Dienstag, 17. Mai 2011

Muskelkater garantiert, Folgeschäden inbegriffen















Als eher unterdurchschnittlich trainierter Flachlandeuropäer in gesetzterem Alter sollte man sich eine Gletscherwanderung lieber ersparen. Die Ausrüstung, die vor der Hütte am Parkplatz vom Gletscherführer gerade an eine Gruppe verteilt wurde, sah in meinen Augen schon sehr nach Extremsport aus. Den Gedanken uns anzuschließen haben wir dann auch gemeinsam verworfen.
Wir hätten auch völlig verkackt, als die ihre ersten Schritte auf dem Eis des Nigardsbreen machten, hatten wir gerade einmal die Hälfte des Weges zum Gletscher hinter uns. Wandern wird ja von vielen als Altherrensportart gesehen, vor allem von den Leuten, die einen Spaziergang durch den Sachsenwald am Sonntag Nachmittag schon als Wanderung bezeichnen. Wenn ich ehrlich bin, zählte ich vor ein paar Jahren ebenfalls zu dieser Spezies. Wobei es mir natürlich nicht im Traum eingefallen wäre, mehrere Stunden durch den Sachsenwald zu laufen. Wandern ist so .. langweilig.
Sehenswürdigkeiten erreicht man bequem mit dem Auto, mit Bus, Bahn, oder wenigstens mit der Seilbahn, das war ich so gewohnt. Hinfahren, staunen, genießen, ein paar Fotos machen und wieder wegfahren. In wenigen Ausnahmen ist vielleicht ein längerer Fußmarsch auf "Wanderwegen" erforderlich, auf jeden Fall aber läuft man auf ausgebauten Wegen, alles andere ist Bergsteigen. Schließlich heißt es ja wandern, und nicht klettern.
Die Norweger zumindest spielen da nicht mit. Wer die Naturschönheiten nicht nur aus der Ferne betrachten will, der muss sich durch die Landschaft kämpfen, so wie Gott Slartibartfass sie schuf. Ein Weg ist ein Weg, wenn er als ein solcher gekennzeichnet ist, dafür reicht unter Umständen auch schon ein längst verblasster Buchstabe auf einem Felsbrocken, den man vor Jahren einmal draufgepinselt hat. Ganz selten bekommt man auch Hinweise wie Holztreppen, Brücken oder gespannte Stahlseile, das sind dann die Stellen, an denen man ohne Bergsteigerausrüstung höchstwahrscheinlich scheitern würde.
Den Weg zu einer der Gletscherzungen des Jostedalsbreen, des größten europäischen Festlandgletschers, hätte ich jedenfalls niemals als Wanderweg bezeichnet. Felsen hochklettern, durch Wasserläufe waten, Felsen wieder runterklettern, über Schneebrücken laufen (und dabei einbrechen) ist keinesfalls etwas, was ich mit dem Wort "Wanderung" verbunden hätte.

Gelohnt hat es sich trotzdem, ich habe einige Dinge zu schätzen gelernt an diesem Tag. Wanderstöcke zum Beispiel, eine großartige Leihgabe des lieben Mr T., ohne die ich völlig verloren gewesen wäre, habe ich bisher völlig zu Unrecht unterschätzt. Wasserfestes Schuhwerk ist nicht nur bei Hamburger Wetter ungemein nützlich und die äußerst seltsame norwegische "Villa" Brause, das Lieblingsgetränk von Mr. T, kann man tatsächlich trinken, wenn man die angebrochene Flasche mit ganz viel Gletschereis wieder auffüllt, was allerdings ein ziemlich mühsames Unterfangen ist.
Und nicht zuletzt meine Versicherung, die den sauteuren Schrotthaufen bezahlen muss der einmal meine Brille war. 



2 Kommentare:

  1. ich weiss schon warum ich mich vom ganz hohen norden fernhalte...*g*
    wobei deine fotos lust auf mehr machen, ich erwarte eine ausführliche fotostreecke, solltest du es heil wieder nach hause schaffen.

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  2. Wer sich bei 25° schon Pullover und Socken anzieht, der sollte Norwegen meiden, jedenfalls zu dieser Jahreszeit. Sommer haben die aber auch ;)

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