Montag, 20. August 2012

Wutz mit Wetter















Nachdem das Wutzrock in den vergangenen zwei Jahren schwer mit dem Wetter zu kämpfen hatte, durch Wassermassen entweder im Schlamm versank, oder dank eines Gewittersturmes im letzten Jahr sogar evakuiert werden musste, hatten wir uns in diesem Jahr endlich mal anständiges Wetter verdient. Nur ist "anständiges Wetter" ein dehnbarer Begriff, trocken und ein wenig Sonne hätte mir durchaus gereicht, mit mittelamerikanischen Temperaturen kann ich nicht so gut umgehen.

"It's fucking hot, reminds me of Mexico" grinste Tito Larriva am Sonntag Nachmittag bei seinem Auftritt, auf dem wahrscheinlich schönsten antifaschistischen antirassistischen umsonst und draußen Festival Deutschlands. Die Wetterstation in der Wagenburg zeigte Mittags 41 Grad im Schatten, auf und vor der Bühne dürften es noch ein paar Grad mehr gewesen sein. Daniel Welbat brachte es am Vortag knapp auf den Punkt: "Ich schwitz wie ein Schwein." Das hat ihn nicht davon abgehalten wie ein Berserker Gas zu geben, was mich sehr gefreut hat, trotzdem sollte er die Wahl seiner Bühnenkleidung bei diesen Temperaturen vielleicht mal überdenken, sein Gitarrist ist da deutlich cleverer.

WellBad war dieses Jahr das Zugpferd für mich, dadurch musste ich Samstag schon um 15 Uhr auf dem Gelände erscheinen, normalerweise eine Zeit in der schon alle den Vortag verarbeitet haben und halbwegs ansprechbar sind. Da ich in diesem Jahr gedachte mich voll und ganz den leiblichen Genüssen hinzugeben war sogar ein Schlafplatz reserviert, ich durfte mir mit dem spontan aus Bayern angereisten Mr.T ein Zelt teilen. Der Rest war mit teilweise recht luxuriösen Wohnmobilen ausgestattet (und mit Arthur natürlich), wodurch wenigstens kaltes Bier sichergestellt war, die Kühlschränke auf dem Gelände waren damit überfordert. Ganz schlecht für ein Festival das sich durch den Getränkeverkauf finanziert, aber sie werden trotzdem reichlich verkauft haben bei diesen Temperaturen.

Nach dem gewohnt großartigen Konzert von WellBad war erst einmal Pause angesagt, Fußballergebnisse einholen. Ein paar der anwesenden Damen und Herren erfrischten sich bei einem Bad in der doofen Elbe, ich war zu doof eine Badehose mitzunehmen. Also Gelände abschreiten, Fotos machen, was futtern und viel trinken. Sehr viel trinken. Sogar an frisch gepresster Limettenlimo hab ich mich versucht, Vitamine tanken zwischendurch, Bier für später. So etwas ähnliches hätte auch die junge Dame machen sollen, die beim Konzert der Mighty Oaks ihren sicheren Stand verlor. Glücklicherweise alles gut organisiert, die Malteser waren zwei Minuten später vor Ort. Der schlechte Kreislauf hat die Jungs sicherlich einen ganzen Song gekostet, was ich sehr schade fand, die gefielen mir durchaus mit ihrem Indie-Folk, jedenfalls was ich hören konnte. Ich erwog sogar kurz eine CD zu erstehen, aber die gibt es noch nicht.

Also zurück zur Wagenburg, eine Stunde nach dem Pokalspiel des magischen FC sollte auch Koschi eingetroffen sein, das 3:0 ist ein guter Grund für ein Bier und ne Sportzigarette. Zweite Runde, endlich mal wieder. Ein bis zwei Bierchen später meinte Herr H. unbedingt den Grill anschmeißen zu müssen, da mir der Texasburger vom Schwenkgrill schwer genug im Magen lag folgte ich Koschi zur Bühne. Dota & die Stadtpiraten standen auf seinem Plan, und wenn auf meinem nichts weiter steht guck ich halt was andere hören. Nach den mächtigen Eichen die zweite Berliner Band, ziemlich viel Hauptstadtprogramm dieses Jahr.

Und ja, war nicht schlecht. Musikalisch nicht ganz so meins, aber bei der Menge scheinbar ziemlich bekannt, die erwies sich bei einigen Songs als ziemlich textsicher. Müsste ich mich näher mit befassen vielleicht, die Texte waren schon nicht schlecht, nur sprechen mich Mädchenthemen nicht so an. Die politischen schon, aber so mitgerissen hat mich das alles nicht. Also beschloss ich die bisher sträflich vernachlässigte Seebühne aufzusuchen, für eine Band aus Hamburg. Sonic Wind hatten ein wenig Unterstützung verdient, die mussten im letzten Jahr ihren Auftritt nach drei Stücken abbrechen, also ein Gewitternachholkonzert. Außerdem ist Americana genau mein Ding.

An der Seebühne die üblichen Probleme, ich hab es noch nicht einmal erlebt, dass die ohne Probleme die Anlage einstellen können. 30 Minuten Wartezeit mit entweder übersteuerten oder stummen Mikrofonen, nicht hörbaren Instrumenten, Rückkopplungen und lauwarmem Astra. Dann endlich die Ansage, vorher noch mit Free Pussy Riot Kundgebung und dann..

Wenn das ferne Wimmern einer Pedal Steel auf harte kühle Gitarrenwände trifft, das liest sich gut, Calexico lässt grüßen. Wobei, kühle Gitarrenwände? Wer hat sich den Blödsinn ausgedacht? Die wimmernde Steel gab es zwar, aber die Gitarre braucht noch ein paar Jahre um eine Wand zu werden, das war auch ohne Gewitter nichts. Schade für die sympathische Frontfrau, vielleicht waren meine Erwartungen zu hoch, der Mann am Mischpult zu schlecht oder das Bier einfach zu warm.

Fußmarsch zurück, kaltes Bier geholt, Sportzigarette geraucht. Saßen schon fast alle wieder rum da, zu Hause ist es halt am gemütlichsten. Nächste Band auf dem Programm um 22 Uhr, 17 Hippies. Schon wieder Berlin, aber die mag ich. Vor Jahren in dem großartig grausamen Film Halbe Treppe entdeckt, aber lange nicht mehr aufgelegt. Da wollte ich wenigstens reinhören und ein paar Fotos machen, wenns nix ist kann man immer noch rumgammeln und Slivo trinken.

Da sich die Meute wieder unentschlossen zeigte was rechtzeitigen Abmarsch betrifft sind wir zu zweit vorausgegangen, nicht ohne einen Treffpunkt am Infozelt auszumachen. Koschi hab ich dann an einen Baum verloren, Blasenschwäche ist ein schlimmes Leiden. Alle anderen hab ich auch erst nach dem Konzert in der Wagenburg wiedergesehen, denn ich bin in der ersten Reihe stehen geblieben, keine zehn Pferde hätten mich da wieder wegbekommen.

Das war Balsam für die Ohren, das war unglaublich, das war fantastisch. Überwältigend. Dem Pappenheimer schießen ja öfter Freudentränen in die Augen bei guter Musik, mir passiert das recht selten, aber diesmal waren sie wirklich feucht. Ich glaube es war die extralange Version von Kaukapol, die mich völlig umgehauen hat. Was für ein Sound, geradezu unglaublich die Präzision und Leidenschaft mit der die zwölf Leute spielten, eine Band wie ein einziger perfekt gestimmter Klangkörper. Ich mag die Platten von den Hippies, aber live sind die noch um Welten besser. Die Leute haben getobt, es war ein einziger Genuss.  Selbst dem Ordner vor mir fiel in manchen Momenten nichts weiter ein, als ungläubig den Kopf zu schütteln. Die muss ich baldmöglichst wiedersehen, was nicht so einfach sein wird, denn die sind sehr begehrt, jetzt weiß ich auch warum. 17 Hippies. Angucken. Freuen. Glücklich sein.

Über die Nacht breite ich lieber den Mantel des Schweigens, ich hab schon an anderer Stelle erklärt was ich am Zelten so hasse. Um 2 Uhr ins Bett auf die mit Sitzpolstern aufgewertete Isomatte, um 7 entledigt man sich der Decke, um 8 schält man sich aus dem Schlafsack, und spätestens um 9 Uhr muss man raus aus dem Zelt, den Schweiß aus dem T-Shirt wringen. Auf Festivals kommen noch die mangelhaften sanitären Einrichtungen dazu, weshalb ich für das Frühstück, eine Dusche und frische Klamotten ein wenig Benzingeld geopfert habe und nach Hause bin. Festivals in der Heimatstadt haben unbestreitbar große Vorteile. 

Rechtzeitig wieder da, um sich bei idiotischen Temperaturen noch mexikanische Zombierocker anzusehen, was sich ehrlich gesagt nur fotografisch gelohnt hat, Tito & Tarantula klingen auf CD wiederum deutlich besser als live, aber wie ich am Vortage schon prophezeite, nach den Hippies konnte nichts weltbewegendes mehr kommen. Dafür war die Show der Schlagzeugfrau was für mein Objektiv, und für solche Motive kann man schon mal ein paar Schweißtropfen vergießen.

Nächstes Jahr bitte etwas anderes aus Mexico, Panteón Rococó würde hervorragend passen, auch politisch. Mexikanische Temperaturen braucht man dafür nicht unbedingt.

So, viel Text erfordert viel Bilder, was für ein Segen, dass ich grad Urlaub hab. Dazu in Dauerrotation 17 Hippies -  Ifni/El Dorado. Morgen mal beim Plattenhöker des Vertrauens Nachschub besorgen. Geiler Urlaubsanfang. (Klick macht Bilder groß, falls man wirklich noch jemanden drauf hinweisen muss)












































25 Kommentare:

  1. Irgendwie bewundere ich ja mittlerweile Leute im vorgeschrittenen Alter, die sich Fessdiwälls noch freiwillig antun. Musik hören und kucken ist ja prima, aber die Begleitumstände... ;-)
    btw: macht Spass, sich die Fotos anzuschauen. Meine Favs sind Nr.37 und 38 - allererste Sahne!

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    1. na da würde ich doch vorschlagen nächstes Jahr im Mai zu Immecke hier im Regenwald aufschlagen Herr Ärmel. Ein kleines feines über einen Abend gehendes Festival mit garantiert netten Leutz dabei ;)

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    2. Festivals mit nahe gelegener "Homebase" sind für Menschen fortgeschrittenen Alters eine echte Alternative. Ganz besonders, wenn der aus jüngeren Menschen bestehende Freundeskreis schon einen Tag vorher alles aufgebaut hat *g*
      Ansonsten sagen mir die Begleitumstände auch nicht recht zu, aber die Schlammschlachten in den letzten Jahren waren weit schlimmer.

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    3. ihr beiden werdet mich schwerlich überzeugen - weder zu einem kleinen Fessdiwäll, noch zu einem mit Heimvorteil... nix da ;-)

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    1. Kinderwagenschieber haben es nicht leicht. Musste ich auch mal durch, geht vorbei ;) So wie mein Urlaub, ist der letzte für lange Zeit dann.

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  3. Fantastische Bilder von einem wie es sich liest in sich rundem Wochenende. Was will man mehr, der magische Fc gewonnen, der andere Hamburger Vorstadtclub bis auf die Knochen blamiert und dazu bei Traumwetter noch ein goiles Festival. Das Leben ist schön!!!

    Btw mir gefällt Bild 13 am besten ;

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    1. Ja, zählt leider nicht als Feetphotography, weil keine Füße drin stecken. *g*
      Das St.Ellingen in Karlsruhe verkacken wird wussten wir am Samstag ja noch nicht. Schade eigentlich, die Trümmertruppe selber aus dem Pokal zu kegeln wäre vielleicht lustig geworden. Andererseits bin ich froh über eine entspannte Saison ohne die Vorstadt und die Nazis.

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  4. bei diesem wetter haben mich keine zehn pferde von der nordsee wegbekommen, da war es deutlich angenehmer :p
    deine konzertfotos sind wie immer klasse, bei der musik selber bin ich mir nicht sicher *fg*

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    1. Die Musik ist noch viel besser als die Fotos, jedenfalls bei den Hippies und WellBad. Nordsee ist Mordsee, viel Spaß im Urlaub, vielleicht guck ich mal vorbei.

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  5. wirklich Toller Blog von dir und die Bilder...Erste Sahne!

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  6. Extrem schöne Bilder! Denen sieht man den Spaß geradezu an. Den, den die Musikanten ganz offenbar hatten und den, den das Publikum hatte.
    Und die Dame auf Bild 16, kennst Du die? Oder sieht die nur einer Bekannten von mir ähnlich?

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    1. Nee, die kenn ich nicht. Ist wohl Zufall, ich hab da eine ganze Serie geschossen. Mein Favorit war eigentlich ein kleines Mädchen mit Zöpfen, die über das ganze Gesicht gestrahlt hat als sie da runter gerodelt ist, aber bei Kindern tu ich mich mit der Veröffentlichung im Netz etwas schwer wenn sie erkennbar sind.

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  7. Wie cool! Meinte jetzt nicht das Wetter ;-)

    Gruß Hawk

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    1. Tja. Wieso warst Du eigentlich nicht dabei? *g* Mucke war extrem gut dieses Jahr.

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    2. Über 40 Grad und kein Schatten in Sicht...wo bin ich da wohl? ;-)
      Auf jeden nicht in der Sonne! :-)

      Gruß Hawk

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    3. Die coolen im Schatten...;-)

      Gruß Hawk

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  8. Leibliche Genüsse, soso, dafür übernachtest du sogar in Zelten. Gab es keinen Platz für den Präsidenten in einem der luxuriösen Wohnmobile? Und wer ist Arthur, muss man den kennen?

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    1. Arthur ist ein schon etwas älteres Reisemobil, aber noch ganz rüstig. Quasi ein Kühlschrank auf Rädern in dem man zur Not auch schlafen und kochen könnte, wäre er mal leer. Nichtsdestotrotz hast er sich häufig als äußerst praktisch erwiesen.

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  9. @Holzi, Arthur ist schon in einem Alter, wo man nicht mehr so gerne drüber spricht. *fg*
    Aber kleiner Tipp: Arthur ernährt sich hauptsächlich von Benzin !
    Und Zaph im Zelt is mir auch neu. ;-)

    @Zaph, ich wusste gar nicht, daß Du warmes Bier trinkst. Werde dann für Deinen nächsten Besuch hier mal ein echt lauwarmes HOLSTEN bereithalten. Zur Not könnte man es noch in die Mikrowelle tun. ASTRA gibbet hier leider nich, aber is ja egal, gell ? Hauptsache warm, ich verstehe...*xfg*

    Ansonsten wäre ich echt gerne dabei gewesen... Zaph morgens im Zelt ächtzend und fluchend erleben, ihn warmes Bier trinken sehn und... achja... Musik gabs ja auch noch da ! :-)

    btw... feine Bilders, Digger ! :-)))

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    1. Ich habe nur mehrfach kurz dran genippt und den Rest dann in die Büsche entsorgt, in der Wagenburg gabs ja kaltes. Ich trinke kein warmes Bier, keine Gerüchte in die Welt setzen bitte.

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  10. Also das Kind, das war ja auf'm Highfield und die sagte, da konnte man nicht mal betrunken werden. Weil das Bier immer und überall zu warm war. Dafür haben die Sicherheitskräfte Wassereimer über die Leuts geschüttet.Und ne Freundin hat gegens Vermummungsgesetz verstoßen. Dreck hatte sie trotzdem in Mund und Nase

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    1. Hätte ich keine Wahl gehabt, dann würde ich in dem Fall auf Bier verzichten und irgend etwas anderes trinken, egal was, Hauptsache trinkbare Temperatur. Ich hasse warme Getränke im Sommer. Campertrauma *g*

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