"Was wollt ihr denn in Coburg?" fragt der Schwager, "da ist doch nix." Der Mann ist Franke und sollte sich eigentlich auskennen, vielleicht ist eine Stadt mit einer Burg, mehreren Schlössern und ein paar sehr alten denkmalgeschützten Fachwerkhäusern einfach zu normal in Franken, als dass man ihr zu viel Aufmerksamkeit schenken müsste. Möglicherweise wusste er nicht, dass es eine Spezialität namens Coburger Bratwurst gibt, die auf dem Marktplatz in einer stark räuchernden Kiefernzapfengrillhütte zubereitet wird. Da man den Franken ja gemeinhin eine starke Affinität zu allerlei Worschd nachsagt, hätte das vielleicht eher sein Interesse geweckt.
Für "da ist doch nix" sollte man sich jedenfalls mehr als einen Nachmittag vornehmen, will man das alles sehen. Für die Veste Coburg hat es nicht gereicht, aber man kann eine schön kurvige und enge Einbahnstraße den Berg hoch und hinten wieder runter fahren, wenn man den Schildern folgt. Ohne dabei eine Burg zu sehen natürlich, dafür muss man entweder per pedes auf den Festungsberg, oder sich auskennen.
Besser ist der Blick auf Schloss Ehrenburg, wenn man die Treppen der Arkaden zum Hofgarten erklommen hat. Kommt rein äußerlich nicht ganz an den Style von Ludwigs Märchenschlössern ran, aber wer weiss wie prachtvoll das drinnen aussieht. Ich jedenfalls nicht, weil Eisdielen bei Sommerwetter einfach verlockender sind und man die Pracht möglicherweise nicht einmal fotografieren darf und wenn, dann garantiert nicht mit Stativ. Prioritäten, so wichtig.
Alte Fachwerkhäuser fand ich ohnehin immer schöner, leider kann man die selten vernünftig fotografieren ohne die andere Straßenseite abzureißen, was schade wäre, weil da meist auch alte Fachwerkhäuser rumstehen. Dazu noch ist das Münzmeisterhaus ein ziemlich großer dreigeschossiger Klotz und der einzig mögliche Standpunkt für ein Foto befindet sich in einer Baustelle. Man kann nicht alles haben, vielleicht komm ich ja noch mal her.
Ganz unwahrscheinlich ist das nicht, denn der Marktplatz ist ganz wunderbar. Der beste Marktplatz aller Marktplätze. Das Rathaus ist schon ganz schick, das gegenüberliegende Stadthaus vielleicht sogar noch etwas schicker, das Pfannkuchenhaus bestimmt auch nicht übel, der sprudelnde Brunnen ein Spaß für spielende Kinder und im (sonst so sittenstrengen) Freistaat Bayern hat man sogar an ein Denkmal für den Erfinder des gleichnamigen Piercings gedacht, welch eine Freude.
Was diesen Marktplatz so wunderbar macht ist aber vor allem der selbsterzeugende Obsthändler, der am letzten Septemberwochenende noch Bühler Zwetschgen hat, nachdem ich in Hamburg schon seit zwei Wochen keine mehr bekomme. Für den weiten Weg zurück bekomme ich dann auch noch ein Kilo handverlesener Früchte, die garantiert den Rücktransport überdauern.
Für diesen Service komme ich wieder, die Fichtenzapfengrillbratwurst muss ich eh noch probieren und vielleicht gibt es nächstes Mal weniger Baustellen, das wäre nett.
Fotos dazu: Stadthaus, Spitaltor, Rathaus, Prinz Albert, Coburger Erker/Cafe Pfannküchle, Münzmeisterhaus, Zwei Gurkenverkäufer, Lorenverleih, Prinz Friedrich, Arkaden, Schloss Ehrenburg
Musik dazu: Neil Young - Weld / Mirror Ball
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