Samstag, 25. Februar 2012
Wenn die wilden Trommler rufen
Vier Schlagzeuger stehen auf einer Bühne und machen Musik. Haha, kein Witz. Es gibt unendlich viel blöde Witze über Schlagzeuger, warum auch immer. Wahrscheinlich von Leuten die nur Ringo Starr und Charlie Watts kennen, von Chick Webb, Gene Krupa oder Buddy Rich aber noch nie etwas gehört haben. Oder von ElbtonalPercussion.
Die kommen aus Hamburg und hatten heute ein Heimspiel in der Fabrik. Zu meiner Überraschung in einer gut zur Hälfte bestuhlten Fabrik, es hätte sich tatsächlich gelohnt früher zu kommen. Vor der Kasse wurde ich von jemandem abgefangen, der eine Karte zu viel besaß und diese unbedingt loswerden wollte. Im Prinzip eine gute Idee, denn die Schlange an der Abendkasse war ziemlich lang, der Laden schon gut gefüllt. Dummerweise konnte er auf meinen Schein nicht herausgeben und musste so mit mir zusammen warten, was die Wartezeit durch fortwährendes gemeinsames Lästern über die unglaublich langsame Abwicklung wenigstens erträglich machte.
Spätes Erscheinen sichert zwar nicht unbedingt gute Plätze, erspart aber lange Wartezeiten vor dem Konzert. Folglich bin ich schnell auf die Galerie, um das Schlagwerkensemble einmal (in Teilen) von oben ablichten zu können und habe mich anschließend unten an einen freien Pfeiler gelehnt, fast so gut wie sitzen. Leider waren die zwei Pfeiler vor der Bühne schon von anderen Fotografen okkupiert, um näher heranzukommen hätte ich das sitzende Volk verärgern müssen und das will man ja auch nicht.
Egal, ich war hauptsächlich wegen der Musik hier, aber gut zu wissen, dass man in der Fabrik wohl keine Probleme hat mit Spiegelreflexkameras, zumindest nicht bei Konzerten von ElbtonalPercussion. Genutzt hat es ohnehin nicht viel, statt Scheinwerferbatterien und Lightshow war eher gedämpfte Wohnzimmerbeleuchtung angesagt bei den Jungs, was kurze Belichtungszeiten nahezu unmöglich machte. Bei Schlagzeugern ganz besonders schlecht.
Erwartet habe ich eigentlich einen größeren Anteil der neuen CD, ElbtonalPercussion plays Stewart Copeland, schließlich dienen Konzerte ja meistens der Promotion. Davon gab es leider nur ein Stück, der Rest waren Klassiker ihres Programms, dem Anlass angemessen: 15jähriges Jubiläum. Stand nicht auf dem Plakat, und war eine nette Überraschung, genau wie der gesamte Rest des Abends.
Denn ich hatte keinerlei Vorstellung wie die ihre Platten auf der Bühne umsetzen, so ganz ohne Elektronik, aber es funktioniert geradezu fantastisch. Mit Vibra-, Marimba- und Balafon, Drums, Gongs und Glockenspiel, Cajón, Kuhglocken, Klangschalen und weiß der Teufel was da noch alles auf der Bühne stand, bis hin zu Regentonnen, Plastikeimern und Kochlöffeln. Die natürlich nur für den Showteil herhalten mussten, meistens wurde doch recht ernsthaft musiziert. Von Debussy bis zu avantgardistischen Jazzausflügen, von minimalistischem Drum 'n' Bass bis Weltmusik. Kein wildes Gebolze sondern allerfeinster Klang in einer sehr großen stilistischen Bandbreite und Präzision, der in ruhigen Passagen sehr vorsichtige Bewegungen auf der Bühne erforderte, damit nicht ungewollt irgend etwas scheppert während der Kollege gerade leise mit der Muschelkette raschelt.
Gescheppert hat es regelmäßig nach den Stücken, ein derart enthusiastisches Publikum habe ich dort selten erlebt, schon gar nicht auf den Sitzen. Wer keine musikalischen Berührungsängste hat sollte sich die Jungs bei Gelegenheit ansehen, lohnt sich.
Daher auch immer noch, jetzt aus der Konserve: ElbtonalPercussion - Drumtronic
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Beneidenswert. Wäre ich gerne dabei gewesen.
AntwortenLöschenNaja, vielleicht klappts ja Ende März zu Baba Zula.
Grüße aus dem (grad mal sonnigen) Regenwald !
Jazztechnisch gehören reine Schlagzeugkonzerte sogar zu meinen Lieblingsveranstaltungen. Ich sage nur Baby Sommer "lechz"
AntwortenLöschenWenn die nochmal wiederkommen und du hin willst sag mal bescheid! ;-)
AntwortenLöschenGruß Hawk
Trotz der Lichtverhältnisse sind da stimmungsvolle Fotos entstanden...
AntwortenLöschen@ Pappenheimer, rechtzeitig Bscheid gell? Da besorg ich lieber vorher schon Karten.
AntwortenLöschen@ Inch, für mich eine neue Erfahrung. In Freejazzkonzerten fand ich Drummer auch immer am spannendsten, aber so völlig ohne andere Instrumente?
@ Hawk, ist notiert. Ich hab niemanden gefragt, da Kandidat 1 sich 450 Kilometer entfernt in der kulturellen Diaspora befand und Kandidat 2 auf dem Urlaubsrückflug war. Dich hab ich ehrlich gesagt bei dieser Musikrichtung nicht auf der Rechnung gehabt.
@ Herr Ärmel, das ist das schöne an der Digitalfotografie, man kann wie ein Blöder auf den Auslöser drücken, irgend etwas wird schon dabei rumkommen.