Donnerstag, 4. Februar 2010

Heute schon Mail geordert?



















Meistens begegne ich zufällig im Internet gefundenen Versendern mit einer gehörigen Portion an Misstrauen, manchmal hilft es aber nix. Zum Beispiel dann, wenn man ein lang gesuchtes Buch oder eine DVD eben nur da findet, wo sich schon seit Äonen der Staub auf dem Regal gesammelt hat. In diesem Fall bei Mail Order Kaiser aus München, bei dem ich letztes Jahr einen alten Film auf DVD gefunden habe, von dem wohl Deutschlandweit nur noch in besagtem Laden ein kleiner Restbestand vorhanden war. Seither macht Mail Order Kaiser seinem Namen alle Ehre, denn ich bekomme Mails ohne Ende. Allerdings nicht die billigen elektronischen, die ungelesen im Spamordner landen, sondern richtig viel buntbedruckte Post mit vielen fast unschlagbaren Angeboten. Leopold von Rankes "Zwölf Bücher Preußischer Geschichte", zusammengefasst in einem Standardwerk in hochwertiger Ausstattung für nur 7.99 Euro, Johann Sebastian Bachs "Weltliche Kantaten" auf 8 CDs für nur 9.95 Euro oder ein Langschwert aus der Zeit Karls des Großen für 98 Euro. Das Schwert wird glücklicherweise nur an Personen über 18 Jahren abgegeben, was den Kreis potenzieller Amokläufer mit Langschwertern ein wenig eingrenzt. Friedlichere Naturen greifen doch eher zur Buddha-Statue aus Alabastermehl für 19.95.

Neben eher harmloser Literatur, wie Charlottes Feuchtgebieten und Goethes erotischer Sammlung, finden sich da auch häufig sehr dubiose Schriftsteller und Bücher, etwa über Ritterkreuzträger 1941-45 oder Jagdbomber des 2.Weltkrieges. Die Tendenz noch einmal etwas bei Mail Order Kaiser zu bestellen geht jedenfalls gegen Null, es sei denn ich finde da irgendwann Pepe le Moko zufällig auf DVD. Das werde ich aber sicherlich auch rechtzeitig im Internet recherchieren können, ich brauche keine Mail mehr von Mail Order Kaiser. Verschont mich, bitte. Ich habe nämlich auch einen Spamordner für Mails mit Porto, das nennt man Papierkorb. Selbst wenn von den 9.90 für meine DVD mehr als 5 Euro an Gewinn hängen geblieben sind, das habt ihr schon längst durch Papier-, Druck- und Portokosten wieder verschleudert. Die beiden anderen Kollegen, von denen ich merkwürdigerweise nach der Bestellung ebenfalls Post bekam, haben es nach dem ersten Versuch wohl eingesehen das hier nichts mehr zu holen ist.

Anfang der 90er hat das schon mal einer versucht, der Name Göde dürfte dem einen oder anderen Formel 1 Fan noch in den Ohren klingen. Damals konnte man sich noch einen Michael Schumacher leisten (heute schon mit Göde telefoniert?) um seine idiotisch überteuerten Modellautos im "günstigen Abo" zu verkaufen. Neben Franz-Beckenbauer-Gedächtnisbriefmarken aus Burkina Faso und auf sensationelle 9.999 Stück limitierte Tante-Erna-Gedächtnismünzen mit garantierter Wertsteigerung, die wahrscheinlich nicht mal im Wert gestiegen wären, hätte man die anderen 9.998 Münzen wieder eingeschmolzen. Ich bekomme heute noch einen Lachflash wenn ich an die ganzen Irren denke, die sich damals auf bunte Telefonkarten gestürzt haben. Allein daran muss Göde sich Blöde verdient haben.

Von mir hat Göde damals knapp 10 DM bekommen für das Einstiegsangebot, den F1 Benetton Ford von Schumi, den Junior damals unbedingt haben musste. Die Preisvorstellung, die Herr Göde für die restlichen Modelle hatte, war allerdings derart schwachsinnig das ich von weiteren Bestellungen absah. Dafür wurde ich noch jahrelang mit Altpapier beliefert, mit schöner Regelmäßigkeit fand sich ein neuer dicker Umschlag von Göde im Briefkasten, mit schöner Regelmäßigkeit flog der ungeöffnet in den Müll. Wenn ich mir vorstelle das z.B. Quelle zwei mal im Jahr einen dicken Katalog an jeden Kunden verschickt hat, der irgendwann einmal ein paar Socken da gekauft hat, dann wundert mich der Niedergang der Versandhäuser nicht wirklich. Frau Schickedanz war offensichtlich im Champagnerschlürfen deutlich geübter als im Kopfrechnen.

Göde allerdings gibt es immer noch. Die Telefonkartensammler haben ihr Hobby wohl irgendwann an den Nagel gehängt und sammeln jetzt Handyverträge oder ähnliches, und selbst blutige Anfänger unter den Philatelisten wissen inzwischen, das Briefmarken aus Burkina Faso meistens hübsch bunt sind, aber als Wertanlage nichts taugen.
Münzsammler aber gibt es immer noch, deswegen heißt Göde wohl heute auch Bayerisches Münzkontor. Wider Erwarten gibt es da nicht nur Geschichtsträchtige Gedenkprägungen, mit Gold veredelte Friedrichstaler und Prinzessin Diana Gedächtnismünzen, sondern zwischendurch echte Wertanlagen.

Allerdings würde ich den Preis für einen Krügerrand wohl erst einmal bei meiner Hausbank erfragen, nicht das ich wieder zu viel Mail Order. Nebenbei hoffe ich das selbst der dümmste Münzsammler das Wort "Replik" einigermaßen einschätzen kann und auch weiß, das man einen Double Eagle nicht für 49.90 bekommt. Es gibt aber bestimmt noch den einen oder anderen, der sich Blöde telefoniert.


Schreibmusik: Pearl Jam - Live At The Gorge July 23rd 2006

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