Donnerstag, 23. Februar 2012

Nachbarschaftshilfe














Drei Tickets im letzten Monat, noch zwei mehr, dann kann ich auch bald einen Platz in der Tiefgarage zahlen, falls noch einer frei sein sollte. Ausgerechnet jetzt, bei den verlängerten Schichten hab ich null Chancen auf einen Parkplatz. Das war in den letzten Wochen schon schwierig genug, ich hab mich in jede Lücke gequetscht, wenn die Leute rücksichtslos auf eineinhalb Plätzen parken, dann sollen sie von mir aus durch den Kofferraum einsteigen, oder es auf der anderen Seite versuchen. Wenn möglich hab ich den halben Parkplatz am Ende genommen, der eigentlich keiner mehr ist, aber man ragt nur mit dem Heck etwas auf die Straße.
Natürlich hat man mir das nach ein paar Tagen nachgemacht, da steht jetzt oft so ein dusseliger Golf, den ich hier vorher noch nie gesehen habe.
Dann hab ich irgendwann entdeckt, dass dieses dämliche Schild gut drei Meter vor der Kurve steht, in der eh immer mindestens einer parkt, da passen auch zwei hin ohne jemanden zu behindern. Also stand ich dahinter, wenn möglich, denn auch diese Idee haben andere dankbar aufgegriffen.
Bis heute jedenfalls. Denn als ich um 10 meine Brötchen holen will komm ich gerade zur rechten Zeit, die Zettelpupe ist da und hat mir und meinem Vordermann ein Ticket verpasst. Als ich auf meine Karre zugehe und fragend auf das Ding deute steigt er wieder aus. "Sie stehen in einer Kurve, das ist verboten."
"Das ist eine scheiß Sackgasse, das interessiert hier keinen Menschen," antworte ich ihm. "Hier gibt es keine Parkplätze, nicht hier, nicht auf der anderen Hausseite, nicht an der Durchgangsstraße, nirgends. Schon gar nicht, wenn man um ein Uhr in der Nacht von der Schicht kommt. Ich bin immer der Gearschte, am laufenden Band verpasst ihr mir ein Ticket, das ist das vierte jetzt, ich kann meine Karre nicht auf den Bäumen parken. Heute Nacht ist zwei Minuten nach mir noch einer mit nem Transporter hier rein und wieder raus, weil er keinen Platz mehr fand, der ist locker durchgekommen ohne auch nur abzubremsen, ich behinder hier niemanden, also was soll das? Das verdammte Schild ist noch zwei Meter weit weg."
Das musste raus, die Sätze hatte ich seit Wochen im Kopf, komplett durchformuliert, nur die Anzahl der bis dahin kassierten Strafzettel war eine Variable. Und der Typ mit dem Transporter, den musste ich nicht mal erfinden, war direkt beruhigend, dass der gestern so locker da durch ist. Für den Müllwagen hätte es bestimmt auch noch gereicht, aber bis dahin wär ich eh weg gewesen.
"Das tut mir ehrlich leid" verblüfft mich der Zettelknecht mit dieser ernsthaft formulierten Aussage, "aber ich kann da nichts machen, sie stehen in einer Kurve und das ist nun mal verboten. Bedanken sie sich bei ihren Nachbarn, die haben uns angerufen."

Tja.
Was soll ich sagen, ich bin begeistert. Ich hätte vor Begeisterung vor die nächste Haustür kotzen können. Gottverfluchtes Denunziantenpack. Steht bei mir auf einer Stufe mit Nazis und dem Ku-Klux-Klan. Niederste Lebewesen, Regenwürmer sind wichtiger für diesen Planeten. Und ich bin, wo ich das jetzt schreibe, bedeutend ruhiger geworden seit heute morgen, da gingen mir noch ganz andere Dinge durch den Kopf.
Der größte Mist an der Sache ist allerdings, dass die Kurve jetzt auch als Parkplatz ausfällt. Gott sei Dank war der Golf heute weg, ich hab wieder die Ecke. Zumindest heute.

Beruhigende Musik: First Aid Kit - The Lion's Roar

3 Kommentare:

  1. Das Schlimme ist, dass man nie die Namen dieses Packs erfährt, und das auch selbst zu feige ist, sich zu erkennen zu geben.

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  2. Dein dicker St.Pauli Aufkleber auf der Heckscheibe provoziert wahrscheinlich die Rauten in der Nachbarschaft, davon gibt es ja einige. Oder es ist der renitente Rentner, der deine Karre zerbeult hat und wegen der Folgekosten immer noch sauer ist.

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  3. Inch, das ist wahrscheinlich auch besser so, wer weiß wozu man sich sonst hinreißen lässt. In dem Fall wäre eine Beleidigungsklage wohl das Mindeste gewesen.

    Holzi, vielleicht auch nur ein gelangweilter Idiot, der den ganzen Tag am Fenster hängt, weil das die letzte Freude in seinem öden Leben ist. Müßig darüber nachzudenken, er wird sich nicht outen.

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