort wieder ein, warum mich Übertragungen wichtiger Länderspiele so nerven, und das hatte nicht einmal etwas mit den Schlandtrikot tragenden und auf Vuvuzelas trötenden Gästen im Santorini zu tun. Nur beim grenzdebilen Dauergrinsen von Angie Mörkel muss ich immer aufpassen, dass mir das Essen nicht gleich aus dem Gesicht fällt. Warum muss man die eigentlich am laufenden Band in Großaufnahme zeigen? Zwei Meter vor der Leinwand ist das nicht sonderlich appetitanregend.
Wenigstens haben die Spieler brav mit dem Torreigen gewartet, bis wir unsere Portionen verspachtelt und mit Ouzo nachgespült hatten. Der durstige Herr H. spekulierte nach dem bejubelten Ausgleich der Griechen schon auf eine Verlängerung, eine halbe Stunde mehr Zeit den guten (vom Großvater gebrannten) Tsipouro wegzusüffeln, aber die Herren Khedira, Klose und Reus hatten keine große Lust auf Überstunden, legten eine Schippe drauf und fegten die harmlosen Griechen vom Platz.
Sehr anständig vom Herrn Boateng, dass er sich kurz vor Schluss an der Hand treffen ließ, und damit für einen Elfmeter und die zweite Lokalrunde Ouzo sorgte. Mehr war nicht drin, wäre Otto Rehhagel noch Trainer gewesen hätte ich vielleicht ein Taxi nehmen müssen.
Halbfinalmusik: North Mississippi Allstars - Shake Hands With Shorty / Electric Blue Watermelon
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Donnerstag, 21. Juni 2012
Sondermüll vermeiden
Wer in den letzten Tagen oder Wochen nicht ausdrücklich widersprochen hat, der wird morgen sehr wahrscheinlich vom Axel Springer Verlag eine Ausgabe seines gedruckten Sondermülls geschenkt bekommen. Ganze 41 Millionen Exemplare der BILD sollen so an die Haushalte verteilt werden, und wer jetzt denkt das ist doch prima, wenn Springers Erben die Kohle mit beiden Händen rauswerfen, dem sei gesagt, dass die damit im Gegensatz noch jede Menge Kohle zu machen gedenken. Stichwort Werbeeinnahmen.
Ich hab lange mit mir gehadert und mich dann entschlossen, dem Verlag nicht schriftlich meinen Unwillen kundzutun, weil ich meine Adresse nur sehr ungerne Menschen überlasse, die weiß der Teufel was damit anfangen könnten. Ein deutlicher Aufkleber auf dem Briefkasten sollte reichen.
Falls ich aber wider Erwarten doch diesen Dreck in meinem Briefkasten vorfinden sollte, werde ich nicht zögern und dieses Exemplar persönlich zurückschicken. Mit Beilage.
Montag, 18. Juni 2012
Altonale 2: Well, not bad!
Nach den gefühlten vierzig Kilometern, die ich Samstag auf der Altonale abgelaufen sein muss, hab ich mich am nächsten Morgen echt gefragt, wer sich das ganze zwei Tage hintereinander antut.
Die Antwort ist eigentlich ganz einfach: die Anwohner. Wenn man morgens aus der Haustür tritt und zwei Straßen weiter schon mitten im Trubel ist, dann kann man an dem Wochenende auch mal die Küche kalt lassen. Das hab ich Sonntag dann auch in vollen Zügen genossen, ausschlafen, ein gutes Frühstück mit frischen Walnußbrötchen, Serrano aus dem Markt in der Fabrik und merkwürdigem Auvergner Kuhkäse, der trotz optisch gewöhnungsbedürftiger Rinde wahrhaft lecker schmeckte.
Das alles ohne Zeitdruck, weil man nicht fahren und keinen Parkplatz suchen muss, das hat schon was. Denn einen Termin habe ich auf meiner in der Küche vergessenen Liste noch gefunden, den ich unbedingt wahrnehmen wollte. Der fabelhafte Daniel Welbat aka WellBad, dessen Album Beautiful Disaster zu meinen Favoriten auf die Scheibe des Jahres gehört, sollte eine lächerliche halbe Stunde auf der Rockbühne Große Bergstraße spielen, im Rahmen eines Bandwettbewerbs am Sonntag. Schon da hab ich mich gefragt ob jemand etwas verwechselt hat, oder ob der Mann vielleicht nur ein Solokonzert gibt, angesichts des engen Zeitplanes der Bühne zwar logisch, würde aber den Namen Bandwettbewerb ad absurdum führen.
Wenn man sich auf ein gemeinsames Schlagzeug geeinigt hat geht so ein Umbau aber recht fix, vor allem wenn man nicht mehr braucht als einen Standbass, zwei Gitarren und ein tragfähiges Keyboard.
Katalina Vudú hieß die Vorband und legte die Messlatte schon ziemlich hoch in meinen Augen, jedenfalls soweit ich Bandwettbewerbe einschätzen kann, das war mein erster.
Und dann kam dieses Highspeedbärchen auf die Bühne, brummte ein Loblied auf das Bier und auf Feste im Allgemeinen und legte los wie eine jüngere Ausgabe von Tom Waits auf Kokain. Den MUSS ich unbedingt in voller Konzertlänge sehen, dreißig Minuten geht ja gar nicht. Unfuckingbelievable. Ne richtig geile Band noch dazu, die CD hat durch dieses Minikonzert definitiv ein paar Punkte mehr auf der Habenseite.
Die Nachfolgegruppe war dann weniger spektakulär, auch wenn eine meiner beiden entzückenden Begleiterinnen anderer Meinung war durften wir nach drei Stücken gehen, sehr weinerlich das ganze. Mein Sieger stand eh fest, egal wer da noch spielen sollte. Zeit für etwas orientalische Küche, mit Sitzplatz und Aussicht auf ein demnächst beginnendes Bollywood-Tanzspektakel. Glücklicherweise interessieren sich Frauen für Tanzkram, ich eigentlich erst, seit ich bei Inch im Blog gesehen habe, dass man da ganz nette Fotos machen kann. Und Bollywood versprach bunte Motive.
Das Bollywoodgedudel gefiel den Damen tatsächlich auch noch, so dass ich keine Probleme hatte dort länger zu verweilen, das gelang mir später allerdings nicht mehr, die Big Band Bertha Blau fand ich leider alleine witzig, da half auch kein Prosecco.
Ich sollte nach Altona ziehen.
Im Player selbstredend nix anneres grad als WellBad - Beautiful Disaster
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Sonntag, 17. Juni 2012
Familienfest
Die Altonale ist das bunteste und lauteste Straßenfest der Stadt, das größte Stadtteil- und Kulturfest Norddeutschlands ist es sowieso, und das ist es auch, was die Altonale von den meisten anderen Festen unterscheidet: Kultur. Multikulturell natürlich, wie Altona und Othmarschen, da hat jede Initiative, jeder Verein und (fast) jede Partei ihre Infostände, sogar die Violetten, von denen ich vorher noch nie etwas gehört hatte und wahrscheinlich auch nie wieder hören werde. Und jedes Restaurant, jede Kneipe, jede Bar hat die Tische vor der Tür, ob Grieche, Türke, Asiate, Inder, Spanier, Portugiese und was es sonst noch alles gibt, und es gibt viel in Altona und Othmarschen. Es gibt eine Meile für die Kunst, eine für die Umwelt, eine für den Flohmarkt und eine für die Elbe, es gibt reichlich Bühnen für Rock, Pop, Jazz und alles andere, eine für Kleinkunst und eine Tanz, es gibt die Bühne der Nationen und natürlich eine für Kinder, denn die Altonale ist auch Familienfest.
Dieses mal auch für mich, denn das kulturelle Partnerland in diesem Jahr war Russland, wodurch ich nicht nur meine Liebste sondern gleich ihre halbe Familie an den Hacken haben sollte. Das geht auf solchen Festen eigentlich gar nicht, weil permanent einer fehlt den man suchen muss. Dazu wollen die Frauen Wein, die Herren Bier und die ganz schlimmen Finger sogar Wodka, um nach Pierogi, Borschtsch und Pelmeni den Magen aufzuräumen. Zwölf Uhr Mittags bin ich einfach noch nicht bereit für Wodka.
Geballt gab es das nur an einer Stelle, dem Innenhof des Altonaer Rathauses, in dem ich neunzig Minuten bei einer deutsch-russischen Version von Alice im Wunderland meinem geplanten Programm hinterhertrauerte. Was ich sowieso nicht mehr hätte einhalten können, weil der sorgfältig ausgearbeitete Spickzettel mit den wichtigen Daten auf dem Küchentisch lag, wie immer. In einer perfekten Beziehung reichen glücklicherweise ein paar Blickkontakte um die Sachlage zu klären, ich bekam grünes Licht und verschwand für ein paar Stunden, auf der Suche nach dem diesjährigen Highlight und ein paar netten Motiven.
Die Hauptwege natürlich vollgestopft wie immer, aber wer dem ganz großen Trubel aus dem Weg gehen wollte konnte das problemlos. Platz findet sich in irgendeiner Seitenstraße, auf einer Wiese, oder auf einem Fest im Hinterhof, zur Not rückt man halt zusammen.
Ohne ausgearbeiteten Plan bin ich dann rein zufällig rechtzeitig an der Motte-Bühne am Spritzenplatz vorbeigestolpert, zumindest rechtzeitig genug um die letzten paar Titel von Nervling mitzukriegen. Hätte ich doch nur 30 Minuten früher den Blickkontakt gesucht, verdammte Hacke. Für nur drei Songs waren die zu gut, und die standen nicht einmal auf meiner Liste, was die Anfertigung solcher Listen endgültig überflüssig macht in der Zukunft. Der Name war mir irgendwie suspekt, und Acoustic Pop Soul ist nicht unbedingt eine Stilbeschreibung die mich reizen würde, aber wer kann schon ahnen, dass zwei Leute mit minimalen Mitteln so einen großartigen Auftritt hinlegen können. Das erforderte selbstverständlich die sofortige Anschaffung der CD, einem Beispiel dem viele gefolgt sind. Glücklicherweise, ich hab da ja üble Erfahrungen gemacht, klingen die auf der Platte tatsächlich wie auf der Bühne. Tja, seit neustem höre ich auch Acoustic Pop Soul, wer hätt's gedacht. Wenn die in ein paar Jahren nicht berühmt sind und unbezahlbar werden, dann buch ich die für meinen nächsten runden Geburtstag.
Die kurze Umbaupause nutzte ich für einen kleinen Rundgang, ein Stück leckeren Apfelkuchen plus Kaffee bei Livemusik auf der Elbmeile und einen Klönschnack mit einem Arbeitskollegen, der auch jedes Jahr mit seiner Frau die Altonale besucht, weil das Gesamtprogramm hier einfach unschlagbar ist.
Bei der Hamborger Schietgäng wollte ich nur mal reinhören, um meine Zeitvorgabe nicht zu arg zu strapazieren, aber Hamburger Folklore kann ich mich schlecht entziehen, so ging dort wieder eine gute halbe Stunde drauf.
Auf der Kunstmeile einen fabelhaften Kinski fotografiert, in der Hoffnung, dass Anne Katrin Wille nichts dagegen einzuwenden hat. Geplantes Motiv war eigentlich der Stand mit dem interessanten Comic davor, dessen Titel und Autoren ich gerne positiv erwähnt hätte, sogar eine Anschaffung des Büchleins stand zur Debatte, aber da der Inhaber des Pavillons sich so vehement gegen ein Foto seiner Ware aussprach, hätte er mir das wohl nicht mehr verkauft. Menschen mit so viel Angst vor geistigem Diebstahl sollten einfach nichts mehr ausstellen.
Beim Erwerb einer orientalischen Kalbfleischpfanne bin ich dann von den M&Ms eingefangen worden, nicht mal in Ruhe essen kann man. Eigentlich sollte das den Rückweg ins Rathaus beschleunigen, doch wenn die Vorwärtsbewegung auf den Hauptstraßen kurzfristig zu erlahmen droht liegt das meist an einer der unzähligen Samba-Bands, die mal wieder für 20 Minuten eine Kreuzung blockieren und alles andere durch ihr Getrommel übertönen, und genau die fehlten mir noch in der Fotostrecke, obwohl sie mehrfach in den Straßen zu vernehmen waren. Ungefähr die Hälfte aller Besucher ist schwer genervt von der Inflation dieser Gruppen, durch die andere Hälfte muss man sich durchkämpfen, will man ein paar Fotos machen.
Vor dem Altonaer Theater hatte ich dann Glück, dass Meike unbedingt ein Stück gebackenen Käsekuchens der dort für Verpflegung zuständigen Konditorei verzehren musste, was für ein paar Klassiker von Cole Porter und dem Duke, sowie ein paar Big Band Fotos gereicht hat. Nebenbei bemerkt hab ich schon besseren Käsekuchen gegessen, aber auf den Anblick wäre ich vielleicht auch reingefallen.
Tja, und zur russischen Volksseele passte dann der einsetzende Regen, kaum waren wir am Rathaus angekommen. Wenigstens hatte die Familie einen der Tische unter den Schirmen besetzt, so dass ich mir die Tomaten Kommunisten im Trockenen ansehen konnte. Mit den besten Coversongs aus Sowjetzeiten und den besten Riffs der Hardrockgeschichte, die waren schon lustig. Black Night auf russisch ist jedoch überhaupt nichts für die Liebste, da fehlt jeglicher Pop-Appeal, also ab nach Hause mit der ganzen Bande.
Und da erwies sich dann meine Einschätzung, man könne mit mehr als vier Menschen nicht über die Altonale gehen, selbst wenn es sich nur um den Weg nach Hause handelt, als vollkommen richtig. Den Kosaken haben wir schon am Bahnhof verloren, wahrscheinlich an einen Fleischspieß. Die Liebste musste noch unbedingt Kuhkäse kaufen, aus der Auvergne, obwohl ich mahnend auf die irgendwie bedenklich aussehende Oberfläche verwies, aber bei Käse bin ich halt der Kulturbanause, so gleicht sich alles wieder aus. Das dauerte immerhin lange genug um die Gruppe auf vier zu schrumpfen, von da an lief es einfacher, bis zum Spritzenplatz, wo sich Meike dann in David Huhn (oder seine Band) verguckte. Da hätte die Gruppe beinahe mich verloren, konnte mich aber mit einem Bier besänftigen und naja, ganz so schlecht war er nicht, nur etwas weinerlich vielleicht hier und da, für meinen Geschmack.
Wenn die Familien aus dem Straßenbild verschwinden und nur noch das Nachtvolk zurückbleibt ist der Heimweg keinesfalls einfacher, denn wenn man mit Leuten unterwegs ist die dort wohnen, dann fällt einem alle paar Meter jemand in den Arm, tickt einen überraschend von hinten an oder stellt sich einfach grinsend in den Weg. Zustände, fast so wie im Regenwald. Wenn Regenwäldler hier herziehen müssten, Altona wäre das richtige Pflaster. Dass die angebliche Großstadt Hamburg eigentlich ein Dorf ist wussten wir schon immer, das kann auch gerne so bleiben.
Musik, seit Stunden: Nervling - Attentiondeficitdisorder Großartig.
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