Sonntag, 9. Juli 2017
Wadde hadde Dudde da?
Is dat da Wasser da watter da hat und wenn dat da Wasser ist, wat hatter damit vor?
Seit Tagen hänge ich nur noch im Netz, verfolge geschockt das Geschehen in Hamburgs Parks und Straßen und dröhne mich nonstop mit allen Scheiben von Rage Against The Machine zu die ich habe, was vielleicht nicht die geschickteste Wahl ist, weil es mich unaufhörlich in einen pulsierenden Sprengkopf verwandelt.
Was wirklich nicht verwundern sollte, wenn hier tagelang Bürgerrechte außer Kraft gesetzt werden, vorgebliche Gesetzeshüter auf Gerichtsurteile einen Scheiß geben, Menschen aus Grünanlagen und durch die Stadt gejagt und am Schlaf gehindert werden, Anwaltsvereine diskreditiert und Journalisten bedroht und an der Arbeit gehindert werden, man weiß nach drei Tagen gar nicht mehr wo man anfangen oder wieder aufhören soll mit der Kotzerei..
Zu verdanken haben wir das hauptsächlich drei Leuten. Einem großkotzigen Bürgermeister Scholz, der die G20 Festspiele scheinbar für eine etwas anstrengendere Version des Hafengeburtstags hielt und wohl dachte, er könnte mit Mutti in der Schanze mal nen Galao trinken gehen, seinem unfähigen Innensenator Grote, der angesichts dieser Aufgabe wohl dermaßen die Hose voll hatte, dass er sie anscheinend komplett seinem Kettenhund übertrug, dem Eskalationsspezialisten Dudde, einem kreativen Rechtsausleger, dessen Einsätze schon in der Vergangenheit öfter für rechtswidrig erklärt wurden. Was kein Hindernis ist für eine Karriere bei der Hamburger Polizei.
Der hielt es für eine besonders kluge Idee eine genehmigte Demonstration aus fadenscheinigen Gründen aufzulösen, quasi mit Ansage und mit Gewalt, und einen Block möglicher Gewalttäter in einen Block hochwahrscheinlicher Gewalttäter zu verwandeln. Die kriegen dann überflüssigerweise auch noch reichlich Zulauf von allen hochgradig gestörten Riottouristen zwischen Palermo und Pinneberg und legen die schönsten Ecken meiner Stadt in Schutt und Asche, während die Cops aus Bayern und Berlin mit Stadtplänen doof an der Ecke stehen oder gefährliche "Linksextreme" jagen, die möglicherweise nicht ganz so übel drauf gewesen wären, hätte man sie nicht seit Tagen behandelt wie den letzten Dreck. Grandiose Taktik, wär ich nie drauf gekommen.
Heute darf ich selber an die frische Luft, die letzte große NoG20 Demo zwischen Deichtor und Millerntorplatz. 75.000 Leute, alte, junge, ganz junge, bunte, blaue, lustige, friedliche - und seltsamerweise keine Schildkröten weit und breit. Nur in den Nebenstraßen sieht man ein paar Einsatzfahrzeuge, meist im Hintergrund. So wie es aussieht braucht man bei dieser Demo höchstens ein paar Verkehrskasper, das ist alles ungemein entspannt. Kaum zu glauben eigentlich nach der letzten Nacht.
Ändert sich schlagartig am Zielpunkt, da haben sie wieder alles aufgefahren was das Arsenal hergibt, dazu das permanente Gedröhne der bis zu acht Hubschrauber über uns. Wasserwerfer auf jeder Seite, Räumfahrzeuge und Mannschaftswagen in Massen. Mit Mannschaft natürlich - und da es auf Dauer langweilig ist in den Blechkisten zu sitzen, verschaffen die sich irgendwann Bewegung. Am intensivsten bewegen sich die maskierten und behelmten Kameraden, das müssen die sein, die immer die vermummten Gewalttäter verfolgen.
Dafür brauchen sie natürlich Platz und den verschaffen sie sich, gerne rigoros und im Laufschritt, immer schön den Knüppel dabei eingesetzt, immer rein in die Menge. Muss höllisch Spaß machen mit Schildkrötenklamotten. Manchmal wird dabei auch scheinbar jemand verhaftet, obwohl weit und breit keine vermummten Gewalttäter ohne Helm zu erkennen sind, nur Leute die bei Musik und Bier im Park chillen. Egal, verdächtig sind hier wohl alle, das Thema macht's halt.
Als sich langsam Unmut breit macht über die eskalierende Gangart bei einer völlig friedlichen Veranstaltung darf Kanonier Schulze auch noch seinen Wasserwerfer ausprobieren und nach inzwischen sechs Stunden auf den Beinen beschließe ich zu gehen, bevor auch Müller, Meier und die anderen Kanoniere ihr Spielzeug auspacken dürfen.
Eigentlich wollte ich noch Slime sehen und noch lieber Rainer von Vielen, aber wer weiß wat der Dudde da noch alles hat.
Fotos dazu: NoG20 Demo, Deichtor, Willy-Brandt-Straße, Millerntorplatz
Bier dazu: Ratsherrn Lazy in Red, Red IPA, 6.7%
Musik dazu: Rage Against The Machine - Rage Against The Machine/The Battle Of Los Angeles/Renegades
Trump und Erdogan haben sich übrigens sehr lobend über die Hamburger Polizei geäußert. Lob aus berufenem Munde, wer freut sich da nicht.
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Sehr guter Beitrag. Und geniale Plakate auf den Fotos. jaja der Volkswitz ist schon in Ordnung. und leider wird das wie so oft kein Thema sein, wegen der Brandbilder, die alles überdecken.
AntwortenLöschenEin bissl Dissens hab ich aber doch: Wenn ich mir vorstelle, ich wohne da und sehe aus dem Wohnzimmerfenster hilflos, wie mein Auto in Flammen aufgeht - da regen sich spontan rechtsextreme Gefühle. (Wären es tumbe Hools und Skins würde ich vorübergehend Hardcore-Stalinist; das soll also KEIN Outing sein, sondern die Berg-und Talfahrt der momentanen Gefühle illustrieren.)Obwohl ich nicht in HH wohne, ging es mir die Tage wie dir: Im Netz hängen, die Bilder sehen und Pere Ubu hören (alles was ich von denen hab; passend als Soundtrack)verbunden mit der Frage: Bei Startbahn West und Brogdorf 1982 warst du (medial/weil hinter der Mauer) auf Seiten der Protestkämper, auch wenn sie Steine schmissen ... heute ... ist das komplizierter: Auf seiten der Campact-Protestler hätt' ich eventuell mitmarschieren sollen, wie 2016 gegen TTIP in Berlin(da war ich live dabei)... bedauern für die "gejagten" Spinner des schwarzen Blocks allerdings will sich nicht mehr einstellen.
Mein Beileid allen geschädigten Privatleuten und Gewerbetreibenden.
Danke. Kann ich übrigens nachvollziehen, obwohl ich das nicht als rechtsextremes Gefühl bezeichnen würde, wenn ich jemandem die Kauleiste verbiege der mein Auto oder meinen Laden abfackeln will. Eher kriege ich linksextreme Gefühle wenn Politik und Polizei sich so verhalten wie in den letzten Tagen hier. Ich kenne eskalierende Cops seit Brokdorf 1986 und habe Freunde die im Hamburger Kessel saßen. Leider hat sich das zumindest in Hamburg keinesfalls verbessert, die Stadt leidet immer noch an den Nachwehen von Schill und Konsorten.
LöschenWAs da in Hamburg ablief, hat sich ja schon angekündigt. Dass es am Ende so dargestellt wird, dass die Polizei sich ja nur gewehrt hat, war auch klar. Deshalb danke für Deinen Bericht. Das kleine Kind war auch in Hamburg, und ich bin froh, dass sie noch ganz ist. Obwohl die auf keiner friedlichen Demao war, so jedenfalls hats die Polizei gesehen und ist mit Wasserwerfern vorgegangen. Und als sich nicht alle wegspülen lassen, mit gezielten Pfefferspryattacken in die Augen der sitzenden und völlig unvermummten, dafür aber klitschnassen Linksextremen.
AntwortenLöschenKennt man ja, Inch
Ja, das war alles mit Ansage, von allen Seiten. Und hinterher alle so: Ooooh. In Berlin machen die das inzwischen anders, aber deren Expertise war nicht gefragt haben sie gesagt.
LöschenIch frage mich nur was die gemacht hätten, wenn die vorher immer prognostizierten 8000 Gewalttäter gekommen wären, wenn die schon mit ein paar hundert verstreuten Hanseln solche Probleme hatten. Die Stadt aufgeben? Panzer auffahren?
Kompaktknipsenfotos? Wolltest du nicht deine neue Nikon testen? Die ist doch Spritzwasser geschützt :))
AntwortenLöschenGruß, N.
Das erste Foto ist trotzdem ziemlich geil ;)
Ja, aber das ist halt auch gut als Kompaktknipsenfoto. Die neue teste ich dann im Urlaub mit den Kids am Pool :)
Löscheneigentlich wollten wir am samstag auch auf die demo, aber nachdem was hier in den nächten vorher abgegangen ist, auch bei uns in der straße, hatte ich zuviel schiss. auf der einen seite bekloppte steinewerfer, auf der anderen seite bekloppte bullen, dazwischen ist für mich kein platz mehr.
AntwortenLöschenSamstag waren nur die Bullen noch ein klein wenig bekloppt, aber auch nicht alle. Steinewerfer gab es ebenfalls nicht, gab also keinen Grund da nicht hinzugehen. Grundrechte sollte man ab und zu wahrnehmen.
LöschenKlasse Fotos von den Plakaten. Die Atmosphäre auf den Fotos erinnerte mich spontan an die Startbahn West. Damals im Wald.
AntwortenLöschenDie Gewalt seitens der Polizei wird landesweit zunehmen (und nicht nur in diesem Land) weil die Angst der entmenschten Herrschenden zunimmt. Denn die wissen schliesslich, was ihr ohnmächtiges Faseln und Handeln bewirkt: immer mehr Überwachung, Entrechtung und Armut bei den Menschen.
Und dem Hamburger Bürgermeister braucht man doch nur in die Augen zu schauen, um zu sehen, was sich in dem Vakuum dahinter tut...
Das wirklich schlimme ist, es scheint nur wenige zu beunruhigen. Wie ein Frosch im Kochtopf.
LöschenUnd dass die SPD König Olaf mal als zukünftigen Kanzlerkandidaten gesehen hat kann ich mir nur mit großer Verzweiflung erklären. Die werden irgendwann bei unter 20% landen und immer noch nicht wissen woran es liegt.